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Trump, Brexit, Populismus - und das Ende des Multilateralismus? Von Thomas Henökl,

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Trump, Brexit, Populismus - und das Ende des Multilateralismus?

Von Thomas Henökl, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

vom 19.01.2017

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Trump, Brexit, Populismus - und das Ende des Multilateralismus?

Bonn, 19.01.2017. Trotz der Beschwichtigungen der

‚Trumpologeten‘, die noch auf eine Bekehrung vom Saulus zum Paulus des neuen POTUS hoffen, ist mitt- lerweile eines klar: der naive Unilateralismus, den die antretende amerikanische Administration an den Tag legt, wird sich Bestrebungen der transatlantischen Zusammenarbeit und einer aufkeimenden globalen Gemeinwohlpolitik als wenig förderlich erweisen. Die Ansagen Trumps sowie die Auswahl seiner Kabinetts- mitglieder und engsten Berater lassen befürchten, dass sich die künftige US-Regierung multilateraler Koopera- tion in aller Vehemenz entgegenstemmt. Die Schock- wellen des reaktionären Polit-Tsunami in Amerika sind bereits und werden noch in aller Heftigkeit in allen Feldern der internationalen Kooperation zu spüren sein, etwa als herbe Rückschläge für Freihandelsab- kommen und Klimaverhandlungen, die Gefahr eines militärischen Kräftemessens mit China und die offene Infragestellung der NATO-Partnerschaft. Darüber hin- aus sind es Trumps respektlose Haltung Frauen und Minderheiten gegenüber, sein reduktionistisch- merkantilistisches Weltbild, seine Laissez-Faire- Menta- lität vis-à-vis Despoten und Autokraten, sein ausge- wiesenes Desinteresse an Armutsbekämpfung und Entwicklung wie auch sein populistischer Stil der Mani- pulation, Polarisierung und Verächtlichmachung, die Anlass zur Sorge bieten. Trumps skrupelloses Macht- Spiel mit dem Protest-Kapital, das sich aus den wach- senden sozialen Ungleichheiten in den USA speist, und seine Rücksichtslosigkeit im Verfolgen von ökonomi- schen Partikularinteressen (etwa in der sich abzeich- nenden Linie in der Fiskalpolitik) werden jedoch die Kluft zwischen den Benachteiligten und den chronisch Überbelohnten nicht nur in Amerika, sondern weltweit tendenziell weiter vergrößern.

Für Europa bedeutet dies auch, dass es einsamer wird im Kampf für faire und globale Entwicklung, Demokra- tie, Menschenrechte, wie auch in der Klima-, Migrati- ons- oder der nachhaltigen Wirtschaftspolitik. Wäh- rend spekuliert wird, ob die Haltung der neuen US- Regierung zum Transpazifischen Handelsabkommen (TPP) – vielleicht sogar eine Chance für Europa und China bedeuten könnte, einander als Partner näher zu rücken, fürchten Japaner und Koreaner die Auswirkun- gen von Protektionismus, Abschottung und Ver- schlechterung der Beziehungen auf internationales Recht, die politische Ordnung und die Sicherheitslage in der Region und letztlich auf Wachstum und Wohl- stand. In Europa ist vor allem die Aufweichung des Nordatlantik-Bunds schlichtweg ein Schreckensszena- rio. Zwischen dem erstarkten Selbstbewusstsein Putins, als Trumps malignem Mentor, der wachsenden Unbe- rechenbarkeit der Türkei, eines strategisch zentralen NATO-Mitgliedes, und der aufgrund der Konflikte in der EU-Nachbarschaft anhaltendenden Terrorgefahr,

sitzt Europa in der Klemme. Die Anzeichen mehren sich, wonach die Reaktion auf diese prekäre Lage in einer stärkeren Gewichtung der Sicherheits- und Ver- teidigungspolitik gegenüber anderen Bereichen der Außenbeziehungen bestehen wird. Zum Schutz der eigenen Freiheit und des Wohlstandes, so der Tenor, erwarten die Bürger eine Verschärfung der Gangart bei Grenzmanagement und Migrationspolitik. In einem Jahr wichtiger Wahlen und Weichenstellungen in meh- reren europäischen Staaten werden sich Politiker in ihren Rufen nach mehr Sicherheit übertönen, während Fragen der nachhaltigen Entwicklung weniger lautstar- ke Fürsprecher finden.

Unter den Bedingungen extremer Verunsicherung wird sich die EU nun auch dem Austritt eines zentralen Mit- gliedsstaates widmen müssen. Und jenseits des Kanals zeichnet seit der Brexit-Rede Theresa Mays vom 17.

Januar ab, wie hart der Kurs ist, den das Königreich in diesem unruhigen Fahrwasser setzt. Noch vor seiner Amtseinführung, kündigte Trump an, möglichst schnell ein bilaterales Handelsabkommen mit Großbri- tannien schließen zu wollen. Der britische Außenmi- nister Boris Johnson war eigens für Gespräche dazu angereist. Offizielle Verhandlungen über ein solches Abkommen stellen jedoch einen klaren Verstoß gegen EU-Recht dar, an welches auch das UK bis zum formel- len Ausscheiden aus der Union gebunden ist. Mit dem special relationship der Briten zu den USA unter Trump und einer Rückbesinnung auf den Glanz des Empire stehen die Zeichen auf Isolationismus, einem Trend, dem sich noch weitere Industrienationen anschließen könnten. Dies stellt die multilateralen Bemühungen der EU – und somit zugleich Deutschlands – vor enor- me Herausforderungen. Die Reform des „Europäischen Konsenses für die Entwicklung“, die für 2017 geplant ist, muss ein starkes Signal für neue Wege der globalen Kooperation setzen und die progressiven Kräfte in Europa bündeln. Und es gilt, Möglichkeiten für die Einbindung Großbritanniens in die Europäische Au- ßen- und Entwicklungspolitik zu finden, wie es auch May in ihrer Rede andeutete. Ein von den Brexit- Hardlinern betriebener Vollausstieg aus der EU- Entwicklungspolitik sollte verhindert werden, denn dies wäre ein besonders schmerzhafter Verlust – für Europa und für den Rest der Welt. Angesichts der Fliehkräfte aus Populismus und EU-Skepsis braucht Europa ge- meinsame Antworten auf die wirtschaftlichen und sozialen Probleme, die den Zusammenhalt der Union bedrohen, wie auch neue Partner für die multilaterale Kooperation. Mittelfristig wird Europa, wenn es nicht weiter an Glaubwürdigkeit verlieren will, mehr Verant- wortung für die Bewältigung globaler Herausforderun- gen und auch einen substantiell größeren Anteil an den Kosten dafür tragen müssen.

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne, 19.01.2017

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