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Will-Erich Peuckert: Astrologie. Geschichte der Geheimwissenschaften Band I. - [Rezension]

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Will-Erich Peuckert: Astrologie. Geschichte der Geheimwissenschaiten Band I.

W. Kohlhammer Verlag Stuttgart, 279 S., DM 19.80 Die n e u e r e Literatur über die Astrologie, diese

„Königin des Aberglaubens", (Astrosophie, Astro­

mantik w ä r e zutreffender, hat sich jedoch, wohl we­

gen der „wissenschaftlichen" Ambition der Stern­

deuter, nicht eingebürgert) läßt sich in d r e i G r u p ­ p e n einteilen. Die größte Bedeutung hat heutzutage das retrospektive, h i s t o r i s c h e Schrifttum. Durch die philologisch u n t e r b a u t e Forscherarbeit eines B o u c h e — L e c l e r q , B e z o l d , B o l l , G u n d e l (Vater und Sohn), durch die kunstgeschichtlich­iko­

nographischen Untersuchungen W a r b u r g ' s., S a x l ' s und ihrer Schule ist man, weit über die ältere Kulturgeschichte mit ihrer nur mitleidig ta­

delnden A u f z ä h l u n g der Curiosa menschlichen Ir­

rens hinaus, zur A n e r k e n n u n g „eines der großartig­

sten Versuche systematisch­konstruktiver Weltbe­

trachtung, der je vom menschlichen Geiste g e w a g t w u r d e " (E. C a s s i r e r ) v o r g e d r u n g e n . Die zweite Schriftengruppe — von der ersten meist ignoriert — umfaßt als s o g e n a n n t e m o d e r n e Astrologie die immer noch anschwellende, sei es esoterisch ge­

meinte, sei es Populär­ und Vulgärliteratur der in­

f o r m i e r e n d e n Handbücher für alle diejenigen, die als Gläubige und A u s ü b e n d e vom Nach­, richtiger vom W i e d e r a u f l e b e n der Astrologie in unserer Ge­

g e n w a r t fasziniert sind. Gegen sie vor allem richtet sich, ohne das P h ä n o m e n als solches tiefer zu wür­

digen, die erneut wieder auf den Plan gerufene kritische A u f k l ä r u n g , d e r e n Polemik (zuletzt sehr eindrucksvoll bei Ludwig R e i n e r s ) freilich k a u m über die A r g u m e n t e hinauskommt, die bereits v o n den Gegnern im Altertum und im Mittelalter formuliert w o r d e n sind.

Die neue Arbeit Will­Erich P e u c k e r t s gehört in gewissem Sinne allen d r e i G a t t u n g e n an; das macht ihren b e s o n d e r e n Vorzug aus. Mit seinem rühmlich b e k a n n t e n T e m p e r a m e n t weiß der Autor die dem Laien sonst nur schwer zugänglichen philo­

logisch­geistesgeschichtlichen Ergebnisse der stren­

gen Einzelforschung aufzuschließen und zu einer verständlichen Ganzheit zusammenzufassen. W a s die Astrologie von heute angeht, so enthält sich Peuckert zunächst jedes ironischen Seitenblicks, nimmt sie vielmehr dokumentarisch ernst. Nicht etwa, weil er irgendwie an sie „glaubt" (dazu sein abschließendes Kapitel unter dem Titel: „Was dem Menschen erlaubt sei")! W e r wie er durchschaut, wie die Einflüsse, die der Mensch von den Kon­

stellationen zu e m p f a n g e n glaubt, sich aus Bestim­

m u n g e n ableiten, die er selber vorher auf die Ge­

stirne p r o j i z i e r t hat, wer die historische Genese dieser einzelnen Bestimmungen in all ihrer Zufällig­

keit und Widersprüchlichkeit auch nur einigermaßen übersieht, wer endlich e r k a n n t hat, daß die Viel­

deutigkeit des technisch so hochentwickelten Horo­

skops geradezu zur Selbsttäuschung auffordert — den werden auch die neuesten, mit beträchtlichem A u f w a n d durchgeführten Versuche statistischer O b e r p r ü f u n g (die Peuckert u n e r w ä h n t läßt) nicht mehr irremachen. Ungewiß, ob unter der astrologi­

schen Praxis der J a h r t a u s e n d e mit all ihren spiele­

risch­erfinderischen S y s t e m a t i s i e r u n g e n doch eine

gewisse Urerfahrung — sagen wir k ü h n : eine be­

sondere „Sternfühligkeit" der archaischen Bewußt­

seinslage — verschüttet w o r d e n ist: auf jeden Fall stellt die Astrologie, soweit wir sie übersehen, eine als solche einmal entwicklungsmäßig notwendig ge­

wesene, aber h e u t e leicht durchschaubare Selbst­

täuschung der Menschheit, einen m o n u m e n t a l e n Irr­

tum dar. Peuckert nimmt jenes W i e d e r a u f l e b e n , j e n e s immer noch organische W e i t e r s p i n n e n und Sich­Anpassen der alten Vorstellungen als geistes­

geschichtliches Phänomen, das er mit erstaunlichen Zitaten belegt, besonders auch als Symptom unse­

rer g e g e n w ä r t i g e n sozialpsychischen Lage und ihrer eigentümlichen seelischen Bedürftigkeit inmitten einer noch immer z u n e h m e n d e n Säkularisierung, Entmythologisierung, Entmagisierung unserer Welt.

