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Der Einfluss von Stress auf abrufinduziertes Vergessen

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Academic year: 2022

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Der Einfluss von Stress auf

abrufinduziertes Vergessen

Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades des Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.)

an der Universität Konstanz

Mathematisch-Naturwissenschaftliche Sektion Fachbereich Psychologie

vorgelegt von Susanne Kößler Konstanz, 2010

Tag der mündlichen Prüfung: 24.06.2010 1. Referentin: Prof. Dr. Johanna Kissler 2. Referentin: Prof. Dr. Brigitte Rockstroh

Konstanzer Online-Publikations-System (KOPS) URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:352-opus-121709

URL: http://kops.ub.uni-konstanz.de/volltexte/2010/12170/

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Ein ganz großes Dankeschön geht an Prof. Dr. Johanna Kissler für die tolle Betreuung, ihr echtes Interesse an den Daten, den Ergebnissen und der dahinter stehenden Person. Dieses Thema hat mir genau geboten, was ich mir vorgestellt habe und sogar noch mehr. Niemals hätte ich gedacht, dass es mich nach Uganda führen würde, was mir ganz besonders in Erinnerung bleiben wird. Herzlichen Dank für die vielen Möglichkeiten, ihr Verständnis und die guten Ideen, wenn es mal wieder nicht funktioniert hat. Prof. Dr. Brigitte Rockstroh danke ich für die Übernahme des Zweitgutachtens und die Unterstützung auf dem Weg zur fertigen Arbeit. Vielen Dank an Anne Hauswald, der perfekten Zimmerkollegin, die mich immer mit frischem Friends-Stoff versorgt hat, mit Nerven wie Drahtseilen beeindruckt und deren gute Stimmung ansteckend ist. Vielen Dank Bastian Zwissler. Er verleiht unserem Zimmer den notwendigen männlichen Charme, ist ein wandelndes Filmlexikon und beherrscht es perfekt zu konstruktiver fachlicher und politischer Diskussion (ich erinnere mich noch gut an Situationen beim Geschirrspülen in Gulu) anzuregen. Ein großes Dankeschön geht an Christian Wöhrmann für seine Unterstützung in und um Uganda herum. Ohne seine Foto-, Laminier- und Computerkenntnisse sowie praktischen Fähigkeiten, wäre Studie 3 in der Art nie entstanden und die Arbeit daran hätte nicht so viel Freude gemacht. Vielen Dank an Corinna Graß für ihre große Motivation und Unterstützung bei der Cortisolstudie. Ich fürchte, ohne ihre Hilfe würde ich heute noch freiwillige nichtrauchende Männer als Versuchspersonen suchen. Vielen Dank auch an Franziska Thiel fürs adleräugige Korrekturlesen und die engagierte Mithilfe bei der Datenerhebung. Ich danke auch Inga Steppacher fürs Mitglied-im-Stresskomitee-Sein und die kulinarische Afrika-Fotosession zur Motivation zwischendurch beim Schreiben. Ich weiß, ich habe da noch was ausstehen, was ich jetzt bestimmt nachholen werde. Vielen Dank, Friederike Mayer, für die motivierenden Pausen, den Kaffee zwischendurch und die hilfreichen Gespräche. Ein herzliches Dankeschön geht auch an Bärbel Awiszus und Christiane Wolf für ihre Tipps zur Cortisolerhebung und ihre Unterstützung beim Zentrifugieren. Harald Engler und Carsten Riether danke ich für die zuverlässige Auswertung der Cortisolproben und dem vielen geduldigen Fragenbeantworten live und am Telefon. Vielen Dank, Katja Weber und Florian Bublatzky, für den hilfreichen Austausch und die Ideen in Zusammenhang mit Cortisol und Co. Anett Pfeiffer-Tumusiime, Verena Ertl sowie Elisabeth Schauer von vivo e.V. und Herbert Tumusiime, Esther, Lawrence und Tony danke ich, dass sie uns motiviert haben nach Gulu zu fahren, uns herzlich dort aufgenommen haben und dafür gesorgt haben, dass wir uns im Camp nicht verlaufen. Sie waren eine riesige Hilfe und ohne sie wäre dieser Forschungsaufenthalt gar nicht möglich gewesen. Einen wesentlichen Beitrag zur Ugandastudie leistete auch Prof. Dr. Willi Nagl. Vielen Dank für die wertvolle Hilfe bei der Datenanalyse. Ein Dankeschön geht auch an das Stresskomitee mit Britta Balliel, Nicola Böhler, Jens Borgelt, Thomas Hartmann, Anne Hauswald, Tasso Pick, Winfried Schlee, Ralf Schmälzle, Inga Steppacher und Irene Winkler. Ohne ihre Flexibilität, mal schnell die eine oder andere Versuchsperson zu stressen, wäre die TSST- Studie nie entstanden. Vielen Dank hier auch allen deutschen und ugandischen Versuchspersonen. Danke, Mira Winter, für die verständnisvollen Telefonate, ihr intrinsisches Interesse und das Korrekturlesen. Raphaela Schlicht und Ralf Schmälzle danke ich für das entgegengebrachte Verständnis, das fortwährende Interesse an meiner Arbeit und die netten Abende, wo man herrlich abschalten konnte. Ich freu mich schon auf den nächsten! Ein ganz großes Dankeschön geht an meine VT-Mädels Hanna Goepel, Vera Leirer, Anna Mädl, Elisabeth Kley und Melanie Zell (danke auch für die Datenerhebung!). Unser regelmäßiges Genusstraining mit Blitzlichtrunde hat mir die nötige Ausdauer verschafft und mir das Gefühl gegeben, mit den typischen Promotionsproblemen nicht allein zu sein! Meiner Schwester und meinen Eltern danke ich fürs Korrekturlesen, die große emotionale Unterstützung während meiner Arbeit und die Bereitschaft immer mal wieder ein Experiment zu testen! Vielen Dank an Michael Böhler, der mich tatsächlich vor kurzem während der Schreibphase geheiratet hat. Was dafür spricht, dass ich doch nicht so schlimm war oder er viel mehr Geduld hat, als ich oftmals annehme ☺ Vielen Dank für Deine große Hilfe! Ich freue mich genauso wie Du auf die Zeit, die jetzt kommt!

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L'utilité de toutes les passions ne consiste qu'en ce qu'elles fortifient et font durer en l'âme des pensées, lesquelles il est bon qu'elle conserve, et qui pourraient facilement, sans

cela, être effacées. Comme aussi tout le mal qu'elles peuvent causer consiste en ce qu'elles fortifient et conservent ces pensées plus qu'il n'est besoin; ou bien qu'elles en fortifient et conservent d'autres auxquelles il

n'est pas bon de s'arrêter.

René Descartes, 1649, Les Passions de l'âme, article 74

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Abkürzungsverzeichnis III

Abbildungsverzeichnis V

Zusammenfassung VII

1 EINLEITUNG 1

2 THEORETISCHER HINTERGRUND 2

2.1 Abrufinduziertes Vergessen 2

2.1.1 Formen des Vergessens 2

2.1.2 Das Phänomen des abrufinduzierten Vergessens 7

2.1.3 Die Allgegenwärtigkeit eines Gedächtnisphänomens 11

2.1.4 Erklärungsansätze für abrufinduziertes Vergessen 17

2.1.5 Neuronale Korrelate abrufinduzierten Vergessens 22

2.1.6 Der Einfluss von Emotion auf abrufinduziertes Vergessen 26

2.2 Stress 29

2.2.1 Definition 29

2.2.2 Historischer Hintergrund und wichtige Konzepte in Zusammenhang mit Stress 30

2.2.3 Die biologischen Grundlagen von Stress 35

2.2.3.1 Die schnelle Reaktion auf einen Stressor – Das sympatho-adreno-medulläre System 35 2.2.3.2 Die verzögerte Reaktion auf einen Stressor – Die Hypothalamus-Hypophysen-

Nebennierenrinden-Achse 37

2.2.4 Der Einfluss von Stress auf das Gedächtnis 41

2.2.4.1 Experimentelle und pharmakologische Befunde zum Einfluss von Stress auf das Gedächtnis 42

2.2.4.2 Übersicht über zelluläre und strukturelle Befunde 54

2.2.4.3 Nach dem Erleben von traumatischem Stress – Die Gedächtnissymptomatik bei der

posttraumatischen Belastungsstörung 65

3 ZUSAMMENFASSUNG UND EXPERIMENTELLE MOTIVATION 72

4 EXPERIMENTE 78

4.1 Studie 1: Der Einfluss von Stresserleben auf abrufinduziertes Vergessen 78

4.1.1 Einleitung 78

4.1.2 Methoden 82

4.1.3 Ergebnisse 90

4.1.4 Diskussion 94

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4.2 Studie 2: Stress hebt abrufinduziertes Vergessen auf – Cortisol allein auch? 97

4.2.1 Einleitung 97

4.2.2 Methoden 102

4.2.3 Ergebnisse 109

4.2.4 Diskussion 114

4.3 Studie 3: Erinnern führt zum Vergessen – auch bei chronisch gestressten Personen? 120

4.3.1 Einleitung 120

4.3.2 Methoden 125

4.3.3 Ergebnisse 133

4.3.4 Diskussion 139

5 GESAMTDISKUSSION 145

Referenzen 160

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Abkürzungsverzeichnis

16 PF-R 16-Persönlichkeits-Faktoren-Test ACC Anteriorer cingulärer Cortex

ACTH Adrenokorticotropes Hormon, Corticotropin

AMPA Alpha-Amino-3-hydroxy-5-methyl-4-Isoxazolpropionsäure BBS Basler Befindlichkeits-Skala

