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Die EU muss ihre Nahost-Politik ändern!

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Academic year: 2022

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von Armin Laschet

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ie Europäische Union unter- hält mit zahlreichen Staaten und Regionen der Welt ein globales Netzwerk von Kooperations- und Partnerschaftsbeziehungen, ins- besondere auch mit den Entwick- lungs- und Schwellenländern. Über reine Wirtschafts- und Handelsbezie- hungen hinaus verfügt sie damit über optimale Voraussetzungen und Mög- lichkeiten, den politischen Dialog mit geostrategisch besonders wichtigen Partnern zu intensivieren und positiv zu beeinflussen. Mit diesen Qualitä- ten wäre die EU geradezu prädesti- niert, einen wichtigen Beitrag zum Frieden und zu Reformen im Nahen Osten zu leisten.

Das Muster der Partnerschafts- beziehungen der Europäischen Union ist hauptsächlich durch drei Elemente gekennzeichnet:

1. die Bestimmung eindeutiger Ziele und Zeitpläne;

2. die Identifizierung klarer Kriterien, an denen konkrete Fortschritte je- derzeit messbar sind;

3. die Bereitschaft, Reformen, die diese Kriterien erfüllen, finanziell großzügig zu unterstützen.

Dies gilt bis heute beispielsweise für die „Kopenhagener Kriterien“ zur Er- weiterung der Europäischen Union, für die erfolgreiche Stabilisierungs- und Assoziierungspolitik im west- lichen Balkan,für die Euro-Mediterra- ne Partnerschaft zwischen der EU und den südlichen Mittelmeer-Anrainern, es gilt für die Nachfolgestaaten der frü- heren Sowjetunion, und es gilt seit neuestem auch für die Entwicklungs- zusammenarbeit mit den AKP-Staa- ten (Afrika, Karibik und Pazifik), bei denen seit der Revision von Lomé IV und dem sich zurzeit im Ratifizie- rungsprozess befindlichen Abkom- men von Cotonou auch die Nichtein- haltung von Menschenrechts- und Demokratiestandards Sanktionen nach sich ziehen kann.

Überall in der Welt hält sich die Eu- ropäische Union an diese erfolgreiche außenpolitische Strategie, die ganz im Zeichen der Konfliktprävention steht – nur nicht bei ihren Beziehungen zur Palästinensischen Autonomiebehör- de (PA). Hier zieht sich die EU auf die Rolle des Geldgebers zurück, auch wenn ein wesentlicher Bestandteil des Osloer Abkommens von 1993, näm- lich die friedliche Lösung aller noch bestehenden oder neuen Streitpunkte zwischen Israelis und Palästinensern seit der Ausrufung der zweiten Intifa- da im Herbst 2000 überhaupt nicht erfüllt ist. Im Gegenteil: Die Höhe der finanziellen Zuwendungen der Euro- päischen Union ist nach dem Ende

Die EU muss ihre Nahost-Politik ändern!

S T A N D P U N K T E

8/2002 I N T E R N A T I O N A L E P O L I T I K 4 5

Armin Laschet, MdEP;

Mitglied des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, Menschenrechte, gemeinsame Sicherheit und Verteidigungspolitik sowie des Haushaltsausschusses, Straßburg.

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des Oslo-Prozesses und dem Beginn von Terror und Gewalt eher gestiegen als gesunken.

Die EU ist zurzeit führender Geber von Wirtschafts- und Finanzhilfe für diese Region; ihre finanziellen Hilfen zugunsten der PA beliefen sich von 1993 bis 2001 auf über 1,4 Milliarden Euro. Über die konventionellen Fi- nanzhilfen hinaus gewährt die Euro- päische Kommission der PA seit Juni 2001 auch eine monatliche Haushalts- direkthilfe in Höhe von 10 Millionen Euro, die angesichts der Finanzkrise der PA die laufenden Verwaltungsaus- gaben – darin enthalten die Auszah- lung von Gehältern – sichert. Derarti- ge Pauschalzahlungen, die gewisser- maßen blanko überwiesen werden und nicht an konkrete Projekte gebun- den sind, sind haushaltspolitisch höchst problematisch, da eine ausrei- chende Kontrolle über die tatsächlich verwendeten Gelder nicht gewährleis- tet werden kann. Sie sichern den Machteinfluss des Führungsclans, ver- hindern Reformen und erleichtern Missbrauch und Korruption.

Neue Gesamtstrategie

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ie neue Nahost-Initiative des amerikanischen Präsidenten, George W. Bush, vom 24. Juni 2002 könnte Europa wachrütteln. Bush nutzt exakt die europäischen Erfolgs- instrumente: Zeitplan, Kriterien und Bereitschaft zur Hilfe bei Reformen, die die EU im Nahost-Konflikt vor- geschlagen hat. Die Vorstellung des neuen Nahost-Friedensprojekts, das erstmals wieder die Aussicht auf einen

Waffenstillstand und die Rückkehr an den Verhandlungstisch bietet, gibt der Europäischen Union die Gelegenheit, im Quartett mit den USA, Russland und den Vereinten Nationen eine neue Gesamtstrategie für die finan- zielle Unterstützung des Nahost-Frie- densprozesses und insbesondere für die weitere Zusammenarbeit mit der Palästinensischen Autonomiebehör- de zu entwerfen. Diese wäre dringend nötig, da der bisher eingeschlagene Kurs, der sich auf ein nahezu blindes Vertrauen in die PA und ihren Vorsit- zenden, Yasser Arafat, stützt, mittler- weile politisch untragbar geworden ist.

Wenn es der Europäischen Union gelingt, ihre weit reichenden Erfah- rungen im Bereich der Stabilisie- rungs- und Kooperationspolitik sowie der Konfliktprävention, mit denen sie in anderen Teilen der Welt bislang sehr erfolgreich war, in eine gemeinsame transatlantische Initiati- ve einzubringen, dann kann sie zu einem der wichtigsten Akteure im Nahost-Friedensprozess werden. Vor allem gemeinsam mit den USA muss der Druck auf die Führung Israels und der PA erhöht werden.

Die guten Beziehungen Europas zur arabischen Welt und die traditio- nell engen Beziehungen der Vereinig- ten Staaten zu Israel bieten dafür eine gute Voraussetzung. Sollte die Euro- päische Union allerdings weiterhin im Konflikt mit der USA Arafat uneinge- schränkt und unkonditioniert ali- mentieren, läuft sie Gefahr, die Erfolge ihrer noch jungen Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zu dis- kreditieren.

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