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Archiv "Alter, Altern und Bewegung" (19.03.2004)

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M E D I Z I N

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A788 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1219. März 2004

D

ie aktuelle sozialpolitische Diskussi- on dreht sich zurzeit oftmals um das Alter. Die Zunahme älterer Men- schen mit einer Umkehr der Alters- pyramide bestimmt die Planungen der so- zialen Sicherungssysteme. Rund 20 Mil- lionen Deutsche werden im Jahr 2004 über 60 Jahre alt sein. Die Lebenserwar- tung nimmt zu, ältere Menschen sind in der Regel biologisch jünger als in frühe- ren Zeiten (6), viele sind bis ins höhere Alter in vielerlei Hinsicht aktiv. Voraus- setzungen sind geistige und körperliche Fitness. Hierunter versteht man in diesem Zusammenhang die geistigen und kör- perlichen Voraussetzungen, um den An- forderungen des täglichen Lebens ge- wachsen zu sein (3).

Maßnahmen zur Verzögerung des Al- terungssprozesses sind verschiedene me- dizinische und pseudomedizinische Ver- fahren, die gerne als „Anti-Aging“ be- zeichnet werden. Dabei kann man das chronologische Altern nicht aufhalten, wohl aber die biologischen Alterungsvor- gänge. Hierbei haben aber bisher alle Pil- len, Hormone, Sauerstoffgaben und or- thomolekulare Verfahren versagt: Diese können die funktionelle Alterung nicht aufhalten. Der Wunsch, statt aktiver Be- wegung oder manchmal auch anstrengen- der, schweißtreibender Aktivitäten, nur eine Pille zu schlucken, um gesund zu bleiben und alt zu werden, ist für viele ein Traum. Die in der Diskussion befindliche

„polypill“, in der Acetylsalicylsäure, ein Statin, Folsäure und drei Antihypertensi- va kombiniert werden, verstärkt diesen Wunsch.Es ist verlockend,am Morgen ei- ne Tablette für ein langes Leben zu schlucken, dafür aber seinen Lebensstil mit begleitenden Risikofaktoren wie Übergewicht, Nikotinkonsum, Fehl- ernährung und Inaktivität beizubehalten.

Nachweislich vermag nur regelmäßige körperliche Aktivität den biologischen Alterungsprozess aufzuhalten (3, 5).

Hieraus resultieren aktuelle Empfehlun-

gen (2–5). Nur wer regelmäßig körper- lich aktiv ist, kann auch im Alter aktiv sei- nen Interessen und Aufgaben nachgehen.

Nur der körperlich aktive ältere Mensch erhält seine Lebensqualität und behält seine Selbstbestimmung über einen mög- lichst langen Zeitraum. Aus diesem Grund wird älteren Menschen zur regel- mäßigen, möglichst täglichen Bewegung und körperlicher Aktivität geraten. Be- wegung umfasst alle körperlichen Akti- vitäten des täglichen Lebens wie Trep- pensteigen, zu Fuß Erledigungen ma- chen, den Hund ausführen oder auch bei längeren Besorgungen auf Auto,Bus oder Bahn zu verzichten. Haus- und Gartenar- beit zählen zum Bewegungsprogramm des älteren Menschen. Wichtig erscheint, dass diese Aktivitäten als Trainingsanreiz angesehen werden. Jede Bewegung macht fit, auch kleinere Übungseinheiten während des Tages summieren sich. All- tagsbelastungen sollen bewusst als Trai- ning und weniger als mühsame Bewe- gung verstanden werden.

Altersangepasstes Training

Zusätzlich sollte ein altersangepasstes Trainingsprogramm empfohlen werden.

Die beispielsweise von Älteren bevor- zugten Sportarten, wie Schwimmen, Wandern, Kegeln, Gymnastik und der so genannte Seniorensport, sind vor allem zu empfehlen. Diese Sportarten sollten drei-, viermal oder häufiger pro Woche durchgeführt werden, um einen Trai- ningseffekt zu erzielen (2).

Wie in dieser Ausgabe des Deutschen Ärzteblatts ausführlich dargestellt (4), umfasst körperliche Aktivität neben Aus- dauertraining als Basis auch dosiertes Krafttraining, Gymnastik mit Beweglich- keitsübungen und Training der lokalen

Muskelausdauer (3). Entscheidend bei dieser Empfehlung und Forderung ist, dass der ältere Mensch nur durch eigene Aktivität, manchmal auch durch Ände- rung des Lebensstils, dazu beitragen kann, seine Gesundheit und Leistungs- fähigkeit zu erhalten. Dieses umfassende Trainingsprogramm, einschließlich eines anteiligen Krafttrainings, vermag auch die im Alter erhöhte Sturzneigung mit ihren Folgen deutlich zu reduzieren.