BDI Beck-Depressionsinventar

Bf-S Befindlichkeits-Skala

BLA Basolateraler Kern der Amygdala

BMI Body Mass Index

BOLD Blood Oxygenation Level Dependent

CaM-Kinase II Calcium/Calmodulinabhängige Proteinkinase II, calcium/calmodulin-dependent kinase II

cAMP Zyklisches Adenosinmonophosphat CBG Cortisol-bindendes Globulin, Transcortin CPM Coloured Progessive Matrices

CREB cAMP-responsive binding protein

CRH Corticotropin-releasing Hormone/Factor, Corticoliberin, CRF

DNA Desoxyribonucleinsäure

DRM Deese-Roediger-McDermott

DSM Diagnostic and Statistical Manual

EEG Elektroenzephalogramm, elektroenzephalographische Untersuchung

FKK Fragebogen zu Kompetenz- und Kontrollüberzeugungen fMRI functional Magnetic Resonance Imaging, funktionelle

Kernspinuntersuchung

FPI-R Freiburger Persönlichkeitsinventar

GABA γ-Aminobuttersäure

GAS General Adaptation Syndrome, allgemeines Adaptationssyndrom

GR Glucocorticoidrezeptor(en), Typ-2 Rezeptor(en)

HAWIE-R Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene - Revision HHNA Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse HSP Heat-Shock-Protein(e)

IAPS International Affective Picture System IDP-Camp Internally Displaced Persons‘ Camp

ISI Interstimulusintervall

LTD Langzeitdepression, long-term depression LTP Langzeitpotenzierung, long-term potentiation MDBF Mehrdimensionaler Befindlichkeitsfragebogen MR Mineralcorticoidrezeptor(en), Typ-1 Rezeptor(en)

NMDA N-Methyl-D-Aspartat

NPV Nucleus paraventricularis

Nrp Item Kontrollitem beim Abrufübungsparadigma, Item aus einer komplett ungeübten (non retrieval practiced) Kategorie PANAS Positive And Negative Affect Schedule

PDS Posttraumatic Diagnostic Scale

PFC Präfrontalcortex

PLC Part-List Cuing

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POMC Proopiomelanocortin

PTBS Posttraumatische Belastungsstörung

Rp- Item nicht abrufgeübtes (-) Item aus einer geübten (retrieval practiced) Kategorie beim Abrufübungsparadigma Rp+ Item nicht abrufgeübtes (+) Item aus einer geübten (retrieval

practiced) Kategorie beim Abrufübungsparadigma

SAM Self Assessment Manikin

SAM-System Sympatho-adreno-medulläres System STAI State-Trait-Angstinventar

SVF Streßverarbeitungsfragebogen

TNT Think/No-Think

TSST Trierer Sozialstresstest

USh Ugandan Shilling

VAS Visuelle Analogskalen

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Lernphase, Abrufübungsphase und finale Testphase des Abrufübungsparadigmas mit Rp+ Items (grün), Rp- Items (violett) und Nrp Items (blau). ... 8 Abbildung 2: Typische Erinnerungsleistung beim abrufinduzierten Vergessen mit einer deutlichen Verbesserung der Rp+ im Vergleich zu den Nrp Items (Übungseffekt) und einem Einbruch bei den Rp- Items im Vergleich zu den Nrp Items (abrufinduziertes Vergessen). ... 10 Abbildung 3: Vereinfachte Darstellung des Ablaufs im SAM-System. Über den Hypothalamus wird der Sympathikus erregt und Adrenalin aus dem Nebennierenmark ausgeschüttet, was vermittelt über Noradrenalin auch Auswirkungen auf das Gehirn hat. Zudem kann der Locus coeruleus bei emotionalen Reizen unabhängig von peripheren Katecholaminen zur Ausschüttung von Noradrenalin angeregt werden. ... 37 Abbildung 4: Graphische Darstellung der HHNA mit Rückkopplungsschleifen (gestrichelte Pfeile). 40 Abbildung 5: Graphische Darstellung der Yerkes-Dodson-Regel (Darstellung adaptiert aus Diamond et al., 2007). Die Performanz wächst bei einfachen Aufgaben mit der Erregung. Bei schwierigen Aufgaben ist die Leistung bei mittlerem Erregungsniveau am höchsten. ... 42 Abbildung 6: Durch ein afferentes Aktionspotential im präsynaptischen Endknöpfchen kommt es zur Ausschüttung von Glutamat in den synaptischen Spalt. Glutamat bindet an die AMPA-Rezeptoren.

Dadurch strömen positiv geladene Natriumionen in die Zelle ein. Bei genügend starker Depolarisation werden die ebenfalls positiv geladenen Magnesiumionen vom NMDA-Rezeptor abgestoßen, was den Einstrom von Ca2+ ermöglicht und zur Stabilisierung der synaptischen Verbindung beiträgt (Abbildung aus LeDoux, 2001, S. 234). ... 56 Abbildung 7: Graphische Darstellung desjenigen Mechanismus, welcher mit längerfristigen strukturellen Veränderungen einhergeht. Ein häufiger Ca2+-Anstieg in der Zelle aktiviert Adenylcyclase. Es kommt zu einer vermehrten Bildung von cAMP und über den Prozess der Gentranskription letztendlich zu Veränderungen in der Struktur des Neurons (Abbildung aus LeDoux, 2001, S. 236). ... 57 Abbildung 8: Graphische Darstellung des Mechanismus der genomischen Steroidwirkung. Das lipophile Cortisol durchdringt die Zellmembran und bindet im Zellinneren an affine MR und GR.

Dadurch löst sich das HSP vom Rezeptor und der Hormon-Rezeptorkomplex wandert in den Zellkern, wo er durch Bindung an spezifische Desoxyribonucleinsäure- (DNA) Erkennungsstellen die Synthese von Proteinen anregt oder hemmt. Der Komplex löst sich danach wieder vom DNA-Abschnitt, Rezeptor und Cortisol werden voneinander gekoppelt und das Hormon verlässt die Zelle wieder, wahrscheinlich in veränderter Form (Abbildung und genomischen Wirkung siehe Kirschbaum &

Hellhammer, 1999, S. 87). ... 59 Abbildung 9: Einfluss von Stress auf Amygdala, Hippocampus und PFC mit vermuteter zeitlicher Wirkung (links) und schematischer Darstellung des Dosis-Wirkungs-Zusammenhangs (rechts). Die Fragezeigen stellen den möglichen, aber nicht in allen Fällen nachgewiesenen Einfluss der Amygdala bei Gedächtnisprozessen dar. Das Modell ist stark vereinfacht. ... 64 Abbildung 10: Graphische Darstellung des experimentellen Ablaufs. Nach Erhebung des Ausgangsbefindens und der Baselinecortisolmessung startete das Experiment mit der Lernphase.

Sofort im Anschluss daran (0 min) wurden die Versuchsteilnehmer entweder der Stress- oder der Kontrollbedingung zugewiesen, bevor das Treatment (Stress- oder Kontrollaufgabe) startete. Es folgte dann die Abrufübungsphase, eine zweite Messung des Speichelcortisols und eine erneute Beurteilung des Befindens. Das Experiment schloss mit der finalen Testphase und zwei weiteren Speichelproben zur Cortisolverlaufsmessung ab. ... 84 Abbildung 11: Cortisolverlauf in den beiden Gruppen. Gestresste Probanden zeigten nach dem TSST einen signifikanten Anstieg im Speichelcortisol. ... 90

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Abbildung 12: Erinnerungsleistung für geübte Items (Rp+), ungeübte Items (Rp-) und Kontrollitems (Nrp) in Abhängigkeit vom Treatment (Stress, Kontrolle). ... 92 Abbildung 13: Graphische Darstellung des experimentellen Prozederes. Nach einer Ruhephase erfolgte die Baselinecortisolmessung (-10 min). Danach startete das Experiment mit der Lernphase, im Anschluss daran (0 min) wurden die Probanden der Cortisol- oder Placebobedingung zugewiesen. 60 Minuten nach Einnahme des Präparates folgte die zweite Speichelprobe zur Erhebung des Cortisolverlaufs und anschließend die Abrufübungsphase. Nach einem kurzen Intervall mit Fragebögen schloss das Experiment mit der finalen Testphase sowie einer letzten Speichelprobe.... 104 Abbildung 14: Zeitlicher Verlauf des Cortisolspiegel, getrennt dargestellt für Cortisol- und Placebogruppe. Die Einnahme von 25 mg Hydrocortison führte zu einem signifikanten Anstieg im Speichelcortisol, welcher in der Placebogruppe ausblieb. ... 110 Abbildung 15: Erinnerungsleistung während der Testphase für abrufgeübte Items (Rp+), ungeübte Items derselben Kategorien (Rp-) und ungeübte Kontrollitems anderer Kategorien (Nrp) in Abhängigkeit von der Bedingung (Cortisol vs. Placebo). ... 113 Abbildung 16: Abrufinduziertes Vergessen bei den Versuchspersonen aus der Cortisolbedingung in Abhängigkeit von der Zustandsängstlichkeit kurz vor und während der Abrufübung. ... 117 Abbildung 17: Die Graphik stellt den experimentellen Ablauf der Studie dar. Das Experiment startete mit der Lernphase, danach folgte für 5 Minuten die erste Ablenkaufgabe mit Raven‘s CPM. Daran schloss sich die Abrufübungsphase an. Ein Teil der vorher gelernten Bilder wurde in veränderter Form

− mit Lochmasken überdeckt − dargeboten. Vor dem abschließenden Rekognitionstest, in dem alle Bilder ebenfalls mit Lochmasken verdeckt präsentiert wurden, folgten noch einmal 5 Minuten mit dem Mosaiktest, der als zweite Ablenkaufgabe eingesetzt wurde. ... 128 Abbildung 18: Treffer- (oben) und Rekognitionsraten (Trefferrate − Falschalarmrate; unten) für die abrufgeübten Items (Rp+), die nicht abrufgeübten Items aus komplett ungeübten Kategorien (Nrp) sowie die nicht abrufgeübten Items geübter Kategorien (Rp-). ... 134 Abbildung 19: Falschalarmraten für die ugandische Stichprobe mit PTBS, die ugandische Stichprobe ohne PTBS und die deutsche Stichprobe. ... 135 Abbildung 20: Treffer- (oben) und Rekognitionsraten (Trefferrate − Falschalarmrate; unten) für die abrufgeübten Items (Rp+), die nicht abrufgeübten Items aus komplett ungeübten Kategorien (Nrp) sowie die nicht abrufgeübten Items geübter Kategorien (Rp-) getrennt für die beiden ugandischen Stichproben. ... 137 Abbildung 21: Abrufinduziertes Vergessen (Nrp, Rp-) in den beiden Traumaextremgruppen (0−7 vs.

