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Archiv "Medizinische Informatik" (02.12.1983)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin DEFINITION

Medizinische Informatik

Die Informatik als Wissenschaft von den informationsverarbeiten- den Systemen und Prozessen will dieses Arbeitsgebiet theoretisch durchdringen und praktisch nut- zen; insbesondere will sie Lösun- gen angeben für die Aufgabe, mit Computern Daten zu erfassen, zu speichern, zu verarbeiten und dar- zustellen.

Sie stützt sich dabei auf die Ma- thematik, die Physik und die Nach- richtentechnik.

Die Informatik läßt sich in vier Teil- bereiche gliedern:

• Die theoretische Informatik nutzt die Mathematik zur Erken- nung und formalisierten Beschrei- bung der prinzipiellen Gesetzmä- ßigkeiten von Datenstrukturen und ihrer Verarbeitung;

Q die technische Informatik be- schäftigt sich mit dem Aufbau und der Konstruktion von Rechnern aus den elektronischen Bauteilen wie Schaltnetzen, Registern und Speichern und greift dabei we- sentlich auf die Nachrichtentech- nik zurück;

O die praktische Informatik hat die Praxis der Programmier- und Informationssysteme zum Inhalt;

Programmiersprachen, Program- me zur Übersetzung von Program- miersprachen, die Theorie der for- malen Sprachen, Betriebssysteme und Datenbanksysteme sind eini- ge ihrer Arbeitsgebiete;

e)

die angewandte Informatik nutzt die Erkenntnisse der Kernin- formatik für Anwendungen in den verschiedenen Bereichen der Wis- senschaft und des täglichen Le- bens. Neben der Technik, dem kommerziellen Bereich, der Ver- waltung, der Organisation und dem Verkauf ist auch die Medizin ein Anwendungsgebiet für EDV- Anlagen.

Die medizinische Informatik ist da- mit ein Teilgebiet der angewand- ten Informatik und entsprechend stärker anwendungsorientiert als die reine Informatik. Als interdiszi- plinäres Fach ist sie Teilgebiet so- wohl der Informatik als auch der theoretischen Medizin.

Ziele der

medizinischen Informatik

Die medizinische Informatik ist als wissenschaftliche Disziplin für alle Fragen der Informationsverarbei- tung in der Medizin zuständig. Da- zu gehören Gewinnung, Überprü- fung, Speicherung, Verarbeitung,

Interpretation und Wiedergabe von Informationen.

Im besonderen soll die medizini- sche Informatik die zunehmende Menge an Informationen, die am Patienten gewonnen werden, aber auch in der Literatur zur Verfü- gung gestellt werden, verarbeiten und bewältigen helfen.

Sie soll Verfahren entwickeln, die die im Medizinbetrieb für Ent- scheidungsprozesse nötigen In- formationen in optimaler Weise zur Verfügung stellen. Schwierig- keiten bei der Lösung dieser Auf- gaben ergeben sich u. a. schon aus der Tatsache, daß in der Medi- zin die Daten im allgemeinen de- zentral anfallen und auch dezen- tral benötigt werden, bei Einsatz einer EDV-Anlage aber zentral ge- speichert und verwaltet werden.

Die medizinische Informatik soll bei der Übermittlung der Daten, bei der durch steigende Anzahl und zunehmende Qualitätsan- sprüche an die Daten selbst ver- mehrt Probleme auftreten, Entla- stung für die manuelle Datenüber- mittlung bringen; die Inanspruch- nahme von medizinisch qualifi- ziertem Fachpersonal für diese Aufgaben in einem Maße, wie es heute der Fall ist, ist nicht sinnvoll.

Sie soll Aufgaben bei der Planung und Organisation des Medizinbe- triebes übernehmen. Dazu gehö- ren neben der Planung des dia- gnostischen Untersuchungsgan- ges und des Therapieablaufes z.

B. Planungsaufgaben bei der Vor- sorgemedizin, wo große Bevölke- rungsgruppen zu untersuchen sind.

Systematik der

medizinischen Informatik

Bei dem Versuch, das Fach zu gliedern, liegt eine Einteilung nach den medizinischen Anwen- dungsgebieten nahe, also die Un- terscheidung von EDV-Anwendun- gen z. B. in der Laboratoriumsme- dizin, in der Intensivmedizin, in der Radiologie.

