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Präsidentschaft in der Pandemie

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76 |IP • Juli / August 2020

Weltspiegel

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nter dem Motto „Gemeinsam. Eu- ropa wieder stark machen.“ über- nimmt Deutschland am 1. Juli zum 13. Mal die Präsidentschaft im Rat der EU.

Die Corona-Krise hat dazu geführt, dass die Erwartungen der europäischen Part- ner an die Bundesregierung hoch, ja teils überhöht sind. Berlin soll die Weichen dafür stellen, dass die EU die Folgen der Pandemie bewältigt und gestärkt aus der Krise hervorgeht. In der Realität muss eine Ratspräsidentschaft jedoch vor allem viel kleinteilige Kärrnerarbeit leisten und für reibungslose Abläufe im Rat sorgen.

Die Gestaltungskraft einer Ratsprä- sidentschaft hat seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon 2009 deutlich ab- genommen. Ein für zweieinhalb Jahre gewählter Präsident, derzeit der Belgier Charles Michel, sitzt nun den Treffen der Staats- und Regierungschefs im Europäi- schen Rat vor; in der Außen- und Sicher- heitspolitik wurde die Position des Hohen Vertreters, derzeit der Spanier Josep Bor- rell, deutlich aufgewertet. Er leitet nun die Treffen der Außenminister. Dennoch:

In der aktuellen Krise wäre eine gut vor-

bereitete, transparente und reibungslos ablaufende Ratspräsidentschaft Gold wert.

Traditionell fällt der Ratspräsident- schaft eine neutrale, vermittelnde Rolle zu: Als „ehrliche Maklerin“ soll die Bun- desregierung unterschiedliche Interessen ausgleichen und Kompromisse herbeifüh- ren. Vor dem Hintergrund der Krise wird die Bundesregierung diese Rolle jedoch deutlich proaktiver ausfüllen müssen. Sie sollte nicht davor zurückscheuen, auch den offenen Konflikt mit blockierenden Mitgliedsstaaten zu suchen, um einen Kompromiss herbeizuführen.

Doch welche Aufgaben fallen der Bun- desregierung in den kommenden sechs Monaten konkret zu? Erstens wird die Bundesregierung bei den formalen und informellen Treffen des Ministerrats, aber auch bei den knapp 200 vorbereitenden Arbeitsgruppen und Ausschüssen in die Gastgeberrolle schlüpfen. Es gilt, die Tref- fen vorzubereiten, die Themen festzulegen sowie die Diskussionen zu moderieren und für einen reibungslosen Ablauf der Beratungen zu sorgen. Doch die Ratsprä- sidentschaft findet unter erschwerten

Präsidentschaft in der Pandemie

Der EU-Ratsvorsitz Deutschlands in die- sem Jahr steht unter besonders schwieri- gen Vorzeichen. Was wird anders als

sonst, was bleibt gleich? Ein Überblick.

Von Julian Rappold

Julian Rappold ist kommissari- scher Leiter des Alfred von Oppen- heim-Zentrums für Europäische Zukunftsfragen der DGAP.

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IP • Juli /August 2020 |77

Präsidentschaft in der Pandemie Weltspiegel

Bedingungen statt: Die Corona-Pande- mie beeinträchtigt die Arbeitsabläufe der europäischen Institutionen gravierend.

Reisebeschränkungen, „Social-distan- cing“-Regeln und die fehlende techni- sche Ausstattung werden die Anzahl der möglichen Treffen – von der Fach- bis zur Ministerebene traditionell mehr als 1500 Treffen – zumindest in den ersten Monaten der Präsidentschaft drastisch reduzieren.

Zwar ist durch Videokonferenzen die Ent- scheidungsfindung sichergestellt. Doch die EU-Konsensmaschinerie lebt von in- formellen Gesprächen und gemeinsamem Brüten über Gesetzestexten.

Zweitens wird die Bundesregierung den Rat in Abstimmungen und Verhand- lungen mit dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission vertre- ten, insbesondere in den Trilog-Verhand- lungen des ordentlichen Gesetzgebungs- verfahrens. In diesen interinstitutionellen Verhandlungen wird versucht, eine Eini- gung über Gesetzesvorhaben zu erzielen, über die Rat und Parlament keine Eini- gung erzielen konnten.

Auch nach außen wirkt die Ratspräsi- dentschaft: Gemeinsam mit den Vertretern der anderen EU-Institutionen wird Berlin die Union auch auf internationaler Ebene repräsentieren, etwa gegenüber Drittstaa- ten sowie internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen.

Jede Ratspräsidentschaft versucht, eigene inhaltliche Impulse und Arbeits- schwerpunkte zu setzen. Die detaillierte inhaltliche Agenda einer Ratspräsident- schaft baut zudem auf dem gemeinsa- men Arbeitsprogramm der sogenannten

„Trio-Ratspräsidentschaft“ auf, die je- weils drei Mitgliedsstaaten für insgesamt 18 Monate bilden. Deutschland stellt hier gemeinsam mit Slowenien und Portugal den „Dreiervorsitz“.

In den kommenden Monaten muss sich die Bundesregierung vor allem um die Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027 und zum Wie- deraufbaufonds kümmern. Auch die Ver- handlungen über die Ausgestaltung des künftigen Verhältnisses zu Großbritan- nien müssen bis zum Jahresende abge- schlossen werden.

Während der prestigeträchtige EU-Chi- na-Gipfel verschoben werden musste, werden zukunftsorientierte Themen wie Klimaschutz, Digitalisierung, Rechts- staatlichkeit oder Europas Rolle in der Welt auch weiterhin zu den Prioritäten gehören. Inwieweit die deutsche Ratsprä- sidentschaft hier aber sub stanzielle Fort- schritte machen wird, bleibt angesichts der Corona-Krise unsicher.

So oder so: Die Ausrichtung einer Rat- spräsidentschaft ist eine gewaltige Aufga- be, die durch Corona noch erschwert wird.

In einer solch anspruchsvollen Situation hilft es, dass die Bundesregierung mit ih- rem politischen Gewicht, administrativen Kapazitäten und Erfahrungsschatz das Ruder übernimmt.

Hintergrund

Am 1. Juli übernimmt Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft. Gleichzeitig beginnt die sogenannte Trio-Präsidentschaft Deutsch- lands, Portugals und Sloweniens: Portugal übernimmt den Vorsitz im Januar 2021 von Deutschland und gibt ihn sechs Monate später an Slowenien ab. Die drei Staaten koordinieren ihre Arbeit in einem gemeinsa- men Programm.

Handlungsschwerpunkte sind u.a. Covid-19, die Verhandlungen zum mehrjährigen Finanz- rahmen und das Verhältnis zum Vereinigten Königreich sowie wichtige politische Zielset- zungen der strategischen Agenda bis 2024 (u.a. Klima, Wettbewerbsfähigkeit, Digitales, Soziales, Europas Rolle in der Welt).

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