24−39 traumatische Events) für die Rekognitionsraten. ... 142 Abbildung 22: Graphische Darstellung der vermuteten Prozesse beim Abrufübungsparadigma. Der Stresseinfluss kann auf jeder der Ebenen erfolgen. Graphik 1: Während der Lernphase werden Rp Items (grün) sowie Nrp Items (blau) gelernt und in die Lernepisode integriert. Graphik 2: Während der Abrufübung aktiviert der Cue sämtliche Rp Items. Es tritt Interferenz, die vom ACC wahrgenommen wird, zwischen den aktivierten Items auf. Graphik 3: Zur Auflösung der Interferenz werden vom ACC präfrontale Inhibitoren herangezogen. Graphik 4: In der Folge werden Rp- Items gehemmt, die Inferenz reduziert und schließlich aufgelöst. Graphik 5: Die Interferenzauflösung war erfolgreich. Rp+

Items können abgerufen werden und werden durch den erfolgreichen Abruf verstärkt. Graphik 6:

Typisches Muster beim Abrufübungsparadigma als Resultat der vorausgegangenen Prozesse. ... 152 Abbildung 23: Möglicher Stresseinfluss und seine Folgen beim abrufinduzierten Vergessen über alle drei Studien hinweg. Die Amygdala nimmt vermutlich eine Mediatorrolle ein. ... 155

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Zusammenfassung

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, den Einfluss von Stress auf abrufinduziertes Vergessen zu untersuchen, wobei über drei Experimente hinweg die Art des Stresses variiert wurde. Abrufinduziertes Vergessen beschreibt das Phänomen, dass die Ab- rufübung einer Teilmenge zuvor gelernten Materials zum Vergessen von verwand- tem, jedoch nicht abrufgeübtem Material führen kann. Das experimentelle Paradigma hierfür setzt sich aus drei relevanten Phasen zusammen. Es startet zunächst mit der Lernphase, anschließend folgt die namensgebende Abrufübungsphase und nach ei- nem kurzen Zwischenintervall schließt es mit der finalen Testphase ab. Dabei wird geübtes Material später besser erinnert als ungeübtes. Dies ist sehr gut nachvollzieh- bar. Die Abrufübung geht jedoch auch damit einher, dass verwandtes, nicht geübtes Material später schlechter zugänglich ist als ungeübtes Kontrollmaterial. Automati- sche Inhibition im episodischen Gedächtnis wird als Ursache hierfür angenommen, und hippocampale, sowie präfrontale Areale scheinen in den Prozess involviert zu sein.

Bisher erwies sich abrufinduziertes Vergessen als sehr stabiles Phänomen, das unab- hängig von Alter und Material auftritt. Allerdings gibt es keinerlei Untersuchungen zum Einfluss von Stress auf abrufinduziertes Vergessen, obwohl ein Stresseinfluss auf das Gedächtnis aus der Literatur bekannt ist, und hippocampale sowie präfrontale Strukturen als stresssensitiv gelten. Zudem deutet die Gedächtnissymptomatik bei der posttraumatischen Belastungsstörung darauf hin, dass zumindest nach traumati- schem Stress der Abruf von Teilen einer Episode nicht zur Hemmung – im Gegen- satz zum abrufinduzierten Vergessen –, sondern zur Aktivierung der restlichen Elemente führen kann.

In der ersten Studie dieser Arbeit stressten wir einen Teil der Probanden zwischen Lern- und Abrufübungsphase mit dem Trierer Sozialstresstest und untersuchten, ob akutes Stresserleben Auswirkungen auf abrufinduziertes Vergessen hat. Zur Validie- rung des Treatments erhoben wir Cortisol im Speichel und das Befinden der Proban- den vor und nach dem Trierer Sozialstresstest mittels Fragebögen. Stresserleben ging mit einem deutlichen Anstieg der Speichelcortisolwerte und einem signifikanten Ab- fall im Befinden einher. Die finale Testphase zeigte, dass abrufinduziertes Vergessen in der Stressgruppe verschwand, der Effekt aber in der nicht gestressten Kontroll- gruppe erwartungsgemäß auftrat. Das Ausmaß der Reduktion abrufinduzierten Ver-

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gessens stand zudem mit dem Anstieg des Speichelcortisolspiegels in Zusammen- hang. Dies deutete auf Cortisol als eine mögliche Mediatorsubstanz hin. In einer Fol- gestudie, der zweiten Untersuchung im Rahmen dieser Arbeit, gingen wir deshalb der Frage nach, ob die Aufhebung abrufinduzierten Vergessens unter Stress allein durch die Applikation von Cortisol replizierbar ist.

In der zweiten Studie verabreichten wir einem Teil der Probanden Hydrocortison in einer Menge, die Stresserleben gut reflektiert. Die Applikation erfolgte direkt nach der Lernphase und ca. 60 Minuten vor der Abrufübungsphase, um eine gute Resorp- tion des Medikaments sicherzustellen. Obwohl die Einnahme sehr wohl zum erwarte- ten Anstieg des Cortisols im Speichel führte, hatte dies keinen Einfluss auf das Ausmaß des abrufinduzierten Vergessens. Der Vergessenseffekt trat sowohl nach der Einnahme des Placebo- als auch des Hydrocortisonpräparates auf. Tatsächliches Stresserleben unterscheidet sich allerdings dadurch von pharmakologischer Stressin- duktion, dass ersteres zu sympathischer Erregung und Aktivierung der HHNA führt, während letzteres lediglich einen Anstieg des Cortisolspiegels mit sich bringt. Aus der Literatur ist bekannt, dass die Stresswirkung auf das Gedächtnis unter Umstän- den eine Interaktion aus Erregung und Cortisol voraussetzt. Darum schlossen wir eine Post-hoc-Analyse an und untersuchten, ob ein solcher Zusammenhang auch in der aktuellen Studie bestand. Mittels Median-Split trennten wir die Versuchsperso- nen aus der Cortisolgruppe in wenig und hoch erregte Personen und zogen dafür das Ausmaß der Zustandsängstlichkeit während und kurz nach der Abrufübung heran.

Diese Analyse zeigte, dass abrufinduziertes Vergessen bei Personen unter dem Ein- fluss von Cortisol und Erregung verschwand. Im Gegensatz dazu trat das Vergessen bei Probanden, die nur erregt waren oder nur unter Cortisoleinfluss standen, aber keinerlei Erregung zeigten, in normalem Ausmaß auf. Dies veranlasste zu der Schlussfolgerung, dass die Aufhebung abrufinduzierten Vergessens unter Stress eine Interaktion aus sympatho-adreno-medullärem System und Hypothalamus- Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse bzw. Cortisol und (Nor-) Adrenalin voraus- setzt. Tierexperimentelle Studien lassen vermuten, dass dieser Effekt über die norad- renerge Aktivierung der Amygdala vermittelt wird. Diese nimmt neben Cortisol weiteren Einfluss auf präfrontale und hippocampale Strukturen.

In der dritten Studie untersuchten wir, ob traumatische Erfahrungen bzw. das Vorlie- gen einer PTBS tatsächlich mit der Aufhebung abrufinduzierten Vergessens einher- gehen. Wir führten diese Studien in Norduganda in zwei Flüchtlingscamps durch.

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Die Teilnehmer wiesen eine erhebliche Anzahl an traumatischen Events auf und wa- ren bereits im Rahmen einer vorausgehenden epidemiologischen Studie von vivo e. V. diagnostiziert worden. So konnten Personen mit als auch ohne PTBS in die Studie aufgenommen werden. Wir setzten eine Bilderversion des Abrufübungspara- digmas mit abschließender Wiedererkennensaufgabe mit neuen und alten Bildern ein und validierten das Design zunächst an einer deutschen gesunden studentischen Stichprobe. Dabei fanden wir abrufinduziertes Vergessen bei den deutschen Ver- suchspersonen, jedoch keinerlei Hinweis auf diesen Effekt bei den ugandischen Ver- suchsteilnehmern; weder bei den Personen mit noch bei jenen ohne PTBS. Eine post hoc durchgeführte Analyse offenbarte allerdings, dass abrufinduziertes Vergessen auch in Uganda zu finden war. Das erwartete Muster zeigte sich bei den Personen mit den wenigsten traumatischen Events und verschwand bei den Teilnehmern mit den meisten traumatischen Erlebnissen. Zusätzlich wies die ugandische Gruppe mit PTBS beim abschließenden Wiedererkennen eine höhere Falschalarmrate als die ugandische Gruppe ohne PTBS auf. Alle ugandischen Teilnehmer zeigten zudem mehr falsche Alarme als die deutsche Stichprobe.

