NAC HERNTETEC H NOLOGIE
Gerhard Wormanns, Potsdam-Bornim
Qualitätssicherung von Kartoffeln im Nacherntebereich
Das Problem der Schwarzfleckigkeil und Maßnahmen zu ihrer Vermeidung
Die Vermeidung schwarzfleckiger Kartoffeln ist ein Problem, welches seiner Komplexität wegen noch im
mer hohe Anforderungen sowohl an den Erzeuger als auch an die Wis
senschaft stellt. Für den Verbrau
cher ist es der schwerwiegendste Kartoffelmangel, weil er im Gegen
satz zu anderen Qualitätsmängeln häufig auftritt und erst nach dem Kauf erkennbar wird.
Auslöser der Schwarzfleckigkeif sind innere Beschädigungen infol
ge mechanischer Belastungen der Knollen. Schwerpunkt aller Maß
nahmen der Qualitätssicherung ist das rechtzeitige Erkennen der Empfindlichkeit einer Kartoffel
partie und das Vermeiden zu hoher mechanischer Belastung kalter Kartoffeln während der Ernte, der Aufbereitung und der Vermarktung.
Dr. a g r. Gerhard Warmanns ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Technik der Aufberei
tung, Lagerung und Konservierung am I nstitut für Agrartechnik Born im e. V., Max-Eyth-AIIee 1 00, 14469 Potsdam-Bornim (Wiss. Direktor: Prof. Or.-lng.
Jürgen Zaske}, e-mail: gwormanns@atb-potsdam.de
Schlüsselwörter
Kartoffeln, Uualitätskontrolle, Uualitätssic herung, Schwa rzfleckigkeit
Keywords
Potatoes, quality assura n ce, quality control, black spot disease
2 1 0
D
ie rückläufige Tendenz beim Verzehr von Frischkartoffeln ist auch durch die teils schlechte Qualität der im Handel angebotenen Kartoffeln begründbar. Ob der Kun
de schwarzfleckige Kartoffeln gekauft hat, erfährt er erst beim Schälen der Kartoffeln.
Ihm bleibt dann nur noch das Verwerfen der grau, blau oder schwarz verfärbten Kartof
felanteile.
Bei einer im November 1 998 an läßlich der 1 . Brandenburger Kartoffeltage in Potsdam durchgeführten Kundenbefragung gaben über 60% der Befragten an, dass die Schwarzfleckigkeit der für sie schwerwie
gendste Kartoffelmangel ist (Bild 1). Eine Qualitätsverbesserung ist dringend geboten.
Das Problem der Schwarzfleckigkeif für den Qualitätskontrolleur
In Deutschland erzeugte oder erstmalig in den Verkehr gebrachte Kartoffeln unterlie
gen den Bestimmungen der Handelsklassen
verordnung. Danach dürfen Kartoffeln mit starker Schwarzfleckigkeit nicht gehandelt werden. Eine Kartoffelknolle wird als stark schwarzfleckig angesehen, wenn die Verfär
bung tiefer als 5 mm in das Knollenfleisch eindringt, oder auf der geschälten Knolle die Summe der noch sichtbaren Verfärbungen mehr als 2 cm2 beträgt [1].
Schwarzfleckigkeil
g
Fäulnis.!!!
,g Grünfärbung -@l
c Beschädigungen
� !! " Schorf
"'
c .. Sortengemische ::e
sonstige Mängel
0 1 0 20
Das eigentliche Problem für den Qua
litätskontrolleur liegt in der zeitlichen Ent
wicklung der Schwarzfleckigkeit (Bild 2).
Eine Kartoffelpartie, die den Vermarktungs
betrieb ohne netmenswerte Scbwarzfleckig
keitsanteile verlässt - obwohl sie während der Aufbereitungs- und Vermarktungspro
zesse unsachgemäß behandelt wurde - kann wenige Tage danach im Handel stark schwarzfleckig sein. Besteht der Verdacht ei
ner solchen Qualitätsverschlecbterung, soll
ten Rückstellproben gezogen, versiegelt und nach einer Woche von den B etroffenen ge
meinsam ausgewertet werden.
Das Probleme der Schwarzfleckigkeif für den Erzeuger
Ein rationelles Ernten, Lagern undAufberei
ten von Kartoffeln ohne deren mechanische Belastung ist in der heutigen Landwirtschaft undenkbar. Trotzdem sind dem Erzeuger verschiedene Möglichkeiten gegeben, den Vermarktungsbetrieben oder dem Handel von Schwarzfleckigkeit freie Kartoffeln an
zuliefern. Die Vielzahl pflanzenbaulicher und verfahrenstechnischer Möglichkeiten hat der Verband der Kartoffel-, Lager-, Ab
pack- und Schälbetriebe e. V. (KLAS-Ver
band) auf seiner 6. Jahrestagung 1 996 in Potsdam-Bornim aufgezeigt [2].
