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Archiv "Zur sozialen Sicherung gehört auch der Katastrophenschutz!" (18.09.1980)

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DEUTSCHE S ÄRZTEBLATT

Ärztliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Zur sozialen Sicherung gehört auch

der Katastrophenschutz!

Der Referentenentwurf für ein Ge- sundheitssicherstellungsgesetz lag zufällig gerade auf dem Tisch (die wichtigsten Bestimmungen sind nebenstehend zusammengefaßt), als im August 1980 eine kleine De- legation der Bundesärztekammer, begleitet von einigen deutschen Journalisten, in der Schweiz Zivil- schutz- und Sanitätseinrichtungen besichtigte. So wurde ein schlag- lichtartig erhellender Vergleich möglich: in der Bundesrepublik Deutschland bisher erst ein Rah- men- und Organisationsgesetz in Planung, bei dem schon der Ver- such, Vorbereitungen auf einen Verteidigungsfall auch für den zivi- len Katastrophenschutz nutzbar zu machen, im Kompetenzwirrwarr zwischen Bund und Ländern hän- genbleiben dürfte — in der Schweiz ein geschlossenes Konzept, Tau- sende von Bunkern und eine halbe Million Mann auf der starken Basis der freiwilligen Zusammenarbeit al- ler Verwaltungsebenen und der Mo- tivation durch den Selbstschutzge- danken. Oder, anders ausgedrückt:

hierzulande 30 Pfennig im Jahr pro Einwohner für einen

Plan

„zur An- passung des Gesundheitswesens an besondere Anforderungen eines Verteidigungsfalles" — dort: ein umfassender

Schutz

der gesamten Bevölkerung für die denkbar größte Katastrophe, und dieser für jährlich nur 50 Franken pro Bürger.

Kurz vor Ablauf der Legislaturperiode hat das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit doch noch einen Referentenent- wurf für ein Gesundheitssicherstellungsgesetz (GesSG) fertiggestellt und zur Stellungnahme an beteiligte und interessierte Organisatio- nen versandt. Damit ist man der Erfüllung einer seit vielen Jahren bestehenden Forderung der Ärzteschaft und anderer Kreise der Öffentlichkeit, endlich eine gesetzliche Grundlage für die Sicherstel- lung der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung in einem Verteidigungsfall zu schaffen, ein kleines Stück näher gekommen.

In der Begründung zu dem Referentenentwurf wird deutlich auf ein Manko hingewiesen, wenn es heißt: „Ganz wesentlich hängt die Erreichung dieses Zieles" — Sicherung von Gesundheitsschutz und Gesundheitsversorgung der Bevölkerung — „davon ab, in welchem Umfang es gelingt, durch Schutzraumbau, Selbstschutz des Bür- gers, rechtzeitige Warnung und Aufenthaltsregelungen, ausrei- chende Erste Hilfe am Schadensort und raschen Abtransport Ver- letzter in die stationäre und ambulante Versorgung, gesundheitliche Schädigungen der Bevölkerung in Grenzen zu halten." Vergleiche mit dem Ausland (lesen Sie auch die nachstehende Reportage über Zivilschutz- und Sanitätseinrichtungen in der Schweiz) unterstrei- chen die Feststellung, daß der „Umfang", in dem es hierzulande bisher durch Schutzraumbau und Selbstschutz des Bürgers gelin- gen kann, gesundheitliche Schädigungen der Bevölkerung in Gren- zen zu halten, geradezu erbärmlich genannt werden muß!

Gerade die Ärzteschaft hatte auch immer wieder darauf hingewie- sen, daß von einem Gesundheitssicherstellungsgesetz des Bundes positive Auswirkungen auf die den Ländern vorbehaltenen Regelun- gen zum Katastrophenschutz ausgehen könnten. Es wird sich zeigen müssen, ob hier noch Verbesserungen möglich sind.

Im einzelnen sieht der Entwurf vor, zur „Mitwirkung" als Personen nur Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker zu verpflichten, im übrigen aber die Träger von Einrichtungen, die der gesundheitli- chen Versorgung dienen oder im Notfall dienen können. Verpflichtet wären alle Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker, die berechtigt sind, den betreffenden Beruf in der Bundesrepublik Deutschland

Heft 38 vom 18. September 1980 2213

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Katastrophenschutz

auszuüben (ausgenommen ledig- lich Angehörige der Bundeswehr).

Für diesen Personenkreis soll zu- dem auch eine spezielle Fortbil- dungspflicht eingeführt werden, für deren Durchführung die Be-

rufsvertretungen Sorge zu tragen hätten.

Das größte Reservoir an zusätzli- chem Personal, das in einem Ernstfall zur Verfügung stehen könnte, bilden — abgesehen von Freiwilligen — insbesondere weib- liche Angehörige der Gesund- heitsberufe, die ihren Beruf nicht ausüben. Nach dem Referenten- entwurf soll eine Meldepflicht für alle Personen eingeführt werden, die in einem Beruf des Gesund- heits- oder des Veterinärwesens ausgebildet sind und diesen Beruf nicht ausüben.

Sowohl die Krankenhäuser wie auch die Kassenärztlichen Vereini- gungen können dazu aufgefordert werden, Einsatzpläne für den Ver- teidigungsfall aufzustellen. Die

„zuständige Behörde" (die in dem Entwurf noch nicht im einzelnen definiert ist) kann hierzu auch Auf- lagen erteilen.