Mit den drei Studien konnten wir demonstrieren, dass sowohl akutes Stresserleben als auch traumatische Erfahrungen in der Vergangenheit mit der Aufhebung abrufin- duzierten Vergessens einhergehen. Dabei scheint, zumindest was akuten Stress an- geht, der Effekt nicht allein durch Cortisol vermittelt zu werden. Sympathische Aktivierung und damit (Nor-) Adrenalin nehmen eine weitere wichtige Rolle ein. Es ist anzunehmen, dass Stresserleben mit präfrontalen und hippocampalen Funktions- einschränkungen einherging und womöglich strukturelle Veränderungen in diesen Bereichen bei den Teilnehmern mit traumatischen Erfahrungen vorlagen. Dadurch wurden die beim Abrufübungsparadigma involvierten Prozesse beeinträchtigt, und Probleme beim kontextuellen Binding, bei der Inhibition und/oder bei der Interfe- renzkontrolle traten auf. Im Verhalten zeigte sich dies schließlich in einer erhöhten Falschalarmrate und in der Aufhebung abrufinduzierten Vergessens.

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1 Einleitung

René Descartes äußerte in seiner Abhandlung die „Leidenschaften der Seele“ etwas Bemerkenswertes. Frei übersetzt stellte er fest, dass der Sinn aller Leidenschaften darin bestünde, Gedanken, die gut für uns sind und die wir in Erinnerung behalten möchten, in unserer Seele zu vertiefen. Gleichzeitig schade uns diese Leidenschaft aber auch, da sie Gedanken, die wir lieber vergessen möchten und mit denen wir uns nicht länger aufhalten sollten, ebenfalls in uns verstärke. Damit erkannte er, dass die Fähigkeit zu vergessen für uns Menschen durchaus sehr hilfreich sein kann.

Stress, im weiteren Sinne auch eine Art Leidenschaft oder zumindest eine körperli- che Reaktion, die damit einhergehen kann, scheint diese Fähigkeit zu beeinträchti- gen. Situationen, die uns richtig unter Stress setzten, gehen uns kaum aus dem Kopf.

Sie scheinen quasi in unsere „Seele“ eingebrannt zu sein. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es ganz allgemein, den Einfluss von Stress auf Vergessen zu untersuchen, um mehr über die Ursachen dieser Unfähigkeit zu erfahren. Wir ziehen dafür ein kognitionspsychologisches Paradigma heran, welches unter gewöhnlichen, leiden- schaftslosen Umständen automatisch zum Vergessen führt und gehen der Frage nach, ob und wie Stress hier Vergessen verhindert.

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2 Theoretischer Hintergrund

Bereits der Titel dieser Arbeit deutet an, welche wesentlichen Elemente den theoreti- schen Unterbau für die kommenden drei Studien bilden. Das Abrufübungsparadigma stellt das oben erwähnte kognitionspsychologische Paradigma dar. Es dient der Un- tersuchung abrufinduzierten Vergessens – hier wird tatsächlich durch Abruf Verges- sen erzeugt – und bildet das grundlegende experimentelle Design. Dabei gilt unser Interesse dem Einfluss von Stress auf diesen Vergessensmechanismus, wobei die Art des Stresses über drei Studien hinweg variiert wird.

Auf den folgenden Seiten werden zunächst das experimentelle Paradigma und die relevanten Befunde hierzu näher erläutert. Es folgt dann ein Kapitel über Stress samt den bereits bekannten Stressauswirkungen auf Gedächtnis und hierbei involvierte Strukturen. Eine Zusammenfassung und Ausführung der experimentellen Motivation leitet dann zu den durchgeführten Untersuchungen über.

2.1 Abrufinduziertes Vergessen

Warum und wann wir vergessen, ist eine der spannendsten Fragen der Gedächtnis- psychologie. Bis heute wurden unterschiedlichste Mechanismen beschrieben, die Vergessen erzeugen oder dazu beitragen. Auf den folgenden Seiten werden einige ausgewählte Befunde erläutert (für eine Übersicht siehe Walker, 1996), bevor schließlich abrufinduziertes Vergessen, das relevante Paradigma im Rahmen dieser Arbeit, näher beschrieben wird.

2.1.1 Formen des Vergessens

Als Ebbinghaus bereits im 19. Jahrhundert Vergessen untersuchte, stellte er fest, dass die Erinnerungsleistung bereits kurz nach dem Lernen schnell abfällt und dann im- mer langsamer sinkt (Ebbinghaus, 1885). Dieser Befund ging als klassische Vergessenskurve in die Literatur ein. Der zunächst angenommene passive Spurenzer- fall, der dann eintreten sollte, wenn auf Gedächtnisinhalte längere Zeit nicht zurück- gegriffen würde, erwies sich schnell als unzureichend. Denn auch wenn ein korrelativer Zusammenhang zwischen Zugriffshäufigkeit und Vergessen, z. B. bei Namen von Mitschülern aus der Grundschulklasse, besteht, ergibt sich daraus kein

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kausaler Zusammenhang (Walker, 1996). Stattdessen stellte sich schnell heraus, dass Interferenz in Vergessen involviert ist. Schliefen Versuchspersonen beispielsweise nach dem Lernen neuen Materials, erinnerten sie später besser an das Gelernte als Personen, welche in der Zwischenzeit normal aktiv gewesen waren (z. B. Barrett &

Ekstrand, 1972; Jenkins & Dallenbach, 1924). Auch bei Insekten fand man einen solchen Zusammenhang (Minami & Dallenbach, 1946). Zweifellos kommt hier zu- sätzlich die durch Schlaf verbesserte Konsolidierung (Diekelmann, Wilhelm & Born, 2009; aber auch Peigneux, Laureys, Delbeuck, & Maquet, 2001) zum Tragen. Die Befunde beschreiben aber auch den Einfluss retroaktiver Interferenz, welche dann eintritt, wenn nach einer ersten Lernphase weitere Aktivität stattfindet1. Wird näm- lich nach dem Lernen einer Liste noch eine zweite gelernt, senkt dies die Erinne- rungsleistung an die erste Liste (Müller & Pilzecker, 1900). Dabei fällt die Interferenz umso größer aus, je ähnlicher sich das gelernte Material und je größer die Menge ist (z. B. McGeoch & Irion, 1952; Osgood, 1949; für einen Überblick siehe Postman, 1971). Umgekehrt wirkt sich eine zweite Lernepisode nicht nur auf die erste aus, die Erinnerung an später nachfolgende Lerninhalte wird auch durch die vorausgehenden beeinträchtigt (proaktive Interferenz). So zeigte Underwood (1957), dass die Erinnerungsleistung an eine aktuelle Liste mit der Zahl zuvor gelernter Lis- ten sinkt.

Neben der Interferenz spielt der Kontext beim Vergessen bzw. Abrufen eine weitere Rolle (für eine Übersicht siehe Baddeley, 1997). Godden und Baddeley (1975) ließen ihre Versuchspersonen an Land und unter Wasser lernen und stellten fest, dass der Abruf besser gelang, wenn Lern- und Abrufkontext übereinstimmten. Einen solchen Zusammenhang fand man nicht nur für die Gestaltung des räumlichen Kontextes (Godden & Baddeley, 1975; S. M. Smith, 1985), sondern auch für den physiologi- schen (Goodwin, Powell, Bremer, Hoine & Stern, 1969) und psychologischen Zu- stand (Bower, Monteiro & Gilligan, 1978) der Versuchspersonen. Da Kontexteffekte beim freien Abruf deutlicher als beim Wiedererkennen sind (S. M. Smith, Glenberg

& Bjork, 1978), spricht dies dafür, dass es sich hier nicht um Speicherverluste, son- dern vielmehr um ein Problem des Zugriffs handelt. Denn beim Lernen von Inhalten werden nicht nur die Items an sich gelernt, sondern der ganze Kontext einer Lernepi- sode. Beim späteren Abruf dienen die einzelnen Kontextelemente als Hinweisreize

1 Ursache hierfür ist vermutlich, dass die Bildung einer neuen Langzeitpotenzierung (LTP) die Verfes- tigung einer früheren, vorher stattgefundenen stört (vgl. Wixted, 2004).

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und machen so das Gelernte leichter zugänglich (Kuhbandner, 2007; S. M. Smith, 1994).

Neben diesen eher passiven Prozessen, wie Spurenzerfall, retro- und proaktiver Inter- ferenz und Kontextinkongruenz, gibt es auch die Möglichkeit willentlich Vergessen zu erzeugen bzw. durch das Design des Paradigmas, die Versuchsperson „automa- tisch“ zum Vergessen zu bringen. In letztere Kategorie fällt auch abrufinduziertes Vergessen. Da automatisches und willentliches Vergessen häufig als Gegensätze verstanden werden (z. B. Conway & Fthenaki, 2003), sollen im Folgenden auch zwei Paradigmen zum willentlichen Vergessen vorgestellt werden: das gerichtete Verges- sen und das Think/No-Think (TNT) Paradigma. Die Beschreibung des Part-List Cuing (PLC-) Experimentes, einem Design, welches ebenfalls automatisch vergessen erzeugt, leitet zum abrufinduzierten Vergessen, dem in den Studien verwendeten Paradigma, über. Allen diesen experimentellen Paradigmen ist gemeinsam, dass − wie beim abrufinduzierten Vergessen (vgl. Kapitel 2.1.4) – vorwiegend Inhibition als möglicher Erklärungsansatz diskutiert wird.

