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Archiv "Gastro Highlights 2000: Neuentwicklungen in der Gastroenterologie" (13.04.2001)

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uf dem gastroenterologischen Symposium im Juli 2000 am Universitätsspital Zürich wur- den Grundlagen und praxisrelevante Erkenntnisse aus der Gastroentero- logie und Hepatologie diskutiert.

Hepatologie

Die Ursache der Progredienz der nichtalkoholischen Steatose/Steatohe- patitis (NASH-Syndrom) ist nicht ganz geklärt. P. Angulo et al. (1999) doku- mentierten bei 20 Prozent von 144 Pa- tienten mit NASH-Syndrom eine höhergradige Fibrose und bei 17 Pro- zent eine voll ausgebildete Zirrhose (1). Die Autoren führen als mögliche prädiktive Faktoren für eine Progressi- on, die bisher ungenügend definiert sind, ein Alter über 45 Jahre, starkes Übergewicht (Bodymass-Index über 32 kg/m2), Diabetes mellitus sowie ein AST/ALT-Verhältnis über 1 an (1).

Eine antivirale Therapie mit Lami- vudin konnte bei Patienten mit de- kompensierter Hepatitis-B-Zirrhose die HBV-Replikation hemmen und die Leberfunktion verbessern (Child- Pugh-Score) (2). Dies dürfte sich gün- stig auf das Überleben respektive die Notwendigkeit einer Lebertransplan- tation auswirken. In dieser Studie trat unter der Monotherapie mit Lamivu- din in drei von 35 Fällen eine Resi- stenz auf. Wie sich dies mittelfristig auf den Krankheitsverlauf auswirkt, ist unklar.

Bei der chronischen Hepatitis C wird PEG-(Polyethylenglykol-)Interfe- ron neu geprüft, eine Art Depot-Inter- feron, das nur noch einmal pro Woche verabreicht werden muss. Die Wirkung von PEG-Interferon scheint vergleich- bar mit derjenigen von herkömmli-

chem Interferon alpha plus Ribavirin.

Es wirkt bei allen Genotypen besser als Interferon alpha (3, 4) und ist auch bei Hepatitis-C-Patienten mit fortgeschrit- tener Fibrose oder Zirrhose (5) wirk- sam. Die Verträglichkeit entspricht der von Interferon alpha (3, 4).

Die primär biliäre Zirrhose (PBZ) ist eine cholestatische Autoimmuner- krankung der Leber, die sich unbehan- delt zur Leberzirrhose entwickelt.

Einzige etablierte Therapie ist Urso- desoxycholsäure, mit der die Progres- sion etwas verzögert werden kann. Bei ungenügendem Ansprechen wurde mit Immunsuppressiva und Steroiden therapiert. Dabei ist es naheliegend, Substanzen mit geringer systemischer Wirkung zu verwenden. In einer Stu- die mit 40 Patienten verbesserte das Glucocorticoid Budesonid in Kombi- nation mit Ursodesoxycholsäure die Leberhistologie und verschiedene La- borparameter signifikant im Vergleich zu Ursodesoxycholsäure plus Placebo (6). Zudem wurde unter Budesonid keine Abnahme der Knochendichte festgestellt. In einer anderen, anders konzipierten Studie nahm die Kno- chendichte jedoch ab (7).

Mendler et al. konnten erstmals ei- nen Zusammenhang zwischen Diabe- tes mellitus und Eisenüberladung (außerhalb einer hereditären Hä- mochromatose) belegen. Bei mehr als der Hälfte der 161 Patienten mit Ei- senüberladung der Leber, die keine hereditäre Hämochromatose aufwie- sen, fanden sie ein Insulinresistenz- Syndrom mit abnormer Glucosetole- ranz, Hyperlipidämie und Adipositas (Body Mass Index > 25 kg/m2) (8).

Möglicherweise wurde hier eine neue Krankheit definiert.

Bei Patienten mit Leberzirrhose (Child A) ist das mittelfristige Überle-

ben bei kleinen Tumoren nach Trans- plantation deutlich besser als nach Re- sektion, sofern die Wartezeiten auf das Transplantat kurz genug sind (9).

