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Die Vertikalentwicklung retinierter und verlagerter Zähne der 2. Dentition nach Zystostomie und -ektomie

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(Direktor: Prof. Dr. R. Schwestka-Polly) des Zentrums Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde

der Medizinischen Hochschule Hannover

Die Vertikalentwicklung

retinierter und verlagerter Zähne

der 2. Dentition nach Zystostomie und -ektomie

Dissertation

zur Erlangung des Doktorgrades der Zahnheilkunde in der Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von Andreas Bennewitz aus Frankfurt an der Oder

Hannover 2015

(2)

Angenommen vom Senat der Medizinischen Hochschule Hannover am 21.01.2015

Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover

Präsident: Prof. Dr. med. Christopher Baum

Betreuer der Arbeit: Prof. Dr. med. dent. Rainer Schwestka-Polly

Referent: Prof. Dr. med. dent. Frank Tavassol

Korreferent(en): Prof. Dr. rer. nat. Claudia Grothe Tag der mündlichen Prüfung: 21.01.2015

Promotionsausschussmitglieder: Prof. Dr. Harald Tschernitschek Prof. Dr. Matthias Fink

PD Dr. Björn Jüttner

(3)

Für Anna, Paul und Marlen

(4)

I

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ………..1

1.1. Zahnentwicklung, Vertikaleinstellung und Durchbruch von Zähnen ……..………1

1.2. Retention und Verlagerung von Zähnen …...………...5

1.3. Chirurgische Freilegung und Einordnung retinierter Zähne ………7

1.4. Odontogene Zysten ………..………...……….9

1.5. Chirurgische Therapie odontogener Zysten ………...12

2. Fragestellung ………..15

3. Patienten und Methode ...….………...………...16

3.1. Patienten ... 16

3.2. Methode………..16

3.2.1. Panoramaschichtaufnahmen: Aufnahmen, Auswertung, Reproduzierbarkeit……...16

3.2.2. Projektionsfehlerkorrektur Panoramaschichtaufnahmen …..………19

3.2.3. Zystenausdehnung ...………..20

3.2.4. Fernröntgenseitenbilder: Aufnahmen, Auswertung, Reproduzierbarkeit ...………..21

3.2.5. Histologische Präparate ... 23

3.2.6. Statistische Analyse der Messergebnisse ...…………...………...…...23

4. Ergebnisse ... 24

4.1. Patientendaten und –befunde der gesamten Gruppe ... 24

4.2. Ergebnisse Panoramaschichtaufnahmen ... 27

4.2.1. Kurvenanpassung: Panoramaschichtaufnahmen, gesamte Gruppe ...………27

4.2.2. Regressionsanalyse: Panoramaschichtaufnahmen, gesamte Gruppe ...……….28

4.2.3. Zystenausdehnung in den Panoramaschichtaufnahmen ...……….29

4.3. Ergebnisse Fernröntgenseitenbilder ... 31

(5)

4.3.1. Kurvenanpassung: Fernröntgenseitenbilder, gesamte Gruppe ...………..31

4.3.2. Regressionsanalyse: Fernröntgenseitenbilder, gesamte Gruppe ...………32

4.4. Patientendaten und –befunde der einzelnen Patienten ... 33

4.4.1. Patientendaten und -befunde Patient T.T. (Nr. 1) ...………... 34

4.4.2. Patientendaten und -befunde Patient M.G. (Nr. 2) ...………. 39

4.4.3. Patientendaten und -befunde Patient D.B. (Nr. 3) ...……… 44

4.4.4. Patientendaten und -befunde Patient S.E. (Nr. 4) ...………..………... 48

4.4.5. Patientendaten und -befunde Patient D.R. (Nr. 5) ...……...………...…….. 53

4.4.6. Patientendaten und -befunde Patient O.M. (Nr. 6) ...……...………...………. 59

4.4.7. Patientendaten und -befunde Patient G.H. (Nr. 7) ..…….………..…….. 65

4.4.8. Patientendaten und -befunde Patient M.D. (Nr. 8) ...………..……. 67

4.4.9. Patientendaten und -befunde Patient M.S. (Nr. 9) ..……….………….73

5. Diskussion ………...79

5.1. Diskussion von Patienten und Methode ...………..79

5.1.1. Kriterien zur Aufnahme in die Studie ...………79

5.1.2. Bildgebende Diagnostik, Vermessung und Datenauswertung ..….………...…79

5.2. Diskussion der Ergebnisse ...………..85

5.2.1. Retention und odontogene Zysten ..………..…85

5.2.2. Chirurgische Therapien von Zysten und Freilegungstechniken retinierter Zähne ....85

5.2.3. Diskussion der Kasuistiken ..……….………88

6. Zusammenfassung ..……….………...90

7. Literaurverzeichnis ...……….92

8. Erklärung ...………..……….105

9. Danksagung ...………...106

10. Lebenslauf ..……….………107

(6)

Einleitung

1. Einleitung

1.1. Zahnentwicklung, Vertikaleinstellung und Durchbruch von Zähnen

Das Gebiss des Menschen weist unterschiedliche Zahnformen in den für Mammalia typischen zwei Dentitionen auf, nämlich die 1. Dentition mit den Dentes decidui, genannt „Milch- zähne“, und die 2. Dentition mit den Dentes permanentes, „bleibende Zähne“. Nach Beginn der Zahnentwicklung im zweiten Embryonalmonat brechen die mittleren Schneidezähne der 1. Dentition bereits zwischen dem sechsten und achten Lebensmonat durch. Mit dem Durch- bruch bzw. der okklusalen Einstellung der 2. Molaren etwa zwischen dem 24. und 30.

Lebensmonat ist die 1. Dentition mit jeweils zwei Schneidezähnen, einem Eckzahn und zwei Molaren pro Kieferquadrant vollständig (Abb. 1).

Abb. 1: Anatomische Schemazeichnung des Gesichtsschädels mit der vollständigen 1. Dentition ( ) und den sich entwickelnden Ersatz- und Zuwachszähnen der 2. Dentition ( ). Die Zeichnung veranschaulicht gut die beengten räumlichen Verhältnisse und den horizontalen und vertikalen Staffelstand der Frontzahnkeime.

(Aus: Stöckli und Ben-Zur, 1994, S. 42)

Die 2. Dentition beginnt etwa ab dem sechsten Lebensjahr mit dem Durchbruch der 1. Molaren oder 6-Jahr-Molaren, die sich als so genannte Zuwachszähne der Zahnreihe der 1. Dentition anschließen (Tränkmann 1977). Dieses Alter markiert auch den Beginn der ersten oder frühen Wechselgebissphase, die nach etwa zwei Jahren mit dem Zahnwechsel der Schneidezähne abgeschlossen ist (Abb. 2). Nach einer etwa eineinhalb bis zweijährigen Ruhephase findet in der zweiten oder späten Wechselgebissphase der Zahnwechsel in den Stützzonen, definiert als Raum distal des bleibenden seitlichen Schneidezahns (2er) bis mesial

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des ersten bleibenden Molaren (6er), statt. Die Eckzähne der 1. Dentition werden durch die der 2. Dentition ersetzt, während an die Stelle der Molaren der 1. Dentition die Prämolaren treten. Mit dem Durchbruch und der anschließenden okklusalen Einstellung der 2. oder 12- Jahr-Molaren bzw. der 3. Molaren oder Weisheitszähnen zwischen dem 18. und 25.

Lebensjahr ist die Einstellung der 2. Dentition abgeschlossen.

Abb. 2: Frühes Wechselgebiss in der Panoramaschichtaufnahme des Patienten T.T. (Nr.1). Das Röntgenbild zeigt die aus den Eckzähnen und Molaren der 1. Dentition bestehenden vollständigen Stützzonen (bespielhaft im 2. Quadranten mit markiert) und alle Zuwachs- und Ersatzzähne der 2. Dentition ( ).

Sowohl die Entwicklung der Zähne der 1. Dentition als auch die der 2. Dentition geht mit einer ständigen Remodellierung der Alveolarfortsätze einher. Die Vertikalentwicklung der Zähne und damit auch der Alveolarfortsätze ist nach okklusaler Einstellung der Zähne der 2. Dentition mit dem 2. Dezennium noch nicht abgeschlossen, sondern scheint bis ins mittlere Erwachsenenalter anzuhalten (Darling et al. 1975, Mazeland et al. 1980).

Die Vertikalentwicklung der Zähne der 2. Dentition erfolgt nicht kontinuierlich. So ist beispielsweise ein prä- und posteruptiver Spurt nachgewiesen (Steedle und Proffit 1985).

Erstgenannter soll als sogenannte präfunktionelle Phase bereits mit der Resorption der Lamina dura einsetzen (Fränkel und Falk 1967). Ist die koronale Mineralisation bei den Ersatzzähnen abgeschlossen, beginnt die Resorption der Wurzel des jeweiligen Zahnes der 1. Dentition.

Dieser verliert schließlich seinen Halt, und mit der weiteren Vertikalentwicklung des Zahnes

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Einleitung der 2. Dentition entsteht neuer Knochen, der den Alveolen und den bleibenden Zähnen in Form und Größe angepasste Alveolarfortsätze bildet.

