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Archiv "Todesnachrichten: Mitgefühl zeigen" (27.08.2001)

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Academic year: 2022

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ielfach bleibt nur Hilflosigkeit:

Wenn Ärzte, Altenpfleger, Prie- ster oder Polizeibeamte Men- schen über den Tod eines nahen Ver- wandten oder Freundes informieren müssen, könnte die psychische Bela- stung auf allen Seiten kaum größer sein.

Das zeigt eine neue Studie der Uni- versität Dortmund. „Trotz jahrelanger Erfahrung“, heißt es in dem von dem Psychologen Frank Lasogga initiierten Projekt, „kann man

sich an diese Aufga- be wohl nie gewöh- nen.“ Für die Dort- munder Studie wur- den 171 Überbrin- ger und 47 Empfän- ger solcher Hiobs- botschaften über ih- re Erfahrungen be- fragt.

Die Untersu- chung zeigt, wie schmal der Grat des richtigen Verhaltens für den Überbrin- ger ist: Einerseits schätzen Überbrin- ger von Todesnach- richten „Oberfläch-

lichkeit“, „Gefühlskälte“ und „zu viel Routine“ als zentrale Fehler ein. Doch gleichzeitig werten zahlreiche Empfän- ger es als sehr positiv, wenn Überbrin- ger Sicherheit und Ruhe und nicht zu viele Emotionen ausstrahlen.

Klar wird: Von solchem Verhalten hängt viel ab. „Wird eine Todesnach- richt unangemessen überbracht, kann das zu einer zusätzlichen Traumatisie- rung der Empfänger führen“, heißt es in der Studie. Fest steht aber auch: For- schungen darüber, wie Todesnachrich- ten optimal überbracht werden können,

gibt es kaum – und kann es auch kaum geben, weil Reaktionen der Empfänger sehr individuell geprägt sind.

Dass 96 der befragten Überbringer von Todesnachrichten erklärten, die Empfänger hätten vor allem traurig, entsetzt oder fassungslos reagiert, kann kaum verwundern. Die Dortmunder Wissenschaftler stellten aber auch das genaue Gegenteil fest: 36 der 171 Be- fragten hatten in einer solchen Situati- on erlebt, wie Angehörige und Freunde die Nachricht „nüchtern, gefasst oder gelassen“ aufnahmen und gleich über technische Details wie Todesanzeigen oder Beerdigungstermine zu reden be- gannen. In elf Fällen konnten Empfän- ger die Nachricht überhaupt nicht be- greifen. Zu einem völligen Zusammen- bruch, so die Dortmunder Wissenschaft- ler, kommt es auch bei ganz überra- schenden Todesnachrichten nur selten.

Völlig unterschiedlich waren auch die körperlichen Reaktionen der Emp- fänger: In 16 von 171 Fällen reagier- ten die Informier- ten ausgesprochen lethargisch oder apa- thisch. 21 wurden wütend und hyste- risch, ein Teil rich- tete seine Aggres- sionen auch direkt auf den Überbrin- ger der Nachricht.

Eine andere Form der „Erregungsab- fuhr“ zeigten laut Studie vier von 171 Fällen: Sie äußerten sich durch „über- steigerten Aktionis- mus oder Rede- fluss“, wollten sofort etwas unter- nehmen oder dem Überbringer alles Mögliche über den Verstorbenen er- zählen.

Trotz aller Unsicherheiten und in- dividuellen Reaktionsmuster: Lasogga hat einige Regeln für das Überbrin- gen von Todesnachrichten aufgestellt:

„Mangelnde Zeit scheint das eindeutig größte Problem zu sein“, stellte er fest.

Zuhören, die Betroffenen sprechen las- sen und selbst eher schweigen, aber Mitgefühl zeigen, lautet eine weitere

Regel. Christoph Arens

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A2164 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 34–35½½½½27. August 2001 T H E M E N D E R Z E I T

Todesnachrichten

Mitgefühl zeigen

Ergebnisse einer Studie der Universität Dortmund

Notfallseelsorger unterstützen nicht nur Hinterbliebene, sondern auch die Überbrin- ger von Todesnachrichten.

Foto: epd

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