Endoskopie

Deutliche Fortschritte sind in der en- doskopischen Bildgebung zu verzeich- nen (10). In Bildern, die mittels Laser Scanning Confocal Microscopy gewon- nen werden, sind einzelne Zellen und Zellkerne der Mukosa erkennbar. Mit der optischen Kohärenz-Tomographie können Bilder ähnlich wie beim Ultra- schall aufgenommen werden. Dabei wird die Reflexion von Infrarotlicht gemessen (11, 12).

Auch in der Routinediagnostik, spezi- ell in der Primärdiagnostik und Verlaufs- kontrolle des Barrett-Ösophagus, sind Fortschritte zu verzeichnen. Noch immer ist die Frage, wann am ösophagogastra- len Übergang biopsiert werden soll, un- gelöst (13, 14). Bis die Bedeutung des dortigen intestinalen Epithels, beispiels- weise Barrett-Schleimhaut oder Ver- dacht auf eine Kardiametaplasie, geklärt ist, sollte bei einer irregulären Z-Linie und kurzen Zungen biopsiert werden.

Tonelotto und Mitarbeiter versuchten mittels Vergrößerungs-Endoskopie zwi- schen Kardia- und Barrett-Schleimhaut zu differenzieren. Bei einem „Magen- Typ“ der Mukosa fanden sie in keinem ihrer 44 Fälle eine intestinale Metaplasie, hingegen bei 85 Prozent derjenigen mit

„Intestinal-Typ“ (15).

Die bisherigen Ergebnisse zur Über- wachung von Patienten mit Barrett- Schleimhaut mit Methylenblau-Färbung sind zu uneinheitlich, um die Methode zur Erkennung einer hochgradigen Dys- plasie oder eines Frühkarzinoms einzu- setzen. Wahrscheinlich ist die zeitauf- M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 15½½13. April 2001 AA993

Kongressbericht

Gastro Highlights 2000:

Neuentwicklungen in der Gastroenterologie

Eberhard L. Renner

Thomas Roesch

Peter Bauerfeind

Werner Schwizer

Hans-Peter Wirth

Christoph Beglinger

Michael Fried

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wendige Beurteilung von „normaler“

und (prä)maligne veränderter Barrett- Schleimhaut anhand des Aussehens am besten.

Mit der „endoskopischen Nähmaschi- ne“ konnten in einer amerikanischen Multizenterstudie zwar die Refluxsym- ptome, nicht aber der Refluxscore ver- bessert werden (16). Der Erfinder der Methode kann hingegen gute Ergebnis- se mit Besserung der Symptome vorwei- sen (17).

Solidere Daten präsentierten Triada Filopoulos und Mitarbeiter für ihre

„Stretta procedure“ – eine Form der Ra- diofrequenz-Energie-Applikation in die Wand des ösophagogastralen Über- gangs. Nach sechs Monaten haben die Patienten mit Reflux und Ösophagitis (Grad 1 und 2) weniger Sodbrennen, ei- ne verbesserte Lebensqualität und eine verkürzte Phase mit einem niedrigen pH- Wert (< 4) (18).

Der klinisch sinnvolle Einsatz der Ma- gnetresonanz-Cholangiopankreatiko- graphie (MRCP), einer neuen radiolo- gisch-endoskopischen Methode, ist bis- her kaum zuverlässig evaluiert und das geeignete Patientenkollektiv nur unge- nau definiert. Geeignet erscheint die Me- thode nach Ergebnissen des Autors zur Diagnose von Pankreaserkrankungen (Spezifität 100 Prozent, mittlere Sensiti- vität 90 Prozent) (19). Derzeit nicht ge- eignet ist sie zum Screening bei Patienten mit rechtsseitigen Oberbauchbeschwer- den oder leicht erhöhten Cholestase- oder Pankreaswerten. Möglicherweise kann sie bei unklarer Indikation statt ei- ner endoskopischen retrograden Pan- kreatikocholangiographie (ERCP) ein- gesetzt werden.

Kolontumore und Funktions- störungen des Kolons

Zum Screening des Kolonkarzinoms werden vier Nachweisverfahren empfoh- len: Hämokkult-Test auf okkultes Blut im Stuhl, Sigmoidoskopie, Barium-Kon- trast-Einlauf und Koloskopie.

