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Archiv "Interessenkonflikte ausbalancieren" (19.04.2013)

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286 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 16

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19. April 2013

M E D I Z I N

DISKUSSION

Interessenkonflikte ausbalancieren

Bemühungen um das Management von Interessenkon- flikten (1) sind zu unterstützen. Sie sollten nicht nur für Leitlinien, sondern auch für Studien gelten wie die sehr groß angelegte PREFERE-Studie zur Behandlung von Patienten mit niedrig malignem oder frühem interme- diären Risiko eines Prostatakarzinoms.

Die Analyse (2, 3) dieser Studie identifiziert ver- schiedene Interessenskonflikte:

keine Berücksichtigung der Zielgruppe

Gewinne durch unredliche Staatsgeschäfte

unzureichende Patientenautonomie

fehlender Patientennutzen

Minimierung von Schäden

Fairness der Zuteilungsgerechtigkeit

Abwälzung von Risiken

Anreize zu unerwünschten Effekten

asymmetrische Information.

Allerdings ist die Diskussion zur Vermeidung dieser Interessenskonflikte in der PREFERE-Studie zu kom- plex, um sie kurzfristig abzuschließen.

Bringt man den hervorragenden Aufsatz von Langer et al. mit den Konflikten der Sponsoren und Autoren der PREFERE-Studie zusammen, entsteht ein bedeu- tender Synergismus: Die PREFERE-Studie legt den Verdacht nahe, dass niemand frei von Interessenskon- flikten ist. Der Urologe empfiehlt beim Prostatakarzi- nom häufiger die Operation als die Strahlentherapie oder das Zuwarten. Für den Strahlentherapeuten, den Internisten und die Patienten gelten analoge, aber ande- re Präferenzen. Jeder kann sich selbst ausmalen, wie die Studie aussähe, wenn einer der Partner bei der Ge- staltung des Studiendesigns ausgeschlossen wäre.

Fazit: Interessenskonflikte werden immer auftreten.

Sie lassen sich niemals vollständig vermeiden, können aber sehr wohl kontrolliert werden, wenn alle Akteure des Systems ihre Interessen darlegen können und ein faires Gremium einen ausbalancierten Interessenkon- flikt herstellt. Dazu ist der uneingeschränkte Zugang zum Prüfplan einer Studie ein Muss. Wenn der Aufsatz von Langer und Kollegen diese Offenlegung des bis- lang geheim gehaltenen Plans bei der PREFERE-Stu- die erreicht, können die Autoren auf einen bedeutenden Erfolg bei der Lösung von Interessenskonflikten stolz sein. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0286a

LITERATUR

1. Langer T, Conrad S, Fishman L, Gerken M, Schwarz S, Weikert B, Ollenschläger G, Weinbrenner S: Conflicts of interest among authors of medical guidelines—an analysis of guidelines produced by Ger- man specialist societies. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(48): 836–42.

2. Porzsolt F, Braubach P, Flurschütz PI, Göller A, Sailer MB, Weiss M, Wyer P: Medical students help avoid the expert bias in medicine.

Creative Education 2012; 3: 1115–21.

3. Porzsolt F: Risk management in health care—lessons learned from clinical economics. In: Huber M, Moormann C, Proske D (eds.):

Proceedings of the 10th International Probabilistic Workshop.

Stuttgart: Universität Stuttgart 2012.

Prof. Dr. med. Franz Porzsolt AG Versorgungsforschung

Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie Universitätsklinikum Ulm

franz.porzsolt@uniklinik-ulm.de

Interessenkonflikt

Prof. Porzsolt ist Berater von den Firmen Lilly, Deutschland, und Servier, Deutschland. Er wurde honoriert für die Abfassung von Manuskripten zum Thema „Klinische Ökonomik“ von der Firma Lilly, Deutschland.

Kongressgebühren und Reisekosten wurden für ihn erstattet von der Firma Lilly, Deutschland. Ihm wurde Studienunterstützung (Drittmittel) zuteil von der Firma Servier, Deutschland.

Risikobewusstsein und Transparenz etabliert Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medi- zinischen Fachgesellschaften (AWMF) pflegt seit 1995 ein Leitlinienregister, über das ihre Mitgliedsgesell- schaften fast 700 Leitlinien und Handlungsempfehlun- gen öffentlich zugänglich machen (www.awmf.org).

