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Nationalökonomie, in Bezug auf Moral und Hecht.

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(1)
(2)

Ü b e r

das leitende Princip der WirthschaftsleJire

insbesondere

d e r N a t i o n a l ö k o n o m i e , in Bezug auf Moral und Hecht.

Eine

zur Erlangung* der Magistcrwürdc

verfasste Abhandlung,

w e l c h e

mit Genehmigung Einer Hochverordneten Philologisch- Jlistorischen Facultät der Kaiserlichen Universität

zu Dorpat

öffentlich vertheidigen wird

Julius Jflikszewicz,

C a n d . phil.

®ov$at 1852.

G e d r ii ck t b e i Ii e i n r i ch L a a k m a n n .

(3)

t e t , dass die voiscliril'linässige Anzahl vnu Kxemnlaren au die D o t - patsrhe Censurliehörde eingeliefert w e r d e .

D o r n a t . den I I . Marz I S ü i .

Decan JV eue.

(4)

M I M i N

T l l i : i 1 1 1 ^ E L T E R N

in L i e b e u n d E I i r f u r c h t

gewidmet.

(5)
(6)

Einleitung.

D i e Kraft oder das Insichsein des Wesens äussert sich j e nach seiner Beziehung zu sich selbst oder zu ande­

ren homogenen Wesen in zwei Grundrichtungen, welche man gemeinhin als zwei verschiedene Kräfte sich vorzustellen pflegt. Wie man in Hinsicht auf diese zwiefache Richtung für kosmische Individuen eine Centrifugal- und Cenlripetal- kraft annimmt, so ist auch an menschlichen Individuen im geselligen Beisammensein eine analoge, zwiefache Kraftäusse- rung unverkennbar, die sich im Allgemeinen als Contractiv- und Expansivkrafl bezeichnen, und zwar in Hinsicht auf die Gemüthsäusseruug des Menschen als Selbstsucht und Selbstverleugnung in ihren Extremen, als Eigenliebe und thätiges Wohlwollen gegen Andere, in ihrer Annäherung zur gegenseitigen Vermiltelung, sich unterscheiden lässt. Das kosmische Individuum folgt unbedingt dem es beherrschen­

den Naturgesetze; der Mensch aber, der allerdings als er­

schaffenes Wesen von der IValur abhängig ist, in welcher Abhängigkeit er eine vorgeschriebene, unwandelbare Lebens­

bahn zu durchlaufen h a t , kann andererseits, als selbstbe­

w u s s t e s , vernünftiges, relativer Selbstbestimmung fähiges W e s e n , sich bald der einen Richtung, bald der anderen mehr hingeben, — bald das eine, bald das andere Extrem zum vorherrschenden Princip seiner Denk- und Ilandlungs-

1

(7)

weise machen, — bald sie in einer Weise im wahrhaft sitt­

lichen Bewusstsein zur Vermittelung bringen, welche ihm als einem Ganzen, und zugleich Gliede eines grösseren Ganzen, gleich forderlich ist. So selten auch die Selbstsucht oder die Selbstverleugnung im Leben unbedingt vereinzelt, ja bei ein und demselben Individuum als ausschliesslich wirkend erscheinen, so ist auch das glückliche Gleichgewicht beider nicht minder selten vorhanden, und weil man die Selbst­

sucht oder den Egoismus in der sinnlichen, die Selbstver­

leugnung in der geistigen Natur des Menschen begründet zu glauben pflegt, konnte es nicht fehlen, dass mit der Verbrei­

tung der christlichen Weltanschauung, w o man die sinnliche Natur des Menschen in der Entzweiung mit seiner geistigen aufgefasst wissen wollte, weniger von einer Aussöhnung der feindlichen Extreme die Rede ist, als von einem Kampfe, in w e l c h e m , die Selbstsucht zu überwinden, eben die sittliche Kraft b e s t e h t1) .

Zur Zeit, w o dieser Dualismus sich wohl am deutlich­

sten ausprägen mochte, im Mittelalter nämlich, w o mit der Verachtung des sündhaften Fleisches die Herrschaft der Sclbsl-

1) Vgl. G e s c h i c h l e der Sittenlehre J e s u v o n Carl Friedr. S t ä u d - l i n . l . B i l . Güttingen 1799, 8 . 70.>—710; S . 8 3 1 — 8 3 3 . Vgl. G i b b o n IlisLonj of ihr dccUve und fall nf Ihr vornan rvipirr. L. t l . hnp.15, p. 2f!3, Tli. 11. B a s i e r A u s g a b e . „ B e m ü h t , die V o l l k o m m e n ­ heit d e s E v a n g e l i u m s über die W e i s h e i t der P h i l o s o p h i e 7.11 e r h e b e n , trieben die eifrigen Väter die Pflicht der S e l b s t v e r l e u g n u n g , der Rein­

heit und der Geduld zu einer H ö h e , w e l c h e kaum zu erreichen und noch w e n i g e r in unserem g e g e n w ä r t i g e n Zustande von S c h w ä c h e und Verderhniss zu erhalten ist. Eine s o ausserordentliche und erhabene L e h r e miissle n o l h w e n d i g dem V o l k e Ehrerbietung g e b i e t e n , aber s i e war sehr schlecht berechnet, um die Beislimmung der w e l l l i c h e n P h i l o ­ s o p h e n zu e r h a l t e n , w e l c h e in der Führung d i e s e s vergänglichen L e ­ bens allein die Empfindungen der Natur und das Interesse der G e s e l l ­ schaft i n R a t h e z i e h e n . ' -

(8)

3

Verleugnung in der Ideenwelt ihren Culminalionspunkt er­

reicht haben mag, wusste sieh der in Rede und Schrift eifrig bekämpfte Egoismus im realen Leben in voller Stärke 211 behaupten, und das in zwei Hälften zerrissene, von zwei feindlichen Mächten beherrschte, menschliche Dasein bot den Schauplatz eines rastlosen Kampfes, dessen wechselnde Schick­

sale hinlänglich aus der Weltgeschichte bekannt sind. Was das Verhältniss der beiden Principien zu einander in unserer Zeit betrifft, so ist es im Wesentlichen folgendes: Wohl wird seitens der Religion, der Ethik, der Pädagogik die alle Fehde gegen den Egoismus fortgeführt, von Kanzeln und Lehrstühlen hinab wird die Selbstsucht nach wie vor als verwerflich, mit der hohen Bestimmung des Menschen un­

verträglich geschildert, die Welt in der uneigennützigen Gesinnung bestärkt und zu Werken der Liebe ermahnt. Die Philosophie, die P o e s i e , Belletristik und Journalistik lassen es auch ihrerseits an Erzeugnissen nicht fehlen, w o der Ego­

ismus bald als gehässig, bald als lächerlich dargestellt und die edlere Natur des Menschen in ergreifenden Bildern ver­

klärt wird. Aber während so in der Ideenwelt sich Alles gegen den Egoismus zu wenden scheint und das Bewusst­

sein wahrhafter Menschenwürde im praktischen Leben so weit wenigstens Eingang findet, dass wohl niemand gern für einen Egoisten im eigentlichen Sinne des Worts gelten rauchte; so giebl es trotz alledem ein weites Gebiet mensch­

licher Wirksamkeit, worauf alles das im Ganzen keine An­

wendung findet, wo der Mensch nicht nur faclisch eher als irgendwo mit einer gewissen Unbefangenheit dem Egoismus huldigt, sondern auch von der Wissenschaft, die über dieses Terrain verfügt, die Sanclion e r h ä l t , eigennützig zu sein.

Dieses Gebiet, welches bei der Ausübung der meisten Pflich­

ten und Hechle nicht zu umgehen i s t , und w o nichts desto 1*

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der Eigennutz als der ewige und stete Leitstern gelten s o l l ' ) , ist das w i r t s c h a f t l i c h e2) , und die sich darauf beziehende Wissenschaft, in welcher insbesondere eine solche Einseitig­

keit befremdend erscheint, ist die Nationalökonomie3).

In ihrem kindlichen Zustande, den w i r aus den Schrif­

ten der Alten ersehen, hat diese Wissenschaft, trotz ihrer sonstigen Mängel, diesen einseitigen Charakter nicht; viel­

mehr betrachten P l a t o , A r i s t o t e l e s , X e n o p h o n4) , und nach ihrem Vorbilde die Romer s) , den Gülererwerb von der moralischen Seite. Das Vermögen erschien ihnen nur schätzenswerth als Mittel zu einem edlen, wohlthätigen Le­

b e n ; dagegen erklärten sie das unbegrenzte, aus Hab- und Genusssucht hervorgehende Streben nach Reichthum für un­

sittlich, indem das wahrhafte ßedürfniss nach äusseren Gü­

tern seine Schranken h a b e6) . Eben so wenig ist das sitt-

1) J. F . E. L ö t z , Hanrlb. der Staatswirthscliaftslelire, B d . l , S. 8.