So wie sich im Schmelzorgan an aneinander gelagerten Epithelscheiden die Bildung von Schmelz (Ameloblasten) und Dentin (Odontoblasten) vollzieht und sich aus dem verdichteten Mesenchym die Zahnpulpa bildet, entstehen aus dem Zahnsäckchen im Bereich der Zahn- wurzel sowohl der Zahnhalteapparat – also Zahnzement (desmale Ossifikation der Zemento- blasten) und Alveolarknochen (desmale Ossifikation) – als auch die Kollagenfaserbündel des Periodontiums (Landsberger 1923, Schroeder 1992). Die Alveolarfortsätze des Ober- und Unterkiefers sind zahnabhängige Strukturen; bei Aplasien entwickeln sie sich nicht, nach Zahnverlust bilden sie sich wieder zurück (Landsberger 1911). Während sich Zahn und Alveolarfortsatz vertikal entwickeln (Brash 1926), ändert das Proliferationszentrum für die Wurzelentwicklung, die Hertwigsche Epithelscheide, seine Lage gewöhnlich nicht.

Die präeruptive vertikale Entwicklung der Zähne – und damit auch die des Alveolarfortsatzes – kann auf vielfache Weise behindert werden. Wird der physiologische Durchbruchszeitpunkt überschritten, kann eine Retention vorliegen. Da die Vertikalentwicklung bzw. der Durch- bruchszeitpunkt eines Zahnes mit seiner Wurzelentwicklung eng korreliert (Steedle und Proffit 1985), können Anzeichen für eine Retention im Röntgenbild erkennbar sein (Tränkmann 1987, 2000).

Die Entwicklung der Zähne der 2. Dentition erfolgt unter äußerst beengten Platzverhältnissen.

Dies gilt weniger für die Zuwachszähne, die aus einer distalen Verlängerung der Milchzahn- leiste entstehen, keine Vorgänger besitzen, aber eine Ersatzzahnleiste bilden, die jedoch keine Zahnkeime hervorbringt (Meyer 1933, Ooë 1981). Die Ersatzzähne treten an die Stelle der Zähne der ersten Dentition, wobei ihre Anlagen lingual der Zahnkeime der ersten Dentition entstehen. Die Lage der Ersatzzähne ändert sich mit zunehmendem Alter. Nach Ausbildung der Zahnkrone wird die Bildung der Zahnwurzel von der Hertwigschen Epithelscheide gesteuert (Hertwig 1920), die ein Proliferationszentrum für die Wurzelentwicklung darstellt (Ooë 1981). Während der Wurzelentwicklung verändert die Hertwigschen Epithelscheide ihre Lage – ausgenommen bei den Schneide- und Eckzähnen – nicht. In dem Maße, wie sich die Wurzel verlängert und die Zahnkrone sich dabei okklusalwärts verlagert, erhöhen sich auch die Alveolarfortsätze (Brash 1927, Baume 1953, Brodie 1942, Kenney und Ramfjord 1969).

Der Zahndurchbruch selbst erfolgt nicht kontinuierlich, sondern in Phasen. Steedle und Proffit, 1985, unterscheiden je einen eruptiven Spurt vor und nach dem Durchtritt des Zahnes

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durch die Gingiva. Mit dem Erreichen der Okklusionsebene endet aber die Vertikal- entwicklung der Zähne und Alveolarfortsätze keineswegs (Darling und Levers 1975, Weinmann 1941). Dieser Prozess hält mindestens bis zum 22. Lebensjahr, bei gesunden Parodontien mit großer Wahrscheinlichkeit bis ins mittlere Erwachsenenalter an (Darling und Levers 1975, Mazeland 1980, Whittaker et al. 1990).

Der Mechanismus des Zahndurchbruchs ist definiert, als ein zeitlich koordinierter und komplexer Prozess, der die Bewegung eines Zahnes vom Ort seiner Entwicklung im Alveolar- fortsatz zu seiner funktionellen Position in der Mundhöhle beschreibt (Massler und Schour 1941). Melcher und Beertsen, 1977; 1983, und Steedle und Proffit, 1985, lokalisierten die treibende Kraft für den Zahndurchbruch im sich entwickelnden Desmodontalgewebe. Vor allem Melcher und Beertsen sind der Ansicht, dass die vorherrschende Kraft für den Zahndurchbruch vor allem von den motilen desmodontalen Fibroblasten ausgeht. Die Eröffnung eines okklusalwärts gerichteten Pfades durch Knochenresorption läuft unabhängig von der Zahnbewegung ab. Experimente haben gezeigt, dass die entscheidenden, koordinierenden Impulse vom Zahnfollikel ausgehen. Ohne Zahnfollikel bleiben Zahn- durchbruch und die durch Knochenresorption gesteuerte Bildung des Leitpfades aus (Cahill und Marks 1980, Marks und Cahill 1984). Heute ist bekannt, dass der Zahnfollikel bei einem ungestörten Zahndurchbruch mit Osteoklasten und Osteoblasten interagiert (Wise und King 2008). Die Knochenresorption ist ein lokalisierter, genetisch determinierter Prozess, der nicht durch den Druck des sich entwickelnden Zahnes ausgelöst wird (Cahill et al. 1988, Wise et al.

2002), sondern durch den Einstrom mononuklearer Zellen in den koronalen Anteil des Zahn- follikels und den gleichzeitigen Anstieg der Osteoklastenzahl im koronalen Drittel der Alveolarkrypten initiiert wird (Marks et al. 1983). Diese Mononuklearzellen besitzen die Eigenschaften von Osteoklasten-Vorläuferzellen und werden für die Ausbildung der Osteo- klasten für die Knochresorption benötigt (Cilinski et al. 1994, Wise und Fan 1989).

Bei Untersuchungen zu primären, familiären, nicht syndromalen Zahndurchbruchstörungen (PFE – primary failure of eruption) konnten Decker et al., 2008, molekulargenetische Er- kenntnisse zu Mutationen am Gen zur Bildung des G-protein-gekoppelten Rezeptors für Parathormon und parathormon-ähnlichem Hormon 1 darstellen. In einer weiteren molekular- genetischen Studie haben Stellzig-Eisenhauer et al., 2010, eine genetischen Ursache für die primäre Durchbruchstörung bei Zähnen der 2. Generation beschrieben. Hier zeigte sich ein Hinweis auf eine autosomal dominaten Vererbungsmodus innerhalb der Familienstamm- bäume über zwei bzw. drei Generationen. Kjaer, 2014, beschreibt eine neue Theorie, in der

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Einleitung der Zahndurchbruch von einer Korrelation von durch den Zahnfollikel geschaffenen Platz für die Vertikalentwicklung, einem sogenannten „Eruptionsdruck“ durch die Innervation der apikalen Wurzelmembran und der Fähigkeit des parodontalen Ligaments (Desmodont) sich an diese eruptiven Bewegungen anzupassen, abhängt. In einer immunhistochemischen Unter- suchung konnten Bastholm Bille et al., 2012, eine Interaktion von Malezzes’schen Epithel- resten und Blutgefäßen in der wurzelabgewandten Seite des parodontalen Ligaments (Desmodont) nachweisen. Daraus schlossen sie die Vermutung, dass eine Störung der Ko- ordination zwischen diesen Blutgefäßen und den Malezzes’schen Epitelresten zu patho- logischen Entwicklungen wie Wurzelresorptionen, Ankylosen und Störungen im Eruptions- prozess beitragen.

1.2. Retention und Verlagerung von Zähnen

Retentionen und Verlagerungen von Zähnen bzw. Zahnkeimen während der Wechselgebiss- phasen sind häufig. Ein Zahn gilt als retiniert, wenn seine Vertikalentwicklung gegenüber der morphologischen Entwicklung, also seiner Wurzelentwicklung, zurückbleibt. Eine Ver- lagerung dagegen setzt definitionsgemäß ein Abweichen vom Durchbruchsweg voraus (Tränkmann 1987). Eine Retention nach dem chronologischen Alter zu definieren (Scheff 1909) wäre nicht weniger problematisch als eine Diagnose, die sich am Durchbruch des kontralateralen Zahnes oder gar am Durchbruch von Zähnen orientiert, die eigentlich späteren Entwicklungsperioden angehören (Hotz 1980). Mit dem Röntgenbild kann entschieden werden, ob ein betreffende Zahn nur „später durchbricht“ (Adloff 1910) oder ob er „im Kiefer eingeschlossen bleibt“ (Mayrhofer 1931, Heckmann 1966). Dieses „Steckenbleiben“ des Zahnes am Durchbruchsort wäre dann, bei tatsächlich fortgeschrittener Wurzelentwicklung, als Retention anzusehen, wohingegen im ersten Falle, also der mit den Worten des Autors

„einfachen Retention“, eine Spätanlage diagnostiziert werden müsste. In diesem Falle ist die Vertikalentwicklung wohl gegenüber einem kontralateralen Zahn oder dem Altersmittel verzögert, entspricht aber seiner gleichermaßen verzögerten Wurzelentwicklung.