Die meisten Darstellungen in der Vergangenheit gründeten auf die- ser Einteilung und behandelten z. B. das Krankenhaus-Informa- tionssystem, die medizinische Do- kumentation, Patientenaufnahme- systeme, die Labordatenverarbei- tung, die Biosignalanalyse, den EDV-Einsatz in der Radiologie und das Patientenmonitoring in Folge.

Eine solche Gliederung ist an- schaulich, da sie die Beziehungen zu der Grundwissenschaft Medizin deutlich macht. Für eine ordnende Einteilung ist aber eine Gliede- rung besser geeignet, die die in der Medizin anstehenden Proble- me und Lösungen der Informatik stärker systematisiert und damit die Gemeinsamkeit der von dem Fach bei den verschiedenartigsten Anwendungen eingesetzten Me- thoden stärker betont und deutli- cher werden läßt.

Eine Einteilung nach den medizi- nischen Anwendungsgebieten läuft leicht Gefahr, ohne systema- tisches Ordnungsprinzip zu einer Ansammlung und Nebeneinander- stellung von Beispielen realisierter Anwendungen von EDV-Anlagen im medizinischen Bereich zu wer- den und damit der wissenschaftli- chen Systematik zu entbehren. >

Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 48 vom 2. Dezember 1983 55

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Medizinische Informatik

Die systematischere Gliederung orientiert sich an dem allgemeinen Prozeß jeder Datenverarbeitung wie er bei dem Datenverarbei- tungssystem Mensch, aber auch bei dem Datenverarbeitungssy- stem Computer abläuft.

Kann man auf dieser Basis allge- mein gültige Regeln erkennen und ableiten, dann brauchen für spe- zielle Anwendungen diese ab- strakten Lösungen nur noch an die Situation adaptiert und kon- kretisiert zu werden.

Die medizinische Informatik ist ei- ne mehr theoretisch orientierte Wissenschaft, die EDV-Einsatz- möglichkeiten in der Medizin sind ihre Anwendungen in der klini- schen Praxis.

1. Daten und Datenstrukturen Das Teilgebiet der Daten und Da- tenstrukturen beschäftigt sich mit den in der Medizin auftretenden Daten und den Konzepten zu ihrer Ordnung.

Die in der Medizin vorkommenden Datenarten wie numerische Daten, Klartext, ein- und zweidimensiona- le bildliche Darstellungen erfor- dern verschiedene Arbeitsweisen zur Erfassung, Verarbeitung und Wiedergabe.

Daten und Merkmale haben — ge- rade in der Medizin — Beziehungen zueinander, z. B. schon zeitlicher Art, die als Datenstrukturen kon- kretisiert werden können.

Typische Datenstrukturen in der Medizin sind der Krankenblatt- kopf, die Krankengeschichte, Ana- mnese, Basis- und Verlaufsdoku- mentation.

2. Datenerhebung

Mit der Datenerhebung beginnt der eigentliche Prozeß der Daten- verarbeitung. Dabei unterscheidet man die Datengewinnung durch den Menschen, die Datenerfas- sung als Fixierung auf einem zweckmäßigen maschinenlesba-

ren Datenträger und die Datenein- gabe in den Computer. Aufgaben dieses Teilgebietes sind z. B. die Entwicklung zweckmäßiger Orga- nisationsformen zur Datenerfas- sung, die Entwicklung geeigneter und günstiger Erfassungsmetho- den und -belege wie Markierungs- belege, Klartextbelege und Bild- schirmeingaben, die Fehlerkon- trolle und -erkennung bei den me- dizinischen Daten.

Hierbei differieren z. B. die Verfah- ren für die Fehlerkontrolle bei La- borwerten stark von den Verfah- ren zur Aufdeckung und Korrektur von Schreibfehlern in medizini- schen Texten oder zur Elimination von Störungen auf Biosignalen.

3. Datenspeicherung

Fragen der Datenspeicherung be- treffen die Abbildung der logi- schen Datenstrukturen auf den von der EDV-Anlage zur Verfü- gung stehenden physikalischen Speichermedien.

