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(1)

Industrielles Management

Arbeitspapier Nr. 14

Herausgeber: Prof. Dr. K.-W. Hansmann Institut für Industriebetriebslehre und Organisation

Christian Marc Ringle

Messung von Kausalmodellen

Ein Methodenvergleich

ISSN 1618-2952

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M ESSUNG VON K AUSALMODELLEN

Ein Methodenvergleich

Hamburg, Januar 2004

© Karl-Werner Hansmann Universität Hamburg

Institut für Industriebetriebslehre und Organisation Arbeitsbereich Industrielles Management

Von-Melle-Park 5 20146 Hamburg Alle Rechte vorbehalten

ISSN 1618-2952

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Zusammenfassung

ƒ Das multivariate Analyseverfahren der Kausalanalyse gewinnt zunehmend an Bedeu- tung für die Untersuchung komplexer betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge.

ƒ Neben dem im deutschsprachigen Raum etablierten Verfahren der Kovarianzstruktur- analyse zur Schätzung von Kausalmodellen wird im internationalen Schrifttum bereits vielfach das Verfahren der Partial Least Squares-Regressionsanalyse eingesetzt.

ƒ Beide Verfahren unterscheiden sich grundlegend, weshalb jede Untersuchung eine fun- dierte Begründung der Methode für die empirische Schätzung eines Kausalmodells beinhalten muss.

ƒ Häufig erfolgt eine Modellgenerierung und -schätzung ausschließlich unter Berücksich- tigung der Kovarianzstrukturanalyse, wobei zum Teil verfahrensspezifische Fehler ent- stehen, die sich durch die Anwendung der Partial Least Squares-Methode ausräumen ließen.

ƒ Ziel dieses Beitrages ist es, das bisher in der deutschsprachigen betriebswirtschaft- lichen Forschung kaum beachtete Verfahren der Partial Least Squares-Regressions- analyse zur Schätzung von Kausalmodellen im Schrifttum zu verankern.

ƒ Wissenschaftler erhalten wichtige Hinweise für einen zielgerichteten, methodologisch korrekten Einsatz einer der beiden Verfahrensalternativen zur Aufstellung und Schät- zung von Kausalmodellen.

Christian Marc Ringle (MBA/USA)

ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Arbeitsbereich Industrielles Management (www.ibl-unihh.de), Institut für Industriebetriebslehre und Organisation, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, Universität Hamburg, Von-Melle-Park 5, 20146 Hamburg, E-Mail: cringle@econ.uni-hamburg.

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Inhaltsverzeichnis

1. Einführung ... 5

2. Das Verfahren der Kausalanalyse zur empirischen Überprüfung theoretischer Strukturmodelle... 7

2.1 Grundlegung und Verfahrenskennzeichnung ... 7

2.2 Schätzung des Strukturmodells von Kausalmodellen ... 10

2.3 Modellschätzung mit dem Verfahren der Kovarianzstrukturanalyse... 12

2.4 Modellschätzung mit dem Partial Least Squares-Verfahren... 18

3. Methodenvergleich und Methodenwahl ... 31

4. Schlussbetrachtung ... 37

Literaturverzeichnis... 39

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1. Einführung

Im Zentrum betriebswirtschaftlicher Theorie und Praxis stehen häufig kausale Ursache- Wirkungs-Zusammenhänge.1 Seit einigen Jahrzehnten wurden vor allem in der Sozialfor- schung geeignete statistische Verfahren zur empirischen Überprüfung solcher Beziehun- gen entwickelt2, die unter Begriffen wie Strukturgleichungs- oder Kausalanalyse in das be- triebswirtschaftliche Schrifttum eingegangen sind. Die Kausalanalyse besteht aus einer Verbindung von regressions- und faktoranalytischen Ansätzen. Dabei ergeben sich quanti- tative, inhaltlich interpretierbare Beziehungen zwischen den latenten und den messbaren Modellvariablen, falls die errechneten Werte nicht zufallsbedingt sind, sondern durch die Modellkonstruktion signifikant erklärt werden können.3 Erste betriebswirtschaftliche An- wendungen dieses multivariaten Analyseverfahrens stammen aus dem Bereich des Mar- keting.4

Zur Schätzung von Kausalmodellen werden mit der Kovarianzstrukturanalyse und der Par- tial Least Squares-Analyse zwei unterschiedliche Verfahren eingesetzt.5 Beide Ansätze stimmen hinsichtlich formaler Überlegungen zum Strukturmodell überein und erlauben beispielsweise beide die Integration von Messfehlern in die Modellformulierung.6 Die ent- scheidenden Unterschiede bestehen in den Schätzmethoden und den anwendbaren Messmodellen für latente exogene Variablen, wodurch sich eine Reihe weiterer spezifi- scher Implikationen ergibt. Aus diesem Grund beschreiben wir zunächst gemeinsam für beide Verfahren das Strukturmodell (Abschnitt 2.2), um anschließend differenziert auf die Besonderheiten der jeweiligen Analysemethoden einzugehen (Abschnitte 2.3 und 2.4) so- wie daraufhin einen Methodenvergleich und eine Methodenwahl (Abschnitt 3) durchzu- führen.

1 Vgl. Homburg/Pflesser, 2000, S. 635.

2 Vgl. Bollen, 1989, S. 4 ff.

3 Vgl. Bickhoff, et al., 2003, S. 53.

4 Vgl. Bagozzi/Yi, 1994; Bagozzi, 1982; Bagozzi, 1980.

5 Vgl. Gefen, et al., 2000; Rigdon, 1998, S. 252 f.

6 Vgl. Völckner, 2003, S. 167.

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Ziel dieses Beitrages ist es, das bisher kaum berücksichtigte Verfahren der Partial Least Squares-Analyse zur Schätzung von Kausalmodellen in der deutschsprachigen betriebs- wirtschaftlichen Forschung zu verankern. Dieses Anliegen erscheint uns von herausra- gender Bedeutung, da Kausalmodelle fast ausschließlich mit dem Verfahren der Kova- rianzstrukturanalyse geschätzt werden, obwohl in zahlreichen Fällen die Kausalbeziehung zwischen Indikatoren und latenter Variable in ihrer Wirkungsrichtung nicht reflektiv, son- dern formativ ist und damit das zu Grunde liegende Modell inhaltlich fehlspezifiziert ist.

Aus diesem Grund hätte sich in vielen wissenschaftlichen Veröffentlichungen das bisher wenig beachtete Verfahren der Partial Least Squares-Analyse als das korrekte Schätzver- fahren zur Modellbestimmung erwiesen. Entsprechende Beispiele finden sich sowohl im englischsprachigen7 als auch im deutschsprachigen8 Schrifttum.

Begründet liegt eine solche inadäquate Durchführung von Kausalanalyse in der starken Verbreitung von statistischen Softwareanwendungen für das Kovarianzstrukturanalysever- fahren9, weshalb dieses Verfahren mit seinen ausschließlich reflektiven Messmodellen häufig als Standard zur Bestimmung von Kausalmodellen angesehen wird. Dabei warnte Blalock in seinem richtungweisenden Beitrag bereits im Jahr 1971 davor, dass “the causal connections between unmeasured variables and their indicators [...] should be made ex- plicit so that implications for tests and estimation procedures can be noted.“10 Dieses Prob- lem, ohne die Zusammenhänge inhaltlich näher zu überprüfen statistische Verfahren auf bestimmte Fragestellungen anzuwenden, ist jedoch nicht neu in der Betriebswirtschafts- lehre: “Most researchers in social sciences assume that indicators are effect indicators.

Cause indicators are neglected despite their appropriateness in many instances.”11 Dieses Defizit – aufgrund der nachfolgenden Ausführungen – lässt sich zumindest für die Anwen- dung des Verfahrens der Kausalanalyse im deutschsprachigen Schrifttum ausräumen.