Die AWMF hat ein Regelwerk erstellt, um die Entwick- lung hochwertiger Leitlinien zu unterstützen und die Qualität des Registers transparent zu machen (1). Das Regelwerk wird kontinuierlich fortgeschrieben. 2010 wurde dem entsprechend eine Regel zur Offenlegung von und zum Umgang mit Interessenkonflikten ein - geführt. Die Analyse von Langer et al. offenbart erste Einsichten nach Einführung dieser Regel (2), daher se- hen wir sie als dankenswerten Beitrag zum Qualitäts- management.

Bemerkenswert ist, dass bereits nach einem Jahr die Offenlegung finanzieller und akademischer Interessen als etablierter Standard anzusehen ist – im Gegensatz zur internationalen Situation (3).

Um Missverständnissen aus den Schlussfolgerungen von Langer et al. vorzubeugen, ist klar zu stellen:

Interessenkonflikte sind international definiert als Umstände, von denen ein bedeutsames Risiko ei- ner Beeinflussung des professionellen Urteils ausgeht (4). Aus ihrem Vorliegen direkt auf eine Befangenheit einzelner Autoren oder gar die Ver- zerrung von Leitlinieninhalten zu schließen, ist unzulässig. Da Leitlinien nicht von Einzelnen, sondern von Gruppen erstellt werden, ist die Be- urteilung der Befangenheit der Gruppe insgesamt relevant.

zu dem Beitrag

Interessenkonflikte bei Autoren medizinischer Leitlinien: Eine Analyse der Leitlinien deutscher Fachgesellschaften 2009−2011

von Dipl.-Soz.-Wiss. Thomas Langer, Dipl.-Gesundheitswirtin Susann Conrad, Liat Fishman, Dr. med. Martin Gerken, Dr. rer. medic. Sabine Schwarz, Dr. med. Beate Weikert, Prof. Dr. rer. nat. Dr. med. Günter Ollenschläger, Dr. med. Susanne Weinbrenner MPH in Heft 48/2011

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Deutsches Ärzteblatt

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M E D I Z I N

Diesem Risiko werden in Leitlinien protektive Faktoren entgegengesetzt: systematische Evi- denzbasierung (Wissenschaftliche Grundlage), in- terdisziplinäre Zusammensetzung der Leitlinien- gruppe (Pluralismus der Interessen), strukturierte Konsensfindung (Vermeidung unbotmäßiger Be- einflussung durch Einzelinteressen).

Derzeit existiert weder ein Goldstandard zum Um- gang mit Interessenkonflikten noch belastbare Evidenz zu Auswirkungen des Einsatzes oder Nicht-Einsatzes von Regulierungen (3, 4). Die Mitgliedsfachgesell- schaften der AWMF haben diese wissenschaftliche He- rausforderung angenommen und erproben experimen- tell in laufenden Leitlinienprojekten verschiedene Vor- gehensweisen. Dazu gehören die Differenzierung der Ausprägung von Interessenkonflikten, die entsprechen- de Einschränkung des Einflusses Einzelner, die Hinzu- ziehung neutraler Methodiker und die externe Begut- achtung oder öffentliche Konsultation. Die Schaffung empirischer Belege – im Sinne der evidenzbasierten Medizin – ist die Voraussetzung für die von Langer et al. geforderte Entwicklung eines Standards.

DOI: 10.3238/arztebl.2013.0286b LITERATUR

1. Muche-Borowski C, Selbmann HK, Nothacker M, Müller W, Kopp I.

Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachge- sellschaften (AWMF), Ständige Kommission Leitlinien: AWMF-Regel- werk Leitlinien. www.awmf.org/leitlinien/awmf-regelwerk.html (last accessed on 7 February 2013).

2. Langer T, Conrad S, Fishman L, Gerken M, Schwarz S, Weikert B, Ollenschläger G, Weinbrenner S: Conflicts of interest among authors of medical guidelines—an analysis of guidelines produced by Ger- man specialist societies. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(48): 836–42.

3. Norris SR, Holmer HK, Ogden LA, Burda BU: Conflict of interest in clinical practice guideline development: a systematic review. PLoS ONE 2011; 6: e25153.

4. Strech D, Klemperer D, Knüppel H, Kopp I, Meyer G, Koch K: Deut- sches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin. Interessenkonfliktregulie- rung: Internationale Entwicklungen und offene Fragen. Ein Diskus - sionspapier. 2011. www.ebm-netzwerk.de/was-wir-tun/pdf/interes senkonfliktregulierung-2011.pdf/view (last accessed on 7 February 2013).