Theoretisch ist der Hämokkult-Test aufgrund der ungenügenden Sensitivität eine schlechte Screeningmethode. Je- doch lässt sich mit diesem Screening die Mortalität an kolorektalen Karzinomen um 33 Prozent in 18 Jahren reduzieren

(21). Entscheidend ist, dass der Test nur bei asymptomatischen Personen ange- wandt wird, die zudem keiner Risikopo- pulation angehören.

Der in Europa ohnehin selten durch- geführte Barium-Doppelkontrast-Ein- lauf ist der Koloskopie deutlich unterle- gen (23). Die Sensitivität erreicht bei Polypen zwischen 0,5 und 1 cm lediglich 30 bis 50 Prozent (23). Die Koloskopie bleibt weiterhin die wirkungsvollste Screeningmethode.

Zehn Prozent aller kolorektalen Kar- zinome sind hereditäre nichtpolypöse Kolonkarzinome (HNPCC). Ein HNP- CC liegt vor, wenn mindestens drei Ver- wandte mit einem kolorektalen Karzi- nom oder einem Karzinom des Endo- metriums, Dünndarms, Ureters oder Nierenbeckens bekannt sind. Die Kon- sequenz besteht in einer engmaschigen koloskopischen, gynäkologischen und urologischen Überwachung der Risiko- patienten.

Durch koloskopisches Screening alle drei Jahre lassen sich, wie eine finnische Arbeitsgruppe bei 252 Patienten belegt, sowohl Inzidenz als auch Mortalität nach 15-jährigem Follow-up massiv sen- ken (24). Bei Personen mit genetisch nachgewiesener Disposition empfiehlt sich ab dem Alter von 25 Jahren eine Koloskopie alle zwei Jahre. Eine Che- moprävention mit nichtsteroidalen An- tirheumatika (NSAID) ist wahrschein- lich nicht sinnvoll.

Eine ganze Reihe von Nahrungsmit- teln, Nahrungsbestandteilen und Medi- kamenten wird regelmäßig im Zusam- menhang mit dem Kolonkarzinom ge- nannt. Prospektive Studien sind jedoch rar und zeigten meist keine Wirkung.

Noch immer wird der Konsum faser- reicher Kost als wichtig betrachtet, auch wenn neue Studien keine Inzidenzsen- kung belegen (25, 26). Sinha und Mitar- beiter bestätigen in einer prospektiven Fall-Kontroll-Studie die Annahme, dass Fleischkonsum (vor allem durchgebrate- nes rotes Fleisch) einen Risikofaktor dar- stellt (27). Calcium hat sich als einziger Faktor als präventiv wirksam erwiesen.

In einer vierjährigen placebokontrollier- ten Studie im Rahmen einer Sekundär- prävention mit 930 Adenompatienten wurde mit 1 200 mg Calcium täglich eine signifikante Reduktion der Polypen um 15 Prozent erzielt (28).

NSAID wird seit längerem eine präventive Wirkung zugesprochen. Tier- experimente deuten darauf hin, dass der Effekt überwiegend COX-2-abhängig ist. Die Resultate der ersten, im Juni pu- blizierten Studie mit einem neuen COX- 2-Hemmer sind jedoch enttäuschend.

Zwar konnte bei Patienten mit familiä- rer Polyposis durch Celecoxib (100 be- ziehungsweise 400 mg zweimal täglich) das Karzinomrisiko verglichen mit Pla- cebo gesenkt werden (um 12 respektive 28 Prozent), dieses Ergebnis liegt aber deutlich unter den Erwartungen (29).

Mit Alosetron wurde ein neuer 5- HT3-Antagonist zur Behandlung des ir- ritablen Kolons vorgestellt. In einer pla- cebokontrollierten Studie mit 647 Frau- en (70 Prozent litten vor allem unter Di- arrhoe) hatten bei Gabe von Alosetron 41 Prozent weniger Schmerzen, im Ver- gleich zu 29 Prozent bei einem Placebo (30), bei einer hohen Drop-out-Rate (79 in der Verumgruppe, 53 bei Placebobe- handlung). Dieses Mittel wurde wegen Bekanntwerden von Fällen mit ischämi- scher Kolitis vom Hersteller weltweit zurückgezogen.