7 Vgl. Diamantopoulos/Winkelhofer, 2001, S. 274.

8 Vgl. Eggert/Fassott, 2003, S. 10 f.

9 Vgl. Diamantopoulos/Winkelhofer, 2001, S. 274.

10 Blalock, 1971, S. 346; siehe ferner Bollen/Lennox, 1991, S. 312.

11 Bollen, 1989, S. 65.

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2. Das Verfahren der Kausalanalyse zur empirischen Überprüfung theoretischer Strukturmodelle

2.1 Grundlegung und Verfahrenskennzeichnung

Die Bezeichnung „Kausalanalyse“ suggeriert die Möglichkeit, „mit Hilfe eines statistischen Verfahrens Kausalität zu untersuchen, was im strengen wissenschaftstheoretischen Sinn nur mittels [...] kontrollierter Experimente möglich ist.“12 Das Problem der Kausalität ist wis- senschaftstheoretischer Natur und kann nicht durch die Anwendung eines multivariater Analyseverfahrens gelöst werden13: Mit statistischen Verfahren können nur Beziehungen zwischen Variablen, aber keine Kausalitäten aufgedeckt werden.14 Dennoch subsummie- ren wir im Folgenden – aufgrund der breiten Verankerung in jüngeren betriebswirtschaftli- chen Veröffentlichungen – unter dem Begriff der Kausalanalyse empirische Methoden zur Schätzung linearer Strukturgleichungsmodelle mit latenten Variablen.15 Das nachfolgende Zitat charakterisiert treffend diese Verfahren: „Ausgangspunkt kausalanalytischer Modell- tests sind im allgemeinen die Varianzen und Kovarianzen experimenteller und nichtexpe- rimenteller Daten, mit denen eine theoretische Struktur, formalisiert als lineares Glei- chungssystem, getestet wird. [...] Charakteristisch für die Kausalanalyse ist, daß der me- thodische Ansatz es erlaubt, explizit zwischen beobachteten und theoretischen Variablen zu trennen, statistisch Substanz- und Meßfehleranteile zu separieren und vermutete kau- sale Beziehungsstrukturen auf der Ebene von theoretischen Variablen zu testen.“16

Ein konsistentes, theoretisch abgeleitetes Hypothesensystem17 beinhaltet sowohl Hypo- thesen zur Erklärung nicht beobachtbarer (latenter) Variablen durch beobachtbare Indika- torvariablen sowie Hypothesen bezüglich vermuteter Zusammenhänge zwischen mehre- ren latenten Variablen. Entsprechend solcher theoretischer Überlegungen werden die la-

12 Homburg/Hildebrandt, 1998, S. 17; ferner Mulaik/James, 1995, S. 118 ff.

13 Vgl. Homburg/Pflesser, 2000, S. 635.

14 Vgl. Hansmann/Ringle, 2003, S. 70.

15 Zur Einführung vgl. Rigdon, 1998, S. 251 ff.; Pearl, 1999, S. 95 ff.; Hoyle, 1995, S. 1 ff.

16 Homburg/Hildebrandt, 1998, S. 17.

17 Vgl. Pearl, 1999, S. 95 ff.

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tenten Variablen18 in einem Struktur(gleichungs)modell zueinander in lineare Beziehungen gesetzt.19 Für eine Schätzung der Strukturbeziehungen muss jeder latenten Variablen ein Messmodell mit empirisch erhobenen, in theoretischer Verbindung zu der jeweiligen laten- ten Variablen stehender Indikatorvariablen zu Grunde liegen.20 Folglich ist eine Kombinati- on aus Messhypothesen (Messmodelle exogener und endogener latenter Variablen) mit einem Struktur(gleichungs)modell zum Test von Substanzhypothesen charakteristisch für Kausalmodelle.21

Die Abbildung 2.1 stellt beispielhaft ein vollständiges Kausalmodell dar und dient der Visu- alisierung eines konsistenten, theoretisch abgeleiteten Hypothesensystems, das gleicher- maßen Hypothesen zur Erklärung nicht beobachtbarer (latenter) Variablen (ξ und η) durch beobachtbare Indikatorvariablen (x und y) und Hypothesen bezüglich vermuteter Zusam- menhänge zwischen mehreren latenten Variablen beinhalten muss. Entsprechend solcher theoretischer Überlegungen werden die latenten Variablen in einem Struktur(gleichungs)- modell zueinander in lineare Beziehungen gesetzt.22 Latente Variablen, die andere latente Variablen im Strukturmodell erklären, werden als exogen (ξ) bezeichnet und solche, die durch exogene latente Variablen erklärt werden, als endogen (η). Das Beispiel eines Strukturmodells in Abbildung 2.1 zeigt, dass die latente endogene Variable η1 durch die latenten exogenen Variablen ξ1 und ξ2 sowie die Residualvariable ζ1 erklärt wird, die laten-

18 Eine latente Variable ist ein hypothetisches, nicht messbares Konstrukt, dem mehrere Indikatoren zuge- wiesen werden (vgl. Eggert/Fassott, 2003, S. 2), „um so etwaige Verzerrungen in einzelnen Indikatoren aufzufangen“ (Homburg/Dobratz, 1998, S. 450); Indikatorvariablen werden dabei als fehlerbehaftete Messung der zugrundeliegenden latenten Variable operationalisiert.

19 Vgl. Jöreskog, 1993, S. 296. Zu nicht-linearen Modellen vgl. beispielsweise Jöreskog/Yang, 1996, Heise, 1986, oder Kenny/Judd, 1984. Hinsichtlich der Pfaddiagramme muss auf die Unterscheidung zwi- schen rekursiven und nicht-rekursiven Modellen hingewiesen werden; vgl. dazu Riekeberg, 2002, S. 805. Wir beschäftigen uns im Folgenden ausschließlich mit rekursiven Modellen.

20 Vgl. Rigdon, 1998, S. 260 ff.

21 Vgl. Homburg/Hildebrandt, 1998, S. 18. In diesem Zusammenhang wird häufig auch auf die Zwei- Sprachen-Theorie hingewiesen, die zwischen theoretischer Sprache und Beobachtungssprache unter- scheidet (vgl. Hildebrandt, 1998, S. 95; Homburg/Hildebrandt, 1998, S. 18 f.; Kube, 1990, S. 73).

22 Vgl. Jöreskog, 1993, S. 296.

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te endogene Variable η2 durch die latenten exogenen Variablen ξ2 und ξ3, die Residualva- riable ζ2 sowie die latente endogene Variable η1.

ξ1

ξ2

ξ3

η1 γ11

γ23 γ12

ζ1

η2 ζ2 γ22 β21

y1 y2

y3 y4

ε1 ε2

ε3 ε4 x1

x2

x3 x4

x5 x6 δ1

δ2

δ3 δ4

δ5 δ6

λ11

λ21 λ32

λ42 λ53 λ63

λ11

λ21 λ32 λ42 φ31 φ21

φ32

Meßmodell der latenten exogenen Variablen

Meßmodell der latenten endogenen Variablen Strukturmodell

Messmodell der latenten exogenen Variablen

Messmodell der latenten endogenen Variablen Strukturmodell

ξ1

ξ2

ξ3

η1 γ11

γ23 γ12

ζ1

η2 ζ2 γ22 β21

y1 y2

y3 y4

ε1 ε2

ε3 ε4 x1

x2

x3 x4

x5 x6 δ1

δ2

δ3 δ4

δ5 δ6

λ11

λ21 λ32

λ42 λ53 λ63

λ11

λ21 λ32 λ42 φ31 φ21

φ32

Meßmodell der latenten exogenen Variablen

Meßmodell der latenten endogenen Variablen Strukturmodell

Messmodell der latenten exogenen Variablen

Messmodell der latenten endogenen Variablen Strukturmodell

Abbildung 2.1: Allgemeine Darstellung eines vollständigen Kausalmodells23

Aus den bisherigen Darstellungen wird deutlich, dass es sich bei der Kausalanalyse um ein strukturüberprüfendes beziehungsweise konfirmatorisches Verfahren zur empirischen Überprüfung theoretisch abgeleiteter (kausaler) Wirkungszusammenhänge handelt. Häufig wird dieses Vorgehen als multivariate Methode bezeichnet, die Elemente der Regressions- analyse und Faktorenanalyse miteinander verbindet.24

23 Zur näheren Kennzeichnung von Kausalmodellen verwenden wir die übliche, in Verbindung mit dem sogenannten Linear Structural Relationships-Ansatz (LISREL) von Jöreskog/Sörbom, 1996, bzw.

Jöreskog/Sörbom, 1989, breit in das betriebwirtschaftliche Schrifttum eingegangene Notation. Bei LIS- REL handelt es sich um ein von Jöreskog und Sörbom entwickeltes Computerprogramm zur Schätzung von Kausalmodellen. Ursprünglich wurde diese Notation von Jöreskog, 1973, Jöreskog, 1977, Wiley, 1973, und Keesling, 1972, entwickelt und durch das LISREL-Programm verbreitet (vgl. Bollen, 1989, S. 10).