2) Nach Z a c h a r i a e ist die Wirthschaftslehre die Methodenlehre der Habsucht und des G e i z e s . Vgl. Vierzig Bücher v o m S t a a t e , B d . V , S . 7. — Grundsätze der V o l k s wirthschaftslehre v o n K. H. R a u, B d . l , S . 7 .

3) A n d e r e JNamen: V o l k s w i r t s c h a f t s l e h r e , T h e o r i e d e s National- reichthuins, Theorie d e s V o l k s v e r m ö g e n s , Volksgiiterlehre. Vgl. S t e i n ­ l e i n , V o l k s w i r t s c h a f t s l e h r e I, X V ; R a u a. a. 0 . I, S . S . 9.

4 ) P l a t o : de Kepublica xive de Juxto und de. Legibus. A r i ­ s t o t e l e s : Ethicorvm Nicomachcorum, L . X ; Politicorum, L. VIII;

und Oer.tmomicornm, L . I I . ; haii[i>sächlich ein Theil des ersten B u c h e s s e i n e r Politik, w e i l v o n der O e k o n o m i k das z w e i t e g e w i s s , das erste vielleicht einen anderen Verfasser hat. Vergl. R a u , A n s i c h t e n der V o l k s w i r t s c h a f t , S. 3 — 2 1 . Von X e n o p h o n ist b e s o n d e r s Liber oeconomicus wichtig, — minder de reditibus Alheniensium.

5) C i c e r o : de officiis; C o l l i i n e I I a : de re rustica; S e ­ i l e c a : Kpi.it.

fi) Vergl. P l a t o , de legibus, 1; X e n o p h o n , Oecon. C. 7 und I I ; A r i s t o t e l e s , Politironim , I, C. III, pag. 8. 9. 1 0 , VII, pag. 3, 4. 5. Auch v e r g l e i c h e die Slaatshaushaltung der Athener v o n

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liehe Gepräge in den wenigen ökonomischen Schriften des Mittelalters zu verkennen ' ) . Bei den Mercantilislen 2) wird aber die Selbstsucht beim Gülererwerb g r u n d s ä t z l i c h3) ; da­

gegen ist bei den Physiokraten, wie weit sie auch in ihren Forderungen des unbedingten Gehen- und Gevvährenlassens g e h e n , ein menschenfreundlicher Sinn vorwaltend *). Mit Adam S m i t h , dem es vorbehalten w a r die Leistungen seiner Vorgänger zu läutern, sie durch manchen neuen Gedanken

A . B o e k h , B e r l i n , 2 Bde. 1817. S. I, S . 55 ff. Bei C i c e r o de of- ficiis, Litt- I, C a » . 2 0 , h e i s s t e s : Kihif est. tarn angusti animi tamque parvi, quam amare divitias; nihil h'onestiii.i magnificentimque, quam peciniiam contemnere, si non habeas, si habeas ad benefiiientium Ii- beralitatemqiie. ronferre. — Der ethische Gesichtspunkt, aus dem die Alten die Wirthschäft betrachteten, macht auch ihre ö k o n o m i s c h e n Vor- urtheile, w i e die Verachtung der G e w e r b e , b e s o n d e r s des K l e i n h a n d e l s , des Z i n s n e h m e n s und die Überschätzung d e s L a n d h a u e s e t c . , erklärlich.

— Im W i d e r s p r u c h e mit dieser A n s c h a u u n g s w e i s e steht die Gutheissung der S c l a v e r e i , b e s o n d e r s bei A r i s t o t e l e s Polit., L . l , C. I u. 2 , — und noch mehr die v o l k s w i r t s c h a f t l i c h e P r a x i s . V e r g l e i c h e B o e k h a . a . O . I, S. 4 0 .

1) T h o m a e a b A q u i n o opnsc. 3 8 : de regimine prineipum;

opusc. 3 9 : de ii.ni.ris; opusc. 4 0 : de regimine Jndaeorum. V i n c e n t B e l o v a c e n s i s specidum morale. A e g i d i u s R o m a n o s de reqi- mine prineipum. E n g e l h e r t u s A d m o n t e n s i s de regimine. P e ­ t r a r c a de republica optime administranda. F r a n c i s c u s P a l r i - c i u s de in.stitutione rei publicae und de regno et regis institutione,

2) Vgl. Litteratnr bei R a u a. a. O . I, S. 3 D - 4 2 .

3) Vgl. die materiellen Grundlagen etc. der europäischen Cultur v o n K. A r n d t , S. 194. Vgl. f'ours d'Economie, polilique par H.

S t o r c h , T . l , pag. 117 — 1 2 3 . L ö t z : S l a a t s w i r t h s c b a f t s l e h r e , Bd. I, pag. 115. 116.

4) Vgl. Litteratur bei R a u a . a . O . I, pag. 46 — 4 8 . Q u e s n a y ' s Denkspruch w a r : Pauvres paysans, pauvre royaume; pauvre. ro- yaume, pauvre xouverain. Er brachte es d a h i n , dass dieser Denk­

spruch in der königl. Druckerei zu Versailles v o n der e i g e n e n Hand L u d w i g s X V . abgedruckt w u r d e . — Vgl. Cours d'Economie politique.

Var H. S t o r c h , T. 1, 1 8 1 5 , pag. 131. — L ö t z : S t a a t s w i i t h s c h a f t s - l e h r e , Bd. I, § 27.

(11)

gen über die Natur und die Ursachen des Nalionalreich- t h u m s " , die moderne Nationalökonomie eigentlich zu begrün­

den, — sehen wir aber das sittliche Element in dieser Wis senschaft verschwinden, dagegen die Ansicht Geltung gewin­

nen, dass, indem jeder Einzelne sein Eigeninteresse befolge, er das Gesammtinteresse weit wirksamer befördere, als wenn er dieses wirklich zu befördern die Absicht hätte l) . W a s auch Adam S m i t h veranlassen m o c h t e , dem eigennützigen Streben der Einzelnen diese Wichtigkeit beizulegen, — so viel ist gewiss , dass durch diese Behauptung derselbe ato- niistische Zeitgeist, der die bedeutendsten W e r k e des vori­

gen Jahrhunderts bezeichnet, in die Nationalökonomie ein­

d r a n g , und sie theilt sofort mit der damaligen Staatslehre und der Aufklärnngslittcralur jener Zeit die Anschauung der

1) He, gcncraly, indeed, neilher bilends lo promole Ihn public interest, nor Icitoivs hoir mnch he is promoling it. Iii/ prefering the support of domeslic to that of foreign industry, he intends only his oicn security; and by direeling that industry in such a manner «*

its prodnees viai/ he of the greatest value, he. intends only his owu gain, and lie is in litis, as in maiii/ olher cases, lud by an invisible hand to promole an end teich was no pari of his iiitenlion. Kor is it alivays the 7n0r.se for the society that it /ras 110 part of it.

Iii/ pursiiing Iiis own inl.eresl he frcf/iiently proinoles that of the So­

ciety more efl'ecluarly Ihnn when. he realy intends to promole it. — Vergl. An inqiiiry into Ihr nalnre and, canses of the ir.ealth of nations by A. Smith, li'asil MDCCXCI, V. II, pag. 273. — G. S a r t o r i u s , w e l c h e r 5 Jahre den) Studium des Sniith'schen W e r k e s g e w i d m e t hat, s a g t , S m i t h s G r u n d s a t z , den er oft g e n u g w i e d e r h o l t , s e i : „ d a s s j e d e r , indem er seinem P r i v a t v o r t h e i l e nachjage, den Vortheil des Gan­

zen befördern m ü s s e . " Vergl. Abhandlungen, die E l e m e n t e des INatio- nal-Reichthums und der Staatswirthtchaft b e t r e t e n d , v o n G. S a r t o - r i i i s , Göttingen 180b', B d . I, S. 2 0 7 . — D i e s ist bei Smith die R e g e ) , und die v o r k o m m e n d e n w e n i g e n , die freie A n w e n d u n g d e s Capitals und des F l e i s s e s beschränkenden B e s t i m m u n g e n sind als Ausnahme da­

v o n zu betrachten. S. 2U8.