Alternativen bietet die Naturmedizin mit einer chinesischen Kräuterarznei (Aristolochia fangchi) (31). Die Sicher- heit des Naturmittels ist dabei aber un- klar.

Refluxkrankheit

Die meisten Refluxepisoden bei Patien- ten mit Hiatus-Hernie treten beim Schlucken auf. P. J. Kahrilas beobachtete eine Assoziation zwischen der Größe ei- ner Hernie und der Häufigkeit transien- ter Sphinkter-Relaxationen, die zu ver- mehrtem Reflux führen (32). Er bestätigt somit die ursächliche Bedeutung der spontanen Relaxation des unteren Öso- phagus-Sphinkters. Sie findet bei Gesun- den circa 2,5-mal pro Stunde statt, bei Refluxpatienten sechs- bis siebenmal und bei Patienten mit Hiatus-Hernien et- wa zwölfmal.

E. C. Klinkenberg-Knol untersuchte bei 203 Patienten mit Refluxösophagitis bei einer Omeprazol-Therapie über 6,5 Jahre, wie sich eine Langzeitbehandlung mit Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) auf die Magenschleimhaut auswirkt (33).

Die Studie zeigt die zuverlässige Wir- M E D I Z I N

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kung von Omeprazol (20 mg täglich). Sie lässt sich an der geringen Rezidivrate ab- lesen: ein Fall pro 8,5 Behandlungsjahre bei Helicobacter-pylori-negativen sowie ein Fall pro zehn Behandlungsjahre bei positiven Patienten. Bei allen Patienten mit einem Rückfall heilte die Refluxöso- phagitis unter Omeprazol aus, bei 40 Pro- zent war dazu eine erhöhte Dosierung er- forderlich. Bei der Therapie gab es keine Komplikationen, es wurden weder Dys- plasien noch Neoplasien der Magenmu- kosa dokumentiert (33).

Auch Lars Lundell zeigt in seiner drei- jährigen Studie mit 310 Refluxpatienten, dass eine langzeitige Säuresuppression bei Helicobacter-pylori-positiven Patien- ten nicht zu einer Häufung der intestina- len Metaplasie führt (34), obwohl eine leicht erhöhte Atrophierate der Magen- schleimhaut beobachtet wurde.

Beim Barrett-Ösophagus ist das Adenokarzinomrisiko um das 30- bis 125-fache erhöht. R. Rudolph findet in seiner Studie mit insgesamt 309 Patien- ten keinen Unterschied, ob der häufige- re Kurzsegment-Barrett (< 3 cm) dabei weniger gefährlich ist als der klassische Barrett über 3 cm (35). Das Dysplasieri- siko bei intestinaler Metaplasie im Kurzsegment-Barrett ist jedoch viel höher als bei intestinaler Metaplasie der Magenkardia (36).

Wahrscheinlich lässt sich die Dyspla- sie des Ösophagusepithels durch Säure- suppression verhindern. Symptomfrei- heit unter säurehemmender Behandlung ist jedoch kein zuverlässiges Kriterium zur Beurteilung der Therapiewirksam- keit (37): Bei 20 bis 40 Prozent der Bar- rett-Patienten ist trotz Beschwerdefrei- heit die Säuresuppression unvollständig, sodass die Speiseröhre weiterhin einer erhöhten Säureexposition ausgesetzt ist (38, 39). Dadurch werden Zelldifferen- zierung und Proliferation negativ beein- flusst (38) und die Entwicklung einer Dysplasie begünstigt. Für die Praxis be- deutet dies, dass die Säuresuppression bei Patienten mit Barrett-Ösophagus mittels 24-Stunden-pH-Metrie kontrol- liert werden und vor allem nächtliche Säuredurchbrüche vermieden werden müssen.

Im Vergleich zur Laparotomie (offene Fundoplicatio) ist die Laparoskopie (la- paroskopische Fundoplicatio) mit einer höheren Rate an intra- und peri-

operativen Komplikationen behaftet (40). J. E. Bais beziffert das relative Risi- ko der Laparoskopie für Dysphagie, Re- flux und Herniation mit 8,8. Dies wird auch von T. K. Ratanen bestätigt (41).