24 Vgl. Hildebrandt, 1998, S. 95; Schuhmacker/Lomax, 1996, S. 33 ff.

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2.2 Schätzung des Strukturmodells von Kausalmodellen

Die Schätzung von Strukturmodellen entspricht dem statistischen Verfahren der (multip- len) Regressionsanalyse. Ohne den Anspruch auf Allgemeingültigkeit aufzugeben kann angenommen werden, dass die latenten und manifesten Variablen auf einen Mittelwert von Null skaliert sind, sodass das konstante Glied in der nachfolgenden Regressionsfunk- tion vernachlässigt werden kann; es gilt:25

(1) η=Β⋅η+Γ⋅ξ+ζ,

wobei η den Vektor latenter endogener Variablen, ξ den Vektor latenter exogener Va- riablen und ζ den Vektor der Residuen latenter endogener Variablen darstellt. Die Koef- fizientenmatrix Β repräsentiert die direkten Beziehungen zwischen den latenten endo- genen Variablen, während die Koeffizientenmatrix Γ die direkten Beziehungen zwischen den latenten exogenen und latenten endogenen Variablen kennzeichnet.

Vermutete Beziehungen zwischen (über Messmodelle bestimmte) latenten Variablen im Strukturmodell lassen sich mit Hilfe eines Pfaddiagramms grafisch darstellen und mittels der Pfadanalyse überprüfen. Grundsätzlich handelt es sich dabei um ein eigenständiges, auf der Regressionsanalyse basierendes Verfahren zur Überprüfung kausaler Abhängig- keiten zwischen Variablen26, das die Beziehungen im Strukturmodell entsprechend des Fundamentaltheorems der Pfadanalyse27 in direkte und indirekte kausale Effekte unter-

25 Zu den Basisgleichungen für das Strukturmodell, ebenso zu jenen der Messmodelle im Rahmen der Kovarianzstrukturanalyse und deren umfassende Spezifizierung vgl. Bollen, 1989, S. 11 ff.

26 Vgl. Riekeberg, 2002, S. 803.

Sämtliche Variablen werden als Abweichungen ihres jeweiligen Mittelwertes gemessen, sodass die Pfadkoeffizienten im Strukturmodell auf Basis der Kovarianz- oder Korrelationswerte, die zwischen den Indikatorvariablen in den Messmodellen bestehen, bestimmt werden (vgl. Bickhoff, 1999, S. 142 f.).

27 Vgl. Wright, 1934.

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gliedert.28 Grundlegende Implikationen für das kausalanalytische Strukturmodell sind für unterschiedliche Methoden zur Schätzung von Kausalmodellen identisch. Verfahrensun- terschiede werden durch die Schätzverfahren und einsetzbare Messmodelle für die laten- ten exogenen Variablen gekennzeichnet.

Zur Schätzung von Kausalmodellen mit latenten Variablen über Messmodelle mit empi- risch erhobenen Indikatorvariablen existieren zwei unterschiedliche Ansätze:29 Zum einen die Kovarianzstrukturanalyse, die vor allem mittels der statistischen Softwareprogramme LISREL (Linear Structural Relationships) und AMOS (Analysis of Moment Structures)30 überwiegend im deutschsprachigen betriebswirtschaftlichen Schrifttum berücksichtigt wird, zum anderen das Partial Least Squares-Verfahren, das mit Hilfe der statistischen Soft- wareprogramme LVPLS (Latent Variables Path Analysis with Partial-Least-Squares Esti- mation) und PLS-Graph (Partial Least Squares-Graph)31 zur Beantwortung betriebswirt- schaftlicher Fragestellungen in internationalen Veröffentlichungen bereits häufig Anwen- dung findet. Mit SmartPLS entstand unter Beteiligung des Verfassers die erste deutsche Softwareanwendung zur Schätzung von Kausalmodellen mit Hilfe der Partial Least Squares Regressionsanalyse (www.smartpls.de), die sich durch eine besonders anwen- derfreundliche grafische Benutzeroberfläche auszeichnet. Mit der Kennzeichnung beider Ansätze und der Auswahl eines geeigneten Verfahrens zur Schätzung von Kausalmodel- len beschäftigen wir uns in den nachfolgenden Abschnitten.

28 Die vollständig erklärbare Korrelation lässt sich feststellen (totaler kausaler Effekt), indem der Korrelati- onskoeffizient aus direkten und damit kausalen Effekten sowie indirekten und damit nicht-kausalen Ef- fekten zusammengeführt wird. Die Aufspaltung von Korrelationswerten in kausale und nicht-kausale Ef- fekte ist ein grundlegendes Prinzip von Strukturgleichungsmodellen, das auch als Dekomposition be- zeichnet wird (vgl. Bollen, 1989, S. 6).

29 Vgl. ähnlich Hildebrandt, 1998, S. 95. Nach einer Studie von Backhaus/Büschken, 1998, S. 165, stellen sich die Anteile eingesetzter kausalanalytischer Verfahren folgendermaßen dar: 81% (LISREL), 14%

(PLS) und 5% (EQS). Vgl. zu einer ähnlichen Auswertung Gefen, et al., 2000, S. 7.

30 Vgl. zu diesen Programmen Jöreskog/Sörbom, 1996 bzw. Arbuckle/Wothke, 1999.

31 Vgl. zu diesen Programmen Lohmöller, 1981a bzw. Chin, 2001.

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2.3 Modellschätzung mit dem Verfahren der Kovarianzstrukturanalyse

Die bisherigen Darstellungen weisen darauf hin, dass die Schätzungen der theoretisch vermuteten Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zwischen latenten Variablen im Struktur- modell prinzipiell dem Verfahren der (multiplen) Regressionsanalyse entsprechen. Aller- dings werden beim Verfahren der Regressionsanalyse direkt gemessene Variablen zu- einander in Beziehung gesetzt. Um eine Schätzung durchführen zu können, sind die laten- ten (nicht direkt gemessenen) Variablen zu bestimmen. Eine solche Bestimmung erfolgt über das Messmodell einer jeden exogenen und endogenen latenten Variablen im Struk- turmodell. Deshalb setzen sich vollständige Kovarianzstrukturmodelle entsprechend der Abbildung 2.1 aus jeweils einem Messmodell für die latenten exogenen (d.h. erklärenden) und latenten endogenen (d.h. durch die Kausalstruktur erklärten) Variablen sowie einem Strukturmodell zusammen.32

Die Beziehungen zwischen den latenten Variablen und ihren jeweils aufgrund theoreti- scher Überlegungen zugeordneten Indikatorvariablen werden beim Verfahren der Kovari- anzstrukturanalyse durch faktoranalytische Modelle dargestellt.33 Zur Bestimmung der la- tenten Variablen durch ihre Messmodelle kommt das statistische Verfahren der Haupt- komponentenanalyse34 zur Anwendung. Die Korrelationen zwischen den direkt messbaren Indikatorvariablen lassen sich auf den Einfluss der latenten Variable zurückführen, wes- halb die latenten Variablen ein Konstrukt darstellen, das den Beobachtungswert der ihnen zugeordneten Indikatorvariablen verursacht. Ein solcher kausaler Zusammenhang wird reflektives Messmodell latenter Variablen genannt, bei dem die latente Variable ihre zuge- ordneten Indikatoren verursacht.35 Formal lassen sich die Messmodelle durch folgende Gleichungen darstellen, die verschiedensten Annahmen und Spezifikationen unterliegen36:

32 Vgl. Völckner, 2003, S. 168.

33 Vgl. Rigdon, 1998, S. 253 f.; Hoyle, 1995, S. 3.

34 Vgl. Heck, 1998.

35 Vgl. Eggert/Fassott, 2003, S. 4 f.

36 Vgl. Bollen, 1989, S. 11 ff.; Everitt, 1984, S. 34 ff.

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(2) x =Λx ⋅ξ+δ (Messmodell latenter exogener Variablen) und (3) y=Λy ⋅η+ε (Messmodell latenter endogener Variablen),

wobei Λx bzw. Λy die Matrize der Pfadkoeffizienten (Faktorladungen der Indikatorvariablen auf die latente exogene Variable bzw. latente endogene Variable) darstellt und der Vektor δ bzw. ε der Vektor der Residuen ist (Messfehler der jeweiligen Indikatorvariablen).37 Geht man davon aus, dass die latenten exogenen Variablen voneinander unabhängig sind, so entsprechen die Faktorladungen gleichzeitig den Korrelationen zwischen Indikator- variablen und hypothetischen Konstrukten. Das Messmodell der endogenen Variablen stellt ebenso ein Faktormodell dar, dessen Korrelationen zwischen den empirisch erhobe- nen Indikatorvariablen sich auf faktoranalytischem Wege reproduzieren lassen.