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menschlichen und bürgerlichen Gesellschaft, in welcher nur der Privatvorlhcil der Individuen als Ursache und Band der politischen Gemeinschaft galt. Wahrend man von dieser Richtung auf anderen Gebieten, und zwar dem religiösen, philosophischen, politischen, litterärischcn, bald in\s andere Extrem «ibergegangen ist, hat sie sich auf dem politisch- ökonomischen Gebiete im Ganzen bis auf die neueste Zeit erhalten. Wohl haben die Ansichten S m i t h ' s im Verlaufe der Zeil manche Modifikationen erfahren, aber eine gewisse Pietät für den E i g e n n u t z , weichender Nationalökonomie be­

reits viel Schaden gebracht hat, ist auch bei den meisten Nachfolgern S m i l h ' s g e b l i e b e n1) . Allerdings suchen die meisten, und besonders die deutschen Anhänger der S in i t u ­ schen Lehre in der Volkswirthschaftspflege die Privalreich- thiimer auch mit h ö h e r e n , sittlichen Gütern und mit der Staatswohlfahrt zu verbinden, nichts desto weniger wird in der V o l k s w i r t s c h a f t s l e h r e , dem theoretischen und eigentlich wissenschaftlichen Thcile der politischen Ökonomie, nur der Privategoismus als das leitende Princip festgehalten. Der englischen Fraction der S m i t h sehen S c h u l e , welche die

praktischen Lehren aus der politischen Ökonomie ausschliesst und sie in andere Wissenschaften verweiset, gelingt es hier­

durch bei ihrer einseitigen Behauptung, dass aus dem eigen­

nützigen Streben Einzelner sich schon von selbst das Ge­

meinnützige e r g e b e , — wenigstens die Gefahren der Iucon- sequenz im Ganzen zu vermeiden; die deutsche aber, welche

1) Vgl. Staatswirthschaftlicbe Untersuchungen etc. v o n D r . F . B . \ V . H e r r m a n n , S. 14. Man kann der Behauptung der meisten W i r t h - schaflslehrer seit A . S m i t h , dass der aus dem Eigennutze entspringende Verkehr der E i n z e l n e n v o n seihst allen Anforderungen an die V o l k s ­ w i r t s c h a f t g e n ü g e , nicht beistimmen. — Vgl. N e u e Untersuchungen e t c . , v o n J. S c h ö n , Stuttgart und Tübingen 1835, S . 8.

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im theoretischen Theile der politischen Ökonomie den individuellen Eigennutz walten lässt, und hinterdrein J m praktischen, der VolksAvirthschaftspfiege nämlich, doch noch die auf dem Gemeinsinne beruhenden wirtschaftlichen Be­

strebungen zur Sprache bringt, geräth in einen für die Wis­

senschaft sehr bedenklichen Widerspruch. Gewöhnlich sieht man die Trennung der Volkswirthschaftspflege von der Volks­

w i r t s c h a f t s l e h r e in der politischen Ökonomie als eine der Wissenschaft nur sehr erspriessliche a n , und in der Thal würde sie unbedingt als Förderung derselben anzusehen sein, wenn die getrennten Theile nicht auf zwei verschiedene Principien basirt w ä r e n . So aber, indem man den indivi­

duellen Eigennutz als das Princip der Lehre, und das Gemein­

interesse als das der Pflege festhält, wird die jetzige politische Ökonomie gewissermassen um ihr ganzes wissenschaftliches Ansehen gebracht, •— denn soll von dem Eigennutze Einzel­

ner, wie es in der Lehre heisst, schon alles Heil zu e r w a r ­ ten sein, dann ist die das Gemeinnützige bezweckende Volks­

wirthschaftspflege ein, wenn nicht ganz überflüssiger, doch in der Natur der Wissenschaft unbegründeter, ihr völlig fremdartiger Anhang. Soll aber die Pflege ein integrireu- der Theil der politischen Ökonomie, und somit neben dem Princip des Eigennutzes die Annahme eines ihn beschränken­

den (sei es von der Regierung oder den Bürgern zu vertre­

tenden) Gemeinsinnes n o t w e n d i g sein, — alsdann erscheint die, auf der Voraussetzung ausschliesslichen Eigennutzes be­

ruhende Theorie der politischen Ökonomie als eine durch­

aus unzuverlässige. — In beiden Fällen ein Übelstand, wel­

cher die politische Ökonomie bei dem praktischen Staats- manne und dem lernenden Jüngling allmählig um alles Ver­

trauen bringen dürfte. Da nun dieser Übelstand sowohl, als auch der Maugel eines sittlichen Princips in der National-

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9

Ökonomie hauptsächlich hierin liegt, dass man in der politi­

schen Ökonomie das Zusammengehörige getrennt h a t , so muss m a n , soll dem abgeholfen w e r d e n , dem Gemeininter­

esse nicht erst in der Volkswirthschaftspflege, sondern schon in der Volkswirtschaftslehre neben dem individuellen Eigen- nutze oder Eigenintercsse sein volles Recht widerfahren las­

s e n , und hier beide nicht bloss mechanisch neben einander hinstellen, sondern sie in einem dritten Princip zur innigen Aussöhnung und lebendigen VermiUelung bringen.

Um zu einem solchen Prineip zu gelangen, habe ich in dieser Schrift im Allgemeinen folgenden W e g eingeschlagen.

Zuerst gehe ich auf die Begriffe des Guten, des Nutzens und die ihrer Einigung ein, die ich — t e i l s um die Wirlh- schaftslehre, und zwar die Nationalökonomie, in eine Paral­

lele mit der Moral und dem Recht zu stellen, ihren princi- piellen Unterschied und zugleich ihre Analogie, somit ihr eigentliches Verhällniss zu einander, zu bezeichnen, t e i l s eines gemeinschaftlichen Ausgangspunktes halber — formell in der Idee abstracter Zweckmässigkeit zusammenfasse. — Hierauf hebe ich einzelne charakteristische Momente aus der Moral und dem Recht hervor, welche mir bald an und für sich, bald als Licht- und Anhaltspunkte für die spätere Er­

örterung der ökonomischen Principienfragen wesentlich dün­

ken, und mache endlich, auf dem natiotialökonomischen Ge­

biet angelangt, nach kurzer kritischer Übersicht der princi- piellen Hauptrichtungen in dieser Wissenschaft, die mir ein­

seitig, unvollständig scheinen, den Versuch, ein umfassen­

d e r e s , mit den Grundsätzen der Moral und des Rechts ver­

trägliches Princip aufzustellen.

(15)

E r s t e r T h e i l .

Allgemeines.

D i e abstracto Idee der Zweckmässigkeit ist die derjeni­

gen Übereinstimmung des Mittels mit seinem Z w e c k e , oder desjenigen Verhältnisses des ersten zum zweiten, durch wel­

ches die Ausführung eines Zweckes erst möglich w i r d . Bei der Ausführung eines Zweckes kommt es auf seinen Inhalt a n , und erst d a n n , wenn dieser g e g e b e n , ist auch eine concrete Bestimmung der Zweckmässigkeit möglich, die nach dem jedesmaligen Inhalte sich richtet.

Wenn die allgemeine Bestimmung des Menschen, sofern sie ihm in potentia von Gott gegeben, der Inhalt des zu ver­

wirklichenden Zweckes i s t , und die Idee der Zweckmässig­

keit sich auf die Übereinstimmung des Mittels mit diesem Zwecke bezieht, so ist diese auf den Menschen bezügliche Zweckmässigkeit eine in ihrer Art noch allgemeine. Sie ent­

hält z w a r ihrem Zwecke nach den allgemeinen Begriff des G u t e n , dem Mittel nach den Begriff des G u t e s , die jedoch in ihrer Allgemeinheit in sich unterschieden, ebenso der in­

neren, als äusseren, der ewigen, als zeitlichen Bestimmung des Menschen gelten können.

Ist der Inhalt des Zweckes die ideale, ewige Bestim­

mung des Menschen, d. h. das innerlich ewig Gute, und das Mittel, welches diesem Zwecke vollkommen entspricht, ein ewiges Gut, so ist der Begriff der inneren Übereinstimmung

(16)

11

solchen Zweckes mit seitiem Mittel der der idealen Zweck­

mässigkeit.

Mittel und Zweck erscheinen in dieser idealen Zweck­

mässigkeit einander nebengeordnet, denn jedes ewige Gut, z. B. das Heilige, die Wahrheit, die Gerechtigkeit, die Schön­

heit, wenn es auch zu anderen in das Verhällniss des Mit­

tels zum Zwecke tritt, so hört es doch darum nicht auf Selbstzweck zu sein.

Die ewige Bestimmung des Menschen, nach den einzel­

nen Zwecken hin betrachtet, ist Gegenstand verschiedener Erkenntnisszweige; die ewige Bestimmung des Menschen, sofern ihre Erslrebung hauptsächlich auf der vernünftigen, allgemein gültigen Selbstbestimmung des freien Willens be­

ruht, ist Gegenstand der Moral.

Nächst der idealen giebt es aber auch eine reale Zweck­

mässigkeit, zu deren Begriff man gelangt, wenn der Inhalt des zu erstrebenden Zweckes äusserer, zeillicher, endlicher Natur ist, durch dessen Erstrebung kein Selbstzweck, son­

dern n u r ein Mittel erreicht w i r d . — Der Begriff der realen Zweckmässigkeit ist der allgemeine Begriff des zeillich Gu- len oder des Nutzens, welcher sich auf den Inbegriff äusse­

rer, zeitlicher Güter erstreckt.

Die ideale Zweckmässigkeit und die reale können auch in inniger Vereinigung und gegenseitiger Vermittelung ge­

dacht w e r d e n . Dieses findet im Allgemeinen dann statt, wenn die reale Zweckmässigkeit als Inbegriff zwar äusserer, zeitlicher, aber den inneren, ewigen Zweck möglichst bester, d. h. idealer, Förderung der menschlichen Bestimmung betref­

fender Mittel oder Bedingungen sich darstellt, welche Art der Zweckmässigkeit man als die ideal-reale bezeichnen kann.