Ob diese Daten nur eine erhöhte Kom- plikationsrate der Laparoskopie wäh- rend des Erlernens der Technik wider- spiegeln, oder ob es sich um einen wirkli- chen operationstechnischen Unterschied handelt, ist unklar.

Nausea kann auch eine Folge der Re- fluxkrankheit sein. Knapp zwei Drittel eines Patientenkollektivs war nach la- paroskopischer Antirefluxoperation von der Nausea geheilt (42).

Dyspepsie, Ulkuserkrankung und Helicobacter pylori

Nick Talley stellte Indikationen für eine spezifische Therapie der Dyspepsie mit leicht angehobener Altersgrenze vor (43). Danach sollte bei einem Patienten unter 50 Jahre mit seit vier Wochen be- stehender Dyspepsie auf Helicobacter pylori getestet werden. Ist der Test posi- tiv, wird eine Eradikation, bei negativem Test eine empirische Therapie vorge- schlagen. Spricht der Patient darauf nur ungenügend an, sollte endoskopiert wer- den. Bei einem Patienten über 50 Jahre oder bei Alarmsymptomen oder Einnah- me von NSAID sollte stets endoskopiert werden. Bei nachgewiesener strukturel- ler Erkrankung ist eine spezifische The- rapie einzuleiten.

Eine Refluxösophagitis heilt bei H.- pylori-positiven Patienten unter PPI-Be- handlung signifikant schneller ab als bei negativen (44).

Eine chronische Korpusgastritis – meistens durch eine H.-pylori-Infektion bedingt – schützt vor einer Refluxöso- phagitis. In einer Analyse von El-Serag reduzierte sich das relative Risiko für die Refluxkrankheit um 70 Prozent (45).

Keinen eindeutigen Einfluss hingegen hat die H.-pylori-Infektion offenbar auf den Grad einer Ösophagitis (46). Die Prävalenz der H.-pylori-Infektion ist bei Patienten ohne gastroösophagealen Re- flux (GERD) allerdings höher als bei sol- chen mit Reflux.

Den wichtigen Aspekt der Rebound- Hypersekretion von Magensäure nach Absetzen einer PPI-Therapie zeigt die

Studie von Gillen (47): Die basale Säure- sekretion steigt bei H.-pylori-negativen Personen stärker an als bei positiven, oh- ne Änderung der maximalen Sekretion.

Verschiedene Faktoren, wie die ora- le Antikoagulation, Herzinsuffizienz, Dyspepsie, Status nach Ulkus, Diabetes, Corticosteroide und Rauchen steigern das Risiko für Ulkusblutung (48). Wenn Steroide und NSAID zusammen einge- nommen werden, erhöht dies nochmals das Blutungsrisiko. H.-pylori-positive Patienten haben während einer NSAID- Behandlung ein höheres Blutungsrisi- ko als negative. Weiter erhöht wird das Risiko, wenn nach einer Ulkusblutung noch eine Helicobacter-Infektion persi- stiert (49).

Die vielfach bei Depression eingesetz- ten selektiven Serotonin-Wiederaufnah- mehemmer (SSRI) erhöhen das Risiko für eine obere gastrointestinale Blutung um den Faktor 3 (50).

Zu der Helicobacter-Therapie bei NSAID-Patienten gibt es bisher keine klaren Empfehlungen. Am besten geeig- net scheint die prophylaktische Gabe von PPI (zum Beispiel Omeprazol 20 mg), falls die NSAID weiter eingenom- men werden müssen.

Das Risiko für gastrointestinale Ulze- ra unter nichtsteroidaler antirheumati- scher Therapie ist bei den neuen spezifi- schen COX-2-Hemmern Celecoxib und Rofecoxib reduziert (51, 52). Ein Patient kann während einer Therapie mit COX- 2-Hemmern aber sehr wohl ein Ulkus aufweisen.

Neue potenzielle Indikationsgebiete für eine Eradikation von H. pylori sind die lymphozytäre, besonders die Korpus- gastritis (53), das niedrigmaligne gastri- sche MALT-Lymphom, auch mit tieferer Infiltration in die Magenwand (54) und die Eisenmangelanämie unklarer Ätiolo- gie, die sich nach Eradikationstherapie zum Teil sehr gut zurückbildet und keine weitere Eisensubstitution benötigt (55).