Eine Retention kann genetisch dispositioniert sein und im Rahmen von Skelettfehlbildungen und Syndromen auftreten, wie z.B. Gorlin-Golz-Syndrom / Nävoid-Basalzell-Karzinom- Syndrom, Dysostosis acrofacialis oder -cleidocranialis, Goldenhar-, Christ-Siemens- Touraine-, Hallermann-Streiff-, Klippel-Feil-, Romberg-, von der Weide-Syndrom etc.

(Chaput 1960, Gorlin und Goltz 1960). Hinzu kommen enge Keimlage (z.B. primärer

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Frontzahnengstand) oder Platzmangel aufgrund eines primären oder sekundären Engstandes, sowie entzündliche Prozesse. Beim vorzeitigen Verlust eines Zahnes der 1. Dentition kann die resultierende okklusale Knochenbrücke den Durchbruch des Nachfolgers erheblich verzögern.

Der Durchbruchsweg eines Zahnes kann aber auch vollständig durch ein Hindernis blockiert sein. Hierzu sind überzählige Zahnkeime, Tumore der Zahnhartgewebe oder auch odontogene Zysten zu rechnen (Tränkmann 1987).

Zur Prävalenz retnierter Zähne werden Werte zwischen 1,59 % (Tränkmann 1973), 7 % (Stahl et al. 2003) und 20 % (Gabka und Kaspar 1975) in der Population angegeben, wobei der Oberkiefer etwas überwiegt und zu beachten ist, ob die dritten Molaren (Weisheitszähne) mitbetrachtet werden oder nicht. Die Häufigkeit der Verlagerung retnierter Zähne der 2. Dentition betrifft zu 55,9 % die Eckzähne des Oberkiefers, 11,2 % zweite Prämolaren des Unterkiefers, 9,0 % mittlere Schneidezähne des Oberkiefers, 5,4 % Eckzähne des Unter- kiefers, 5,0 % zweite Prämolaren des Oberkiefers, 3,4 % seitliche Schneidezähne des Ober- kiefers und zu 10,1 % die restlichen Zähne in Ober– und Unterkiefer, ausgenommen die dritten Molaren (Weisheitszähne), die an Häufigkeit die Eckzähne noch übertreffen (Tränkmann 1987). Bei der geschlechtlichen Verteilung überwiegt der Frauenanteil mit etwa 60-64% (Gabka und Kaspar 1975, Peck et al. 1994, Stahl und Grabowski 2003).

Die Abbildung 3 zeigt ein Beispiel für eine Retention und Verlagerung eines bleibenden Eck- zahnes in Kombination mit einer odontogenen Zyste.

Abb. 3: Odontogene Zyste mit Retention und Verlagerung von Zähnen: Patient S.E. (4) mit einer follikulären Zyste mit Anteilen eines Adenomatoidtumors ( ) von etwa 33,45 mm im mittlerem Durchmesser (Fläche 875,48 mm²) mit dem retinierten und verlagerten Zahn 13 ( ) im rechten Oberkiefer und den verdrängten

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Einleitung Wird eine durch eine odontogene Zyste verursachte Retention in der Wechselgebissphase nicht rechtzeitig erkannt, führt oft erst eine intraoral sichtbare Auftreibung des Knochens zur späten Diagnose. In diesem Stadium sind aber meist nicht nur der direkt betroffene, sondern auch benachbarte Zahnkeime zum Teil erheblich verlagert (Tränkmann 1973), siehe Abb.3.

1.3. Chirurgische Freilegung und Einordnung retinierter Zähne

Zur Freilegung retinierter Zähne geringerer Verlagerungsdistanz haben sich drei Techniken entwickelt.

1. Bei der lokalen Exzision (lokale Fensterung) bedecken den oberflächlich liegenden Zahn keine oder nur geringe Menge Knochen und Weichgewebe. Hier wird durch Exzision des Weichgewebes und Osteotomie die Zahnkrone freigelegt. Nachteilig wirkt sich ein Verlust an keratinisierter Gingiva beim parodontalen und ästhetischen Langzeitergebnis aus (Diedrich 1986, Gaulis und Joho 1978). Eine weitere Gefahr ist die mögliche iatrogene Verletzung der Schmelz-Zement-Grenze, die resorptive Prozesse auslösen kann (Reichart 1983).

2. Bei der von McBride, 1979, vorgestellten geschlossenen Elongation (reponierter Muko- periostlappen) wird nach Mobilisierung des Schleimhautperiostlappens nur soviel Knochen- kortikalis entfernt, bis der direkt zugängliche Kronenanteil des Zahnes freiliegt. Anschließend wird dieser Lappen wieder repositioniert und vernäht (Diedrich 1986). Crescini et al., 1994, vermuten hier eine Stimulation des physiologischen Zahndurchbruchs.

3. Bei der offenen Elongation wird durch Entlastungschnitte ein apikaler Verschiebelappen gebildet, die Zahnkrone per Osteotomie freigelegt und der trapezförmige Mukosalappen (split flap) nach apikal verschoben und 2-3 mm inzisal der Schmelz-Zement-Grenze mit seitlichen Periostnähten fixiert (Vanarsdall und Corn 1977). Hier kann etwa einwöchiger Verbands- behandlung der Zahn aktiv-mechanisch (z.B. mit Attachment) belastet werden oder der spontane Zahndurchbruch verfolgt werden. Beim von Tränkmann, 1971, vorgeschlagenen Rolllappen (Kragenlappen) wird der Mukoperiostlappen so eingeschlagen, dass etwa 2-3 mm der epithelialisierten Oberfläche in die Wundhöhle hineinragen, um die Obliteration des Durchbruchkanals durch überschießende Granulation zu verhindern. Da Austamponieren der Wunde und schmerzhafte Tamponadenwechsel entfallen, stellt dies eine Erleichterung für den

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Patienten dar (Kohavi et al. 1984). Da genügend fixierte Gingiva zur Verfügung steht, um die Gingivaverlagerung (gingiva shift) nach apikal bei fortschreitendem Zahndurchbruch zu kompensieren, begünstigt dieses Vorgehen das parodontale und ästhetische Langzeitergebnis (Ainamo und Ainamo 1978, Heaney und Atherthon 1975).

Zu den chirurgischen Freilegetechniken retinierter und verlagerter Zähne haben sich auf kieferorthopädischer Seite verschiedene Techniken entwickelt, den Zahndurchbruch des freigelegten Zahnes zu steuern oder aktiv-mechanisch zu forcieren, um den Zahn einordnen zu können.

Die anfänglich entwickelte Technik eines Lassodrahtes im Bereich der Schmelz-Zement- Grenze hatte ein erhöhtes Risiko von externen Resorptionen, Ankylosen, Taschenbildung und Attachmentverlust und ist heute obsolet (Diedrich 1986, Becker 1999, Shapira und Kuftinec 1981). Die Variante einer Zugvorrichtung mit einem intrakoronalen Attachment wie An- schlingung nach Schmelzperforation und Einschrauben oder Einzementieren eines Fixations- elements wie parapulpäre Stifte oder Häkchen führten zur Schmelzverletzung und bargen die Gefahr der Pulpaeröffnung und notwendiger anschließender Restauration (Diedrich 1986, Becker 1999). Die Einführung der Schmelz-Ätz-Technik führte zu einer deutlichen sichereren Befestigung von Halteelementen (z.B. Eyelet) an der Zahnkrone, was in Bezug zu Hand- habung, Haftfestigkeit, Schmelzschonung und parodontalen Ergebnissen erhebliche Vorteile brachte (Diedrich 1986, Becker 1999).

Wichtig sind ausreichende Platzverhältnisse für die Einordnung eines Zahnes. Sollte ein Platzmangel vorhanden sein, muss eine kieferorthopädische Lückeneröffnung bereits in der Anfangsphase der Elongation durchgeführt werden (Droschl et al. 1977). Vor allem von der Kontrolle der Größe und Richtung der orthodontischen Kraft bewahrt vor unerwünschten Schädigungen der Verankerungszähne (Watted et al. 1999 a). Reitan, 1967, gab eine maximale Kraft für die Extrusion von 30cN an. Tränkmann, 1980, beschrieb übermäßige orthodontische Vertikalbelastungen als Ursache von Wurzelresorptionen und empfahl, einen artifiziell geschaffenen Kanal, der offen gehalten werden musste. Watted et al., 1999 a, gaben eine Kraftgröße von 30-60cN an, ab der bereits Resorptionen und Ankylosen induziert werden können. Diedrich, 1986, gab sogar eine Größe von 80cN an, die mittels aktivierbaren Draht- schlaufen oder Gummizügen erzeugt werden kann. Zur Verankerung dieser Apparaturen ver- wendeten Droschl et al., 1977, eine Multibracket-Apparatur. Kompsch und Anhalt, 1987, verwandten eine Mobilisationsplatte, um die reziproken Kräfte nicht direkt auf die

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Einleitung Nachbarzähne zu leiten, sondern auf Gaumen und gesamter Zahnreihe zu verteilen. Sämtliche aktiv-mechanische Belastungen des freigelegten Zahnes gehen einher mit der Gefahr der Schädigung des Zahnes und der Verankerungszähne (Tränkmann 1980, Becker 1999, Paschos und Rudzki-Janson 2004). Erweitert wurde das Therapiespektrum durch die Einführung osseointergrierter Implantate, mit denen die Belastung für die Patienten und die Gefahr der Schädigung der übrigen Zähne gesenkt wurde. Zusätzlich konnte die Behandlungszeit durch die Positionsstabilität dieser Mini-Implantate als Verankerungshilfe verkürzt werden (Wehrbein et al. 1996 a,b; Metzler 1998; Fritz et al. 2003; Berens und Wiechmann 2005).