W e n n die ideale Förderung allseitiger menschlicher Be­

stimmung der Zweck, und das Mittel der Inbegriff zeitlicher,

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von einem objectiv daseienden Willen zu stellender Willens­

bedingungen für die Erstrebung dieses Zweckes ist, alsdann ist die ideal-reale Zweckmässigkeit derartigen Inhalts Gegen­

stand des Rechts.

Im Streben nach der Herstellung der zeitlichen Willens­

bedingungen zur möglichst besten Förderung der menschlichen Bestimmung ist das Recht seinem ewigen Zwecke nach die Gerechtigkeit, seiuem Mittel nach Satzung, Gesetz, welches zeitlich, nützlich sein, d. h. der concreten Form des mensch­

lichen Daseins, den concreten Bedürfnissen entsprechen muss.

Der Begriff realer Zweckmässigkeit oder des Nutzens überhaupt, welcher in seiner Allgemeinheit auf sehr Man­

nigfaltiges sich beziehen k a n n , wird zum engeren Begriffe des w i r t s c h a f t l i c h e n oder ökonomischen Nutzens, wenn man in den Begriff der realen Zweckmässigkeit Vermögen, Reich­

t h u m , oder auch das durch ihn erziclbare materielle W o h l ­ sein als Z w e c k , den Begriff des wirtschaftlichen Gutes als Mittel setzt, — was im Allgemeinen in der jetzigen Wirth- schaftslehre überhaupt und der Nationalökonomie stattfindet.

So lange der individuelle Eigennutz das einzige, oder doch vorwaltende Princip der W i r t s c h a f t s l e h r e und der Na­

tionalökonomie bleibt, nach welchem der Reichthum oder das materielle Wohlsein als Endzweck erstrebt werden soll,

— so lange erheben sich diese Lehren Uber die blosse Nütz­

lichkeits-Sphäre oder die der realen Zweckmässigkeit nicht;

wenn sie aber ein ihnen gebührendes Princip e r h a l t e n , w o ­ bei der Reichthum nur als Inbegriff äusserer, zeitlicher, und zwar sachlicher Bedingungen für den ewigen Zweck mög­

lichst bester Förderung der allseitigen Bestimmung des Men­

schen, d. h. des Guten, aufgefasst w i r d , — welches Ver- hältniss des w i r t s c h a f t l i c h Nützlichen als Mittel zur idealen Förderung des Guten als Z w e c k , in ihrer innigen Überein-

(18)

13

Stimmung w i r als den Begriff des w i r t s c h a f t l i c h zu erstre­

benden oder auch der Kürze wegen, des w i r t s c h a f t l i c h e n Wohls bezeichnen, — sodann tritt die Ökonomie aus der niederen Sphäre realer Zweckmässigkeit in die höhere, der ideal-realen, hinüber, w o d u r c h sie zu einer dem Recht ana­

logen Wissenschaft w i r d .

Das Verhältniss der idealen Zweckmässigkeit zu der realen und den Begriffen ihrer Einheit ist ein solches, dass die erste, als die allgemeinere, den anderen übergeordnet ist.

— Im Leben kommen sie gesondert wohl selten vor, viel­

mehr greifen s i e , sich gegenseitig vermittelnd, lebendig in einander e i n ; nichts desto weniger müssen sie, ihres Zusam­

menwirkens ungeachtet, in der Wissenschaft nicht mit ein­

ander identificirt, sondern genau von einander unterschieden

w e r d e n . >

Nach dieser übersichtlichen Zusammenstellung, welche nicht leicht anders als in einer abstracten Fassung gegeben werden k o n n t e , kann ich j e t z t , so weit mir n o t i g scheint, auf die einzelnen Gebiete näher eingehen, und betrachte zu­

nächst den Begriff des Guten, sofern er Gegenstand der Moral ist.

Z w e i l e r T h e i l .

Moralisches.

In der Erkenntniss des moralisch Guten sind in Hin­

sicht auf ihre Entstehung und Eutwickelung folgende Haupt­

momente zu unterscheiden. So lange die Bestimmung des

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Menschen nur in seiner Natur gegeben, von ihm aber weder zum deutlichen Bewusstsein gebracht, noch zur Selbstbestim­

mung des freien, vernünftigen Willens erhoben ist, so lange ist die Erkenntniss des Guten eine dunkle und schwankende, bloss auf der Stufe des Instinkts befindliche. Mit mannig­

faltigen Trieben b e g a b t , sucht hier der Mensch deren ein­

zelne Befriedigung zu erstreben; er liebt, w a s ihnen ent­

spricht, hasst und flieht, was ihnen widerstreitet. — Hier ist aber alles Erstrebte ein wechselndes, zufälliges, der ganze sittliche Zustand des Menschen ist ein unstäter, wandelbarer.

— Sobald aber der Mensch aus diesem wechselnden Spiele der Begierden ein stetiges Gesetz für das, was seiner Natur entsprechen soll, zu entlehnen beginnt, dann kommt zum Instinkt des Guten das Moment der Zwecksetzung hinzu.

Mit dieser zugleich fängt allerdings das Wechselnde und Schwankende im Begriff des Guten an aufzuhören, aber jetzt beginnt das Spiel der mannigfaltigen Auffassung der mensch­

lichen Bestimmung, in welcher bald die eine, bald die an­

d e r e , oft endliche, unwesentliche Seile des menschlichen Daseins als der höchste zu erstrebende Endzweck erfasst und gesetzt w i r d . — W i e verschieden hiebei die Ausgangs­

p u n k t e , wie mannigfach und einseitig die Principien der Ethik sein k ö n n e n , beweiset die Geschichte dieser Wissen­

schaft. — Solch ein einseitiges Princip bietet vor allen die scnsualistisch-cgoistische M o r a l , in welcher nur das eigene Glück des einzelnen Menschen als das höchste, einzig zu er- strebendeZicl festgehalten w i r d ' ) . Andere Theorien bekämpfen

1) A r i s t i p p u s , der Gründer der cyrenäischen S c h u l e , ist in Griechenland als der erste w i s s e n s c h a f t l i c h e Vertreter des a u s s c h l i e s s ­ lichen S e n s u a l i s m u s o d e r Kudämnnismus zu e r a c h t e n , w e l c h e r , durch T h e o d o r v o n C y r e n a e forlentwickelt, zum Skepticismus u n d A t h e i s -

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diesen egoistischen Grundsatz und betrachten die Wohlfahrt des Einzelnen nur als Uruehstück der allgemeinen Wohlfahrt

miis führte. — A b e r erst später durch E p i k u r und s e i n e S c h ü l e r er­

hielt diese L e h r e ihre eigentliche Ausbildung und Reife. — Le diseiple d'Arislippe tst encorr. dam tonte la fougue de la jennessc, il se laisse entrainer an plaisir avec une franche insouciance. — L'Epi- curien, au contraire, sait. moderer ses desirs dans l'iiitervt meme de ses jouissances; il veut jouir de la nie le plus longtemps possible, parce qiiil ne croit pas ü une vie future. De Iii, dans toute sa con- duite, une certaine pusillanimite, vne prudetice extreme, qui liest r.omparable qua la prudence du vieillard. Vgl. Essai theoriqtie et historique sur la generatiou des connaissances humaines etc. par G. T i b e r g h i e n . Iiruxelles 1844, pag. 3 0 0 . — Im Mittelaller findet der S e n s u a l i s m u s , mit A u s s c h l u s s einiger IV'ominalislen, keine eigentli­

chen w i s s e n s c h a f t l i c h e n V e r t r e t e r , — e i n e n um s o klüftigeren R e ­ präsentanten erhält er später an T h o m a s l l o b b e s (I.588 — 1 6 7 9 ) , dein Freunde und Ü b e r s e t z e r B a c o n ' s v o n V e r u l a m , w e l c h e r , o h n e sich s e l b s t in moralischer Hinsicht zu s e n s u a l i s l i s c h e n Principien zu b e k e n n e n , H o h n e s durch s e i n e n Empirismus den A n s t o s s zu die­

s e r Richtung g e g e b e n hat. — Mit g r o s s e r Klarheit und Schärfe ent­

w i c k e l t 11 o b l i e s s e i n e e g o i s t i s c h e n , auf der Sinnlichkeit beruhenden Principien in mehreren Schriften, und sucht s i e b e s o n d e r s auf die S t a a t s l e h r e a n z u w e n d e n . S e i n e H a u p t w e r k e s i n d : Elcmenta philoso- phica de cive. Paris 1642. The Elements of law moral and poli- ticnl, IfißO. Leviathan or the mutler, form and authority of Gou­

vernement, 1651. — D i e im Materialismus aufgehende L e h r e l l o b b e s ' verliert durch L o c k e (1632—170-1), den Verfasser d e s W e r k e s : Essay on human un der stan ding, ihre Schroffheit, indem er ihr einen ratio­