Die Varianzen und Kovarianzen der beobachteten Indikatorvariablen bilden die Daten- grundlage für die Schätzung des gesamten Modells bzw. der Modellparameter,38 weshalb die Kovarianzmatrix der beobachteten Variablen eine Funktion der zu schätzenden Mo- dellparameter ausfällt. Es gilt folgende modelltheoretische Kovarianzmatrix:

(4) Σ=Σ(α),

wobei α den Vektor der zu schätzenden Parameter und Σ(α) die Kovarianzmatrix der beo- bachteten Variablen als Funktion von α bezeichnet. Auf dieser Basis erfolgt die Parame- terschätzung. Dabei wird die Zielsetzung verfolgt, „einen Vektor αˆ von Parameterschät- zern so zu ermitteln, dass die vom Modell generierte Kovarianzmatrix

37 Die Faktorladungen sind nichts anderes als einfache Regressionen der Indikatoren auf die latenten exo- genen Variablen, wobei im Fall standardisierter Variablen die Regressionskoeffizienten den Pfadkoeffi- zienten entsprechen, die im Rahmen der Faktorenanalyse als Faktoren bezeichnet werden (vgl. Heck, 1998, S. 178 ff.).

38 Die Modellparameter umfassen Parameter, welche die Beziehungen zwischen den latenten Variablen beschreiben, Koeffizienten der Pfade zwischen latenten exogenen und endogenen Variablen und ihren Indikatoren sowie Kovarianzen der latenten exogenen Variablen, Messfehlervariablen und Residualvari- ablen der latenten endogenen Variablen (vgl. Völckner, 2003, S. 168). Zur Darstellung möglicher in α enthaltener Modellparameter vgl. Homburg, 1989, S. 151 ff.

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(5) Σˆ =Σ(αˆ)

der empirisch ermittelten Kovarianzmatrix S möglichst ähnlich wird.“39 Folglich bildet ein Kausalmodell die empirisch erhobenen Daten besonders gut ab, wenn die Differenz (die Residualmatrix) zwischen Σ(α) und S gering ist, weshalb das nachstehende Minimie- rungsproblem zu lösen ist:

(6) fS(α) = F(S,Σ(α)) → min!;

F bezeichnet eine Diskrepanzfunktion, welche die Distanz der beiden Matrizen S und Σ(α) misst und sich mit Hilfe gängiger statistischer Schätzprinzipien ableiten lässt.40 Um die Modellparameter auf Basis einer wahrscheinlichkeitstheoretischen Funktion zu identifizie- ren, wird am häufigsten der Maximum Likelihood-Ansatz gewählt41, dem – unter der Prä- misse multivariat normalverteilter Variablen – folgende Vorteile zukommen: Das Verfahren liefert konsistente, asymptotisch effiziente und skalenfreie Schätzer sowie die Berechnung der Standardfehler, weshalb Signifikanztests möglich sind. Vor allem erweist sich die Ma- ximum Likelihood-Methode gegenüber einer Verletzung der Verteilungsannahme als ro- bust und führt zu konsistenten Ergebnissen.42

Mit dem Verfahren der Kovarianzstrukturanalyse lassen sich die Parameter für komplexe Hypothesensysteme und Dependenzstrukturen modellieren und schätzen.43 Allerdings

39 Homburg/Baumgartner, 1998, S. 350.

40 Vgl. Homburg/Hildebrandt, 1998, S. 20 ff. Beispiele solcher Schätzmethoden sind: Maximum Likelihood, Weighted Least Squares und Unweigthed Least Squares. Die Minimierung erfolgt über einen von be- stimmten Startwerten ausgehenden iterativen Prozess, der so lange die Schätzungen anpasst, bis Kon- vergenz erreicht ist, das heißt Σ(α) so gut wie möglich S entspricht. Siehe zum iterativen Schätzprozess des LISREL-Ansatzes (vgl. Diamantopoulos/Siguaw, 2000, S. 55 ff.).

41 Nach der Studie von Backhaus/Büschken, 1998, S. 165, entfallen 38% der eingesetzten Schätzverfah- ren auf den Maximum Likelihood-Ansatz, 24% auf den Unweighted Least Squares-Ansatz und 38% auf sonstige Methoden. Dabei fällt auf, dass sämtliche Anwendungen der Unweighted Least Squares- Methode von deutschen Forschern veröffentlicht wurden, während amerikanische Forscher die Maxi- mum Likelihood-Methode bevorzugen.

42 Vgl. Völckner, 2003, S. 169.

43 Vgl. Homburg/Pflesser, 2000, S. 636.

(17)

muss für die eindeutige Schätzung der Modellparameter ein Kausalmodell identifiziert sein,44 weshalb zu beachten ist, dass für valide Schätzungen von Kovarianzstrukturmodel- len empirische Daten hohen Umfangs vorliegen sollten. Im Schrifttum diesbezüglich for- mulierte Empfehlungen liegen bei einem Stichprobenumfang von 200 und mehr vollständi- gen Fällen, abhängig von der Anzahl zu schätzender Modellparameter und der dadurch determinierten Anzahl benötigter Freiheitsgrade.45

Von zentraler Bedeutung für das Verfahren der Kausalanalyse ist die Modellbeurteilung.46 Als Beurteilungskriterien für die Qualität der Erfassung einer hypothetischen Größe über beobachtbare Variablen dienen die Konzepte der Reliabilität und Validität.47 Hierfür existie- ren zahlreiche statistische Tests und Gütemaße, die unter Einsatz von Zuverlässigkeits- und Gültigkeitskriterien der ersten und zweiten Generation die Anwendung eines systema- tischen Prüfschemas ermöglichen. Zu den wichtigsten Beurteilungsmaßen für Kovari- anzstrukturmodelle zählt eine Überprüfung der Anpassungsgüte für die faktoranalytisch bestimmten Teilstrukturen des Modells. Solche partiellen Beurteilungsmaße der Güte einer Messung latenter exogener und endogener Variabeln im Strukturmodell durch empirisch erhobene Variablen des jeweiligen Messmodells umfassen die Indikatorreliabilität, die Fak- torreliabilität, die durchschnittlich erfasste Varianz eines Faktors, einen Signifikanztest der

44 Eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für die Identifikation einer Modellstruktur ist erfüllt, wenn eine positive Anzahl von Freiheitsgraden vorliegt, so dass sich das Gleichungssystem eindeutig lösen lässt (vgl. Jöreskog/Sörbom, 1989, S. 17). Es existieren freilich noch einige weitere Prüfkriterien (vgl. Jöreskog/Sörbom, 1989, S. 30 ff.), die allerdings sehr aufwendig sind und im Ergebnis keine voll- ständige Sicherheit hinsichtlich der Identifizierbarkeit gewährleisten.

45 Vgl. Bagozzi/Yi, 1994, S. 19. Sind empirische Daten in entsprechend ausreichendem Umfang vorhan- den und werden diese zur Messung eines sinnvoll spezifizierten Modells herangezogen, so dürften – ei- ner pauschalisierten Annahme zufolge (vgl. Homburg/Baumgartner, 1995, S. 171) – keine entarteten Schätzwerte auftreten.

46 Vgl. Diamantopoulos/Siguaw, 2000, S. 82 ff.; Schuhmacker/Lomax, 1996, S. 119 ff. Zum systemati- schen Vorgehen zwecks Beurteilung von Kausalmodellen vgl. Salsbury, et al., 2002, S. 96 ff.;

Homburg/Baumgartner, 1998, S. 363; Hu/Bentler, 1995, S. 76 ff.; Browne/Cudeck, 1993, S. 136 ff.;

Jöreskog, 1993, S. 294 ff.

47 Vgl. Völckner, 2003, S. 171.

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Faktorladungen und das Fornell/Larcker-Kriterium.48 Des weiteren erfolgt eine Beurteilung der Anpassungsgüte des Strukturgleichungsmodells, wodurch sich feststellen lässt, inwie- fern die Varianz der latenten endogenen Variablen durch die Varianz der latenten exoge- nen Variablen erklärt wird. Das hierfür verwendete Prüfkriterium ist die quadrierte multiple Korrelation für jede latente endogene Variable.49

Im Gegensatz zu den lokalen Gütemaßen beruhen sämtliche globalen Anpassungsmaße auf einem Vergleich zwischen der empirischen Kovarianzmatrix S und der vom Modell re- produzierten Kovarianzmatrix Σˆ : Die Überführung dieses Vergleichs zweier Matrizen in eine einzige Zahl ist bestimmend für die unterschiedlichen Kategorien im Schrifttum vor- geschlagener globaler Anpassungsmaße.50 Zu den bekanntesten globalen Gütekriterien für die Beurteilung von Kovarianzstrukturmodellen zählen der Goodness of Fit Index und der Adjusted Goodness of Fit Index.51

Mit Hilfe dieser und zahlreicher weiterer Gütemaße lassen sich mittels des Kovarianzstruk- turanalyse-Verfahrens geschätzte Kausalmodelle umfassend beurteilen.52 Abschließend sollte, sofern eine ausreichend große Stichprobe vorliegt, eine Kreuzvalidierung53 vorge- nommen werden, um festzustellen, inwieweit das generierte Modell in der Lage ist, die über Varianzen und Kovarianzen gemessenen Strukturen eines zweiten (Kontroll-)Daten- satzes zu erklären. Folglich muss neben der ohnehin hohen Anzahl benötigter Fälle zur validen Schätzung eines Kovarianzstrukturmodelles nochmals eine annähernd ebenso große Zahl zusätzlicher Fälle vorliegen, um eine Kreuzvalidierung durchführen zu können.