Beim gerichteten Vergessen werden zweierlei Experimentaldesigns unterschieden:

die Item- und die Listenmethode. In der Itemmethode werden den Probanden nachei- nander Reize, meist Bilder oder Wörter, präsentiert. Nach jedem einzelnen Item folgt ein Vergessens- oder Merkenhinweis. Sollen die Probanden am Ende des Experimen- tes überraschenderweise alle zuvor dargebotenen Reize erinnern, werden zu merken- de Reize in der Regel besser abgerufen als Reize, die zu vergessen waren. Dies zeigt sich sowohl beim freien Abruf als auch beim Wiedererkennen (Davis & Okada, 1971; C. M. MacLeod, 1999). Als zugrundeliegender Mechanismus wird v. a. selek- tives Üben der zu merkenden Items (selective rehearsal) angenommen. Das heißt, zur tatsächlichen Verarbeitung der Items kommt es erst, wenn der Hinweiscue prä- sentiert wurde. Die Versuchsperson bemüht sich dann, das zu merkende Item abzu- speichern und wiederholt es ggf. für sich immer wieder. Diese Anstrengungen unterlässt sie aber bei zu vergessenden Items, welche sie gar nicht weiter beachtet (z. B. Bjork, 1970). Bei der Listenmethode des gerichteten Vergessens werden allen Versuchspersonen nacheinander zwei Listen mit Items präsentiert. Nach jeder Liste folgt ein Hinweis, ob die eben gelernten Listenitems gemerkt oder vergessen werden sollen. Im Gegensatz zur Itemmethode erfährt die Versuchsperson erst am Ende einer gesamten Liste, ob sie das zuvor Präsentierte merken oder vergessen soll. Dabei er- halten 50 % der Probanden nach der ersten Liste den Hinweis, zu vergessen

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(Vergessensgruppe), während die andere Hälfte der Versuchspersonen nach der ers- ten Liste einen Merkenhinweis bekommt (Merkengruppe). Die zweite Liste soll je- doch von beiden Versuchsgruppen gemerkt werden. Abschließend befragt man die Probanden nach allen präsentierten Items, unabhängig davon, ob sie in der zu mer- kenden oder zu vergessenden Liste enthalten waren. Dabei ergibt sich folgendes Muster: Probanden, welche die erste Liste vergessen sollten, brechen in dieser im Vergleich zur Merkengruppe signifikant ein (Kosten). Die zu vergessenden Items werden tatsächlich schlechter abgerufen. Die zweite Liste wird von ihnen aber besser erinnert als von den Probanden der Merkengruppe (Nutzen). Das Vergessen der Items aus der ersten Liste reduziert damit folglich die proaktive Interferenz, die von dieser Liste ausgeht. In Experimenten zum gerichteten Vergessen sind nicht immer beide Komponenten, Kosten und Nutzen, vorhanden. Dies deutet auf voneinander unabhängige Prozesse hin (z. B. Sahakyan & Delaney, 2005). Gerichtetes Vergessen in der Listenmethode wird im Gegensatz zum gerichteten Vergessen in der Itemme- thode beim freien Abruf, jedoch nicht beim Wiedererkennen gefunden (z. B. B. H.

Basden, Basden & Gargano, 1993). Abrufinhibition wird bei diesem Phänomen als ein Erklärungsansatz herangezogen: Die Items einer Liste werden zu einem Set, zu einer Episode gebunden, welche als Ganzes inhibiert wird. Der Vergessenshinweis blockiert sozusagen den Zugang zur ersten Liste. Die Hemmung findet dabei aber nicht auf Item-, sondern auf Listenebene statt, was die Befunde beim Wiedererken- nen erklärt (siehe Bäuml, Pastötter & Hanslmayr, 2009, für eine Übersicht). Ein wei- terer, nicht unbedingt widersprechender, Ansatz vermutet, dass eine Art mentaler Kontextwechsel nach der ersten Liste, wenn diese vergessen werden soll, stattfindet (Sahakyan & Kelley, 2002). Die zweite Liste wird dann in einem neuen Kontext ge- lernt, in welchem dann auch der abschließende Abruf stattfindet. Aufgrund der Kon- textkongruenz wird Liste 2 besser abgerufen. Zudem interferiert Liste 1 weniger, da sie aus einem anderen mentalen Kontext stammt.

Ein weiteres Paradigma, bei welchem die Versuchsperson aktiv zum Vergessen bei- tragen kann, ist das Think/No-Think (TNT-) Paradigma (Anderson & Green, 2001).

Hierbei lernen die Versuchspersonen zunächst Wortpaare (z. B. Katze – Regal, Was- ser – Tomate) und trainieren dann bei der Präsentation der einzelnen Hinweisbegriffe (Katze – _____?, Wasser – _____?) mit dem korrekten Partnerbegriff (Regal, Was- ser) zu antworten. Dies wird bis zu einem festgelegten Erfolgskriterium geübt. An- schließend folgt die TNT-Phase. Hierbei wird der Hinweisbegriff präsentiert und die

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Versuchsperson gebeten, entweder an den Partnerbegriff zu denken oder aktiv jeden Gedanken daran zu unterdrücken (Katze – „Think“, Wasser – „No Think“). Werden später mittels der Hinweisbegriffe die dazugehörigen Partnerbegriffe erneut abge- fragt, erinnern sich die Versuchsteilnehmer schlechter an diejenigen Items, welche unterdrückt werden sollten, als an jene Begriffe, an welche in der TNT-Phase inten- siv gedacht wurde. Die Autoren nehmen an, dass das Vergessen beim TNT- Paradigma durch Suppression entsteht und die Gedächtnisrepräsentation des Partner- begriffs selbst reduziert wird. Eine Alternativannahme, wonach die Probanden sich während der TNT-Phase bei den zu unterdrückenden Items bewusst ablenkende Ge- danken gemacht haben könnten, konnte mittels Abfrage mit einem unabhängigen Hinweisreiz (independent cue technique) ausgeräumt werden. Dabei wird der Part- nerbegriff nicht mit dem zugehörigen Hinweisbegriff, sondern einem alternativen Cue, beispielweise der Oberkategorie (Möbel bzw. Gemüse) abgefragt. Tritt Verges- sen dann noch auf, ist dies ein Hinweis darauf, dass wirklich das Item selbst unter- drückt und nicht nur die Verbindung zum Hinweisbegriff abgeschwächt wurde. Das TNT-Vergessen tritt zudem beim Wiedererkennen auf, was ebenfalls für eine Supp- ression auf Itemebene spricht (Anderson & Green, 2001; für eine Übersicht siehe Bäuml et al., 2009). Ganz unumstritten ist dieser Erklärungsansatz jedoch nicht, da die Befunde nicht durchweg repliziert werden konnten (Bulevich, Roediger, Balota

& Butler, 2006).

Abschließend soll in diesem Rahmen noch das Part-List Cuing (PLC-) Paradigma vorgestellt werden. Von allen bisher erläuterten Experimentaldesigns ist es dem Ab- rufübungsparadigma am nächsten. Wie beim abrufinduzierten Vergessen wird auch beim PLC durch ein besonderes Design „automatisch“ Vergessen erzeugt. PLC be- zeichnet das Phänomen, dass durch die Vorgabe einer Teilmenge zuvor gelernten Materials als Hinweisreize Vergessen für das verbleibende Material erzeugt wird.

Das experimentelle Paradigma besteht aus drei Phasen. Zunächst lernen die Ver- suchspersonen kategorisierte Itemlisten (z. B. MUSIKINSTRUMENT – Orgel, MU- SIKINSTRUMENT – Violine, MUSIKINSTRUMENT – Flöte, MUSIKINSTRU- MENT – Trompete; TIER – Löwe, TIER – Hase, TIER – Pferd, TIER – Biber). Da- nach folgt eine kurze Ablenkaufgabe (z. B. Kopfrechnen). In der abschließenden Testphase sollen die Probanden die vorher gelernten Beispielitems abrufen. Für die Hälfte der Kategorien werden dafür 50 % der Beispielitems als Hinweisreize präsen- tiert (für das obige Beispiel: MUSIKINSTRUMENT – Orgel, MUSIKINSTRU-

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MENT – Violine, aber MUSIKINSTRUMENT – F_____, MUSIKINSTRUMENT – T_____). Diese sollen helfen, die restlichen Begriffe zu erinnern. Die übrigen Kate- gorien werden ohne Hinweisreize abgefragt (TIER – L_____, TIER – H_____, TIER – P_____, TIER – B_____), was die Kontrollbedingung darstellt. Der typische PLC- Befund zeigt, dass die gesuchten Begriffe ohne Hinweisreize besser erinnert werden als mit Hinweisreizen (H. L. Roediger, 1973; Rundus, 1973). PLC ist ein recht uni- verselles Phänomen, welches sowohl beim Wiedererkennen (Todres & Watkins, 1981) als auch beim Abruf mit unabhängigen Abrufreizen (Aslan, Bäuml &

Grundgeiger, 2007) auftritt. Als zugrundeliegende Mechanismen werden vor allem die Strategiestörung und die Inhibition diskutiert. Der Strategiestörungsansatz geht davon aus, dass die Probanden durch die Hinweisreize in ihrer eigenen präferierten Abruffolge, die meist durch bestimmtes Clustern beim Lernen gebildet wird, gestört werden (siehe D. R. Basden & Basden, 1995, für eine Übersicht). Dadurch brechen sie in ihrer Leistung ein. Der Inhibitionsansatz dagegen nimmt an, dass die Präsenta- tion der Hinweisreize zu einem erneuten Abruf dieser Begriffe führt, was jedoch die gesuchten Begriffe hemmt (Bäuml & Aslan, 2004). Gerade hier zeigen sich die star- ken Überschneidungen zwischen PLC und abrufinduziertem Vergessen (siehe Bäuml, 2007, für eine Übersicht), welches im Folgenden vorgestellt werden soll.