n e l l e n Charakter verleibt. — W e n n sofort nächst M a n d e v i l l e ' s V e r ­ s u c h e n , dem religiösen E u d ä m o n i s m u s P a l e y ' s , derJXiitzlichkeitslehre B e n t h a m ' s in England der e g o i s t i s c h e S e n s u a l i s m u s einer ande­

ren Richtung P l a t z macht — bricht er d e s t o ungestümer in Frankreich h e r v o r , w o er im v o r i g e n Jahrhundert durch C a b a n i s , H e l v c t i u s , S t . Lambert, V o l n e y , D e s t u l t de Tracy und andere mit Eifer verbrei­

tet und mit Heifall aufgenommen w u r d e . — O b w o h l d i e s e Männer nicht unbedingte Verfechter e i n e s ausschliesslichen g e m e i n e n E i g e n ­ nutzes s i n d , j a die Humanität mitunter anpreisen, — s o bleibt doch ihre L e h r e , ihrer Grundlage und ihren C o n s e q u e n z e n n a c h , durchaus e i n e e g o i s t i s c h - s c n s u a l i s t i s c h e . — Vgl. D i e philosophischen L e h r e n v o n R e c h t , S t a a t und S i t t e etc., oder S y s t e m der Ethik v o n J. H. F i c h t e , L e i p z i g »850, B d . 1, S . C I 1 — 6 1 9 . — In D e u t s c h l a n d ward d i e s e Rich­

tung neuerdings v o n einer Fraction der H e g e l ' s c h e n S c h u l e lebhaft auf-

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und sehen diese für den wahrhaften Endzweck alles mensch­

lichen Strebens a n2) . Nach anderen ist wieder der Begriff

g e n o m m e n . T i b e r g l i i e n äussert sich a. a. 0 . S . 130 im A l l g e m e i n e n über den S e n s u a l i s m u s f o l g e n d e r m a s s e n : Le sensnalisme, partaul d'nn principe- psychologique eminemmenl individuel, ne peut, dam tout.es ses dedactions 'abaulir qii'a t'individualisnie; et par indivi- duatisme nous entendons ici quelque c.hose de plus etroit que la personnaliti: la brüte par exemple — est le plus individuel de tous les etres. Or, c'est precisement a l'etat de brate que le sensualisnu- tend « reduire l'homme. La satisf'action des sens, teile sa formule supreme. La moral da sensnalisme est le plaisir, la jouissance, Vegoisme le plus vil. . . . Sa base sociale, <?est Vinteret, qui pousse les homm.es ä se rapprocher les uns des untres. — Dans cette so- ciete. saus lois, l'homme est l'ennemi de l'homme; chaenn pour soi...

Cc nest que dans le sensnalisme tendant vers le Systeme de la re- flexion, que linieret individuel se transforme dans Vinteret du plus gravd nombre, dans l'intevel Inen enlendu.

2) W e n n die Vorstellung , dass der Mensch kein ausschliesslich s e l b s t s ü c h t i g e s , sondern ein w o h l w o l l e n d e s W e s e n g e g e n Mitmenschen s e i , schon den A l t e n nicht fremd w a r , und das Christenthum den Näch­

s t e n w i e sich selbst zu lieben zum S i t t e n g e s e t z e r h e b t , — s o gehört doch die Vorstellung d e s allgemeinen W o h l w o l l e n s im Menschen, w e l ­ c h e s er w e n i g e r aus dem Pllichtbegriff, als einem natürlichen Triebe, einem moralischen S i n n e (inoral sensej g e g e n s e i n e s G l e i c h e n b e t ä ­ t i g e , der neueren Zeit i n s b e s o n d e r e , und z w a r zunächst einigen eng­

lisch-schottischen Moralphilosophen a n , w e l c h e mit dieser A n s i c h t als S y s t e m der Ethik zuerst auftraten.— Im G e g e n s a t z e zu I l o b l i e s e g o ­ istischen Grundsätzen stellt Richard C i i m b e r l a n d (1632—1718) zuerst d a s Princip des allgemeinen W o h l w o l l e n s auf, w e l c h e s sich durch die Empfindung und die Erfahrung als das B e s t i m m e n d e in unseren Hand­

lungen z u erkennen g e b e . N a c h ihm heisst e s : „ D a s h ö c h s t e W o h l ­ w o l l e n aller vernünftigen W e s e n g e g e n alle e r z e u g t den glücklichsten Zustand j e d e s E i n z e l n e n und A l l e r in der Gemeinschaft j deshalb ist das g e m e i n s a m e W o h l das h ö c h s t e G e s e t z . " Vergl. R. C u m b e r - l a n d : de legibus italurae. disquisitio philosophica etc., Lond. 1071.

I.Scct.4. Prolegomena, Sect. 9- — S h a f t e s b u r y (1671 — 1713) stellt den Begriff des moralischen S i n n e s (moral sense) l i i e r s t auf, welcher auf N e i g u n g und A b n e i g u n g b e r u h e , die sich nicht b l o s s auf äussere, in die A u g e n fallende D i n g e r i c h t e , sondern eben s o gut auf Handlungen und Gesinnungen. Vgl. „Shaftesbury inquiry c.oncerniny virtue or merit" in d e s s e n €haracleristics[, Vol. II, üasil 1700,

Bock I, Part III, § J — 3 . D i e N e i g u n g e n , d e n e n w i r folgen k ö n n e n .

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der vernünftigen, allgemein gültigen Selbstbestimmung des

sind z u e r s t die g e s e l l i g e n , w e l c h e das W o h l d e s G a n z e n im A u g e halten und desshalb sich durch das a l l g e m e i n e W o h l w o l l e n b e w ä h r e n ; dann die s e l b s t i s c h e n , w e l c h e das e i g e n e W o h l b e z w e c k e n . B e i d e sind natür­

liche und in ihrer Ursprünglichkeit unzertrennlich v o n einander. D i e rechte Tugend und die w a h r e Glückseligkeit zugleich entsteht aber nur aus der völligen Harmonie der w o h l w o l l e n d e n und der selbstischen N e i ­ g u n g e n , indem man e n t d e c k t , dass beide in ihrer g e s u n d e n Ursprüng- lichkeit auf das T i e l s t e mit einander übereinstimmen. Vgl. Inqiriry.

R. I, pag. / , § 1 — 3 ; ß . / / , § 1 . Nach F r a n c i s l l u t c . l i e s o n (1694 — 1747) ist der moralische Sinn die Bestimmung (determination ) unseres G e m i i t h e s , liebliche oder w i d e r w ä r t i g e (amiable, or disat/reeable) Ideen v o n Handlungen zu e m p f a n g e n , die wir w a h r n e h m e n . Vgl. H u t c h e - s o n Jnquiry into the original of Our ideas of beauiy and virtne in two treatises" etc., Bd. II, London 1727, S . 1 3 5 . — D i e ächte und ein­

z i g e Triebfeder tugendhafter Handlungen ist daher eilt „ I n s t i n k t " in unserer Natur, das B e s t e ' Anderer zu befördern, der allen Rücksichten auf den e i g e n e n Vortheil vorangeht. S o l c h e Handlungen sind aber v o n j e n e m ursprünglichen W o h l g e f a l l e n begleitet, ihr Gegentheil v o n e i n e m eben s o ursprünglichen Missfallen. D e s s h a l b sind alle Tugenden auf das a l l g e m e i n e W o h l w o l l e n z u r ü c k z u f ü h r e n , w e l c h e s in der moralischen W e l t d a s s e l b e , w a s in der p h y s i s c h e n die a l l g e m e i n e Gravitation ist.

A . a . O . S . 3 0 2 . D i e S e l b s t l i e b e wird in den Gränzen d e s Erlaubten durch das allgemeine W o h l w o l l e n nicht a u s g e s c h l o s s e n , — das Maassverhält- n i s s für tugendhafte Handlungen ist aber um s o günstiger, j e mehr e s P e r s o n e n sind, die durch s i e beglückt w e r d e n , j e höher der Grad ihrer Glückseligkeit ist, endlich j e mehr der Handelnde d i e s e Glückseligkeit und nichts A n d e r e s dabei b e z w e c k t , — w o z u wir durch unseren mora­

lischen S i n n unmittelbar hingeleitet w e r d e n . H u t c h e s o n a . a . O . S . 177. Bei der Beweisführung der Universalität d e s moralischen W o h l ­ w o l l e n s im M e n s c h e n g e s c h l e c h t e w e i s s H u t c h e s o n darzuthun, d a s s , w e n n grausame Gebräuche unter g e w i s s e n Völkern h e r r s c h e n , sie v o n falschen Meinungen oder v o m W a h n e herrühren, dass das öffentliche W o h l sie erfordere. N i e m a l s ist ein wirklicher Mangel d e s allgemeinen W o h l w o l l e n s der Grund d a v o n , v i e l m e h r nur ein aus falscher Beur- theilung entspringender W u n s c h , ihm genug zu tliun. A. a. O. S 302-

— D a v i d H u m e (1711—1776) schliesst sich in s e i n e n Schriften {Treati.se on human nature, III. Vol., 1729, und Essay concerning huninu understanding im dritten Theile des IV. Batides) in Hinsicht auf die Auffassung der Moral an H u t c h e s o n an. — Auch er erhebt das all­

g e m e i n e W o h l w o l l e n zum Principe der Moral, z e i g t , dass e s durchaus ursprünglich und unrediicirbar auf das Gefühl der S e l b s t l i e b e s e i , und

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sittlich freien Willens das höchste Princip der Moral Die­

ser letztere Standpunkt, nach welchem das Gute als Selhst-

giebt als Z i e l aller tugendhaften B e s t r e b u n g e n das g e m e i n e B e s t e an.