Diese Übungs- und Trainingsempfeh- lungen gelten mittlerweile auch für Kran- ke. Es ist heute ebenso evidenzbasiert be- legt, dass bei Herzinsuffizienz oder chro- nisch obstruktiver Atemwegserkrankung regelmäßiges Üben und Trainieren unter fachkundiger Anleitung zu einer deutli- chen Funktionsverbesserung führt. Inak- tivität verschlechtert bei diesen und ande- ren Krankheiten das Befinden und för- dert weitere Begleitkrankheiten wie Thrombose oder Pneumonie. Die Aus- wirkungen einer körperlichen Inaktivität, seit mehr als 30 Jahren bekannt, sind kürzlich noch einmal eindrucksvoll in ei- ner Studie belegt worden (7).

Bei Herzinsuffizienz unterschiedlicher Genese und chronischer Bronchitis zählt körperliches Training inzwischen zur Ba- sistherapie. Hier müssen nicht nur Patien- ten, sondern auch Ärzte umlernen. Viele Ärzte empfehlen (immer noch) bei ver- schiedenen Krankheiten körperliche Schonung oder raten von jeglicher kör- perlichen Aktivität ab. Inaktivität ist auch bei Stoffwechselerkrankungen oder de- generativen Gelenkerkrankungen meist kontraindiziert und nimmt den Patienten sehr viel von ihrer Lebensqualität. Kran- kengymnastik und dosiertes Training sind mitunter wirksamer als viele Pharmaka.

Die sportmedizinischen Erkenntnisse haben wesentlich dazu beigetragen, kör- perliche Aktivität als elementaren Be- standteil des täglichen Lebens zu etablie- ren. Leider ist diese Feststellung noch nicht Allgemeinwissen. Risikoabschät-

Alter, Altern

und Bewegung

Herbert Löllgen

Editorial

Medizinische Klinik I Sana-Klinikum, Remscheid (Direk- tor: Prof. Dr. med. Herbert Löllgen), Remscheid

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Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1219. März 2004 AA789

zungen verschiedener nationaler und in- ternationaler Gremien betonen zu sehr die Bedeutung des Fettstoffwechsels be- ziehungsweise die Rolle der Lipidsenker (8).Die Auswirkungen körperlicher Akti- vität auf Mortalität und Morbidität, auch im Alter, sind vergleichbar mit den Wir- kungen teurer Medikamente (5).

Bei den Empfehlungen zu mehr Bewe- gung, körperlicher Aktivität und Sport ist nicht der ältere Leistungssportler der Adressat, sondern der Mensch, der auch mit 75 oder 85 Jahren in der Lage ist, sich selbst zu versorgen und selbstständig le- ben zu können. Sportorganisationen und Vereine haben hier die Aufgabe, gesund- heitsorientierte Sportangebote älteren Menschen anzubieten.

Mit körperlicher Aktivität kann das Leben verlängert werden (3, 5).Wichtiger aber ist es, Selbstständigkeit und Lebens- qualität im Alter durch Übung, Training und Bewegung zu erhalten. Täglich ein Spaziergang zwischen 30 und 60 Minuten wäre bereits ausreichend.Wer nicht weiß, wie er anfangen oder was er seinen Pati- enten raten soll,kann auf die Empfehlung der Sportärzte „Bewegung und Sport:

Anfangen ja, aber wie“ zurückgreifen (1).

Manuskript eingereicht: 17. 11. 2003, revidierte Fassung angenommen: 18. 11. 2003

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2004; 101: A 788–789 [Heft 12]

Literatur

1. Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Präventi- on e.V. www.dgsp.de

2. Dickhuth HH, Löllgen H: Trainingsberatung für Sport- treibende. Dtsch Arztebl 1996; 93 A-1192–1198 [Heft 18].

3. Hollmann W, Hettinger Th: Sportmedizin 4. Auflage, Stuttgart: Schattauer 2000.

4. Jeschke D, Zeilhofer: Altern und körperliche Aktivität.

Dtsch Arztebl 2004; 101: A 789–798 [Heft 12].

5. Löllgen H: Primärprävention kardialer Erkrankungen.

Dtsch Arztebl 2003; 100: A 987–996 [Heft 15].

6. Lubitz J, Cai L, Kramarow E, Lentzner H: Health, life ex- pectancy, and health care spending among the elderly.

N Engl J Med 2003: 349; 1048–1055.