Damit die Relationen zwischen den Daten bei der Wiederdarstel- lung deutlich bleiben oder werden und die Wiedergabe zeitlich opti- mal ist, sind Überlegungen und Verfahren hinsichtlich des besten Zugriffs zu den gespeicherten Da- ten hier von besonderer Bedeu- tung.

4. Informationsbildung

Bei der Informationsbildung soll aus den Daten und ihren Relatio- nen der wesentliche Informations- gehalt herausgezogen werden.

Dazu ist die Information aus den Störungen herauszufiltern, die wichtigen sind von den unwichti- gen Daten zu trennen, die Daten sind zusammenzuführen, formale Fehler zu kontrollieren, Redun- danzen zu berücksichtigen, und letzten Endes sind die Informatio- nen zu klassifizieren und in die richtige Anordnung zu bringen.

Aus den Basisdaten sind Informa- tionen höherer Bedeutung zu ge- winnen; z. B. ist aus den einzelnen

Befunden eine Diagnose zu er- stellen.

Voraussetzung für die Informa- tionsbildung ist zunächst die Spei- cherung der — möglicherweise auch dezentral erfaßten — Daten und anschließend der Einsatz des medizinischen Fachwissens.

Weiter gehören zu diesem Teilge- biet die fachgerechte Aufberei- tung der Daten zur Speicherung, aber auch arithmetische . Rech- nungen.

Auch die Verarbeitung der Primär- informationen im Hinblick auf eine zweckmäßige Aufbereitung und Darstellung gehört zu diesem Teil- gebiet.

Die auf diesem Teilgebiet einge- setzten mathematischen Verfah- ren sind zum Teil außerordentlich kompliziert und werden noch in vielen Fällen durch Lücken und den Mangel an Wissen über die prinzipiellen Vorgänge des Infor- mationsbildungsprozesses über- haupt behindert.

Voraussetzung für die Übertra- gung von Aufgaben an eine EDV- Anlage ist aber die Möglichkeit, dafür einen Algorithmus entwik- keln zu können. Dies jedoch setzt ein Modell voraus, nach dem die Informationsverarbeitung und -bil- dung formalisiert werden kann.

Aufgabe der medizinischen Infor- matik ist u. a. die Entwicklung sol- cher Modelle, da ihr Fehlen letzt- lich die tiefere Ursache für unbe- friedigend verlaufene und verlau- fende Versuche zum Einsatz von EDV-Anlagen in der Klinikroutine waren und sind.

Nur wenn solche Modelle zur Ver- fügung stehen, können Prozesse formalisiert und entsprechende Programme geschrieben werden.

5. Informationsübermittlung Eine wichtige Rolle im Betriebsab- lauf eines Klinikums spielt die Wei- tergabe dokumentierter und ge- 56 Heft 48 vom 2. Dezember 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Medizinische Informatik

speicherter Daten und Informatio- nen, Befunde, gemessener Werte, ärztlicher Anordnungen von ei- nem Organisationsbereich des Kli- nikums in einen anderen, z. B.

vom Labor in den Pflegebereich oder vom Pflegebereich in die Ver- waltung.

Gerade bei der Verteilung der In- formationen zwischen den ver- schiedenen Organisationsberei- chen des in betriebswirtschaftli- cher Hinsicht komplex aufgebau- ten Systems Klinik können EDV- Anlagen wichtige und nützliche Dienste leisten.

6. Informationswiedergabe Bei der Informationswiedergabe sollen Primär- und höherwertige Informationen, die z. B. durch die Verarbeitung gewonnen wurden, dem Benutzer in einer geeigneten, von ihm gewünschten und zweck- mäßigen Form zur Verfügung ge- stellt werden.

Entsprechend muß sich die Wie- dergabeform an der Fragestellung des Informationsbenutzers orien- tieren.

Auch hier fehlen noch systemati- sche Modelle für die Art der Bezie- hungen zwischen den für eine Fra- gestellung relevanten und weniger relevanten Informationen.