— S i e b e n z e h n Jahre vor der Veröffentlichung der Untersuchung über die Natur und U r s a c h e n des Nationalreichthums hat sich Adam S m i t h (1723—1790), a n S h a f t e s h u r y und H u t c h e s o n sich haltend, auch in der Moralphilosophie versucht. D e m W e s e n nach w e n i g v o n s e i n e n Vor­

gängern a b w e i c h e n d , sucht A . S m i t h s e i n e Moraltheorie (theory of moral sentiments), w e l c h e zuerst in L o n d o n 1759 erschien, auf z w e i Hauptbegriffe der Schicklichkeit der Handlungen und der S y m p a t h i e zu stützen. D i e s e , w e n n g l e i c h unvollständige Ethik bleibt zu A . S m i t h ' s nationalökonoinischem M e i s t e r w e r k e fast ausser aller B e z i e h u n g , — w o vielmehr das e g o i s t i s c h e Princip sich entschieden gellend macht. Viel­

leicht hat S m i t h , in der V o r a u s s e t z u n g , dass d i e s e l e t z l e r e Schrift nur im Z u s a m m e n h a n g e mit s e i n e r Moraltheorie zu nehmen s e i , in s e i ­ nen Untersuchungen des INationalreichlhums die Sympathie dem E g o i s ­ mus e n t g e g e n z u s t e l l e n für überflüssig erachtet. — Adam F e r g u s o n (1724—1810) fasst in s e i n e n Schriften (Institutes of moral philosophy, 1709, und Principles of moral and political sciencv, II. Vol.,179'2) die hier a n g e d e u t e t e n L e i s t u n g e n auf dem G e b i e t e der Moralphilosophie z u s a m m e n , w o auch C l a r k e ' s und W o II a s t o n ' s auf einem auf der INatur der Objecte beruhenden Empirismus erbaute Theorien nicht un­

berücksichtigt b l e i b i n . — Hierher gehören n o c h d e r N o r d a m e r i k a n c r E d - w a r d ' s (.1. E d w a r d ' s on religious affections, London, 1795), w e l ­ cher, v o m allgemeinen W o h l w o l l e n a u s g e h e n d , j e d o c h e i n e mehr reli­

g i ö s e Richtung v e r f o l g t , und der D e u t s c h e Arthur S c h o p e n h a u e r (die W e l t als W i l l e und Vorstellung, in 4 Bdn., L e i p z i g 1819. 2 . Aull.

1844. D i e beiden Grundprobleme der E t h i k , Frankfurt 1 8 4 1 ) , der die e g o i s t i s c h e n Handlungen als o h n e moralischen W e r t h b e z e i c h n e t und das W o h l w o l l e n oder den Hang zum Mitleid a l s moralisches Princip festhält. Vgl. die Grundprobleme der Ethik a. a. 0 . S . 1 9 9 - 2 0 2 .

1) Im G e g e n s a t z e zu eudämonistischen Grundsätzen findet man bereits bei A n l i s t h e n e s und anderen Cynikern die Begriffe sittlicher Unabhängigkeit v o n ä u s s e r e n B e w e g g r ü n d e n , der Verachtung d e s sinn­

lichen G e n u s s e s und der Selbstbestimmung d e s W i l l e n s in ihrer Ver­

e i n z e l u n g v o r , die j e d o c h nur als Bedingungen einer e g o i s t i s c h e n S e l b s t ­ zufriedenheit e r s c h e i n e n . Auch die S t o i k e r , w e l c h e , v o n den Begriffen d e s S e l b s t b e w u s s t s e i n s , der persönlichen W ü r d e und sittlicher Freiheit a u s g e h e n d , die Verachtung äusserer Gitter und eine auf rationeller S e l b s t ­ bestimmung beruhende pllichtgetreue Gesinnung als Grundsalz ihrer Mo­

ral festhalten, sind v o n einer selbstischen Richtung, und z w a r von einer hochmüthigen Selbstgefälligkeit nicht frei. D e r Pflichtbegriff als A u s -

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zweck, abgesehen von äusseren B e w e g g r ü n d e n , aus reinem Pflichtbegriff erstrebt werden soll, ist nicht nur im Vergleich

druck der vernünftigen, allgemein gültigen .Selbstbestimmung des W i l ­ l e n s , w e l c h e r , hier noch dunkel und s c h w a n k e n d , v o n einer panthcisfi- s c h e n A n s c h a u u n g und einer s e l b s t i s c h e n Färbung getrübt ist, erscheint durch den Einfluss des Christenthums geläutert, erst viel später als v o l l ­ ständiges und b e s o n d e r e s Princip einer rationellen Moral. — W e n n in Hinsicht e i n e r v o l l s t ä n d i g e n Begründung d i e s e s M o m e n t s der Ethik vor allen w o h l K a n t die erste S t e l l e g e b ü h r t , s o sind hier doch z u v o r n o c h einige s e i n e r Vorläufer und Z e i t g e n o s s e n verwandter Kichtung zu e r w ä h n e n , die man mit dem allgemeinen N a m e n der e n g l i s c h - s c h o t t i ­ s c h e n Moralphilosophen zu b e z e i c h n e n pflegt. D i e s e s i n d : Ralph C u d - w o r t h (in den W e r k e n : „The tritt; inlelleclual System of the unwerse1'.

II Vol., London 167S, — und Treatise, concern'mg elernal and immu- table morality, London 1731), Richard P r i c e (Review of the prinri- pal questions and difficulties in morals by Jl. P., London, 1758), die S c h o t t e n T h o m a s K e i d (Inquiry into the human mind etc., 1764:

Essays on. the intellectual powers, 1785; Essays on the active po- wers, 1788), D u g a l t S t e w a r t , der e i g e n t l i c h e Ethiker dieser S c h u l e [Elements of the philosophy of the human mind, 1792; Outlines of moral philosophy, 1793; Philosophical Essays, 1810; Philosophy of the active and moral powers of man, 1828, ausserdem mehrere p h i l o s o p h i s c h e A b h a n d l u n g e n in der cyclopavdia Brilannica in den J a h r e n 1816—1821 und 1827), T h o m a s B r o w n (Lectures on the phi­

losophy of the human mind, Edinburgh 1824), J a m e s M a k i n t o s h (Dissertation on the ethical philosophy, ü b e r s e t z t in"s F r a n z ö s i s c h e v o n P o r e t , P a r i s 1834) und andere. — D i e Lehren dieser Männer w u r d e n unter dem N a m e n der s c h o t t i s c h e n P h i l o s o p h i e nach Frankreich durch R o v e r C o l l a r d verpflanzt. — Immanuel K a n t (1724—1804) ist e s nun, w e l c h e r am e n t s c h i e d e n s t e n den empirischen Stoff a u s der Ethik verdrängt und ihr mit g r o s s e m Scharfsinne e i n e Grundlage a priori verleiht. ( S e i n e Grundlegung zur Metaphysik der S i t t e n , Riga 1785, u n d : D i e Metaphysik der S i t t e n , k ö n i g s b e r g 1798, V o l . II, sind nament­

lich d i e hierher g e h ö r i g e n W e r k e . ) N a c h K a n t ist die A u t o n o m i e die e i g e n e G e s e t z g e b u n g d e s W i l l e n s , in der die Sittlichkeit b e s t e h t , — umgekehrt die H e t e r o n o m i e d e s W i l l e n s die U r q u e l l e aller Unsittlichkeit.

w e i l man dabei irgend e i n e „ m a t e r i a l e " M a x i m e als Bestimmungsgrund d e s W i l l e n s in, sich aufnimmt. A u t o n o m i e ist die b e w u s s t e U n a b h ä n ­ gigkeit v o n j e d e r G e s t a l t d e s niedern, in blinder U n w i l l k ü r l i c h k e i l w i r ­ k e n d e n T r i e b e s , innere Befreiung v o n dem e i g e n e n , niederen S e l b s t i

„ e i g e n e " G e s e t z g e b u n g ist die absolut» Selbstständigkeit d e s eigenen W i l l e n s v o n j e d e m äusseren Bestimmungsgriind, oder die Übereinstim-