Was die ambulante Versorgung angeht, so sieht der Gesetzent- wurf für Ärzte, Zahnärzte, Tierärz- te und Apotheker, die ihren Beruf in eigener Praxis oder Apotheke ausüben, die Verpflichtung vor, diese Einrichtung im Verteidi- gungsfall aufrechtzuerhalten und darin ihren Beruf auszuüben. Wei- terhin soll die zuständige Behörde auf Anforderung der Kassenärztli- chen Vereinigung wehrpflichtigen Ärzten oder Ärztinnen bis zum 55.

Lebensjahr die Zulassung zur kas- senärztlichen Versorgung erteilen oder nicht berufstätige Ärzte ver- pflichten können, eine Arztpraxis zu übernehmen.

Im Einvernehmen mit der Kassen- ärztlichen Vereinigung würde die zuständige Behörde im Verteidi- gungsfall auch einem selbständig tätigen Arzt das Recht zuerkennen können, Ärzte im Angestelltenver- hältnis zu beschäftigen. gb

„30 km von Verdun entfernt konn- te man im Ersten Weltkrieg in aller

Ruhe das Regimentssilber reini- gen", erklärt der Ortschef des Zi- vilschutzes in Biel (Kanton Bern) am Beginn seiner Ausführungen über den Zivilschutz in seiner Stadt. Und dann legt er eine Folie auf: eine Kartenskizze Mitteleuro- pas mit einem großen Kreis. Mittel- punkt ist die Zentralschweiz, der Radius die Strecke, die ein Flug- zeug mit doppelter Schallge- schwindigkeit in zehn Minuten zu- rücklegt. Der Kreis läuft durch Pa- ris, Köln, Prag, Zagreb, Korsika.. . Auf solche Weise versucht der Schweizerische Zivilschutz der Bevölkerung die extrem kurzen Vorwarnzeiten anschaulich zu ma- chen. Andere Darstellungen zei- gen die Änderungen im Bedro- hungspotential: das Verhältnis von getöteten Soldaten zu getöte- ten Zivilisten betrug im Ersten Weltkrieg noch 20:1, im Zweiten Weltkrieg bereits 1:1, in Vietnam 1:20; in einem Nuklearkrieg muß mit 1:100 und mehr gerechnet werden.

Oder: bemißt man das „Vernich- tungspotential" des konventionel- len Infanteristen jeweils in Gramm, das der Artillerie in Kilogramm, so liegen als bildhafte Darstellung die

„Prise" und die „Handvoll" nahe—

im gleichen Maßstab wären die im Nuklearkrieg zu erwartenden Kilo- und Megatonnen als „mehrstöcki- ges Wohnhaus" und „Gebäude- blöcke" darzustellen. Gegen sol- che Gefahren hat der Ortschef von Biel seine 55 000 Mitbürger zu schützen. „Schützen" ist hier ganz wörtlich zu nehmen. Denn die seit 1971 geltende Zivilschutz- konzeption der Schweiz (seit 1973 Teil der sogenannten Gesamtver- teidigungskonzeption) besagt

ausdrücklich, daß die drei Aufga- ben des Zivilschutzes — Schützen, Retten, Betreuen — dann am menschlichsten und am wirt- schaftlichsten zu lösen sind, wenn dem Schützen der Vorrang einge- räumt wird und nicht, wie in frühe- ren Konzepten, dem Retten. Denn, so die heutige Argumentation: die Aufgabe, Opfer aus einer unge- schützten Bevölkerung zu retten und zu heilen, ist nicht zu bewälti- gen; aber je besser die Bevölke- rung geschützt ist, desto weniger braucht man zu retten — dabei ge- steht man realistischerweise zu, daß ein absoluter Schutz nicht möglich sein kann; er wird auch gar nicht erst angestrebt.

Um den Forderungen jener Kon- zeption für seine 55 000 Bieler nachzukommen, steht dem Orts- chef zunächst einmal Personal zur Verfügung, dessen Zahl für deut- sche Ohren unglaublich klingt: in Friedenszeiten ständig zehn hauptamtliche Mitarbeiter; im Ernstfall nicht weniger als 4500 Mann. Das sind etwa acht Prozent der Einwohner der Stadt, und die- se Zahl ergibt sich im Durch- schnitt für das ganze Land aus dem schweizerischen Wehr- pflichtsystem. Obwohl die Schweiz im Kriegsfall mit zehn Prozent der Bevölkerung relativ mehr Männer unter Waffen stellen kann als jeder andere Staat außer Israel, nämlich 650 000 Mann, kommen dazu noch einmal rund 500 000 Männer plus 75 000 weib- liche Freiwillige für den Zivil- schutz.

Denn zivilschutzdienstpflichtig ist jeder, der im Alter von 51 Jahren (Offiziere: 55 Jahre) aus der allge- meinen Wehrpflicht entlassen wird, bis zum vollendeten sechzig- sten Lebensjahr. Hinzu kommen

Die Schweiz ist gut vorbereitet

Studienreise der Bundesärztekammer-Delegation zu einer Sanitätseinrichtung des Zivilschutzes

2214 Heft 38 vom 18. September 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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