1.4. Odontogene Zysten

Zysten (griech. Kystis = Blase), an der etwa 3% der Erwachsenen im Laufe ihres Lebens erkranken (Mittermayer 1993), sind mit Epithel ausgekleidete ein- oder mehrkammerige Hohlräume unterschiedlicher Ätiologie mit flüssigem oder gasförmigen Inhalt, deren binde- gewebige Kapsel Zystenbalg genannt wird (Gao et al. 1988). Ohne Epithelauskleidung werden sie als Pseudozysten bezeichnet (Shear 1976, Donath 1980, 1985). Sie können im Kieferknochen, am Alveolarfortsatz und in Weichteilen liegen, langsam und expansiv wachsen und zu Auftreibungen des Knochens und zu Weichteilschwellungen führen. Es gibt Klassifikationen nach pathomorphologischen, klinischen und topographischen Gesichts- punkten.

Die von den Oralpathologen Kramer, Pindborg und Shear und erarbeitete Klassifikation der WHO (1992) klassifiziert Zysten in zwei Gruppen A und B:

o A: Kieferzysten:

• epitheliale Kieferzysten:

* entzündungsbedingt:

- Radikuläre Zyste

- Paradentale Zyste (Craig-Zyste) - Radikuläre Residualzyste * entwicklungsbedingt (dysgenetisch):

♦ odontogen:

- Follikuläre Zyste - Keratozyste (s.u.)

- Gingivale Zyste bei Kindern und Erwachsenen - Durchbruchs- oder Eruptionszyste

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- Laterale parodontale Zyste - Botryoide Zyste

- Glanduläre odontogene Zyste

♦ nicht odontogen:

- Zyste des Ductus nasopalatinus - Nasolabial- oder nasoalveoläre Zysten - Globulomaxilläre Zyste

• nicht-epitheliale Kieferzysten:

- aneurysmatische Knochenzyste

- Solitäre Knochenzyste (traumatische, hämorrhagische Knochenzyste)

• Zysten der Kieferhöhlenschleimhaut

- gutartige Schleimhautzyste der Kieferhöhle - postoperative Kieferhöhlenzyste

o B Weichteilzysten:

- Dermoide und epidermoide Zyste

- Lymphoepitheliale Zyste (Kiemenbogen-, laterale Halszyste) - Ductus-thyroglossalis-Zyste

- Zystisches Lymphangiom (Hygrom) - Nasopharyngeale Zyste

- Zyste der Speicheldrüden (Extravasationszyste, Retentionszyste, Ranula) Im Juli 2005 erschien die neue Klassifikation der Kopf- und Halstumoren der WHO. Neue Erkenntnisse über genetische Veränderungen beim Gorlin-Goltz-Syndrom (Nävoid-Basalzell- Karzinom-Syndrom) führten hier zu einer Reklassifizierung der odontogenen Keratozyste als benigner Tumor, der nun als keratozystischer odontogener Tumor bezeichnet wird (Barnes et al. 2005). Reichart et al., 2006, merkten an, dass sich aus der Umbenennung und den molekulargenetischen Erkenntnissen keine Konsequenzen für die Therapie ergeben.

Zysten zeigen eine kontinuierliche oder schubweise, die Nachbarstrukturen verdrängende, symptomlose Größenzunahme. Sie sind von benigner Dignität, wobei eine seltene maligne Entartung in etwa 4,1% der Fälle möglich ist (Kreidler et al. 1993). Sie entstehen aus einer Epithelproliferation ihrer Ursprungsgewebe. Durch entzündliche oder traumatische Reize wird bei ruhenden Epithelkeimen (z.B. Epithelreste des Zahnsäckchens, Malessez- Epithelreste) am Entstehungsort eine Epithelproliferation ausgelöst (Sonnabend und Chan

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Einleitung Sook 1966). Es wird ebenfalls diskutiert, ob die Epithelproliferation selbst für die Entstehung der Zyste ursächlich ist (Neukam und Becker 2009). Die Größenzunahme beruht auf osmotischen Vorgängen, wobei die Zystenwand als selektiv-permeable Membran fungiert.

Die Zunahme der Konzentration der Stoffwechselprodukte im Zysteninneren erhöht den Gradienten für den Flüssigkeitseinstrom. Bei entzündlichen bedingten Kieferzysten besteht das Infiltrat aus Lymphozyten und Plasmazellen, die etwa 40% Immunglobuline enthalten (Peterson 1992). Durch den zum Ausgleich des Konzentrationsgefälles stattfindenden Ein- strom interstitieller Flüssigkeit erhöht sich der hydrostatische Druck innerhalb der Zyste. Der auf den Kieferknochen einwirkende Druck induziert den osteoklastisch gesteuerten Knochen- abbau, der nicht durch appositionelles Knochenwachstum ausgeglichen werden kann (Lambrecht et al. 1988, Stephens et al. 1989, Glosser et al. 1999). Nur eine Druckentlastung kann das expansive Wachstum aufhalten.

Die häufigste vorkommende Kieferzystenart ist die radikuläre Zyste als entzündungsbedingte epitheliale Kieferzyste. Hier werden Anteile am Gesamtvorkommen bei Kieferzysten von 41% (Nakamura et al. 1995) bis zu 52% (Shear 1992) genannt und ein gehäuftes Auftreten in der dritten und vierten Lebensdekade angegeben (Donath 1985, Klammt 1976).

Etwa 20-27% aller Kieferzysten sind follikuläre Zysten und damit die häufigsten ent- wicklungsbedingten (dysgenetischen) epithelialen Kieferzysten (Daley et al. 1994, Under- brink et al. 2002) mit einem gehäuften Auftreten in der zweiten bis vierten Lebensdekade (Kreidler et al. 1993, Nakamura et al. 1995). Follikuläre Zysten können schnell eine er- hebliche Zystenausdehnung annehmen. Shear, 1992, gab an, dass sie innerhalb von drei bis vier Jahren leicht bis zu 50 mm groß werden können.

Bei der Häufigkeit des Auftretens des keratozystischen odontogenen Tumors werden Werte zwischen acht und elf Prozent Anteil an den Kieferzysten angegeben (Brannon 1976, Kreidler et al. 1993, Monteiro et al. 2005). Der Tumor tritt gehäuft in der vierten Lebensdekade (Browne 1970, Shear 1992) und oft im Bereich retinierter Zähne auf. So standen 26% der von Brannon, 1976, untersuchten keratozystischen odontogenen Tumore im Zusammenhang mit retinierten Zähnen. Neville, 2002, gab hier Werte von 25-40% an. Aufgrund des sehr dünnen Zystenbalges, der während der Entfernung leicht reißen kann und der Ausbildung von Satellitenzysten ist die hohe Rezidivrate mit Werten bis zu 40% von Bedeutung (Mehlisch 1987, Jensen et al. 1988, Harrison und Lund 1993).

(17)

Weitere Zysten odontogenen Ursprungs treten deutlich seltener auf. So werden für die Gingivazyste eine Häufigkeit von etwa 0,3-0,5% (Fickling 1965), für die laterale parodontale Zyste etwa 0,7 % (Horch 2003) und für die Durchbruchs- oder Eruptionszyste 0,8% Anteil an den Kieferzysten angegeben. Die botryoide odontogene Zyste gilt als Sonderform der lateralen Parodontalzyste (Weathers und Waldron 1973) und für die glanduläre odontogene Zyste wird eine Häufigkeit von 0,2-0,8% angegeben (Ochsenius et al. 2007, Açigöz et al.

2012).

Unter den nicht odontogenen Kieferzysten wird als häufigste die Ductus-Nasopalatinus-Zyste mit einer Prävalenz von 2,2-4,0% angegeben (Daley et al. 1994, Grossmannn et al. 2007).

Bei den nichtepithelialen Kieferzysten werden für die aneurismatische Knochenzyste eine Häufigkeit von 0,5-2,0% (Shear 1992, Neville 2002) und für die soliäre (traumatische, hämorrhagische) Knochenzyste 0,2-0,7% genannt (Klammt 1976, Shear und Altini 1983).

1.5. Chirurgische Therapie der odontogenen Zysten

Zur chirurgischen Behandlung odontogener Zysten werden die Zystostomie (Partsch I) oder die Zystektomie (Partsch II) empfohlen (Partsch 1892, 1910, Horch 1989).

Bei der Zystostomie wird nicht der gesamte Zystenbalg ausgeschält, sondern die Zyste lediglich eröffnet und gefenstert. Damit wird die Zyste zu einer Nebenbucht der Mundhöhle.