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zu den eudämonistischen ein e r h a b e n e r , sondern er bleibt auch sonst, trotz seiner Mängel, der Stutzpunkt einer wis-

mung d e s Grundwillens mit dem E i n z e l w o l l e n ; die H e t e r o n o m i e ist der Z w i e s p a l t z w i s c h e n beiden. Vgl. K a n t , Grundlegung etc., S . 8 7 — 9 6 , 97 — 101. D e s s h a l b ist für ihn das S i t t e n g e s e t z kein h y p o t h e t i s c h e s , d. h. kein s o l c h e s , w e l c h e s nur unter bestimmten V o r a u s s e t z u n g e n der Erfahrung Geltung hat, sondern ein k a t e g o r i s c h e s , w e l c h e s an und für sich gilt. D e s letzteren oberster Grundsatz ist; „ H a n d l e nach derjeni­

g e n Maxime, durch w e l c h e du zugleich w o l l e n k a n n s t , dass sie ein all­

g e m e i n e s G e s e t z w e r d e . " Vgl. K a n t , Grundlegung e t c . , S. 52. — S o m i t führt K a n t in der Ethik alles auf das B e w u s s t s e i n des schlechthin S e i n s o l l e n d e n , d. h. den Pflichtbegriff, zurück, w e l c h e r , obgleich w a h r und v o n höchster W i c h t i g k e i t , als e i n z i g e s Princip der Moral genom­

m e n , noch einseitig erscheint. Vgl. F. J. S t a h I, G e s c h i c h t e der R e c h t s ­ p h i l o s o p h i e , 2. Aull. 1847, S. 1 8 8 - 2 1 4 ; E. v. K a l t e n b o r n , Geschichte des Natur- und V ö l k e r r e c h t s , s o w i e der Politik, I. Bd., 1848, S. 6 1 — 6 3 .

— N a c h M a k i n t o s h hätten die o b e n in dieser N o t e b e z e i c h n e t e n eng­

l i s c h - s c h o t t i s c h e n Moralphilosophen ein und d a s s e l b e Z i e l mit K a n t verfolgt. D e r Unterschied b e s t e h e nur h i e r i n , d a s i v o n K a n t die praktische Vernunft s o behandelt w o r d e n s e i , w i e w e n n s i e mehr A n a ­ l o g i e mit der theoretischen Vernunft habe a l s mit der unmittelbaren Empfindung oder den G e m ü t s b e w e g u n g e n , w ä h r e n d , w i e d i e s v o n j e ­ nen g e s c h e h e n s e i , die Untersuchung derselben an die G e i s t e s v e r m ö g e n der letzteren Art a n g e s c h l o s s e n w e r d e n m ü s s e . Vgl. J. M a k i n t o s h , Dissertation on the ethical philosophy, übersetzt v o n P o r e t unter dem T i t e l ; Histoire de la philosophie morale, Paris 1834, p. 4 3 8 , ff.

— A u f der v o n K a n t e i n g e s c h l a g e n e n Bahn g e h t J o h . Gottl. F i c h t e (1762—1814) zunächst w e i t e r fort. In s e i n e r älteren Sittenlehre (das S y s t e m der Sittenlehre nach den Principien der W i s s e n s c h a f t s l e h r e , in d e n sHramtttchen W e r k e n , Bd. IV, 1798), w o er sich hauptsächlich nur hierin v o n K a n t unterscheidet, dass er den k a t e g o r i s c h e n Imperativ für ein mit dem W e s e n der sittlichen Freiheit identisches G e s e t z erkennt, wird z w e i e r l e i gefordert: U b e r h a u p t mit B e s o n n e n h e i t und mit j e d e s ­ maliger B e z i e h u n g unserer Handlung auf den Begriff der Pflicht, im B e ­ s o n d e r n nie g e g e n die Ü b e r z e u g u n g zu handeln. B e i d e s , in einen S a t z z u s a m m e n g e f a s s t , w ü r d e sich als h ö c h s t e Maxime der Sittlichkeit also ausdrücken l a s s e n ; „ H a n d l e stets nach bester Ü b e r z e u g u n g deiner Pflicht oder nach deinem G e w i s s e n " , Sittenlehre S . 149—156. — In seinem S y s t e m der Sittenlehre v o m Jahre 1812 (vgl. in F i c h t e ' s nach­

g e l a s s e n e n W e r k e n Bd. II und III) fügt er dem Pflichtbegriff den Tu­

gendbegriff h i n z u , v o n w e l c h e m aus er eine v o n der K a n t sehen zu unterscheidende Tugendlehre begründet. Vgl. a. a O. Sittenlehre S. 7 9 ,

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seuschaftlichen Ethik. Der Begriff des Guten findet endlich seine Ergänzung in der Idee Gottes, durch welche die Moral

8 6 , 101, in w e l c h e r die göttliche Idee der wahre und einzige Grund der (sittlichen) W e l t und das allein Personificirende für das Ich ist. — F i c h t e ' s , auf das Hecht sich b e z i e h e n d e Schriften s i n d : Grundlage d e s Naturrechts, 1796, in den sanimtl. W e r k e n Bd. III; die R e c h t s l e h r e , Bd. V ; das S y s t e m der R e c h t s l e h r e , in V o r l e s u n g e n , 1812; politische Fragmente, 1807—1813, sämmtl. W e r k e Bd. VIII; v g l . S t a a t s l e h r e , oder über das V e r h ä l t n i s des Urstaats zum Vernunftreiclie, 1 8 1 3 , sämmtl.

W e r k e Bd. IV. D i e siibjective R a n t - F i c h t e s c h e Ethik erhalt in den S y s t e m e n v o n S e n d l i n g und H e g e l einen o b j e c t i v e n Charakter, w a s namentlich in ihrer R e c h t s - und S t a a t s p h i l o s o p h i e hervortritt. — D i e ersten gingen in ihrer Grundansicht v o m Begriff der C o e x i s t e n z freier W e s e n neben einander aus. D a r a u s ergab sich der Begriff e i n e s a b s o ­ lut b e r e c h t i g t e n , darum aber g e g e n s e i t i g sich einschränkenden S o n d e r ­ w i l l e n s derselben. — D e n letzteren d a g e g e n ist der W i l l e ursprünglich der a l l g e m e i n e , o b j e c t i v e , Ein vor aller E i n z e l p e r s ö n l i c h k e i t , — somit wird da», w a s dort als Resultat in der Einheit der sittlichen W i l l e n a u f g e w i e ­ s e n , hier zum Anfange gemacht. B e i Friedr. Willi. J o s . S c h e l l i n g (geb. 1775) z e i g t sich s c h o n in der ersten E p o c h e » e i n e s philosophi­

s c h e n W i r k e n s , in w e l c h e r er sich noch an F i c h t e eng anschliesst, die T e n d e n z , den allgemeinen W i l l e n als das S u b s t a n t i e l l e , Wahrhafte d e s individuellen n a c h z u w e i s e n . D a s P r o b l e m aller Moralphilosophie ist ihm ein absoluter W i l l e ; dieser kann in einer moralischen W e l t nur durch Vereinigung der h ö c h s t e n Individualität mit der höchsten A l l ­ gemeinheit d e s W i l l e n s erreicht w e r d e n . Vgl. S c b e l l i n g ' s n e u e D e - duetion des IVaturrechts im philosophischen Journal v o n F i c h t e und N i e t h a m m e r , B d . IV, S . 2 7 7 - 2 9 9 , Bd. V , S. 303. In seinem S y s t e m d e s transscendentalen Idealismus kommt S c h e l l i n g zu dem R e s u l t a t e , dass das Ich nicht unmittelbar oder rein g e i s t i g , sondern nur mittelbar im G e b i e t e der allgemeinen A n s c h a u u n g , im S i n n l i c h e n auf die Materie w i r k e n d , sich anschauen k ö n n e ; der Trieb zum Handeln m ü s s e d e m g e - mäss gleichfalls unmittelbare Natürlichkeit haben, — Naturtrieb s e i n , w e l c h e r daher w e i t e r in Widerstreit mit dem h ö h e r e n Triebe treten könne. — Insofern dies g e s c h i e h t , v e r w a n d e l t sich der letztere in ein unbedingtes S o l l , das S i t t e n g e s e t z . Vgl. Transscendentaler Idealismus v o n S c h e l l i n g , S. 3 9 1 . W e i t e r , S. 3 9 0 - 3 9 4 , 4 0 2 - 4 1 1 , zeigt S c h e l ­ l i n g den Unterschied z w i s c h e n dem absoluten W o l l e n und s e i n e r Er- s c h e i n s n g , und nennt die Übereinstimmung des reinen W i l l e n s mit dein ä u s s e r e n , objectiven Zustande des Ich — das h ö c h s t e Gut. — G . W . F . H e g e l ' s (1770—1831) E t h i k , die er mit dem N a m e n des o b j e c t i v e n G e i s t e s b e z e i c h n e t und v o r z u g s w e i s e in seiner P h i l o s o p h i e d e s Rechts