Prof. Dr. med. Rolf Kreienberg Prof. Dr. med. Ina B. Kopp

Ständige Kommission „Leitlinien“ der AWMF, Düsseldorf kopp@mailer.uni-marburg.de

kopp@awmf.org

Interessenkonflikt

Prof. Kreienberg hat Beraterhonorare erhalten von der Firma AstraZeneca (PACT/COMPACT-Studie).

Prof. Kopp hat Beraterhonorare von der Firma Pharmallergan erhalten (bis 2010).

Schlusswort

Wir danken Prof. Porzsolt für den Hinweis, dass Inte- ressenkonflikte auch im Rahmen der Durchführung von klinischen Studien berücksichtigt werden müssen.

Inwiefern bei der angesprochenen PREFERE-Studie Interessenkonflikte der Beteiligten eine Bedrohung des primären Interesses – durch valide Daten zu den verschiedenen Therapieoptionen die Entscheidungs- findung für die Patienten zu vereinfachen und somit

die Versorgung insgesamt zu verbessern – darstellen, können wir nicht beurteilen. Dies war nicht Gegen- stand unserer Arbeit (1). Den von Prof. Porzsolt zitier- ten Analysen (2, 3) zur PREFERE-Studie konnten wir darüber hinaus keine konkreten Kritikpunkte entneh- men.

Dem Fazit von Prof. Porzsolt, dass sich Interessen- konflikte durch ein „Ausbalancieren“ verschiedenster Interessen kontrollieren lassen, können wir dagegen nicht zustimmen. Bei Interessenkonflikten geht es defi- nitionsgemäß darum, dass von den jeweiligen Entschei- dungsträgern ein primäres Interesse (zum Beispiel Wohl des Patienten, zuverlässige Forschungsergebnis- se) vorausgesetzt wird und ein Risiko besteht, dass die Entscheidungen durch andere (sekundäre) Interessen unangemessen beeinflusst werden. Die Vorstellung, verschiedene sekundäre Interessen „auszubalancieren“

widerspricht diesem Konzept.

Prof. Kopp und Prof. Kreienberg stimmen wir zu, dass von Hinweisen für einen Interessenkonflikt bei einzelnen Personen (zum Beispiel durch einen Bera- tervertrag) nicht automatisch auf verzerrte Leitlinien- inhalte geschlossen werden kann. Wie die Kommenta- toren selbst ausführen, geht es bei Interessenkonflik- ten nicht um den Nachweis einer tatsächlichen Verzer- rung, sondern um ein Risiko für Verzerrungen, das heißt den Anschein von unangemessener Beeinflus- sung. Prüfstein von Strategien zum Umgang mit Inte- ressenkonflikten – deren Entwicklung, Erprobung und Evaluation wir im Rahmen der AWMF-Leitlinien aus- drücklich begrüßen – sollte daher die Glaubwürdigkeit solcher Maßnahmen bei den Anwendern von Leitlini- en sein.

DOI: 10.3238/arztebl.2013.0287 LITERATUR

1. Langer T, Conrad S, Fishman L, Gerken M, Schwarz S, Weikert B, Ollenschläger G, Weinbrenner S: Conflicts of interest among authors of medical guidelines—an analysis of guidelines produced by Ger- man specialist societies. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(48): 836–42.

2. Porzsolt F, Braubach P, Flurschütz PI, Göller A, Sailer MB, Weiss M, Wyer P: Medical students help avoid the expert bias in medicine.

Creative Education 2012; 3: 1115–21.

3. Porzsolt F: Risk management in health care—lessons learned from clinical economics. In: Huber M, Moormann C, Proske D (eds.):

Proceedings of the 10th International Probabilistic Workshop.

Stuttgart: Universität Stuttgart 2012.

Dipl.-Soz.-Wiss. Thomas Langer Leitlinienprogramm Onkologie, Deutsche Krebsgesellschaft e. V.

Berlin

langer@krebsgesellschaft.de

Dipl.-Gesundheitswirtin Susann Conrad Dr. med. Liat Fishman

Prof. Dr. rer. nat. Der. med. Günter Ollenschläger Dr. rer. medic. Sabine Schwarz

Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ)

Interessenkonflikt

Dipl.-Soz.-Wiss. Langer war an der Erstellung mehrerer Leitlinien beteiligt, die in diesem Artikel untersucht wurden. Er ist bei der Deutschen Krebsgesell- schaft e. V. beschäftigt, die an der PREFERE-Studie beteiligt ist.

Prof. Ollenschläger ist Vorstand des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin (DNEbM) und des Guidelines International Network (G-I-N).

Die übrigen Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Referenzen

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