Da nun der atrophisch wirkende Druck fehlt, kann der Knochendefekt regenerieren. Sie gilt als schonendere, aber langwierige Methode (Neukam und Becker 2009). Nach Eröffnung der Zystenwand wird unter Belassung eines Großteils des Zystenbalges die abgelöste Mund- schleimhaut am knöchernen Rand der Zyste mit Nähten fixiert, sodass Schleimhaut und Zystenbalg zusammenwachsen können. Die geschaffene Höhle kann mit einer Jodoform- tamponade offengehaltem werden, die in zwei- bis dreitägigen Abständen gewechselt wird (Farmand 1985). Nach Abheilung muss diese Höhle nach den Mahlzeiten regelmäßig gespült werden. Im aufsteigenden Unterkieferast kann es nach Zystostomie größerer Zysten durch Aneinanderlegen der Weichteile zu einem Verschluss dieser Höhle kommen, so dass hier nach Entfernung der letzten Tamponade (etwa ein bis zwei Wochen) ein Obturator eingesetzt

(18)

Einleitung geschliffen wird. Dieses Vorgehen kann bis zu einem Jahr andauern, wobei die Re- generationsfähigkeit des Unterkiefers deutlich besser ist, als die des Oberkiefers.

Als wesentliche Nachteile der Zystostomie werden die lange Nachbehandlungszeit, die für die Patienten anfangs schmerzhaften Tamponadenwechsel und in der Folgezeit als lästig em- pfundene notwendige Säuberung der Zystenhöhle, die mögliche Belassung pathologischer Gewebe und die Gefahr der Rezidivbildung bei spontanem Verschluss der Fensterung genannt (Ewers und Härle 1985), siehe Abb. 4.

Abb. 4: Schema beim Vorgehen einer Zystostomie (geändert nach: Bethmann, 1982, S. 125) A – Dritter Quadrant mit den klinisch fehlenden Zähnen 34 ( ) und 35 ( ), Zystenausdehnung ( ) und Schnittführung ( ).

B – Nach Mobilisation des Mukoperiostlappens ( ) mit Osteotomie der bukkalen Knochenwand und Eröffnung der Zyste sind der ursächliche retinierte und verlagerte Zahn 34 und der ebenfalls retinierte und verlagerte Zahn 35 sichtbar.

C – Unter Belassung der Zähne 34 und 35 wird der Mukoperiostlappen an der knöchernen Zystenbegrenzung ( ) mit Nähten fixiert.

D – Eine Tamponade ( ) wird in das Zystenlumen eingelegt.

A B C D

(19)

Bei der Zystektomie (Partsch II) wird der gesamte Zystenbalg ausgeschält und der Defekt speicheldicht verschlossen. Die Ausheilung der Knochenhöhle erfolgt über eine Organisation des entstandenen Blutkoagulums (Dohm und Tetsch 1985). Ausgedehntere Defekte sollten zur Vorbeugung der Retraktion des Blutkoagulums mit autologem Knochen oder re- sorbierbaren Materialien (z.B. Gelatine- oder Kollagenschwamm) aufgefüllt werden (Joos 1985). In der Regel sind dabei der ursächliche Zahn (follikuläre Zyste), gegebenenfalls auch weitere, verdrängte Zahnanlagen nicht zu erhalten. Die als Vorteile genannten kürzere Nach- behandlungszeit und die Möglichkeit der vollständigen histologisch-pathologischen Auf- bereitung wiegen aber im frühen und späten Wechselgebiss gering in Anbetracht der langfristig zu erwartenden Probleme, wenn nach der Zahnkeimentfernung bei einer Zyst- ektomie der Zahn fehlt und die Entwicklung des Alveolarfortsatzes unterbleibt (Abb. 5).

Abb. 5: Schema beim Vorgehen einer Zystektomie (geändert nach: Bethmann, 1982, S. 125) A – Dritter Quadrant mit den klinisch fehlenden Zähnen 35 und 36 und der

Zystenausdehnung ( )

B – Nach Mobilisation des Mukoperiostlappens sind nach Zysteneröffnung der ursächliche retinierte und verdrängte Zahn 35 ( ) und der ebenfalls retinierte und verlagerte Zahn 36 ( ) sichtbar.

C – Nach konsequenter, vollständiger Entfernung der Zyste fehlen auch die Zähne 35 und 36.

D – Der Mukoperiostlappen wird repositioniert und speicheldicht vernäht.

Vor diesem Hintergrund macht alternativ die Operationsmethode der Zystostomie mit einem Erhalt der retinierten und verlagerten Zahnkeime durchaus Sinn.

A B C D

(20)

Fragestellung

2. Fragestellung

In dieser Studie soll geprüft werden,

- ob durch odontogene Zysten größeren Umfangs retinierte und verlagerte Zähne der 2. Dentition nach Zystostomie bzw. zahnkeimerhaltender Zystektomie eine spontane Vertikalentwicklung zeigen, und

- ob die postoperative knöcherne Durchbauung des Zystenlumens eine Vertikalent- wicklung dieser Zähne mit entsprechender Alveolarfortsatzentwicklung ermöglicht und somit gute Voraussetzungen für ihre orthodontische Einordnung in den Zahn- bogen resultieren.

(21)

3. Patienten und Methode

3.1. Patienten

Auswahlkriterien zur Aufnahme in die Studie war die Diagnose der Retention eines oder mehrerer Zähne der 2. Dentition im frühen oder späten Wechselgebiss bei klinisch und röntgenologisch gesichertem Zystenbefund sowie eine prä- und postoperative Dokumentation mit Panoramaschichtaufnahmen und Fernröntgenseitenbildern.

Neun Patienten mit elf Zystenfällen, die in diese retrospektive Untersuchung aufgenommen werden konnten, waren nach Erstdiagnose im Zeitraum zwischen den Jahren 1983 und 2003 vom Hauszahnarzt an das Zentrum Zahn,- Mund- und Kieferheilkunde der Medizinischen Hochschule Hannover überwiesen worden. Als eine weitere Voraussetzung für die Aufnahme in diese Studie mussten die operativen Maßnahmen in der Klinik für Mund,- Kiefer- und Gesichtschirurgie und die kieferorthopädische Behandlung in der Klinik für Kieferorthopädie der Medizinischen Hochschule Hannover durchgeführt worden sein.

3.2. Methode

In der vorliegenden Studie werden die postoperativen Vertikalentwicklungen der retinierten und verlagerten Zähne und die damit einhergehenden Änderungen ihrer Position in der Vertikalen, Sagittalen und ihrer Inklination in Panoramaschichtaufnahmen und Fernröntgen- seitenbildern gemessen.

3.2.1. Panoramaschichtaufnahmen: Aufnahme, Auswertung, Reproduzierbarkeit Die Messungen dieser Studie wurden an 52 Panoramaschichtaufnahmen (PSA), jeweils als Anfangs-, Zwischen- und Enddiagnostik durchgeführt. Hier standen sowohl vom Haus- zahnarzt bei Überweisung dem Patienten mitgegebene als auch in der Radiologischen Abteilung des Zentrums Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Medizinischen Hochschule Hannover erstellte Panoramaschichtaufnahmen zur Verfügung. Die in der Medizinischen Hochschule erstellten Aufnahmen wurden mit einem Sirona Orthophos Gerät der Firma Sirona, Bensheim, Deutschland angefertigt. Bei der Aufnahme wurde der Patientenkopf zentriert und parallel zur Frankfurter Horizontalebene mittels Aufbissklemme und

(22)

Patienten und Methode Schläfenstützen fixiert. Die Röhrenspannung schwankte von 60 kV bis 66 kV bei einer Stromstärke zwischen 07 mA und 10 mA. Die Medizinische Hochschule Hannover verwendete Kodak T-MATG/RA Dental Filme10x30 cm der Firma Kodak, Stuttgart, Deutschland, in Kodak x-omatic 10x30 cm Röntgen-kassetten mit Kodak Lanex Regular Verstärkerfolien.

Die Panoramaschichtaufnahmen wurden mit Klebeband auf einem Leuchttisch fixiert und mit einem 0,5 mm starken harten Bleistift auf der rauen Seite einer Azetatfolie durchgezeichnet.

Die für die Messungen nicht relevanten Bereiche wurden mit den Blenden des Leuchttisches abgedeckt und der Untersuchungsraum verdunkelt (Battagel 1993). Bei der Durchzeichnung wurde eine Lupenbrille benutzt, gemessen wurde mit einem Winkelmesser mit 0,5 Grad Einteilung und einer Schieblehre mit 0,1 Millimeter Skalierung.

Für die Messungen wurden folgende Strukturen in der Panoramaschichtaufnahme durch- gezeichnet: die äußere Kontur des Unterkiefers mit den Processi condylares und den Processi coronoidei, die Sechsjahrmolaren und die Unterkieferinzisiven. Im betroffenen Quadranten zusätzlich alle Seiten- und Frontzähne, die Schmelzementgrenze am Sechsjahrmolar und allen retinierten und verlagerten Zähnen sowie die den Zystenbalg umschreibende Knochenkontur (Abb. 6).