Mit der so genannten Tripelthera- pie werden die besten Eradikationsra- ten erzielt (56). Die Eradikationsraten von 80 bis 90 Prozent kommen dank der PPI zustande: Wird der Säure- blocker weggelassen, sinken sie massiv ab (57). Mit Esomeprazol steht ein neuer sehr potenter PPI zur Verfügung.

Er bewirkt als Bestandteil des Tripelre- gimes ersten Studien zufolge eine min- M E D I Z I N

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destens ebenso gute Keimeradikation wie Omeprazol (58, 59).

Für die PPI-Wirkung bei der Eradi- kation von Helicobacter spielt der Genotyp des Patienten bezüglich der PPI-Metabolisierung eine Rolle. So ge- nannte „schlechte Metabolisierer“ mit langsamerem Abbau der PPI schneiden besser ab als solche mit schnellem Ab- bau. Die Infektion konnte jedoch auch bei raschen Metabolisierern, bei denen die Ersttherapie versagt hatte, durch ei- ne PPI-Dosissteigerung eradiziert wer- den (60).

Die Resistenz von Helicobacter ge- genüber Makroliden wie Clarithromycin scheint sich auf einem Niveau von rund zehn Prozent einzupendeln, die gegen- über Nitroimidazolen wie Metronidazol hingegen steigt an (61). Ein neu vorge- schlagenes Stufenschema trägt der ge- genwärtigen Resistenzlage Rechnung.

Zuerst sollte eine Tripeltherapie mit PPI, Makrolid (Clarithromycin) und Aminopenicillin (Amoxicillin) versucht werden. Bei ausbleibendem Erfolg sollte Metronidazol anstelle von Clarithromy- cin verabreicht werden. Es erscheint nicht ratsam, Clarithromycin und Me- tronidazol initial zu kombinieren.

Schlägt auch der zweite Versuch fehl, sollte nach Antibiogramm behandelt werden, und zwar unter Einbeziehung von hochdosierten PPI und Amoxicillin (modifiziert nach de Boer [62]).

Bedenklich ist die Induktion von An- tibiotikaresistenzen in der Darmflora.

Während resistente Helicobacter pylori nach fehlgeschlagener Therapie im We- sentlichen im Magen verbleiben, werden resistente Darmkeime noch Wochen nach Beendigung der Therapie über den Stuhl ausgeschieden (63). Die Notwen- digkeit einer Keimausräumung sollte auch aus diesem Grund eingehend ge- prüft werden.

Die möglichen, wenn auch seltenen Komplikationen einer Eradikation von H. pylori mittels Tripelregime aus PPI, Amoxicillin und Clarithromycin sind die pseudomembranöse Kolitis und eine reaktive Arthritis, die mit Clostridium difficile assoziiert ist (64). Die pseudo- membranöse Kolitis wird als Komplika- tion eher zunehmen, weil in den aktuel- len Therapieempfehlungen Metronida- zol zunehmend durch Amoxicillin ver- drängt wird.

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

Vor allem die Behandlung des aktiven Morbus Crohn profitiert durch die Ein- führung neuer Substanzen. Derzeit sind in der Schweiz vier gegen Tumor-Nekro- se-Faktor alpha (TNF alpha) gerichtete Arzneien verfügbar: die TNF-alpha-An- tikörper Infliximab, Etanercept und CDP 571 sowie Thalidomid als TNF-al- pha-Rezeptorantagonist. Nur für Inflixi- mab liegen größere klinische Studien vor.

Studien zu TNF-alpha-Antikörpern zeigen Remissionsraten zwischen 29 und 53 Prozent (65–68). Mit Infliximab wurde bei zwei Drittel der Behandelten eine deutliche Reduktion der Krankheitsakti- vität erzielt, bei einem Drittel eine kom- plette Remission. Im Rahmen der Post- marketing-Überwachung von mehr als 50 000 Crohn-Patienten wurden keine gravierenden Nebenwirkungen erfasst.

