In der Studie wurden deshalb alle Pa- tienten der Klinik mit der Diagnose eines Adenokarzinoms im Ösophagus zu ihrem Lebensstil und zu ihren Ernährungsgewohnheiten befragt. Als Kontrollgruppe dienten 1 235 zufällig ausgewählte Kölner im Alter über 40 Jahre. Das Ergebnis: Übergewicht, Al- koholkonsum und Rauchen erhöhen das Risiko, ein Adenokarzinom im ga- stroösophagealen Übergang zu bekom- men. Für das Entstehen eines Tumors in der Cardia spielt das Übergewicht hingegen keine Rolle, allerdings sind Alkoholkonsum und Rauchen ein zu- sätzliches Risiko. Für subcardiale Adenokarzinome gebe es aufgrund der Studie keinen Hinweis, dass Überge- wicht, Rauchen oder Alkoholkonsum ein erhöhtes Risiko darstellen, berich- tete Bollschweiler.
MIC-Appendektomie wird noch kontrovers diskutiert
In der minimalinvasiven Chirurgie (MIC) ist nach Angaben von Prof. Fer- dinand Köckerling vom Klinikum Han- nover-Siloah in jüngster Zeit eine ge- wisse Beruhigung eingetreten, die nun zur wissenschaftlichen Überprüfung genutzt werden sollte. Die größte Ak- zeptanz bei Patienten und Chirurgen haben nach seinen Angaben die laparo- skopische Cholezystektomie und die laparoskopische Fundoplicatio gefun- den. Weiterhin kontrovers werde hin- gegen die laparoskopische Appendek- tomie diskutiert. Obwohl die Kompli- kationsrate der endoskopischen Blind-
darmentfernung geringer als die der konventionellen sei, werde das Verfah- ren von vielen Kliniken nicht angebo- ten, berichtete Köckerling. Ursache hierfür sei weniger die technische Machbarkeit als vielmehr die mangeln- de Verfügbarkeit entsprechend ausge- bildeter Chirurgen in der Nacht und an Wochenenden.
Die endoskopische Leistenbruch- chirurgie werde von vielen Operateu- ren wegen der routinemäßigen Verwen- dung von Netzen nach wie vor mit einer gewissen Skepsis betrachtet, berichtete Köckerling. Bei Rezidiven und beidsei- tigen Leistenhernien liefere das Verfah- ren jedoch ideale Therapieergebnisse.
Die Entwicklung ultraleichter Netze, die mit Titan bedampft und deshalb besser bioverträglich sind, werde die Entwicklung wohl weiter vorantreiben, prognostizierte Köckerling.
Etabliert habe sich die laparoskopi- sche Dickdarmchirurgie zumindest bei den gutartigen Erkrankungen. In der weltweit größten Beobachtungsstudie zu diesem Thema seien im deutschspra- chigen Raum mehr als 4 000 Fälle mit dem Ergebnis ausgewertet worden, dass die Divertikulitis des Dickdarms die be- ste Indikation für das laparoskopische Operieren darstelle, berichtete Köcker- ling. Tumorerkrankungen des Dick- darms sollten angesichts bislang fehlen- der zuverlässiger Langzeitdaten hinge- gen nur von sehr erfahrenen Operateu- ren laparoskopisch therapiert werden.
In einer großen Qualitätssicherungs- studie in 280 Kliniken mit rund 10 000 erfassten Fällen waren lediglich 2,5 Pro- zent der Patienten mit einem malignen
Tumor des Dickdarms endoskopisch behandelt worden. Nach Köckerlings Auffassung wird diese Behandlungsme- thode noch auf absehbare Zeit auf ganz frühe Tumorstadien und auf die Pallia- tivsituation beschränkt bleiben.
Kluft zwischen Medizinern und Ingenieuren überwinden
Nach Ansicht von Siewert ist es im Be- reich der minimalinvasiven Chirurgie zu einer Stagnation in der Indikations- stellung gekommen, weil technologi- sche Fortschritte auf sich warten lassen:
„Wir operieren heute im Prinzip noch immer dieselben Erkrankungen mini- malinvasiv wie vor zehn Jahren. Um hier weiterzukommen, brauchen wir die modernen Möglichkeiten der Infor- mationstechnologie, der Mechatronik, der Sensorik, der Navigation und nicht zuletzt der Robotik.“ Es gehe nicht dar- um, den Chirurgen zu ersetzen („die Robodocs verlassen gerade eben wie- der die Bühne“).
Technische Fortschritte sollten viel- mehr dazu führen, dem Patienten große traumatisierende Zugänge im Operati- onsbereich zu ersparen und dem Chir- urgen angenehmere Arbeitsbedingun- gen zu verschaffen – zum Beispiel eine sitzende Position mit abgestützten Ar- men sowie bessere Sichtverhältnisse.
Um Kooperationen zu ereichen, müsste die tiefe Kluft zwischen zwei ganz unterschiedlichen Kulturen über- wunden werden, nämlich zwischen der Welt der Medizin auf der einen Seite und der Welt des Ingenieurs bezie- P O L I T I K
Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 2017. Mai 2002 AA1345
Im multimedialen, interaktiv ausge- richteten Themenpark konnten sich Besucher des Chirurgenkongresses in Berlin über innovative Lösungsansät- ze und die Anwendung moderner Technologien im Behandlungsablauf einer Klinik informieren. Von der „di- gitalen Revolution“ ist dabei auch der Bereich „Aus-, Weiter- und Fortbil- dung“ betroffen: Das hohe Tempo der Wissensvermehrung erfordert ein le- benslanges Lernen. Der Wissenser-
werb lässt sich durch die multimediale Aufbereitung der Inhalte – zum Bei- spiel durch Videos, Animationen und Grafiken – nachweislich steigern. Das klassische Lehrbuch wird deshalb zu- nehmend durch Medien wie CD- ROM und DVD sowie durch das In- ternet ergänzt. So stehen beispielswei- se im „WebSurg“ (www.websurg.com) Informationen über Operationsver- fahren bereit, ergänzt durch Videos und grafische Animationen der Ein-
griffe. Programme wie der „3B Neuro- teacher“ (3B Scientific; www.3bscien tific.com) unterstützen den Dozenten bei der Erstellung und multimedialen Aufbereitung seiner Vorlesung, zum Beispiel zur Anatomie des menschli- chen Gehirns. Darüber hinaus gibt es neue multimediale Präsentations- medien. Ein Beispiel hierfür ist das
„Smartboard“ (Marwin; www.mar win.com), das über Berührung der Projektionsfläche aktiviert wird und somit Tastatur und Maus überflüssig
macht. KBr