(23)

Abb. 6: oben: Panoramaschichtaufnahme des Patienten S.E. (Nr. 4) mit dem durch eine follikuläre Zyste mit Adenomatiodtumoranteilen ( ) retinierten und verlagerten Zahn 13 ( ).

unten: Zugehörige Durchzeichnung und Messlinien. Der besseren Anschaulichkeit wegen sind hier nicht nur für die Messungen relevanten Strukturen durchgezeichnet, sondern auch die Zähne aller Quadranten und knöcherne Strukturen des Mittelgesichts und der Mandibula. Die schwarze Linie bezeichnet die Okklusionsebene, blau: ist die parallel nach kranial verschobene Bezugslinie, rot: ist die „vertikale Distanz“ (Messwert) des retinierten und verlagerten Zahnes zur Bezugslinie und die grün eingezeichnete Linie beschreibt dessen Inklination.

Für die Konstruktion der Bezugslinie im betroffenen Quadranten wurde zunächst die Okklusionsebene als Verbindungslinie der mesialen Höckerspitze des Sechsjahrmolaren zur Inzisalkante des mittleren Schneidezahnes eingezeichnet. Da die Länge der Schmelz-Zement- Grenze zur Korrektur von projektionsbedingten Abweichungen zwischen den einzelnen Auf- nahmen genutzt wurde (s. Projektionsfehlerkorrektur S. 19), wurde die eingezeichnete Okklusionsebene im betroffenen Quadranten bis zum Schnittpunkt mit der mesialen Schmelz- Zement-Grenze des Sechsjahrmolaren nach kranial bzw. nach kaudal parallel verschoben.

(24)

Patienten und Methode Für das Einzeichnen dieser Linien konnten immer die Sechsjahrmolaren herangezogen werden. In zwei Fällen - Pat. D.R. (Nr. 5), und Pat. M.S. (Nr. 9), - war neben dem seitlichen auch der mittlere Schneidezahn von der Retention betroffen, so dass hier die Okklusionsebene mit Hilfe des mittleren Schneidezahnes des Nachbarquadranten konstruiert werden musste.

Die Vertikalentwicklung des retinierten und verlagerten Zahnes wurde als Abstand (Abb. 6, rote Linie) zwischen dem Mittelpunkt einer Verbindungslinie der mesialen und distalen Schmelz-Zement-Grenze dieses Zahnes senkrecht zur Bezugslinie (Abb. 6, blaue Linie) gemessen. Die Inklination des retinierten und verlagerten Zahnes wurde als Winkel zwischen seiner Längsachse (Abb. 6, grüne Linie) zur Bezugslinie bestimmt.

Alle „Durchzeichnungen“ für die computergestützte Darstellung erfolgten mit Hilfe des Graphikprogramms CORELDRAW GRAPHICS SUITE X4™ (Fa. Corel Corporation, Ottawa, Kanada, 2008).

3.2.2. Projektionsfehlerkorrektur Panoramaschichtaufnahmen

Die Notwendigkeit der Projektionsfehlerkorrektur wurde besonders deutlich beim Vergleich der ersten, vom Hauszahnarzt bei Überweisung an die Klinik mitgegebenen Panoramaschicht- aufnahmen mit den nachfolgend in der Medizinischen Hochschule angefertigten Röntgenauf- nahmen. Aber auch bei diesen stets unter gleichen Bedingungen angefertigten Aufnahmen wiesen an sich gleiche Messstrecken infolge unterschiedlicher Einstellungen des Kopfes zum Teil deutliche Größenunterschiede auf.

Um hier tatsächlich vergleichbare Messwerte zu erhalten, wurde für alle Aufnahmen als Referenzstruktur die Länge der Schmelz-Zement-Grenze des Sechsjahrmolaren des unter- suchten Quadranten gemessen und anschließend alle linearen Messwerte um einen ent- sprechenden Faktor im Vergleich zur ersten Aufnahme korrigiert.

Da Identifikationsfehler die häufigste Fehlerursache bei der Auswertung von Röntgenbildern sind (Miethke 1989), wurden die Durchzeichnung der relevanten Strukturen und die Lokali- sation der Messlinien bzw. der Messpunkte von einem Untersucher durchgeführt und von einem zweiten erfahrenen Untersucher kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert (Battagel 1993).

(25)

3.2.3. Zystenausdehnung

Da bei fortgeschrittenem Zystenwachstum die Form der Zysten nicht immer kugelrund, sondern der Kieferform folgend auch oval geformt sein kann, wird die Zystengröße in der zweidimensionalen Betrachtung entweder mit mittleren Durchmesserangaben in Millimeter (Sommer et al. 1956, Wais 1958, Mortensen 1970, Morse 1973, Natkin et al. 1984, Joos 1985, Buser und Berthold 1985) oder als elliptische Flächenausdehnung in Quadratmillimeter oder Quadratzentimeter angegeben (Lalonde 1970). Diese Querschnittsfläche wird mit der Flächenberechnungsformel für Ellipsen (A=ᴨ*a*b bzw. A=ᴨ/4*Höhe*Breite) errechnet. Bei unregelmäßigen, mehrkammerigen Zystenformen ist auch eine Addition von Teilflächen möglich (Abb. 7):

Abb. 7: Graphik zur Ellipsenform und Flächenberechnung A = Flächeninhalt

a = halbe lange Achse b= halbe kurze Achse ᴨ = 3,141592653589 2*b = Höhe

2*a = Breite

(26)

Patienten und Methode 3.2.4. Fernröntgenseitenbilder: Aufnahmen, Auswertung, Reproduzierbarkeit

Ergänzend zu den Messungen an den Panoramaschichtaufnahmen wurden Fernröntgen- seitenbilder (FRS) vermessen, da hier Aussagen zur apikalen Basis und zur sagittalen Position der retinierten und verlagerten Zähne getroffen werden konnten. Die 29 Fernröntgen- seitenbilder wurden bis auf zwei vom Hauszahnarzt erstellte Aufnahmen im Zentrum Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Medizinischen Hochschule Hannover angefertigt. Für die Aufnahme wurde der Kopf beidseitig durch Ohroliven und eine Nasionstütze in einem Kephalostat fixiert. Als Fernröntgengerät diente das Siemens Orthophos CD (Fa. Siemens, Bensheim, Deutschland). Die Röntgenbilder wurden in maximaler Interkuspidation und bei entspannter mimischer Muskulatur bei einem Film-Fokus-Abstand von 1,5 m und Film- Objekt-Abstand 0,1 m erstellt. Die Röhrenspannung lag zwischen 71 kV und 77 kV bei einer Belichtungszeit von 0,5 bis 0,64 Sekunden. Es wurden Kodak Diagnostic Film In- sight D Filme des Formats 18×24 cm in Kassetten vom Typ Kodak x-omatic 18×24 cm mit Verstärkerfolien Kodak Lanex Medium (Fa. Kodak, Stuttgart, Deutschland) verwendet (Abb. 8).

Die Durchzeichnung der Fernröntgenseitenbilder auf Acetatfolientaschen mit einem 0,5 mm starken Bleistift erfolgte unter den gleichen äußeren Bedingungen wie die der Panorama- schichtaufnahmen (Battagel 1993). Bilaterale Strukturen wurden in ihren Doppelkonturen durchgezeichnet, dort lokalisierte Messpunkte aber gemittelt. Zur Durchzeichnung der Schneidezähne und Molaren diente eine Schablone (701-603 Tracing template, Steiner Design, Fa. 3 M Unitek, Puchheim, Deutschland).

Um Identifikationsfehler als häufigste Fehlerursache bei der Auswertung zu reduzieren (Miethke 1989), wurden analog zum Vorgehen bei den Panoramaschichtaufnahmen die Fernröntgenseitenbilder von einem Untersucher durchgezeichnet und gepunktet und von einem zweiten erfahrenen Untersucher kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert (Battagel 1993).

(27)

Abb. 8: Durchzeichnung eines Fernröntgenseitenbildes mit Messlinien mit retiniertem und verlagertem Zahn 13 ( ). Der besseren Anschaulichkeit wegen sind hier zahlreiche skelettale Strukturen sowie die Zähne auf der jeweils betroffenen Seite durchgezeichnet. Die schwarze Linie bezeichnet die Okklusionsebene, blau: ist die parallel nach kranial verschobene Bezugslinie, und die grün eingezeichnete Linie beschreibt die Inklination des retinierten und verlagerten Zahnes 13 zur Bezugslinie.

Als Okklusionsebene wurde auch hier eine Verbindungslinie von der mesialen Höckerspitze des ersten bleibenden Molaren zur Inzisalkante des mittleren Schneidezahnes eingezeichnet, und dann die Bezugslinie durch Parallelverschiebung durch die mesiale Schmelz-Zement- Grenze des ersten bleibenden Molaren im betreffenden Quadranten konstruiert. Diese Parallelverschiebung erfolgte wie beim Vorgehen bei den Panoramaschichtaufnahmen, da in allen Aufnahmen die Schmelz-Zement-Grenze des Sechsjahrmolaren am zuverlässigsten bestimmbar war. Auch bei den Linien zur Messung der Vertikalentwicklung des retinierten Zahnes bzw. seiner Inklination wurde in der gleichen Weise wie bei den Panorama- schichtaufnahmen verfahren.