48 Vgl. Völckner, 2003, S. 179 ff.

49 Vgl. Homburg/Baumgartner, 1998, S. 361 f.

50 Vgl. Homburg/Baumgartner, 1998, S. 351.

51 Vgl. Hansmann/Ringle, 2003, S. 72.

52 Die Mindestanforderungen an diese Gütemaße (lokale Anpassungsmaße bzw. Güte des Strukturmo- dells) sind bei Homburg/Pflesser, 2000, S. 651, ausgewiesen; vgl. ferner Homburg/Baumgartner, 1998, S. 354 ff., zu einer Übersicht über wichtige globale Anpassungsmaße sowie deren Optimalwerte bzw.

der Richtung des Anpassungsmaßes zur Erreichung des Optimalwertes.

53 Vgl. Balderjahn, 1998.

(19)

Prinzipiell ist die Kovarianzstrukturanalyse ein geeignetes (konfirmatorisches) Verfahren für die empirische Überprüfung theoretisch abgeleiteter Hypothesen. Aus verschiedenen wissenschaftstheoretischen und methodischen Gründen sollten alternative Modellstruktu- ren getestet werden54, sodass dem Verfahren zumindest teilweise ein explorativer Charak- ter zukommt.55 Jedoch erweist sich bei dieser statistischen Methode als problematisch, dass sie einen relativ hohen Komplexitätsgrad besitzt und zahlreichen Restriktionen unter- liegt, aufgrund derer eine Abbildung und Überprüfung realer Phänomene oftmals schwie- rig, zum Teil sogar als unmöglich ist.56 Daher muss für jede Anwendung eine umfassende Prüfung der Erfüllung verfahrensspezifischer Prämissen durchgeführt werden. Dieser For- derung leisten – wie zu Beginn dieses Beitrages kritisiert – Wissenschaftler selten Folge, sodass Forschungsergebnisse oftmals von Kausalmodellen und deren empirischer Schät- zung abgeleitet werden, die als fehlspezifiziert einzustufen sind. Gerade wegen der breiten Berücksichtigung der Kovarianzstrukturanalyse als multivariates Analyseverfahren im bet- riebswirtschaftlichen Schrifttum, insbesondere für Untersuchungen aus dem Bereich des Marketing57, erscheint dieser Befund so bedeutend, weil er dazu aufordert, künftig schwerwiegende Fehler in der Verwendung empirisch überprüfter Kausalmodellen zu vermeiden.

54 Vgl. Völckner, 2003, S. 197.

55 Vgl. Backhaus/Büschken, 1998, S. 167.

56 Zur Kritik an diesem Verfahren vgl. Riekeberg, 2002, S. 942, oder Bollen, 1989, S. 78 f.

57 Die bisher umfassenste Kovarianzstrukturanalyse im deutschsprachigen Marketingschrifttum stammt von Völckner, 2003; vgl. ferner Eggert/Fassott, 2003, Anhang, zu einem Überblick über entsprechende, zwischen den Jahren 1994 und 2002 in Marketing – Zeitschrift für Forschung und Praxis veröffentlichte Beiträge.

(20)

2.4 Modellschätzung mit dem Partial Least Squares-Verfahren

Neben der Kovarianzstrukturanalyse existiert mit der Partial Least Squares-Methode58 ein weiterer empirischer Ansatz zur Überprüfung theoretisch festgelegter59, hypothesenbasier- ter Wirkungsrichtungen (Pfade) und entsprechend definierter Vorzeichen60, der – ursprüng- lich von Wold61 entwickelt – eine Alternative für die Schätzung von Kausalmodellen dar- stellt.62 Das Verfahren stützt sich darauf, „Fallwerte der Rohdatenmatrix mit Hilfe einer Kleinst-Quadrate-Schätzung, die auf der Hauptkomponentenanalyse und der kanonischen Korrelationsanalyse aufbaut, möglichst genau zu prognostizieren“63.

Wir beschränken unsere Ausführungen – ebenso wie bereits bei der Kovarianzstruktura- nalyse – auf die grundlegende Darstellung des Verfahrens und damit auf das von Wold64 gekennzeichnete “basic PLS design“ bzw. “basic method of soft modeling”65. Demnach

58 In den wenigen deutschsprachigen Veröffentlichungen, die auf dieses Verfahren Bezug nehmen, wird zwar zum Teil von Partielle-Kleinste-Quadrate-Schätzungen gesprochen, aber fast immer die englisch- sprachige Bezeichnung eingeführt; wir verwenden daher nachfolgend die englischsprachige Bezeich- nung. Einführend zum Verfahren vgl. Chin/Todd, 1995, S. 237 ff.

59 Vgl. Ringle, 2004, der erstmals im deutschsprachigen betriebswirtschaftlichen Schrifttum beide Ansätze miteinander vergleicht.

60 Vgl. Chatelin, et al., 2002, S. 5.

61 Vgl. Wold, 1980; Wold, 1975; Wold, 1973; Wold, 1966. Wold, Begründer des Partial Least Squares- Verfahrens, ist der Lehrer von Jöreskog, einem der Entwickler des LISREL-Ansatzes für die Kovari- anzstrukturanalyse (vgl. Rigdon, 1998, S. 252). “It struck me that it might be possible to estimate models with the same arrow scheme by an appropriate generalization of my LS algorithms for principal compo- nents and canonical correlations. The extension involved two crucial steps, namely from two or three LVs and corresponding blocks of indicators, and from one to two inner relations. Once these steps were taken, the road to an iterative LS algorithm of general scope for estimation of path models with latent variables observed by multiple indicators was straightforward.” (Wold, 1982a, S. 200).

62 Vgl. Rigdon, 1998, S. 252 f.

63 Backhaus, et al., 2000, S. 412; ferner Chin, 1998b, S. 301 f.

64 Vgl. Wold, 1982b. Zu den Erweiterungen vgl. Chin/Newsted, 1999, S. 315; ferner Lohmöller, 1989.

65 Diesbezüglich merkt Lohmöller, 1989, S. 64, an: “it is not the concepts nor the models nor the estimation techniques which are ’soft’, only the distributional assumptions”. Zum Begriff des “soft modeling“ vgl.

ferner Chin, 1998b, S. 315; Lohmöller, 1989, S. 28.

(21)

setzen sich Partial Least Squares-Modelle formal – dem Verfahren der Kovarianzstruktu- ranalyse prinzipiell entsprechend – aus zwei linearen Gleichungssystemen zusammen, einem inneren und einem äußeren (vgl. Abbildung 2.1). Das innere Modell spezifiziert die Beziehungen zwischen den latenten Variablen und lässt sich gemäß der Gleichung (1) für das Strukturmodell formalisieren. Dagegen misst das äußere Modell die Beziehungen zwi- schen den latenten Variablen und den ihnen jeweils zugeordneten (beobachteten) mani- festen Variablen (Indikatorvariablen), die in sich nicht überlappende Blöcke aufgeteilt sind und somit eine manifeste Variable nur zur Messung einer latenten Variablen im Kausal- modell dient. Dabei sind beim Partial Least Squares-Ansatz reflektive und formative Messmodelle latenter Variablen zu unterscheiden.