Auch in einer Studie zur Langzeitthera- pie wurden keine Sicherheitsprobleme dokumentiert (69). Die Inzidenz solider Tumoren und schwerer Infektionen ist verglichen mit einem Placebo nicht er- höht (4,8 versus 4,7 Prozent); die gegen- über einem Placebo erhöhte Lymphom- häufigkeit (9,1 versus 0 Prozent) scheint im Zusammenhang mit der Grundkrank- heit zu stehen. Infusionszwischenfälle sind mit 4,8 Prozent relativ selten (69, 70). Infliximab gilt heute bei Patienten mit aktivem Morbus Crohn als indiziert, die auf konventionelle Behandlung nicht ansprechen, sowie bei Patienten mit drai- nierenden Fisteln. Das Langzeitmanage- ment der Erkrankung ist jedoch noch un- klar. Die Patienten sprechen in der Regel sehr gut auf Infliximab an, können nach Absetzen aber ein Rezidiv entwickeln.

Der natürliche Krankheitsverlauf wird offenbar nicht beeinflusst.

Mit Thalidomid wurden bei aktivem Morbus Crohn in offenen, nicht placebo- kontrollierten Studien gute Remissions- raten erzielt (64 bis 70 Prozent). Die Ne- benwirkungen dieser Substanz sind be- kannt (Teratogenität). Ihr Einsatz ist also sehr vorsichtig und wohlbegründet zu handhaben. Das Mycophenolat Mofetil (MMF) kann bei aktivem Morbus Crohn keine Remission erzielen oder halten (71, 72). In Kombination mit Steroiden wirkt es nicht besser als Azathioprin und Steroide zusammen.

Methotrexat gewinnt in der Re- missionserhaltung bei Morbus Crohn an Bedeutung. In einer placebokontrollier- ten Doppelblindstudie von 40 Wochen Dauer mit insgesamt 76 Patienten wurde unter Methotrexat eine signifikant besse- re Remission erzielt als mit einem Place- bo (65 versus 39 Prozent); auch die Stero- idbedürftigkeit war verringert (28 versus 39 Prozent) (73). Patienten mit einer Le- berkrankheit oder mit Diabetes mellitus sollten nicht mit Methotrexat behandelt werden. Einer Pilotstudie zufolge schei- nen Wachstumshormone die Therapieer- folge bei Crohn-Patienten zu verbessern.

Die Krankheitsaktivität wird durch eine viermonatige Therapie (zusätzlich zur üblichen Medikation) deutlich gemin- dert (74). Einer prospektiven placebo- kontrollierten Studie von 18 Monaten Dauer zufolge hat eine postoperative Prophylaxe mit Mesalazin (4 g täglich) keinen Einfluss auf den Verlauf bei Mor- bus Crohn (75). Die probiotische Be- handlung der aktiven Colitis ulcerosa mit nichtpathogenen E.-coli-Bakterien scheint eine Alternative darzustellen. In der ersten doppelblinden Vergleichsstu- die mit 116 Patienten ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Mesalazin- und E.-coli-Applikation (je- weils in Kombination mit Steroiden und Gentamycin) hinsichtlich der Remissi- onsraten und der Rezidive (76). In der Studie wurde Mesalazin jedoch sehr niedrig dosiert. Ein Problem bei ent- zündlichen Darmerkrankungen ist das erhöhte Frakturrisiko. Davon sind nach einer dänischen Studie vor allem Frauen und besonders Raucherinnen betroffen (77). Steroide traten in dieser Untersu- chung nicht als Risikofaktoren in Er- scheinung.

In den USA werden 29 Prozent der Behandlungskosten beim Morbus Crohn für 5-ASA-Präparate aufgewendet (78).

Der größte Anteil fließt in chirurgische Interventionen. Mit diesen werden auch die längsten Remissionen erzielt. Gene- rell erweisen sich diejenigen Behand- lungsstrategien als kostensenkend, die hohe Remissionsraten und anhaltende Remissionen bewirken.

Literatur beim Verfasser

Prof. Dr. med. Michael Fried Abteilung für Gastroenterologie

Universitätsspital, Rämistrasse 100, CH-8091 Zürich M E D I Z I N

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