(28)

Patienten und Methode Bei den Fernröntgenseitenbildern wurde durch die Verwendung eines Kephalostaten die Gefahr eines Projektionsfehlers bei sachgerechter Handhabung soweit reduziert, dass auf ein Vorgehen zur mathematischen Korrektur eines Projektionsfehlers wie bei den Panorama- schichtaufnahmen verzichtet werden konnte. Die auf den Fernröntgenseitenbildern ein- geblendete Millimeterskala der Nasenstütze zeigte einheitlich den Vergrößerungsfaktor 0,9 an (Pasler 1989). Dies galt auch für die zwei vom Hauszahnarzt erstellten Aufnahmen der Patienten.

3.2.5. Histologische Präparate

Die 23 histologischen Bilder der Operationspräparate wurden mit einer DP71-Kamera (Olympus, Hamburg) auf einem Axiophot-Mikroskop mit 10×/0.30 und 20×/0.50 Plan- Neofluar-Objektiven (Zeiss, Jena) angefertigt. Die Präparate wurden durch das Institut für Pathologie (Direktor: Prof. Dr. H.–H. Kreipe) des Zentrums Pathologie, Forensik und Genetik der Medizinischen Hochschule Hannover freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

3.2.6. Statistische Analyse der Messergebnisse

Die statistische Analyse und graphische Darstellung der Messergebnisse erfolgten mit dem Programm SPSS für Windows, Version 12.01, SPSS Inc., Chicago, USA.

Die statistische Analyse erfolgte mit der Methode der multiplen linearen Regression, da ein linearer Zusammenhang zwischen der abhängigen Variablen „Messwert absolut“, der die Distanz des Zahnes zur Bezugslinie beschreibt und den unabhängigen Variablen Zeit („Tage postoperativ“) und der Ausgangslage („vertikale Distanz“) angenommen wurde. Der gefundene lineare Zusammenhang lässt sich mit der Regressionsgleichung y=b0+b1*x1+b2*x2+…+bp*xp darstellen. Das Signifikanzniveau wurde für die Tests auf p ≤ 0,05 festgelegt.

(29)

4. Ergebnisse

Die Patientendaten und -befunde werden zunächst in zwei Tabellen dargestellt. Dem schließt sich der analytische Teil mit den statistischen Tests an. Den Abschluss bildet die Kasuistik aller Patienten dieser Studie.

4.1. Patientendaten und –befunde der gesamten Gruppe

In Tabelle 1 werden in den Spalten 1 – 5 die Patienteninitialen, die zugewiesene Patienten- nummer, Geschlecht und Alter bei Erstbefund und die jeweils retinierten Zähne einschließlich einer gegebenenfalls syndromalen Ursache aufgelistet. Außerdem enthält diese Tabelle auch die Verdachtsdiagnose bei Überweisung und, mit einer Ausnahme, den histologisch gesicherten Befund. Weiterhin liefert sie einen kurzen Überblick über den operativen Primäreingriff und die Art eventuell aufgetretener Komplikationen bzw. weiterer operativer Maßnahmen.

Die Patienten (acht männlich, eine weiblich) dieser Studie waren bei Erstvorstellung zwischen 7 Jahre, 11 Monate und 17 Jahre, 10 Monate alt. Da ein Patient insgesamt drei Zysten mit der gleichen Zahl retinierter Zähne aufwies (Tabelle 1, Zeilen 6, 7 und 8), konnte die post- operative Vertikalentwicklung von elf Zähnen bei ebenso vielen Zysten verfolgt werden.

Diese odontogenen Zysten hatten fünfmal die Retention bzw. die Retention und Verlagerung eines oberen Eckzahnes, zweimal die eines unteren 1. Prämolaren, je einmal die eines mittleren Schneidezahnes und eines 1. Prämolaren im Oberkiefer sowie eines Eckzahnes und eines 2. Molaren im Unterkiefer verursacht (Tabelle 1, Spalte 5).

Bei zwei Patienten war eine syndromale Ursache (Gorlin-Goltz-Syndrom) anamnestisch gesichert. Durch die histologische Untersuchung wurde der zu erwartende keratozystische odontogene Tumor auch bestätigt (Tab. 1, Zeilen 6 - 8 und 10). Zweimal widersprach der histologische Befund eines keratozystischen odontogenen Tumors der klinischen und radiologischen Verdachtsdiagnose einer follikulären Zyste bzw. eines Ameloblastoms (Tabelle 1, Zeilen 3 und 11). Einmal zeigte das histologische Bild des Operationsresektats alle Anzeichen einer radikulären Zyste mit chronischer Entzündung (Tabelle 1, Zeile 12).

Berücksichtigt man hier die Lokalisation und die Größe der Zyste, ist das Fehlen der für die follikuläre Zyste typischen Strukturen nach einer entsprechenden Dauer des entzündlichen Umbaus in einem histologischen Schnittbild durchaus möglich. Ein anderes Mal konnten bei der klinisch und radiologisch vermuteten follikulären Zyste Anteile eines Adenomatoidtumors histologisch nachgewiesen werden (Tabelle 1, Zeile 5).

(30)

Ergebnisse

Initialien Fall-Nummer Geschlecht Alter bei Erstbefund (Jahre, Monate) Syndrom Retimierter Zahn Verdachtsdiagnose bei Überweisung Diagnose nach histologischem Befund Chirurgische Therapie Komplikation und/oder weitere chirurgische Eingriffe Seite

T.T.

1 m 10,4 - 23

odontogene Zyste

ohne Zystostomie,

Extraktion 64, Freilegung 23, 24

-

34

M.G.

2 m 10,1

1 - 13

follikuläre Zyste

kerato- zystischer odontogener Tumor

Zystostomie Extraktion 53 (31 Monate nach Zystos- tomie)

39

D.B.

3 m 10,1

0 - 13

follikuläre Zyste

follikuläre Zyste

Zystostomie, Extraktion 85, 75

-

44

S.E.

4 m 13,7 - 13

follikuläre Zyste

follikuläre Zyste mit Adenomatoid- tumor

Zystostomie Freilegung 13 (22 Monate nach Zystos- tomie)

48

D.R.

5 m 12,8

Gorlin-Goltz-Syndrom

13

kerato- zystischer odonto- gener Tumor

kerato- zystischer odontogener Tumor

Zystektomie mit Becken- kamm- Osteo- plastik

-

53

43

kerato- zystischer odonto- gener Tumor

kerato- zystischer odontogener Tumor

Zystostomie, Extraktion 84, 85, 65

-

53

37

kerato- zystischer odonto- gener Tumor

kerato- zystischer odontogener Tumor

Zystostomie -

53

O.M.

6 m 7,11

- 11

follikuläre Zyste

sekundär infizierte follikuläre Zyste

Zystektomie Revision als Zystostomie (6 Monate später)

59

G.H.

7 w 17,10

Gorlin- Goltz- Syndrom

14

kerato- zystischer odonto- gener Tumor

kerato- zystischer odontogener Tumor

Zystostomie -

65

M.D.

8 m 12,8 - 34

Amelo- blastom III. Qua- drant

kerato- zystischer odontogener Tumor

Zystostomie -

67

M.S.

9 m 12,8 - 34

follikuläre Zyste

radikuläre Zyste mit chronischer Entzündung

Zystostomie Freilegung 22, 23, Extraktion 53,62,63

Freilegung 13 (14 Monate nach

Zystostomie)

73

Tabelle 1: Patientendaten und -befunde.

(31)

Bei dem Patienten D.R. (Nr. 5), der insgesamt drei keratozystische odontogene Tumore aufwies (Tabelle 1, Zeile 6), wurde die Zyste am rechten oberen Eckzahn per Zystektomie entfernt, allerdings unter Erhalt des Zahnes und mit Auffüllung des Defekts mit einer Beckenkamm-Osteoplastik. Bei dem Patienten O.M. (Nr. 6) wurde bei der Zyste am retinierten und verlagerten rechten mittleren Schneidezahn im Oberkiefer zunächst eine Zystektomie durchgeführt, die aber sechs Monate später im Sinne einer Zystostomie mit gleichzeitiger Freilegung des Zahnes 12 revidiert werden musste (Tabelle 1, Zeile 9).

Zweiteingriffe wurden auch bei drei weiteren Patienten durchgeführt. Zweimal, um einen Eckzahn freizulegen (Tabelle 1, Patient S.E. (Nr. 4) in Zeile 5 und Patient M.S. (Nr. 9) in Zeile 12), einmal um einen Eckzahn der ersten Dentition zu extrahieren, der bei der Zystostomie zunächst noch belassen worden war (Tabelle 1, Patient M.G. (Nr. 2) in Zeile 3).

Schließlich enthält die Tabelle 1 noch eine letzte Spalte, die mit der Angabe der Seitenzahl ein schnelleres Aufsuchen der Patienten im Ergebnisteil ermöglicht.

Die Beschreibung der Patientendaten und -befunde der einzelnen Patienten mit ausführlicher Darstellung der Röntgenbilder und Durchzeichnungen sowie die statistischen Analyse und gegebenenfalls histologischem Befund folgt der Reihenfolge der Patienten in der Tabelle 1.