2.1.2 Das Phänomen des abrufinduzierten Vergessens

Es klingt paradox, aber Erinnern kann Ursache für Vergessen sein. Der Abruf selbst führt nämlich nicht nur dazu, dass erfolgreich abgerufene Inhalte später besser erin- nert werden (Allen, Mahler & Estes, 1969; Carrier & Pashler, 1992; Gardiner, Craik

& Bleasdale, 1973; Hogan & Kintsch, 1971; H. L. Roediger & Karpicke, 2006), son- dern geht auch mit Kosten einher. Schon lange bekannt ist die Output-Interferenz. So sinkt die Wahrscheinlichkeit, ein bestimmtes Item einer vorher gelernten Liste er- folgreich abzurufen, monoton mit der Erinnerungsposition, die dieses Item beim Test einnimmt (A. D. Smith, 1971; Tulving & Arbuckle, 1966). Das heißt, je höher die Anzahl der vorausgehenden abgerufenen Items ist, desto unwahrscheinlicher wird es, dass jenes spezifische Item noch erfolgreich erinnert werden kann. Durch die Output- Inferenz wurde zum ersten Mal gezeigt, dass ein erfolgreicher Abruf die Erinne- rungsfähigkeit an andere Inhalte stören kann. Besonderes Interesse gilt dieser Tatsa- che aber seit der Entwicklung des Abrufübungsparadigmas durch Anderson, Bjork

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und Bjork (1994). Durch das Design gelang es ihnen, die zeitliche Verbindung zwi- schen Abruf und Test, wie sie beim PLC oder in der Output-Interferenz besteht, auf- zuheben. So konnten sie demonstrieren, dass Abrufen nicht nur in innerhalb einer Testsituation, sondern auch darüber hinaus, zum Vergessen führt (vgl. Anderson et al., 1994).

Das Abrufübungsparadigma besteht aus vier Phasen (vgl. Abbildung 1): aus der Lernphase, der Abrufübungsphase, einer Distraktorphase und der finalen Testphase.

Das ursprüngliche Experiment wurde mit verbalem Material durchgeführt. Auch wenn bis heute abrufinduziertes Vergessen mit unterschiedlichsten Stimuliarten re- pliziert werden konnte (vgl. Kapitel 2.1.3), wird auch aktuell vorwiegend auf verba- les Material zurückgegriffen.

Abbildung 1: Lernphase, Abrufübungsphase und finale Testphase des Abrufübungsparadigmas mit Rp+ Items (grün), Rp- Items (violett) und Nrp Items (blau).

Zunächst werden den Versuchspersonen in der Lernphase des Experimentes Items aus verschiedenen konzeptuellen Kategorien in zufälliger Reihenfolge präsentiert, wobei die Kategorienamen zusammen mit dem jeweiligen Kategorieexemplar darge- boten werden (z. B. FRUCHT – Aprikose, WERKZEUG – Feile, GEWÜRZ – Thymian, FRUCHT – Erdbeere, GEWÜRZ – Ingwer, WERKZEUG – Hammer).

Die Präsentation der Stimuli kann mittels kleinen Heftchen oder Kärtchen (z. B.

Anderson et al., 1994), aber auch über Computer und Bildschirm erfolgen (z. B.

Bäuml & Kuhbandner, 2007). Die Aufgabe der Versuchspersonen besteht darin, sich diese Items für später einzuprägen. Den Teilnehmern ist zunächst nicht bewusst, dass nach und nach immer mehr Exemplare einer Kategorie behalten werden sollen, sie stellen dies aber im Verlauf der Lernphase schnell fest. Nach der Lernphase folgt die Abrufübungsphase. Diese kann von der Lernphase durch eine kurze Distraktoraufga- be getrennt sein, auf die Anderson und Kollegen (1994) jedoch verzichteten. An-

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schließend, in der namensgebenden Abrufübungsphase wird die Hälfte der Items aus einem Teil2 der Kategorien abrufgeübt. Dazu erhalten die Versuchspersonen den Kategorienamen und den Wortstamm des gesuchten Begriffs (z. B. FRUCHT – Ap_____, GEWÜRZ – Ing_____) und werden gebeten, den Wortstamm korrekt mit dem zuvor gelernten Beispielbegriff zu ergänzen. Durch diese Manipulation erhält man die drei relevanten Itemtypen des Abrufübungsparadigmas:

a) Die abrufgeübten Exemplare einer geübten Kategorie, die sog. Rp+ Items3 (Aprikose, Ingwer),

b) die nicht abrufgeübten Exemplare einer geübten Kategorie, die sog. Rp- Items (Erdbeere, Thymian) sowie

c) die nicht abrufgeübten Exemplare aus komplett ungeübten Kategorien, die sog. Nrp Items (Feile, Hammer), welche auch die Kontrollitems darstellen.

Im Anschluss an die Abrufübungsphase folgt eine thematisch vollkommen unabhän- gige Distraktorphase (z. B. Kopfrechnen oder Fragebögen ausfüllen). Im Originalex- periment dauerte diese 20 Minuten an (Anderson et al., 1994), jedoch wurden auch Zeitintervalle von bis zu einer Woche (z. B. Conroy & Salmon, 2006) zwischen Ab- rufübungsphase und finaler Testphase geschaltet. Sinn der Distraktorphase ist es, die Probanden kognitiv zu beschäftigen, um ihnen die Möglichkeit zu nehmen, sich wei- terhin mit dem Wortmaterial zu beschäftigen und/oder verdeckt zu üben. Das Abruf- übungsparadigma schließt mit der finalen Testphase. In dieser Phase des Experimentes sollen die Probanden alle Begriffe, welche in der Lernphase präsentiert wurden, abrufen. Das charakteristische Ergebnismuster beim Abrufübungsparadigma sieht folgendermaßen aus: Rp+ Items (Aprikose, Ingwer) werden besser als die Kont- rollitems (Feile, Hammer) erinnert. Dies ist der Übungseffekt und kein überraschen- der Befund, stellt doch der Abruf selbst ein Lernereignis dar (Allen et al., 1969;

Carrier & Pashler, 1992; Gardiner et al., 1973; Hogan & Kintsch, 1971; H. L.

Roediger & Karpicke, 2006; Wheeler & Roediger, 1992). Sehr viel spannender ist das Ergebnis, dass Rp- Items (Erdbeere, Thymian) signifikant schlechter als Nrp Items abgerufen werden, obwohl keiner der beiden Itemtypen in der Abrufübungs-

2 Wie viele Kategorien in der Abrufübungsphase präsentiert werden, variiert. In der Regel werden 50 % (z. B. Anderson et al., 1994) oder 2/3 (z. B. Bäuml & Kuhbandner, 2007) der Kategorien als Rp Kategorien ausgewählt.

3 Die Itembezeichnungen wurden der englischsprachigen Literatur entnommen: Rp bedeutet, dass das jeweilige Item aus einer retrieval practiced Kategorie stammt und selbst entweder geübt (+) oder nicht geübt (-) wurde. Nrp bezeichnet die Items aus non retrieval practiced Kategorien.

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phase aktualisiert wurde. Diese Feststellung wird als abrufinduziertes Vergessen be- zeichnet. Anderson et al. (1994) konnten damit tatsächlich zeigen, dass der Abruf der Rp+ Items mit Kosten, nämlich der Beeinträchtigung der Erinnerungsleistung an die Rp- Items, einhergeht. Abbildung 2 stellt die Ergebnisse graphisch dar.

Abbildung 2: Typische Erinnerungsleistung beim abrufinduzierten Vergessen mit einer deutlichen Verbesserung der Rp+ im Vergleich zu den Nrp Items (Übungseffekt) und einem Einbruch bei den Rp- Items im Vergleich zu den Nrp Items (abrufinduziertes Vergessen).

Ursprünglich wurde in der Testphase lediglich der Kategorienamen als Hinweisreiz präsentiert (z. B. WERKZEUG _____, _____; Anderson et al., 1994, Exp. 1) und die Versuchspersonen sollten die zugehörigen gelernten Exemplare nennen. Problema- tisch bei dieser Art der Testung ist, dass Output-Interferenz nicht ausgeschlossen werden kann. Es ist durchaus möglich, dass die Versuchsperson die gestärkten Rp+

Items zuerst abruft und genau dieser Akt des Abrufs die Erinnerungsleistung an die Rp- Items reduziert. Abrufinduziertes Vergessen wäre damit nur das Ergebnis von Output-Interferenz, da Rp- Items mehr Output-Interferenz erlitten als Nrp Items. Um diese Erklärungsmöglichkeit auszuschließen, kontrollierten Anderson und Kollegen (1994) in einem zweiten Experiment die Abrufreihenfolge in der finalen Testphase durch Vorgabe der Anfangsbuchstaben der abzurufenden Begriffe. Abrufinduziertes Vergessen trat auch in diesem Fall auf.