Für jeden Block manifester Variablen im reflektiven (äußeren) Messmodell können die Be- ziehungen zu einer latenten Variablen entsprechend der Gleichungen (2) und (3) für das (reflektive) Messmodell der Kovarianzstrukturanalyse formuliert werden. In diesem Fall werden die manifesten Variablen im faktoranalytischen Sinne durch die übergeordnete latente Variable „reflektiert“ (nach außen gerichtete Beziehungen). Häufig ist es jedoch aufgrund theoretischer Überlegungen sinnvoll, wenn latente exogene Variablen durch ihre Indikatoren „geformt“ (nach innen gerichtete Beziehungen) werden.66 Während also in der formalen Darstellung reflektiver Messmodelle manifeste Variablen die abhängigen Größen eines linearen Gleichungssystems sind, ist für das formative Messmodell festzustellen, dass die latenten Variablen (linear) durch die manifesten bestimmt werden.67 Für formative Messmodelle latenter exogener Variablen gilt:

66 Vgl. Eggert/Fassott, 2003, S. 3 f.; Diamantopoulos/Winkelhofer, 2001, S. 270 f.

67 Zu den Ursprüngen einer Unterscheidung formativer und reflektiver Messmodelle vgl. Namboordiri, et al., 1975, S. 569 ff.; Blalock, 1964, S. 162 ff.; ferner Bollen/Lennox, 1991, S. 306 f.; Bollen, 1989, S. 64 f.

(22)

(6) ξ=Πξx+δξ und (7) η=Πηy+δη,68

wobei die für diesen Abschnitt gewählten formalen Darstellungen sich an dem von Loh- möller69 für die allgemeine Darstellung von Partial Least Squares-Modellen zusammenge- stellten Symbolverzeichnis orientieren. Aufgrund der unterschiedlichen Messmodelle sind – im Gegensatz zur Kovarianzstrukturanalyse – beim Partial Least Squares-Ansatz drei verschiedene Beziehungsmodi zwischen manifesten und latenten Variablen möglich, die in Abbildung 2.2 vorgestellt werden.70 Unabhängig davon, welcher der Modi einem Partial Least Squares-Modell zu Grunde liegt, ist eine Modellierung und Messung der Korrelation zwischen den latenten exogenen Variablen (vgl. Abb.1) nicht möglich.

Allgemein lassen sich die Unterschiede zwischen der Verwendung von Modellen der Modi A und B folgendermaßen kennzeichnen: „If the study is intended to account for observed variances, reflective indicators […] are most suitable. If the objective is explanation of ab- stract or ’unobserved’ variance, formative indicators […] would give greater explanatory power.”71 Zudem besteht die Möglichkeit, durch formative Messmodelle bestimmte latente exogene und durch reflektive Messmodelle bestimmte latente endogene Variablen ge- meinsam in einem Kausalmodell zu untersuchen (Modus C).72 Die Wahl zwischen reflekti-

68 Während die Symbole ξ, η, x und y denen der für die Gleichungen der reflektiven Messmodelle exo- gener und endogener latenter Variablen verwendeten Symbole entsprechen, stellen Πx und Πy Matrizen multipler Regressionskoeffizienten zwischen einer latenten Variablen und ihren Indikatoren dar, wobei δx

und δy die Vektoren zugehöriger Residualwerte sind.

69 Vgl. Lohmöller, 1989, S. 24 f.

70 Vgl. Chin, 1998b, S. 304 ff.; Bollen/Lennox, 1991, S. 306; Fornell/Bookstein, 1982, S. 441 f.

71 Fornell/Bookstein, 1982, S. 442.

72 Die Modi A und B repräsentieren zwei grundsätzlich unterschiedliche Prinzipien. Während Modus A die Minimierung der Residualwerte im äußeren Messmodell verfolgt, minimiert Modus B die Residualwerte im inneren Modell; Modus C ist eine Kombination zwischen beiden Prinzipien, wobei die Messmodelle latenter endogener Variablen aus reflektiven Indikatoren bestehen und die Messmodelle latenter exoge- ner Variablen sowohl formativer als auch reflektiver Art seien können, jedoch für jedes Messmodell ein- heitlich festgelegt.

(23)

ven und formativen Messmodellen sollte sich an substantiierten theoretischen Überlegun- gen zu den Beziehungen zwischen latenten und manifesten Variablen orientieren.73 Diese Forderung sei anhand des Beispiels in Abbildung 2.3 dargestellt.74

ξ1 η1

y1 y2 x1 x2

Modus A:

Reflektive Messmodelle zur Bestimmung der latenten Variablen

ξ1 η1

y1 y2 x1 x2

Modus B:

Formative Messmodelle zur Bestimmung der latenten Variablen

ξ1 η1

y1 y2 x1 x2

Modus C:

Formative Messmodelle zur Bestimmung der latenten exogenen Variablen und reflektive Messmodelle zur

Bestimmung der latenten endogenen Variablen

Abbildung 2.2: Darstellung dreier Modi für Messmodelle latenter Variablen im Strukturmodell75

73 Vgl. Cassel, et al., 2000, S. 900; Gefen, et al., 2000, S. 31 f.; Fornell/Cha, 1994, S. 61.

74 Ein ebenso anschauliches Beispiel mit Bezug auf den sozialen Status einer Person findet sich bei Bollen, 1989, S. 64 f., bzw. bei Chin, 1998a, S. 9: “An example is socio-economic status (SES), where indicators such as education, income, and occupational prestige are items that cause or form the LV SES. If an individual loses his or her job, the SES would be negatively affected. But to say that a nega- tive change has occurred in an individual’s SES does not imply that there was a job loss. Furthermore, a change in an indicator (say income) does not necessarily imply a similar directional change for the other indicators (say education or occupational prestige).”

75 Vgl. Fornell/Bookstein 1982, S. 441.

(24)

Beim Einsatz von latenten Konstrukten im Rahmen reflektiver Messmodelle wirkt sich de- ren Veränderung auf alle zugeordneten Indikatorvariablen aus, z.B. führt eine Erhöhung des latenten Konstruktes „Trunkenheit“ zu einer Erhöhung der beobachtbaren Variable

„Blutalkohol“, einer Abnahme der „Reaktionsfähigkeit“ etc. Infolge der Eliminierung einer der Indikatorvariablen im reflektiven Messmodell, beispielsweise „Trunkenheit“, würde sich das Konstrukt inhaltlich kaum verändern. Die latente Variable „Trunkenheit“ lässt sich al- lerdings auch über ein formatives Messmodell bestimmen, in das verschiedene konsu- mierte Alkoholika als Indikatorvariablen aufgenommen werden. So führt eine Erhöhung des Indikators „konsumierte Biermenge“ zu einer Verstärkung des Konstrukts „Trunken- heit“, wobei dieser Indikator von anderen, beispielsweise „konsumierte Weinmenge“, weit- gehend unabhängig ist. Würde in diesem Fall (formatives Messmodell) eine Indikatorvari- able entfernt werden (z.B. „konsumierte Biermenge“), so wäre die Aussagekraft der laten- ten Variable erheblich eingeschränkt.76 Hieraus folgt, dass formative Messmodelle Eigen- schaften aufweisen, die sie eindeutig von reflektiven unterscheiden und bei der Modellie- rung von Kausalmodellen bzw. bei der Wahl eines anzuwendenden Schätzverfahrens zwingend zu berücksichtigen sind.

Blutalkohol

Reaktionsfähigkeit

...

Trunkenheit -

+

+/-

Konsumierte Biermenge

Konsumierte Weinmenge

...

Trunkenheit +

+

+/-

Abbildung 2.3: Darstellung eines reflektiven und eines formativen Konstruktes77

76 Vgl. Chin, 1998a, S. 9. Dieses Beispiel zeigt, dass gelegentlich ein hypothetisches Konstrukt sowohl durch reflektive als auch formative Indikatoren operationalisiert werden kann. Siehe in diesem Fall die Ausführungen zur inhaltlichen bzw. nomologischen Validität des Messmodells bei Eggert/Fassott, 2003, S. 8 f.; dieselben, S. 18, merken ferner an: „Die inhaltlich begründete Entscheidung für ein formatives oder reflektives Meßmodell stellt eine ‚conditio sine qua non’ der empirischen Marketingforschung dar.“

77 Vgl. Chin, 1998a, S. 9.

(25)

Alle Modi im Partial Least Squares-Ansatz sind an bestimmte Bedingungen und Spezifizie- rungen der allgemeinen Gleichungen für das Strukturmodell sowie der allgemeinen Glei- chungen reflektiver und formativer Messmodelle geknüpft.78 Dabei werden die linearen Gleichungssysteme auf ihren systematischen Bestandteil reduziert79 bzw. alle Variablen sind dahingehend standardisiert, dass der Mittelwert Null und ihre Standardabweichung eins ist.80 Aufgabe des Partial Least Squares-Algorithmus ist es, Schätzwerte für die laten- ten, nicht direkt empirisch erhobenen Variablen zu generieren, sodass sich diese mög- lichst gut sowohl an ihr Messmodell als auch an die Beziehungen zu anderen latenten Va- riablen im Strukturmodell anpassen.81 Aus diesem Grunde werden beim Partial Least Squares-Verfahren die nicht beobachtbaren Variablen als Linearkombination der ge- wichteten Mittelwerte ihrer empirisch erhobenen Indikatoren geschätzt:82

(8) ηˆ =wηy und (9) ˆ w x

= ξ

ξ .