(32)

Ergebnisse 4.2. Ergebnisse Panoramaschichtaufnahmen

Bei Auswertung der Panoramaschichtaufnahmen aller Patienten verfestigte sich der Eindruck, dass zeitnah zum operativen Eingriff die spontane Vertikalentwicklung der durch die Zysten retinierten und verlagerten Zähne zunächst in größerem Umfang erfolgte und während der späteren Verlaufskontrollen hingegen kontinuierlich abnahm.

4.2.1. Kurvenanpassung: Panoramaschichtaufnahmen, gesamte Gruppe

Da aber die Werte der präoperativen vertikalen Distanzen zwischen 32,0 mm und 4,0 mm variierten, mussten die absoluten Messwerte für den statistischen Nachweis eines exponentiell-abnehmenden Verlaufs der spontanen Vertikalentwicklung in allen Panorama- schichtaufnahmen in Prozent zur zurückzulegenden Gesamtstrecke umgerechnet werden.

0,00 20,00 40,00 60,00 80,00 100,00 120,00

0,00 1000,00 2000,00 3000,00 4000,00

Tage_0 postop.

Beobachtet Exponentiell

Messwert relativ

Abb. 9: Weg-Zeit-Diagramm: Postoperative Vertikalentwicklung aller retinierten und verlagerten Zähne in den Panoramaschichtaufnahmen. Abszisse: Tage postoperativ, Ordinate: Betrag Vertikalentwicklung relativ zur Gesamtstrecke. Die drei Messwerte oberhalb der 100 %-Markierung entstammen Fällen, bei denen die retinierten und verlagerten Zähne postoperativ eine größere vertikale Distanz zeigten, als präopertativ (Patienten D.R. (Nr. 5) und G.H. (Nr. 7).

Panoramaschichtaufnahmen

%

Tage postoperativ

(33)

Das resultierende Weg-Zeit-Diagramm in Abbildung 9 bestätigt den exponentiell- abnehmenden Verlauf der postoperativen Vertikalentwicklung der retinierten und verlagerten Zähne. In die Kurvengleichung flossen als unabhängige Variablen die jeweils postoperativ gemessene vertikale Distanz zur Bezugslinie – in Prozent zur präoperativen Messung, um die postoperative Vertikalentwicklung bei allen retinierten und verlagerten Zähnen miteinander vergleichen zu können – und die postoperativen Tage der jeweiligen Panoramaschicht- aufnahme in die Gleichung der Kurvenanpassung ein.

Die Kurvenanpassung für alle Panoramaschichtaufnahmen wird mit der folgenden Kurven- gleichung beschrieben: y = 79,0519 * exp (- 0,0012 * tage).

Der Korrelationskoeffizient r (√ R2), der die Güte der Anpassung beschreibt, beträgt √0,501 = 0,71, die Signifikanz p = 0,000.

4.2.2. Regressionsanalyse: Panoramaschichtaufnahmen, gesamte Gruppe

Mit der multiplen linearen Regressionsanalyse sollte untersucht werden, ob das Ausmaß der postoperativen Vertikalentwicklung der retinierten und verlagerten Zähne (hier der absolute Messwert) mit der Größe der präoperativen vertikalen Distanz einerseits und der Länge der Beobachtungszeit (Tage postoperativ) andererseits korreliert.

Die Regressionsgleichung lautet:

Messwert absolut = 1,411 – 0,010 * Tage postoperativ + 0,808 * Ausgangslage („vertikale Distanz“)

Der Korrelationskoeffizient r, der den hohen Zusammenhang belegt, beträgt 0,89, die Signifikanz p= 0,000.

Die postoperative Vertikalentwicklung korreliert also mit der präoperativen vertikalen Distanz des betreffenden Zahnes zur Bezugslinie und der Variable Zeit (Tage zwischen dem operativen Eingriff und dem Beobachtungszeitpunkt, hier Datum der Röntgenbilderstellung).

Ist z. B. die präoperative vertikale Distanz groß, werden dies auch die Absolutbeträge der postoperativen Vertikalentwicklung sein. Das Minuszeichen in der obigen Gleichung weist aber darauf hin, dass, je mehr Zeit zwischen dem operativen Eingriff und dem Beobachtungs- zeitpunkt verstrichen ist, der Absolutbetrag der postoperativen Vertikalentwicklung immer kleiner werden wird.

(34)

Ergebnisse 4.2.3. Zystenausdehnung in den Panoramaschichtaufnahmen

Um die Zystengröße und das Ausmaß der vertikalen Verlagerung der betroffenen Zähne zu beschreiben, wurden folgende Messungen durchgeführt:

Die Tabelle 2 listet die präoperativen vertikalen Distanzen der retinierten und verlagerten Zähne und die Zystengröße als berechneten mittleren Durchmesser in Millimeter und als Flächenausdehnung in Quadratmillimeter auf. Zusätzlich sind die Messwerte für Höhe und Breite, Minimum, Maximum, Mittelwert, Median und die Standardabweichung angegeben.

Patient Zahn Vertikale Distanz in mm

Zystenausdehnung Höhe

in mm

Breite in mm

mittlerer Durch- messer in mm

D=(H+B)/2

Fläche in mm²

A=/4*H*B

T.T. (1) 23 27,8 22,5 24,1 23,3 425,88

M.G. (2) 13 24,3 29,1 27,2 28,15 621,66

D.B. (3) 13 27,9 24,4 25,7 25,05 492,51

S.E. (4) 13 32,0 35,5 31,4 33,45 875,48

D.R. (5) 13 23,0 26,4 28,9 27,65 599,23

D.R. (5) 43 8,3 36,6 51,2 43,9 1471,77

D.R. (5) 37 23,7 30,4 23,5 26,95 561,09

O.M. (6) 11 22,9 19,9 25,5 22,7 398,55

G.H. (7) 14 20,3 22,4 23,6 23,0 415,19

M.D. (8) 34 21,9 27,4 42,5 34,95 914,13

M.S. (9) 34 4,0 22,4 45,7 34,05 804,0

Minimum 4,0 19,9 23,5 22,7 398,55

Maximum 32,0 36,6 51,2 43,9 1471,77

Mittelwert 21,46 27,0 31,75 29,38 689,09

Standardabweichung 8,31 5,48 9,93 6,57 317,45

Median 23,0 26,4 27,2 27,65 599,23

Tabelle 2: Präoperative Vertikale Distanzen der retinierten und verlagerten Zähne und Zystenausdehnung im mittleren Durchmesser und in der Fläche.

(35)

Die Tabelle 2 zeigt, dass die Zystenausdehnung nur bedingt Rückschlüsse auf den Grad der vertikalen Verlagerung, d. h. der vertikalen Distanz zur Bezugslinie, zulässt. So verursacht die größte gemessene Raumforderung in Form eines keratozystischen odontogenen Tumors mit einem mittleren Durchmesser von 43,9 mm bzw. einer Flächenausdehnung von 1471,77 mm²

„nur“ eine vergleichsweise geringe vertikale Distanz zur Bezugslinie von 8,3 mm des retinierten und verdrängten Zahnes 43 beim Patienten D.R. (5), was der anatomischen Form des Unterkiefers zuzuschreiben ist.

Im Gegensatz hierzu ist die größte präoperative vertikale Distanz eines retinierten und verlagerten Zahnes von 32,0 mm, gemessen an Zahn 13 im Oberkiefer des Patienten S.E. (4) durch eine follikuläre Zyste mit Adenomatoidtumoranteilen von 33,45 mm im mittlerem Durchmesser bzw. 875,48 mm² Flächenausdehnung verursacht, was eher einer durch- schnittlichen Ausdehnung entspricht.

Für die nachfolgende statistische Analyse der postoperativen spontanen Vertikalentwicklung der retinierten und verlagerten Zähne bleibt festzuhalten, dass die geringe Fallzahl eine Differenzierung weder nach Front- oder Seitenzahnbereich bzw. nach Ober- oder Unterkiefer, noch nach Zystenausdehnung erlaubte.

(36)

Ergebnisse

4.3. Ergebnisse Fernröntgenseitenbilder

4.3.1. Kurvenanpassung: Fernröntgenseitenbilder, gesamte Gruppe

Das Vorgehen ist analog dem Vorgehen bei den Panoramaschichtaufnahmen, d. h. auch hier mussten die absoluten Messwerte in Prozent zum präoperativen Ausgangswert umgerechnet werden. Im Weg-Zeit-Diagramm der Abbildung 10 ist der exponentiell-abnehmende Verlauf der spontanen postoperativen Vertikalentwicklung dargestellt.

Abb. 10: Weg-Zeit-Diagramm. Postoperative Vertikalentwicklung aller retinierten und verlagerten Zähne in den Fernröntgenseitenbildern. Abszisse: Tage postoperativ, Ordinate: Betrag der Vertikalentwicklung relativ zur Gesamtstrecke. Der Messwert oberhalb der 100 %-Markierung entstammt dem Fall des Patienten D.R. (Nr. 5), wo der retinierte und verlagerte Zahn unmittelbar postoperativ eine größere vertikale Distanz zeigte.

0,00 20,00 40,00 60,00 80,00 100,00 120,00

-500 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500

FRS_tage_0

Beobachtet Exponentiell

FRS_spontan_relativFernröntgenseitenbilder

%

Tage postoperativ

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