7. McGuire DK,Levine BD,Williamson JW, Blomquist G, Saltin B:A 30-year follow-up of the Dallas bed-rest stu- dy: effect of age on cardiovascular adaptation to exer- cise training. Circulation 2001; 104: 1358–1366.

8. Naghavi M et al.: From vulnerable plaque to vulnerable patient. Circulation 2003; 108: 1772–1778.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Herbert Löllgen Sana-Klinkum Remscheid Medizinische Klinik I

Burgerstraße 211, 42859 Remscheid E-Mail: Herbert.Loellgen@gmx.de

B

evölkerungsstrukturen mit Überal- terung haben in modernen Gesell- schaftsformen zu einer wirtschafts-, sozial- und gesundheitspolitischen Pro- blematik geführt (55), deren Lösung ei- genverantwortliche finanzielle, beson- ders aber gesundheitliche Vorsorge er- fordert. Epidemiologische Studien (5, 6, 7, 9, 11, 21, 37, 71, 73, 81, 83, 90, 92, 97) lehren, dass in den Lebensstilfaktoren Ernährung, Genussmittelkonsum und körperliche Aktivität ein ungenutztes Präventionspotenzial liegt, durch das sowohl das Morbiditätsrisiko an im Al- ter häufigen chronischen Krankheiten

gesenkt als auch „erfolgreiches Altern“

(38, 55), das heißt, eine hohe Lebenser- wartung ohne wesentliche psychophysi- sche Behinderung und Einbußen in der Lebensqualität, ermöglicht wird.

Regelmäßige und gezielte körperli- che Aktivitäten in Form von Gymnastik galten schon zu Sokrates und Hippo- krates Zeiten als wesentliche Maßnah- men, um ein hohes Alter bei psychophy- sischem Wohlbefinden zu erreichen (16). „Körperlich und geistig fit zu blei- ben„ stellt laut demoskopischen Erhe- bungen (15) für circa 90 Prozent der über 55-Jährigen heute das wichtigste Lebensgut weit vor „lange zu leben“

und „ein hohes Alter zu erreichen“ dar.

Seit Jahrzehnten informieren Medien über die gesundheitliche Wertigkeit von

Altern und

körperliche Aktivität

Dieter Jeschke, Karlheinz Zeilberger

Zusammenfassung

Regelmäßige körperliche Aktivität im Sinne eines Trainings wurde in den letzten Jahrzehnten als ein wesentlicher Lebensstilfaktor erkannt, durch den „erfolgreiches Altern“ bei vermindertem Ri- siko an chronischen Erkrankungen erreicht werden kann. Regelmäßiges körperliches Training ist eine der kostengünstigsten Präventivmaßnahmen, von der circa 90 Prozent der über 50-Jährigen profitieren könnten. Die ärztliche Beratung ist beim Durchbrechen eines körperlich inaktiven Le- bens entscheidend. Neben der Basisempfehlung, lokomotorische Alltagsaktivitäten bewusst zu steigern, sollte ein angeleitetes, komplexes Trainingsprogramm mehrmals pro Woche empfohlen werden. Einen Schwerpunkt sollte dabei die Verbesserung/Erhalt der neuromuskulären Funktion (Koordination, Kraft, Beweglichkeit) des gesamten Körpers bilden, um die motorischen Grundvor- aussetzungen für die Gestaltung des alltäglichen Lebensspielraums ohne erhöhtes Sturzrisiko zu sichern. Ein weiterer Schwerpunkt sollte auf ausdauernde Beanspruchungen gelegt werden, um degenerativen kardiovaskulären Erkrankungen vorzubeugen.

Schlüsselwörter: Alterungsprozess, körperliche Aktivität, Prävention, Training, Sportmedizin

Summary

Effects of Physical Activity on the Process of Aging

In the last decades, regular physical activity, particularly physical exercise was recognized as a sub- stantial lifestyle factor for successful, healthy aging. About 90 per cent of the German population older than 50 years would gain a benefit by this low expensive preventive measure. Medical con- sultation plays an important role in breaking through a inactive lifestyle in the elderly. Besides in- creased everyday activities a complex and guided physical exercise programme several times a week should be recommended. In untrained subjects, primary improvement/maintenance of neu- romuscular functions (co-ordination, resistance, flexibility) of the whole body is necessary to cover basic conditions for self-confident formation of daily life without risk of fall. Secondary, endurance activities should optimize cardiovascular and metabolic functions in order to prevent cardiovas- cular diseases. A weekly energy consumption of > 60 kJ/kg body weight by muscular activity should be the target.

Key words: aging process, physical activity, prevention, physical exercise, sports medicine

Lehrstuhl und Poliklinik für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin (Direktor: Prof. Dr. med. Martin Halle) der Technischen Universität, München

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