62,9
n = 245
30 40 50 [%] 70
Anteil Antworten I amountofanswers
Bild 1: Kartoffelmängel, die den Kunden stören (Ergebnisse einer Kundenbefragung in Potsdam) Fig. 1: Potato deficiancies which bother the customers most (result of an interview in Potsdam)
54. J a h rgang LANDTECHNIK 4/99
Bild 2: Zeitliche Ausprä
gung der Schwarz
fleckigkeit nach gezie/
ter mechanischer Belastung
0 �---�---,---�
() [d] 1 2
Tage nach der mechanischen Belastung days after mechanical stress
Fig. 2: Course of b/ack spot disease deve/op
ment after mechanical stress
1 00 [%]
Kartoffelbelastung f tuber sfrass:
Belastungszeit I stressing time [s]
Gesamtbelastung I total stress force [k] = 11
Kartoffeltemperatur bei der mechanischen Belastung Tuber temperature during mechanical stress
N 12,2'C
Bild 3: Ausprägung der Schwarzfleckigkeit gezielt mechanisch belasteter Kartoffeln in Abhängigkeit von der Sorte, der Kartoffeltem
peratur und der Höhe der mittleren Stoßkraft Fig 3: Degree of black spot disease of mecha
nical/y stressed potatoes depending an variety.
temperature oftubers and mean push force
80 Schwarzfteckigkeitsanteil
an der Schnittfläche:
70 amount of b/ack spot
60 disease at cut end:
Bild 4: Streuung des Anteils schwarzfleckiger Knollen innerhalb einer Kartoffelprobe bei gleicher mechanischer Belastung
50 I!!IJ >20%
SJ>1 5 20%
40 0>10. 1 5%
30 L]>5_10%
20 0>0 ... 5%
10
233 1 96 55 10,8
1 67 146 Anzahl Stöße [n] number of pushes
Fig. 4: Variation of the amount of black spotted tubers within a potato sample, exposed to the same mechanica/ stress
48 67 77 mittl. Stoßkraft [N] mean push force
1 1 , 1 1 1 ,2 1 1 ,3 Gesamtstoßkraft [kN] total puth force
Die Empfindlichkeit der Kartoffeln ge
genüber mechanischer Belastnng ist stark sortenbedingt Um zu verdeutlichen, wie un
terschiedlich einzelne Kartoffelsorten auf die gleiche mechanische Belastung reagie
ren, wurden im ATB Kartoffeln gleicher Herkunft (Versuchsstation Thyrow der Hum
boldt-Universität Berlin) mit einem Belas
tungssimulator [3] gezielt durch Stöße belas
tet, deren Intensität mit der im ATB ent
wickelten Druckmesskugel PMS-60 [4]
jeweils gemessen wurde (Bild 3). Neben den sehr deutlichen Sortenunterschieden ist in allen Varianten erkennbar, dass wärmere Kartoffeln viel unempfindlich reagieren.
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Für die technisch-technologische Gestal
tung von Aufbereitnngs- und Vermarktnngs
anlagen ergeben sich aus den dargestellten Ergebnissen der Belastungssimulation:
• Bei gleicher Belastungssumme steigt der Schwarzfleckigkeitsanteil mit der mittle
ren Stoßkraft. Damit sind wenige stärkere Stöße schädlicher als eine größere Anzahl kleiner Stöße.
• Auch kleinere Stöße (Variante mit 48 N mittlerer Stoßkraft) können zu schwarz
fleckigen Kartoffeln führen.
Das Problem der Schwarzfleckigkeit für die Wissenschaft
Die Wissenschaft beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren mit dem komplexen Pro
blem der Vermeidung von Schwarzfleckig
keit. Es konnten viele Einzelfragen geklärt werden, die praktische Schlussfolgerungen ftir die Vermeidung schwarzfleckiger Kar
toffeln zulassen. Bisher ist j edoch nicht der Nachweis gelungen, warum Kartoffeln glei
cher Sorte, Herkunft und Knollentemperatur bei identischer Belastnng in einem Belas
tnngssimulator eine sehr unterschiedliche Ausprägung der Schwarzfleckigkeit zeigen.
Während bei einzelnen Knollen eine Schwarzfärbung völlig ausbleibt, ist bei an
deren die Schnittfläche gevierteilter Knollen über 20% verfärbt (Bild 4). Um bessere In
formationen über die Ursache dieser unter
schiedlichen Reaktionen zu erhalten, werden im ATB trotz des höheren Aufwandes die In
haltsstoffe von Einzelknollen und nicht von Mischproben untersucht.
Unter den 1 5 für die Einzelknollenunter
suchung ausgewählten Einflussfaktoren haben sich bei den multiplen Regressionen bisher neben den Belastnngsfaktoren (maxi
male Stoßkraft, Anzahl der Stöße, Gesamt
belastung) die Knollentemperatnr und ein
zelne Inhaltsstoffe (Stärke, Kalium, Calci
um, Rohasche) als signifikant erwiesen. In einem Verbundprojekt mit anderen For
schungseimichtnngen sollen künftig weitere potentielle Einflussfaktoren untersucht wer
den. Hierüber wird zu einem späteren Zeit
punkt zu berichten sein.
Literatur
Bücher sind mit • gezeichnet
[1] • Leitfaden für die Qualitätskontrolle bei Speise
kartoffeln. H rsg.: Arbeitskreis Qualitätskontrolle bei Obst, Gemüse und Speisekartoffeln des Verbandes der Landwirtschaftskammern.
Rheinischer Landwirtschafts-Verlag Bann, 3.
Auflage, 1 995
[2] -: Wege zur Verbesserung der Kartoffelqualität d urch Verminderung der mechanischen Bean
spruchung. Born im er Agrartechnische Berichte, Heft 1 3, 1 997
[3] Wormanns, G.: Untersuchung der Schwarzfleckig
keit - die gezielte mechanische Belastung von Ka rtoffelproben. in: Qualitätssicherung und Direktvermarktung. Bornimer Agrarte c hnische Berichte, Heft 8, 1 996, S. 1 61 - 1 82
[4] Herold, 8., G. Siering und I Truppe/: Messverfa hren für die mechanische Belastung von Zwiebeln, Äpfeln und Kartoffeln im Produktionsverfahren.
in: Bornimer Agrartechnische Berichte, Heft 8, 1 996, S. 1 1 5 - 1 34
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