V A R I A
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A2260 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 34–35⏐⏐28. August 2006
Nach Auffassung des Oberver- waltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen können in einem Wohnhaus, das in ei- nem reinen Wohngebiet liegt, eine oder mehrere Wohnun- gen ausschließlich für freie oder ähnliche Berufe genutzt werden, solange das Haus nicht durch eine überwiegend berufliche Nutzung dem Woh- nen entfremdet wird. Letzt- lich ist aber immer eine Be- wertung aller Einzelfallge- sichtspunkte erforderlich. Im entschiedenen Fall wurde um die Baugenehmigung zur Er- richtung einer Arztpraxis im Kellergeschoss eines Wohn- hauses gestritten. Das Ver- waltungsgericht lehnte den Antrag eines Nachbarn ab, die Genehmigung zu versa-
gen. Es stellte klar, dass die freiberufliche Nutzung von Mehrfamilienhäusern, die in einem reinen Wohngebiet lie- gen, nicht mehr als die halbe Anzahl der Wohnungen und nicht mehr als 50 Prozent der Wohnfläche in Anspruch neh- men darf. Entscheidend kom- me es darauf an, dass der spe- zifische Gebietscharakter auch für das einzelne Gebäude pri- vat bleibe.
Die Nutzung des Kellerge- schosses sei zulässig, da das Gebäude insgesamt nicht als gewerblich genutztes Haus erscheine, sodass die obigen Grundsätze gewahrt bleiben.
Auch führe die Einrichtung der Praxis nicht zu einem steigenden Kraftfahrzeugver- kehr und damit zu einer Ge- bietsunverträglichkeit dieses Vorhabens. Denn von der Praxis gingen keine Belästi- gungen aus, die nach der Ei- genart des Baugebiets dort selbst oder in seiner Umge- bung unzumutbar seien. (Be- schluss vom 5. September 2005, Az.: 10 A 3511/03) Be
Belegärzte haften gemeinsam
Kriterien für Gemeinschafts- praxis waren anwendbar.
Belegärzte, die in einer Ge- meinschaftspraxis organisiert sind und gemeinschaftlich auf- treten, haften gesamtschuld- nerisch für die Geburtsschä- den eines Kindes. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.
Diese Beurteilung lässt sich aus den Grundsätzen ablei- ten, die der BGH zur Haf- tung im Rahmen der ärztli- chen Gemeinschaftspraxis ent- wickelt hat. Sie gelten nicht nur in der ambulanten ärzt- lichen Versorgung, sondern sind auch auf Belegärzte an- wendbar.
Eine bestimmte Rechtsform für das kooperative Beleg- arztwesen hat der Gesetzge- ber nicht vorgeschrieben. Ent- spricht die Belegärztegemein- schaft den Kriterien, die für eine Gemeinschaftspraxis auf-
gestellt worden sind, so fin- den deren Haftungsregelun- gen Anwendung.
Im konkreten Fall hatten sich die Ärzte vertraglich als Belegärztegemeinschaft orga- nisiert und vereinbart, dass al- le durch ihre klinische Arbeit anfallenden Honorare auf ein gemeinsames Konto einge- zahlt würden. Diese Einnah- men sollten nachträglich zu gleichen Teilen an alle verteilt werden.An die Mutter des ge- schädigten Kindes wurde die Rechnung unter einem Brief- kopf geschickt, der alle vier Belegärzte namentlich nann- te. Auch die erbrachten ärztli- chen Leistungen während der Behandlung konnten von ei- nem wie von dem anderen Partner erbracht werden. Die- se Form der ärztlichen Be- treuung entspricht nach Auf- fassung des BGH der üb- lichen Arbeitsteilung in ei- ner Gemeinschaftspraxis und folgt somit auch deren Haf- tungsgrundsätzen. (Urteil vom 8. November 2005, Az.: VIZR
319/04) Be
Arztpraxis in Wohnhaus
Reines Wohngebiet wird nicht zweckentfremdet.
Rechtsreport