Die Bestimmung der Gewichte w im Partial Least Squares-Verfahren hängt davon ab, ob ein reflektives oder formatives Messmodell latenter Variablen vorliegt.83 Handelt es sich um ein nach außen gerichtetes reflektives Messmodell, so werden die latenten Variablen im faktoranalytischen Sinn über die Indikatoren im zugehörigen Block manifester Variablen bestimmt: die Gewichte (w) sind die Kovarianzen zwischen den latenten Variablen und den Indikatoren; außerdem stellen die latenten Variablen einen Faktor dar, der den Beo- bachtungswert der ihnen zugeordneten Indikatorvariablen bestmöglich verursacht. Für ein

78 Vgl. Lohmöller, 1989; Fornell/Bookstein, 1982, S. 442 ff.

79 Vgl. Cassel, et al., 2000, S. 901.

80 Vgl. Fornell/Bookstein, 1982, S. 901. Hieraus folgen verschiedene Annahmen, die dem Partial Least Squares-Ansatz zu Grunde liegen und bei der Anwendung des Verfahrens berücksichtigt werden müs- sen (vgl. Fornell/Bookstein, 1982, S. 443).

81 “Linear models that contain latent variables obviously cannot be treated in the usual way: Appropriate methods such as ordinary least squares-fitting need observations from all variables, and values of the latent variables are not available.” (Cassel, et al., 2000, S. 901).

82 Vgl. Lohmöller, 1989, S. 28 f.

83 Vgl. Fornell/Bookstein, 1982, S. 901.

(26)

nach innen gerichtetes formatives Messmodell werden die multiplen Regressionskoeffi- zienten zwischen latenter Variablen und Indikatoren als Gewichte verwendet.

Stage 1: Iterative estimation of weights and LV scores

Starting at step #4, repeat steps #1 to #4 until convergence is obtained.

#1 Inner weights

otherwise

ent are adjac and Y

if Y

0 )

;Y (Y cov sign

=

vji j i j i

⎩⎨

#2 Inside approximation

i i ji

j: Σv Y

Y~ =

#3 Outer weights; solve for

block B Mode a in e

Y~ w~ y

block A Mode a in d y w~ Σ Y~

n k jn k kjn

jn n k k k jn

j j

j j j

+

=

+

=

#4 Outside approximation

n k k k i

jn j j

j

y w~ Σ f :=

Y

Stage 2: Estimation of path loading coefficients Stage 3: Estimation of location parameters

Abbildung 2.4: Der Partial Least Squares-Algorithmus für Wolds Basismodell84 Prinzipiell durchläuft die Schätzung von Kausalmodellen unter Verwendung des Partial Least Squares-Verfahrens drei Stufen.85 Auf der ersten Stufe werden auf Grundlage der Rohdatenmatrix Werte für die latenten Variablen geschätzt, wofür der in Abbildung 2.4 dargestellte Algorithmus mit der iterativen Wiederholung von vier einzelnen Schritten zur Anwendung kommen kann. Sobald nach der ersten Stufe Schätzwerte für die latenten Va-

84 Vgl. Lohmöller, 1989, S. 29. Zum Ablauf des Partial Least Squares-Algorithmus vgl. ferner Chin/Newsted, 1999, S. 315 ff., insbesondere das Ablaufdiagramm auf S. 320; siehe ferner zu wichtigen Elementen des Partial Least Squares-Verfahrens die Darstellungen von Cassel, et al., 2000, und Fornell/Bookstein, 1982.

85 Vgl. Lohmöller, 1989, S. 30 f.

(27)

riablen feststehen, folgt die Bestimmung der Faktorladungen und Pfadkoeffizienten mittels des Verfahrens der Kleinste-Quadrate-Regression auf der zweiten Stufe. Danach werden auf der dritten Stufe die Mittelwerte und das konstante Glied (“location parameter“) für die linearen Regressionsfunktionen geschätzt (vgl. ausführlich Abbildung 2.5).86

Begonnen wird mit dem vierten Schritt, der Schätzung latenter Variablen in Form gewichteter Aggregate der blockweise zugeordneten manifesten Variablen – der sogenannten äußeren Approximation. Der Skalar fi stellt sicher, dass VAR(Yi) = 1 ist. Auf den vierten folgt der erste Schritt zur Bestimmung der inneren Ge- wichte vij, die zwischen –1 und +1 liegen „if Yj is not directly connected to Yi and vij = 0, if Yj and Yi are not adjacent in the path diagram.“ (Lohmöller, 1989, S. 30). Dabei ist das Vorzeichen von vij identisch mit dem Vorzeichen der Korrelation rij = cov(Yj, Yi). Hieran schließt sich der zweite Schritt – die innere Approximati- on – an, in dem es Y~j als Annäherung der (unter Berücksichtigung der Vorzeichen) gewichteten Summe angrenzender Variablen, zu denen eine Beziehung im Strukturmodell besteht, zu bestimmen gilt.

Auf Grundlage der Beziehungen zwischen den latenten Variablen im Strukturmodell werden die zuvor erhaltenen Schätzwerte weiter verbessert. Hierfür schlägt die Literatur unterschiedliche Methoden vor, wie beispielsweise “centroid-weigthing“, “factor-weighting“ oder “path-weighting“ (vgl. Lohmöller, 1989, S. 39 ff.). “If one is not using the a path-weighting scheme for the inside approximation, then only the measure- ment model with formative indicators are considered for the first stage of estimation. At the extreme, we see that a factor- or centroid-weighting scheme with all reflective (mode A) measures will involve a series of simple regressions. Under this condition, it may be possible to obtain stable estimates for weights an loadings of each component independent of the final estimates for the structural model.” (Chin, 1998b, S.

311). Johansson/Yip, 1994, S. 587, stellen fest, dass sich die Methoden in den Ergebnissen nur gering- fügig unterscheiden.

Im dritten Schritt folgt die Schätzung der Gewichte unter Verwendung von Y~j als Instrumentalvariable, wobei die Bestimmung entweder über das Verfahren der einfachen Regression (Modus A) oder jene der multiplen Regression (Modus B) erfolgt. Schließlich dienen diese Ergebnisse als Grundlage für eine erneu- te äußere Annäherung der latenten Variablen im vierten Schritt, womit der Iterationszirkel von neuem be- ginnt und so lange zu durchlaufen ist, bis sich die Gewichte nicht mehr verändern. Als Stoppkriterium wird im Schrifttum häufig eine Veränderung der Gewichte ≤ 0,001 genannt (vgl. Chin/Newsted, 1999, S. 320).

Im Schrifttum existieren unterschiedliche Formen des Partial Least Squares-Algorithmus zur Schätzung von Kausalmodellen, die sich im wesentlichen dadurch unterscheiden, wie die geschätzten Werte für la- tente Variablen an die Struktur aller latenten Variablen angepasst werden (vgl. Cassel et al., 2000, S. 902).

Abbildung 2.5: Erläuterungen zum Ablauf des Algorithmus

Anhand des folgenden Zitates lässt sich die Schätzung von Partial Least Squares- Modellen zusammenfassend kennzeichnen: “The PLS procedure is then used to estimate the latent variables as an exact linear combination of its indicators with the goal of maxi- mizing the explained variance for the indicators and latent variables. Following a series of ordinary least squares analyses, PLS optimally weights the indicators such that a resulting latent variable estimate can be obtained. The weights provide an exact linear combination

86 Vgl. Chin/Newsted, 1999, S. 319 ff.; Lohmöller, 1989, S. 30 f.

(28)

of the indicators for forming the latent variable score which is not only maximally correlated with its own set of indicators (as in component analysis), but also correlated with other la- tent variables according to the structural (i.e. theoretical) model.”87

Aufgrund der partiellen Schätzung einzelner Elemente des Kausalmodells werden für die Ermittlung verlässlicher Ergebnisse mit dem Partial Least Squares-Verfahren weniger em- pirisch erhobene Fälle benötigt als für die Kovarianzstrukturanalyse.88 Generell gilt für Par- tial Least Squares-Modelle: Je mehr Indikatorvariablen in einem Messmodell aufge- nommen werden, desto umfangreicher wird die latente Variable inhaltlich durch beobach- tete Daten erklärt.89 Verlässliche Regeln für die benötigte Anzahl von Fällen zur Schät- zung von Partial Least Squares-Modellen existieren bisher jedoch noch nicht. Selbst Mo- delle, denen nur 20 empirisch erhobene Fälle zu Grunde liegen, lassen sich mit dieser Me- thode zufriedenstellend schätzen.90 Eine gute Heuristik für die benötigte Mindestanzahl empirisch erhobener Fälle zur Messung eines Kausalmodells mit dem Partial Least Squares-Verfahren findet sich bei Chin.91

87 Chin, et al., 1996, S. 26 f.

88 Vgl. Chin/Newsted, 1999, S. 314 und 326.

89 “However, the sample size also needs to increase, as in the usual asymptotic notion of consistency, in order for the sample covariance matrix to become a better estimate of the population covariance matrix.