Die bisherigen Ergebnisse zeigen noch nicht, ob tatsächlich der Abruf während der Abrufübungsphase zum Vergessen führte oder die bloße Stärkung der Rp+ Items dazu beitrug. Deswegen wandelten Anderson, Bjork & Bjork (2000) in einer Folge- studie die Abrufübungsphase leicht ab: Ein Teil der Probanden sollte nicht das Kate-

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gorieexemplar (z. B. FRUCHT − Ap_____), sondern den Kategorienamen (hier:

FR_____ − Aprikose) abrufen. Dadurch war sichergestellt, dass die beiden Bedin- gungen sich nicht im Ausmaß der Stärkung, jedoch in der Art des Abrufs unterschie- den. Abrufinduziertes Vergessen fand sich aber nur dann, wenn tatsächlich die Kategorieexemplare erinnert werden sollten (vgl. auch Ciranni & Shimamura, 1999, für fehlende Effekte bei erneuter Präsentation). Damit stellt abrufinduziertes Verges- sen einen abrufspezifischen Mechanismus dar. Bäuml (2002) fand zudem, dass nicht unbedingt ein Abruf zuvor gelernter Begriffe notwendig ist. In seiner Studie sollte ein Teil der Probanden während der „Abrufübungsphase“ Begriffe aus dem Ge- dächtnis generieren. Die andere Hälfte der Teilnehmer bekam diese Begriffe dagegen dargeboten. Wiederum fehlte abrufinduziertes Vergessen bei der bloßen Präsentation der Begriffe. Der Effekt fand sich nur in jener Gruppe, welche die Begriffe aktiv generiert, d. h. aus dem semantischen Gedächtnis abgerufen hatte. Interessant ist, dass einfaches erneutes Lernen auch beim PLC nicht zum erwarteten Effekt führt und die Begriffe stattdessen als Hinweisreize eingeführt sein müssen (Bäuml &

Aslan, 2004). Hier zeigt sich noch einmal die große Ähnlichkeit zwischen abrufindu- ziertem Vergessen und PLC.

Das ursprüngliche Abrufübungsparadigma von Anderson et al. (1994) wurde viel- fach verändert und erweitert sowie an verschiedenen Populationen untersucht. Das folgende Kapitel liefert eine Übersicht dazu.

2.1.3 Die Allgegenwärtigkeit eines Gedächtnisphänomens

Sehr schnell zeigte sich, dass abrufinduziertes Vergessen nicht nur in dem von An- derson und Kollegen (1994) entworfenen Design zu finden war. Man variierte die finale Testphase und fand, dass der Effekt nicht nur beim freien Abruf (Amir, Badour

& Freese, 2009; Anderson et al., 1994; Anderson & Spellman, 1995; Koutstaal, Schacter, Johnson & Galluccio, 1999; R. E. Smith & Hunt, 2000), sondern auch beim Wiedererkennen (z. B. Gomez-Ariza, Lechuga, Pelegrina & Bajo, 2005; Hicks &

Starns, 2004; Soriano, Jimenez, Roman & Bajo, 2009; Spitzer & Bäuml, 2007;

Veling & van Knippenberg, 2004; Verde, 2004; jedoch nicht bei Koutstaal et al., 1999) und sogar bei indirekten Gedächtnistests (Bajo, Gomez-Ariza, Fernandez &

Marful, 2006; Camp, Pecher & Schmidt, 2005; Levy, McVeigh, Marful & Anderson, 2007; Moulin et al., 2002; Perfect, Moulin, Conway & Perry, 2002; Veling & van

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Knippenberg, 2004) auftrat. In solchen Experimenten wurde die Erinnerungsleistung beispielsweise mittels versteckter, aber in der Lernphase vorhandener Kategorien abgeprüft (Camp et al., 2005) oder eine lexikalische Entscheidungsaufgabe als fina- ler Test gewählt (Veling & van Knippenberg, 2004).

Variiert wurde jedoch nicht nur die Form des Abschlusstests, sondern auch die Art des untersuchten Materials. Ursprünglich und auch heute noch häufig wird das Para- digma mit verbalem Material durchgeführt (z. B. Amir et al., 2009; Aslan, Bäuml &

Pastötter, 2007; Jakab & Raaijmakers, 2009). Genauso findet sich abrufinduziertes Vergessen aber auch bei Bildern bzw. Fotos (Ford, Keating & Patel, 2004; M. D.

MacLeod, 2002; J. S. I. Shaw, Bjork & Handal, 1995; aber Hauer, Wessel, Merckelbach, Roefs & Dalgleish, 2007), bei Homographen4 (Johnson & Anderson, 2004; Shivde & Anderson, 2001), bei propositional und situational verbundenem Material5 (Anderson & Bell, 2001; Gomez-Ariza et al., 2005; Radvansky, 1999) und semantischen Gedächtnisaufgaben, wobei hier die Kategorien über gemeinsame An- fangsbuchstaben gebildet wurden (A. S. Brown, Zoccoli & Leahy, 2005). Sogar bei Falscherinnerungen in Deese-Roediger-McDermott-Listen (DRM-Listen; H. L.

Roediger, 3rd & McDermott, 1995) trat abrufinduziertes Vergessen auf. Beim DRM- Paradigma werden den Versuchspersonen einige semantisch verwandte Wortlisten (z. B. „Tisch, sitzen, Beine, Holz, Sofa“) zum Lernen vorgelegt. Dabei werden je- doch einige kritische Begriffe (z. B. „Stuhl“ im genannten Beispiel) ausgespart.

Beim späteren freien Abrufen oder Wiedererkennen werden die kritischen Begriffe oft fälschlicherweise erinnert, obwohl sie zuvor nicht gelernt wurden. Bäuml und Kuhbandner (2003) fanden, dass die Abrufübung einiger Begriffe aus einer DRM- Liste die Falscherinnerungsrate an kritische Items reduzierte (für ähnliche Befunde siehe auch Starns & Hicks, 2004).

War das von Anderson und Kollegen (1994) gewählte Versuchsmaterial gleichzeitig semantisch und episodisch kategorisiert, zeigte sich später, dass abrufinduziertes Vergessen auch bei rein episodisch verbundenem Material auftritt. So verwendeten Macrae und MacLeod (1999; aber auch García-Bajos & Migueles, 2009; M. D.

MacLeod & Macrae, 2001; Storm, Bjork & Bjork, 2005) verschiedene Persönlich-

4 Beispielhaftes Material von Shivde und Anderson (2001): ARM − shoulder, ARM − missile. Die Abrufübung von ARM − mi_____ führte zur Reduktion der Erinnerungsleistung an ARM − s_____.

5 Beispielhaftes Material von Gomez-Ariza et al. (2005): „DER POLIZIST spielt Klavier“, „DER POLIZIST liest ein Buch“. Die Abrufübung von „DER POLIZIST sp_____ Kl_____“ reduzierte die Erinnerungsleistung an die andere Tätigkeit.

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keitseigenschaften, die nur über die jeweilige Person, welche damit beschrieben wer- den sollte, verbunden waren. Sehr innovativ war die Studie von Ciranni und Shimamura (1999) mit visuell-räumlichem Material. Zwölf verschieden farbige Ele- mente, kategorisiert durch ihre Form (Kreuz, Kreis, Dreieck), wurden in der Lern- phase jeweils einer bestimmten Stelle auf einer Kreisform zugeordnet. In der Abrufübungsphase wurde die jeweilige Farbe der Rp+ Elemente mittels der Hinweis- reize Ort und Form abgerufen. Im Abschlusstest sollten die Farben sämtlicher Ele- mente wiedergegeben werden. Zudem variierten die Autoren in weiteren Experimenten den Gruppierungsfaktor (Form oder Farbe) sowie die Hinweisreize in der Abrufübungsphase (Farbe und Form, Farbe und Ort). Abrufinduziertes Vergessen trat in allen experimentellen Varianten auf, insbesondere auch dann, wenn sich die Aufgabentypen in Abrufübungs- und Testphase unterschieden. Das heißt, wenn bei- spielsweise in der Abrufübung der Ort abgerufen und in der anschließenden Testpha- se die Form wiedergegeben werden sollte. In einem weiteren rein episodischen Design wechselten auch Spitzer und Bäuml (2009) die Aufgabenanforderungen zwi- schen Abrufübungs- und finaler Testphase und konnten zeigen, dass abrufinduziertes Vergessen sogar beim Wiedererkennen unabhängig von der Aufgabenkongruenz ist.

In einer bisher unveröffentlichten Studie aus unserer Arbeitsgruppe ordneten wir Bilder aus dem International Affective Picture System (IAPS; Lang, Bradley &

Cuthbert, 1997) mittels verschiedener Formen räumlich an; auch hier trat abrufindu- ziertes Vergessen auf.

Die obigen Beispiele demonstrieren, dass abrufinduziertes Vergessen im experimen- tellen Kontext auftritt. Allerdings findet sich das Phänomen auch in alltagsrelevante- ren und anwendungsbezogeneren Situationen. Zeugen werden beispielsweise im Rahmen von Gerichtsverhandlungen häufig mehrfach zu Details einer Szene befragt.

MacLeod (2002) (siehe auch Saunders, Fernandes & Kosnes, 2009; J. S. I. Shaw et al., 1995) stellte fest, dass das wiederholte Abrufen von Objekten, welche als gestoh- len galten, dazu führte, dass die Erinnerung an andere ebenso entwendete Gegen- stände beeinträchtigt wurde. In einer zweiten Studie derselben Publikation fand der Autor, dass es nicht notwendig war, das Material explizit zu kategorisieren, um ab- rufinduziertes Vergessen zu erzeugen. Es genügte, wenn die Probanden die Katego- rien implizit wahrnahmen.