Probleme und Aufgaben der zweckmäßigen Informationswie- dergabe reichen von einer zweck- mäßigen tabellarischen Darstel- lung von zum Beispiel Laborwer- ten oder der einprägsamen gra- phischen Unterscheidung von normalen und pathologischen Werten bis zur vollautomatischen Synthese eines ganzen Briefes durch eine Maschine, ein Teilge- biet der medizinischen Informatik, das als automatische Arztbrief- erstellung praktische Bedeutung hat. A. Habermehl

Literatur

Wingert, F.: Medizinische Informatik, B. G.

Teubner Verlag Stuttgart (1979)

Prostata-Karzinom

Wesentliche Grundlage jeder Be- handlung eines Malignoms, insbe- sondere des Prostatakarzinoms, ist

1. die Früherkennung und 2. die Stadieneinteilung.

Beim Prostatakarzinom existiert bislang kein einfaches und zuver- lässiges Screening-Verfahren.

Weder im Serum noch im Urin treten signifikante Änderungen von prostataspezifischen Enzymen oder Hormonen auf.

Lediglich im Prostatagewebe selbst entstehen unterschiedliche Steroidhormonkonzentrationen, die zur Unterscheidung zwischen einem Karzinom und einer beni- gnen Prostatahyperplasie heran- gezogen werden könnten.

Während beim Prostatakarzinom Androstendion, östradio1-17f3 und Testosteron erhöht sind, liegt bei der Prostatahyperplasie 5a-Di- hydrotestosteron (DHT) in erhöh- ter Konzentration vor.

Wie wichtig die Früherkennung ist, zeigt sich in den Korrelationen zwischen Tumorstadium, histolo- gischer Klassifikation und Überle- bensrate: Mit zunehmender Größe des Herdes steigt die Anzahl der niedrig- bzw. entdifferenzierten Tumoren.

Dementsprechend sinkt die Le- benserwartung der Patienten ra- pide.

Als einzige Möglichkeit der kurati- ven Therapie existiert die radikale Prostatektomie mit ihren Neben- wirkungen wie erektive Impotenz, totale oder Streßinkontinenz, Bla- senhalskontrakturen und Striktu- ren der Harnröhre sowie den allge- meinen postoperativen Risiken.

Bislang wurden — weil kein zuläs- siges Screeningverfahren existiert

FÜR SIE GELESEN

— nur 5 bis 15 Prozent aller Pro- statakarzinome in einem opera- blen Stadium diagnostiziert.

Mit der Entwicklung der transrec- talen Sonographie könnte es mög- lich sein, daß die Zahl der opera- blen Prostatakarzinome in Zukunft ansteigt.

Momentan ist eine differentialdia- gnostische Unterscheidung von Prostataadenom und -karzinom, insbesondere bei Vorliegen von Entzündungen und Steinen, oft noch unmöglich.

Die palliative Therapie bleibt damit weiterhin für das fortgeschrittene Prostatakarzinom aktuell.

In der Verabreichung von Gonado- tropin-Releasing-Hormon liegt ein neuer Therapieansatz, dessen er- ste Ergebnisse vielversprechend klingen.

Bei 12 Männern mit fortgeschrit- tenem Prostatakarzinom ver- schwanden unter Gonadotropin- Releasing-Hormonen die Kno- chenschmerzen.

Das Testosteron sank auf Werte wie nach beidseitiger Orchiekto- mie ab.

Eine Verkleinerung der Tumor- massen bzw. ein Zurückgehen von Lungen- und Knochenmetastasen sowie ein Sinken der ursprünglich erhöhten sauren Phosphatase wa- ren objektivierbar.

Abschließend muß ein immer wie- der diskutiertes Thema ange- sprochen werden: Die Streuung von Prostatazellen, zum Beispiel durch transurethrale Resektion.

Bei vergleichenden Untersuchun- gen konnte gezeigt werden, daß die transurethrale Resektion we- der auf die Überlebensrate noch auf die Progression (Metastasen- aussaat) einen signifikanten Ein- fluß hat. shz

World Journal of Urology, Vol 1, Nr. 1 (1983):

Prostatic Carcinoma, Ed.: D. F. Paulson, Springer International

Ausgabe A DEUTSCHES ARZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 48 vom 2. Dezember 1983 59

Referenzen

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