Thus, in PLS, better estimates cannot simply be obtained by increasing the sample size. Both more indi- cators and more cases are needed.“ (Chin/Newsted, 1999, S. 329). Dieser Zusammenhang wird von Wold, 1982b, S. 25, als „consistency at large“ bezeichnet; vgl. ferner Schneeweiß, 1993; zur “content specification“ vgl. Diamantopoulos/Winkelhofer, 2001, S. 279.

90 Vgl. Chin/Newsted, 1999, S. 335.

91 Vgl. Chin, 1998b, S. 311.

Zunächst muss für alle formativen Messmodelle die jeweilige Anzahl an Indikatorvariablen festgestellt werden, um den Block mit der höchsten Indikatorenzahl zu bestimmen; anschließend werden sämtliche latenten endogenen Variablen betrachtet, um herauszufinden, welche die höchste Anzahl an Beziehun- gen mit latenten exogenen Variablen im Strukturmodell aufweist. Von beiden Überprüfungen – des for- mativen Messmodells und des Strukturmodells – wird der Wert des höchsten Ergebnisses ausgewählt und mit dem Faktor 10 multipliziert, wodurch man eine gute Annäherung an den benötigten Stichpro- benumfang erhält, sofern das “path weighting scheme“ zur inneren Approximation angewendet wird.

(29)

Auch bei der Schätzung von Kausalmodellen mit dem Partial Least Squares-Verfahren kommt der Modellbeurteilung eine zentrale Bedeutung zu, wobei jedoch aufgrund fehlen- der empirischer Verteilungsannahmen im Vergleich zur Kovarianzstrukturanalyse die An- zahl möglicher Gütemaße wesentlich geringer ist. Die traditionellen, parametrisch ausge- richteten Techniken für Signifikanztests zur Modellbeurteilung eignen sich nicht für die Partial Least Squares-Methode, weshalb Wold92 vorschlägt, statt dessen Tests zu verwen- den, die dem von Verteilungsannahmen freien Charakter des Partial Least Squares- Verfahrens Rechnung tragen.93 Beispiele für solche Maße zur Beurteilung der Schätzgüte von Partial Least Squares-Modellen sind das Bestimmtheitsmaß latenter endogener Vari- ablen, der Stone-Geisser-Test zur Bestimmung der Schätzrelevanz94 sowie die auf Fornell und Larcker95 zurückgehende faktoranalytische Bestimmung der durchschnittlich extrahier- ten Varianz. Ferner lässt sich die Stabilität der Schätzung über Verfahren – wie das

„Jackknifing“ oder das „Bootstrapping“ – zur systematischen Veränderung der empirisch erhobenen Daten feststellen.96

Trotz dieser Vielzahl möglicher Tests wird seitens des Schrifttums bisher kein systemati- sches Vorgehen zur Modellbeurteilung empfohlen. Häufig beziehen sich Verfahrensan- wender auf die von Chin97 vorgeschlagenen Gütemaße, da dessen Beurteilungskatalog vergleichsweise umfassend ist und sich mit Hilfe der durch die statistischen Softwarean- wendungen PLS Graph 3.0 und SmartPLS generierten Schätzergebnisse vollständig be- rechnen lässt. Weiterführende Ansätze zur systematischen Anwendung und Beurteilung von Partial Least Squares-Modellen werden beispielsweise (unter besonderer Berücksich- tigung formativer Messmodelle) von Diamantopoulos und Winkelhofer98 vorgeschlagen.

92 Vgl. Wold, 1982b; Wold, 1980.

93 Vgl. Chin/Newsted, 1999, S. 328.

94 Das heißt im Falle von Partial Least Squares-Modellen: die Relevanz latenter exogener Variablen für das ermittelte Bestimmtheitsmaß latenter endogener Variablen im Strukturmodell.

95 Vgl. Fornell/Larcker, 1981.

96 Zu den Verfahren einer Beurteilung von Partial Least Squares-Modellen ausführlich vgl. Gefen, et al., 2000, S. 42 ff.; Fornell/Cha, 1994, S. 68 ff.; Lohmöller, 1989, S. 49 ff.; Fornell/Bookstein, 1982, S. 447 ff.

97 Vgl. Chin, 1998b, S. 316 ff.

98 Vgl. Diamantopoulos/Winkelhofer, 2001.

(30)

Ebenso wie zuvor beim Kovarianzstrukturanalyseverfahren festgestellt, handelt es sich beim Partial Least Squares-Ansatz um ein konfirmatorisches Verfahren, das sich sinnvoll- erweise nur zur Überprüfung umfassender theoretischer Überlegungen einsetzen lässt.

Dabei werden Hypothesen zu latenten Variablen, Indikatorenvariablen und Wirkungs- beziehungen (Wirkungsrichtung und Vorzeichen) modellhaft abgebildet.99 Die im Vergleich zur Kovarianzstrukturanalyse weniger verbreitete Anwendung des Partial Least Squares- Verfahrens zur Messung von Kausalmodellen für betriebswirtschaftliche Problemstellun- gen hängt in erster Linie mit der geringeren Bekanntheit dieses Verfahrens zusammen, die darauf zurückzuführen ist, dass lange Zeit keine adäquate Softwareunterstützung zur Ver- fügung stand.100 Erst mit PLS Graph 3.0 wurde den Anwendern eine leicht zu bedienende statistische Software mit grafischer Modellierungsoberfläche an die Hand gegeben – ähn- lich der statistischen Software AMOS zur Schätzung von Kovarianzstrukturmodellen. Be- triebswirtschaftliche Anwendungsgebiete des Partial Least Squares-Verfahrens sind bisher das Marketing101, das strategische Management102 und Fragestellungen aus dem Bereich der Wirtschaftsinformatik.103

Prinzipiell gelten bezüglich der Anwendung von Kausalmodellen unter Verwendung des Partial Least Squares-Verfahrens die gleichen kritischen Anmerkungen, auf die bereits im Zusammenhang mit dem Kovarianzstrukturanalyseverfahren hinwiesen wurde. Allerdings ist der entscheidende Vorteil des Partial Least Squares-Verfahrens im Vergleich zur Kova- rianzstrukturanalyse, dass die auf zu restriktive, realitätsfremde Modellprämissen gerichte-

99 Vgl. Chatelin, et al., 2002, S. 5. Allerdings gilt aufgrund wissenschaftstheoretischer und anwendungsori- entierter Überlegungen die Forderung nach einer teilweisen explorativen Anwendung des Partial Least Squares-Verfahrens (vgl. beispielsweise Wold, 1980, S. 70.

100 Zwar hat Lohmöller, 1981a, seit langem ein statistisches Softwareprogramm zur Schätzung von Partial Least Squares-Modellen entwickelt, das allerdings auf DOS-Basis operiert und relativ umständlich in der Bedienung ist.

101 Vgl. Eggert/Fassott, 2003; Graber, et al., 2002; Smith/Barclay, 1997; Fornell/Cha, 1994; Fornell/

Bookstein, 1982.

102 Vgl. Venaik, et al., 2003; Tsang, 2002; Tiessen/Linton, 2000; Diamantopoulos, 1999; Hulland, 1999;

Chin, 1998a; Chin/Todd, 1995; Johansson/Yip, 1994; Fornell, et al., 1990.

103 Vgl. Mathieson, et al., 2001; Chwelos, et al., 2001; Ravichandran/Rai, 2000; Chin/Newsted, 1999;

Karahanna, et al., 1999.

(31)

te Kritik ausgeräumt wird – jedoch zulasten eines statistisch weniger anspruchvollen und exakten Verfahrens zur Modellschätzung, das sich iterativ unter Minimierung des Fehler- anteils an eine möglichst gut Modelllösung herantastet. Im folgenden Abschnitt benennen wir weitere Unterschiede und Gemeinsamkeiten beider Methoden, um Forschern Anhalts- punkte für die Auswahl eines geeigneten Verfahrens zur Schätzung von Kausalmodellen aufzuzeigen.

(32)

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