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In Zusammenhang mit Zeugenbefragungen ist außerdem interessant, dass der Falsch- informationseffekt, d. h. die Aufnahme neuer, jedoch falscher Informationen in die ursprüngliche Gedächtnisrepräsentation (z. B. Loftus, Miller & Burns, 1978) für die Rp- Items stärker ausfällt als für Rp+ oder Nrp Items. Zudem war der Falschinforma- tionseffekt bei Rp- Items deutlich wahrscheinlicher (74 % vs. 17 %), wenn die Ver- suchspersonen auch abrufinduziertes Vergessen zeigten (Saunders & MacLeod, 2002; sowie M. D. MacLeod & Saunders, 2005).

Abrufinduziertes Vergessen tritt aber nicht nur bei fiktiven Zeugenbefragungen auf, sondern auch bei der Erinnerung an autobiographische Episoden (Barnier, Hung &

Conway, 2004; Coman, Manier & Hirst, 2009; Wessel & Hauer, 2006), nach der bloßen mentalen Vorstellung als Abrufübung (Saunders et al., 2009), für Handlungen (Koutstaal et al., 1999; Migueles & García-Bajos, 2006) und sogar im sozialen Kon- text (Quinn, Hugenberg & Bodenhausen, 2004; García-Bajos & Migueles, 2009). In der Studie von Coman et al. (2009) führte sogar das selektive Erzählen von Erinne- rungen an den 11. September sowohl beim Erzähler als auch beim Zuhörer zu einer verringerten Zugänglichkeit verwandten, nicht berichteten Materials. Material, wel- ches inhaltlich nicht verwandt und nicht berichtet worden war (Kontrollmaterial), litt dagegen nicht. Die Autoren vermuten, dass abrufinduziertes Vergessen so zur Ent- stehung kollektiven Vergessens beitragen kann und über soziale Tabus auch das in- dividuelle Erinnern beeinflusst. Letztendlich kann sich dadurch ein kollektives Verständnis für ein (bestimmtes) Geschehen entwickeln, was wiederum Auswirkun- gen auf das eigene autobiographische Gedächtnis, die eigene Identität und das sozia- le Zusammenleben hat (Coman, Brown, Koppel & Hirst, 2009; Harris, Paterson &

Kemp, 2008; Schwartz, 1990; Wertsch & Roediger, 2008; Wessel & Moulds, 2008).

Die Universalität abrufinduzierten Vergessens beschränkt sich aber nicht nur auf das Material. Abrufinduziertes Vergessen ist im Gegensatz zu gerichtetem Vergessen auch altersunabhängig (Bray, Justice & Zahm, 1983; Harnishfeger & Pope, 1996;

Lechuga, Moreno, Pelegrina, Gomez-Ariza & Bajo, 2006) und tritt über verschie- denste Personengruppen hinweg auf. Der Inhibitionseffekt findet sich bei Siebenjäh- rigen (Ford et al., 2004) ebenso wie bei Zweit- und Viertklässlern (Zellner & Bäuml, 2005), Studierenden (Kuhbandner, Bäuml & Stiedl, 2008), Erwachsenen (Zellner &

Bäuml, 2005) und älteren, ca. 70-jährigen Probanden (Aslan, Bäuml & Pastötter,

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2007; Gomez-Ariza, Pelegrina, Lechuga, Suarez & Bajo, 2009; Hogge, Adam &

Collette, 2008).

Mehrfach wurde bisher untersucht, wie lange der Effekt des abrufinduzierten Ver- gessens anhält. Anderson et al. (1994) wählten ursprünglich ein Zeitintervall von 20 Minuten zwischen Abrufübung und Abschlusstest und fanden signifikantes abrufin- duziertes Vergessen. Dass das Zeitintervall zwischen Abrufübung und finaler Test- phase kritisch für das Auftreten des Effektes ist, demonstrierten MacLeod und Macrae (2001): Abrufinduziertes Vergessen verschwand nämlich, als 24 Stunden zwischen diesen beiden Experimentalteilen lagen (vgl. auch Carroll, Campbell- Ratcliffe, Murnane & Perfect, 2007; Saunders & MacLeod, 2002). Neuere Studien zeigen jedoch, dass abrufinduziertes Vergessen nach längeren Zeiträumen, bei- spielsweise nach einer ganzen Woche, nicht verschwunden sein muss (Conroy &

Salmon, 2006; García-Bajos & Migueles, 2009; García-Bajos, Migueles &

Anderson, 2009; Migueles & Garcia-Bajos, 2007; Storm, Bjork, Bjork & Nestojko, 2006; Tandoh & Naka, 2007), womit das Phänomen auch längerfristigere Auswir- kungen haben könnte. Unterstützend für langes abrufinduziertes Vergessen sind wie- derholte Abschlusstests, z. B. direkt nach der Abrufübung und erneut nach einem längeren Zeitintervall, weil dadurch vermutlich die Abrufstrategie der Versuchsper- son gestärkt wird. Der erste Abschlusstest kann aber auch fehlen und abrufinduzier- tes Vergessen tritt eine Woche später trotzdem auf, so dass der Abrufstrategieansatz das lange Anhalten des Phänomens nicht vollkommen erklärt (García-Bajos et al., 2009; vgl. auch Saunders et al., 2009).

Sehr aktuell ist die Frage nach der Funktion abrufinduzierten Vergessens. Zweifellos ermöglicht die Abrufübung eine intensive Verarbeitung aktuell benötigter Gedächt- nisinhalte und die Reaktivierung eines Teils des Materials spielt auch bei dessen langfristiger Konsolidierung eine Rolle (z. B. Nadel & Bohbot, 2001). Studien konn- ten zeigen, dass abrufinduziertes Vergessen selbst mit späterem Lernen und der all- täglichen Gedächtnisleistung in Verbindung steht. Storm, Bjork und Bjork (2008) untersuchten, wie wiederholte Abrufübungs- bzw. erneute Lernphasen die Erinne- rungsleistung an Rp- und Nrp Items beeinflussen. Eine Grundannahme dabei war, dass sich die Repräsentation eines Items im Gedächtnis zum einen aus dessen Spei- cher-, zum anderen aus dessen Abrufstärke zusammensetze. Die Speicherstärke soll dabei die Einbettung des Wortes ins semantische Netzwerk repräsentieren und wie

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gut das Wort gelernt ist. Die Abrufstärke zeige an, wie zugänglich das Wort derzeit sei, und wie gut es abgerufen werden könne. Die theoretische Annahme der Autoren dabei lautete, dass das Ausmaß der Verbesserung von Speicher- und Abrufstärke, welche durch einen erneuten Abruf erreicht werde, sich indirekt proportional zur aktuellen Abrufstärke verhalte. Das heißt, gut abzurufende Items (hier Nrp Items) sollten von einem erneuten Lernen weniger profitieren als weniger gut zugängliche Items (Rp- Items). Die Autoren testeten ihre Annahme mittels eines Abrufübungsde- signs, das neben wiederholten Abrufübungen auch wiederkehrende Phasen erneuten Lernens beinhaltete6, d. h. Abrufübung und Lernen wechselten mehrfach hinterei- nander. Anschließend wurde die Erinnerung der Versuchspersonen an die Rp- und Nrp Items getestet. Das Ausmaß des abrufinduzierten Vergessens stieg mit der An- zahl der Abrufübungen. Zudem profitierten Rp- Items deutlich mehr vom erneuten Lernen als Nrp Items. Insgesamt verfehlte die Förderung der Rp- Items im Vergleich zu den Nrp Items die Signifikanz nur knapp. Diese Ergebnisse stützen die Vermu- tung, dass abrufinduziertes Vergessen einen adaptiven Mechanismus darstellt und zukünftiges Lernen erleichtert (vgl. Storm et al., 2008).

Groome und Grant (2005) fanden, dass Personen mit einem hohen Score auf einem Fragebogen für kognitive Fehler, welcher insbesondere die Vergesslichkeit im Alltag misst, weniger abrufinduziertes Vergessen zeigten. Auch sie schlussfolgerten, dass abrufinduziertes Vergessen einen adaptiven Prozess darstellt, welcher den Abruf relevanten Materials durch Hemmung des irrelevanten erleichtert. Aufgrund allge- meiner Inhibitionsdefizite kommt es bei diesen Personen zu mehr alltäglichen Fehlern. Sichtbar gemacht können solche Inhibitionsdefizite z. B. mit dem Abruf- übungsparadigma (Groome & Grant, 2005).

Da abrufinduziertes Vergessen auch in sozialen Kontexten auftritt (z. B. Coman, Manier et al., 2009), ist es möglich, dass es auch zum friedlichen Zusammenleben beiträgt, indem es kollektives Erinnern und eine gemeinsame Identität fördert (Coman, Brown et al., 2009; Cuc, Koppel & Hirst, 2007; aber vgl. auch Storm et al., 2005; siehe Harris et al., 2008; Wertsch & Roediger, 2008; Wessel & Moulds, 2008, für weitere Informationen diesbezüglich). Diese Annahme ist noch etwas spekulativ,

6 Während der Abrufübung sollten die Probanden Extralisten-, d. h. in der Lernphase nicht gelernte, Rp Items generieren. Es ist bekannt, dass auch das Generieren von Rp(+) Items zum Vergessen von zuvor gelernten Rp- Items führt (z. B. Bäuml, 2002). In den Phasen erneuten Lernens wurden die Nrp und Rp- Items erneut präsentiert und sollten noch einmal gelernt werden.

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