Die 24 Abschnitte des Buches gewinnen, informie­

rend und interpretierend, dem Thema die verschie­

densten A s p e k t e ab — wie das bei Peuckerts mäch­

tiger Belesenheit sowie seinem von Assoziationen und Kombinationen bisweilen fast überwältigten Denken nicht v e r w u n d e r n kann. Manchmal über­

bordet sogar das Stoffliche (— mit seinen nicht im­

mer ganz v e r a r b e i t e t e n „Lesefrüchten" —) die Gren­

zen; auch scheint uns der spekulative Drang bis­

weilen allzu weit vom G e g e n s t a n d e abzuführen, so e t w a in der a n r e g e n d e n Skizze „Raum und Zeit".

Aber das sind die Mängel einer übergroßen Fülle, die sich k e i n e s w e g s nur eklektisch zu ihren Vor­

arbeiten verhält, sondern an manchen Stellen sogar zu historischen N e u a k z e n t u i e r u n g e n gelangt. So e t w a in Bezug auf die Frage, wieweit die astralen Omina des antiken Zweiströmelandes wirklich als Vorstufe der Astrologie im Sinne eines Ptolemäus anzusehen sind, oder in der liebevoll eindringen­

d e n Behandlung der A s p e k t e n l e h r e und ihrer har­

monikalen Beziehungen, a n denen noch ein K e p l e r gläubig festhielt.

Trotz der Aufgeschlossenheit und Toleranz des Autors, der hier, wie so oft, die Grenzen seines volkskundlichen Ausgangsbereichs erfolgreich über­

schritten hat, wird mancher Leser den einen oder a n d e r e n g e r a d e ihm wichtig erscheinenden Gesichtspunkt vermissen — das ist bei dem un­

endlichen Beziehungsreichtum des G e g e n s t a n d e s nicht a n d e r s möglich. Vielleicht hätte der Verfasser zum Beispiel, g e r a d e weil er auch die moderne Spielart der Astrologie auswertet, das e s o t e r i ­ s c h e Element e r w ä h n e n können, welches heute vor allem ihre gebildeten A n h ä n g e r fesselt. In der ge­

netischen A n a l y s e des Planetenglaubcns wird zwar die bei den H u m a n i s t e n der Renaissance zu einem ü b e r w e r t i g e n Komplex g e w o r d e n e Mystik der satur­

nischen Melancholie e r w ä h n t ; aber anläßlich der Ableitung des Tierkreises hätte d a s j e n i g e Moment h e r v o r g e h o b e n werden können, das für jene „höhe­

ren" Sterngläubigen von heute vielleicht der eigent­

liche Beweggrund ihrer so unkritischen Haltung ist:

glauben sie doch, ungeachtet der von Peuckert auf­

gezeigten ganz nüchtern­landwirtschaftlichen Ab­

leitung der zwölf zodikalen Bilder, bzw. Zeichen, in der Abfolge vom W i d d e r bis zu den Fischen so e t w a s wie die kosmisch symbolische Geheimschrift eines Mysterienwegs, einer l ä u t e r n d e n Persönlich­

keitsentwicklung zu erahnen.

Originalveröffentlichung in: Ruperto Carola 14 (1962), Nr. 31, S. 290-294

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Daß das aslrologisdie Denken die Menschenkunde und ihre charakterologische Typologie, daß es auf gewissen Entwicklungsstufen autosuggestiv das Ich­

bewußtsein, den Individualismus gefördert hat — j e n e nachtwandlerische Erfolgssicherheit derer, die

„an ihren Stern glauben": beides gehört zu den auch positiven Bewirkungen, zu der geistesgeschichtlichen F r u c h t b a r k e i t eines — w e n n man will — gran­

diosen Irrtums. Vielleicht sieht Peuckert, mit seiner b e w u n d e r n s w e r t e n Einfühlungsgabe, diesen Punkt aber abweichend; sonst w ä r e er auch darauf einge­

gangen.

A n d e r s steht es mit der W i e d e r s p i e g e l u n g in der b i l d e n d e n K u n s t , die dadurch selbst zu einer Quelle des Verständnisses g e w o r d e n ist. Peuckert hat den Reflex der Astrologie in Baukunst, Plastik,

Graphik, Malerei und Textilkunst offenbar b e w u ß t beiseitegelassen, denn dies u m f a s s e n d e Kapitel der Ikonographie (von den Kunsthistorikern selbst noch immer vernachlässigt) w ü r d e ein eigenes illustrier­

tes Buch füllen.

Die volle W ü r d i g u n g des Planes, nach welcher der V e r f a s s e r seine Arbeit angelegt hat, wird sich uns erst ganz erschließen, w e n n seine beiden a n d e r e n a n g e k ü n d i g t e n Untersuchungen vorliegen werden — nämlich die zwei Bände über die Alchemie und über die Magie. Diese dem Sternglauben eng verschwister­

ten „Disziplinen" und Praktiken sollen sich mit dem vorliegenden W e r k zu einem geistesgeschichtlichen Triptychon zusammenschließen — w o v o n eine lehr­

reiche wechselseitige Erhellung e r w a r t e t werden kann. Gustav F. H a r t l a u b

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