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e n t w i c k e l t , kündigt s i c h , ihren Hauptrichtungen n a c h , s c h o n in einer früheren Schrift, nämlich s e i n e r Abhandlung „ ü b e r die wissenschaftli­

chen Behandlungsarten d e s N a t u r r e c h t s " , an. (Im kritischen Journal für P h i l o s o p h i e , Bd. II, 2 , 3. 1802, 1803.) H e g e l s W e r k e B d . l , S . 3 2 3 — 4 2 3 . — Er zeigt hier, K a n t g e g e n ü b e r , w i e im Gemeingültigen einer h ö c h s t e n , aber nur formellen Moralmaxime k e i n e s w e g e s d a s j e n i g e A l l g e m e i n e enthalten s e i , worin das p o s i t i v e W e s e n d e s sittlichen W i l l e n s b e s t e h t , dass d i e s e s nur formelle S i t t e n g e s e t z zu einem b e s t ä n d i g e n Kampfe d e s W i l l e n s mit den T r i e b e n , aber zu keiner Harmonie mit d e n s e l b e n führen k ö n n e ( S . 3 4 6 — 3 4 8 } , — j a noch mehr, er b e z e i c h n e t j e n e n S t a n d p u n k t als den der Unsittlichkeif, da v o n ihm aus die prak­

tische Vernunft nichts als die Form der Tauglichkeit einer M a x i m e der W i l l k ü r zum G e s e t z e machen k ö n n e ( S . 350—355). D i e s e l e t z t e r e B e ­ hauptung, sofern s i e g e g e n K a n t gerichtet ist, kann nur für einen un­

gerechten Angriff g e l t e n , indem K a n t , w i e bereits o b e n g e z e i g t , in seiner moralischen Maxime j e d e Subjectivität durch die Bestimmung v o l l s t ä n d i g z u r ü c k w e i s e t , dass s i e , zur Maxime e i n e s allgemeinen Han­

delns e r h o b e n , sich als gültig b e w ä h r e , und s o m i t , z w a r nur formell, den o b j e c t l v e n Charakter d e s E t h o s , w o r a u f e s H e g e l e b e n ankommt, richtig b e z e i c h n e t . — Nach H e g e l ist die Sittlichkeit, ihrer Objectlvi- tät nach, e i n durchaus für den S t a a t und innerhalb d e s S t a a t e s fallen­

des Thun ( S . 3 7 2 ) ; — nur in der Gemeinschaft d e s S t a a t s l e b e n s kann der E i n z e l n e die Sittlichkeit belhätigen. — Aber s o lange er b l o s s im Kreise d e s Bedürfnisses und der Arbeit v e r w e i l t , — ea ist der Stand der H a n d w e r k e r und Ackerbauer damit b e z e i c h n e t — gelangt er nur zur „ r e l a t i v e n S i t t l i c h k e i t " ; erst der Stand der Freien , deren Arbeit in den Interessen des A l l g e m e i n e n a u f g e h t , stellt die „ a b s o l u t e Sitt­

l i c h k e i t " dar, — eine A n s i c h t , w e l c h e b e z e u g t , w i e das auch später hervortritt, dass H e g e l in g e w i s s e m S i n n e über den beschränkten Standpunkt antiker Sittlichkeit nicht hinausgeht ( S . 3 8 6 ) . — S e i n Haupt­

w e r k über die praktische P h i l o s o p h i e , „ P h i l o s o p h i e d e s H e c h t s " ( H e - g e l ' s W e r k e Bd. VIII), beruht auf dem Begriffe d e s o b j e c t i v e n G e i s t e s oder d e s allgemeinen W i l l e n s , w e l c h e r a l s die Freiheit d e s a b s o l u t e n Begriffes, e b e n s o der a l l g e m e i n e , als der vernünftige W i l l e ist. — D i e Z w e c k t h ä t i g k e i t d i e s e s W i l l e n s i s t , seinen Begriff in der äusserlichen Ohjectivität zu realisiren, s o d a s s sie e i n e durch den vernünftigen W i l ­ len bestimmte W e l t s e i . — Indem H e g e l ferner das S e l b s t b e w u s s t s e i n , worin der E i n z e l n e sich a l s E i n s mit dem W e s e n der A l l g e m e i n h e i t w e i s s ( § 2 0 — 2 4 1 , als das Princip d e s R e c h t s , der Moralität und aller Sittlichkeit b e z e i c h n e t , giebt er auch hier, z w a r in einer andern Forin

wieder einen neuen Sinn erhält. Die Ordnung und Gesetz­

mässigkeit in der Natur erscheinen sofort als Gottesordnung,

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der tugenderstrebende Wille wird zu einem gottgefälligen, der Pflichtbegriff zur Gottesfurcht und Liebe.

und Begründung, d a s , w a s K a n t als „allgemein gültige M a x i m e " , durch die der W i l l e als sittlicher sich bestimmt, bezeichnet hat. — Der W i l l e in s e i n e r Allgemeinheit g e f a s s t , bestimmt sich durch die E i n z e l w i l l e n hindurch zu seiner O b j e c i i v i t ä t , er g e w i n n t im D a s e i n der e i n z e l n e n Individuen unil W i l l e n allgemeine äusserliche E x i s t e n z : dies D a s e i n d e s freien W i l l e n s überhaupt ist das Recht. D e n W i l l e n als R e c h t zer- le"t H e g e l in ein dreifaches Gebiet von O b j e c t i v i t ä t e n : I) Er existirt zunächst unmittelbar in einer Mannigfaltigkeit von P e r s ö n l i c h k e i l e n und ihrer S e l b s t b e s t i m m u n g g e g e n einander, als die Sphäre d e s abslraclen Rechts ( § 4 1 — 1 0 4 ) ; 2) als Moralilär, w e l c h e entsteht, indem der W i l l e aus dem ä u s s e r e n D a s e i n in sich rellectirt, als die s u h j e c t i v e Einzelheit dem A l l g e m e i n e n gegenüber sich erfasst, (§ 105 — 1 4 1 ) ; 3) als Sittlichkeit, w e l c h e a l s Einheit und W a h r h e i t der beiden abstracten Momente be- - z e i c h n e t wird. — D i e Sittlichkeit in ihrer natürlichen Snbstantia'ität z e i g t sich in der F a m i l i e ; in ihrer E n t z w e i u n g und Erscheinung stellt s i e die bürgerliche Gesellschaft d a r ; der Staat endlich ist die vollstän­

d i g e Einheit des E i n z e l n e n und des A l l g e m e i n e n , d e s S u h j e c t i v e n mit der O b j e c i i v i t ä t , die s e l b s t b e w u s s t e , sittliche Substanz ( H e g e l ' s E n - c y c l o p . § 5 1 3 ) , w e l c h e nur noch unter die h ö c h s t e absolute W a h r h e i t des W e l t g e i s t e s fällt. — H e g e l ' s Verhältniss zum Pflichlbegrifle, w e l ­ c h e s uns hier einen Blick auf s e i n e Ethik zu werfen eigentlich v e r a n ­ l a s s t e , ist im W e s e n t l i c h e n f o l g e n d e s : D a s G u t e , sagt H e g e l , ist das W e s e n d e s W i l l e n s in seiner Substantialität und A l l g e m e i n h e i t ; e s ist d e s w e g e n schlechthin nur im D e n k e n und durch das D e n k e n (jj 132).

Verwirklicht wird e s nur durch den frei dazu sich bestimmenden W i l ­ l e n ; das S u b j e c t s o l l e s (denkend) als das Gute erkennen und w o l l e n ; das G e w i s s e n (§ 136. 137) ist die G e s i n n u n g , das an und für sich G u t e zu w o l l e n ; e s hat daher feste Grundsätze, und d i e s e sind ihm die ob­

j e c t i v e n B e s t i m m u n g e n und Ptlichten. Nicht von Trieben a l s o , w i e e t w a die englisch-schottische S c h u l e , sondern von Bedingungen d e s s e l b s t b e ­ w u s s t e n D e n k e n s macht H e g e l das moralische B e w u s s t s e i n abhängig, und w e n n er eben die Unmittelbarkeit des moralischen Triebes nicht v e r l e u g n e t , s o hindert doch das Ü b e r g e w i c h t , w e l c h e s er dem D e n k e n und seiner Allgemeinheit g e g e b e n h a t , j e n e s Moment ausdrücklich an­

z u e r k e n n e n , während er die in ihm liegende W a h r h e i t nach einer ande­

ren S e i t e entschieden ausspricht. E s ist ihm eben das Recht der Ob- j e c t i v i t ä t , w e l c h e s er Uberall der suhjectiven Meinung und dem particu- lären D e n k e n als das an sich Vernünftige entgegenhält ( J . 11. F i c h t e I, § 102). — H e g e l ' s Verdienst um die Ethik besteht hierin, w a s über­

haupt den Fortschritt s e i n e s S y s t e m s a u s m a c h t , in dem energischen

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