• Keine Ergebnisse gefunden

Unternehmerin Kommune:

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Unternehmerin Kommune:"

Copied!
132
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

AUSGABE 02 / NOVEMBER 2017

21. JAHRGANG

„25 Jahre Stromvergleich“

Interview mit Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt

Folk und Weltmusik in Rudolstadt Ein Festival erfindet sich neu

„20 Jahre Liberalisierung“

Interview mit Martin Riechel, Vorstandschef der Thüga AG

„15 Jahre Energiewende“

Namensbeitrag des ehemaligen Bundesumweltministers

Jürgen Trittin

Die QSERV-Initiative

Ein Gütesiegel für den Tourismus und für die Kommunen

Deutlicher Rechtsruck

Die nationalen Parlamente der EU-Mitgliedsstaaten

Die Bretter, die die Welt bedeuten Interview mit Prof. Dr.

Wolfgang Engler, Rektor der

„Ernst-Busch-Hochschule für Schauspielkunst“

S. 5

S. 77 S. 43

S. 57

S. 94

S. 113 S. 99

Titelthema

Kommunalwirtschaft aktuell

Forum Neue Länder

Inspirationen/Informationen Aus Forschung und Lehre

www.unternehmerin-kommune.de

Partnersch aft als Ge schäftsm odell Redaktions gespräch mit Lud ger

Rethman n und we iteren M anagern des Dase insvorso rge-Verbu ndes

REMOND IS (S. 47)

Zur Diskussion:

Ihre Meinung unter

www.unternehmerin-kommune.de

(2)

Lassen Sie uns gemeinsam die Zukunft Ihres Stadtwerkes erfolgreich gestalten!

www.stadtwerkezukunft.de

Wie sichern Sie

die Zukunft Ihres Stadtwerkes?

Gemeinsam!

(3)

UNTERNEHMERIN KOMMUNE • AUSGABE 02 / NOVEMBER 2017 3 Inhaltsverzeichnis

Zum Titelbild:

Hier in Stendal begann 1992 mit dem Stromstreit vor dem Bundesverfassungsgericht die Renaissance der ostdeutschen Kommunalwirtschaft.

INSPIRATIONEN / INFORMATIONEN FORUM NEUE LÄNDER

KOMMUNALWIRTSCHAFT AKTUELL

90 94

98 82

86 11

47 20 16

52 25

57

33

65

41

70

73

28

61

38

68

72

104 113 22

99 77 5

43 4

Sparkassen-Tourismusbarometer 2017 Tourismus Im Land Brandenburg

Halbjahrespressekonferenz des Ostdeutschen Sparkassenverbandes (OSV) Pilotprojekt zur Reinigung der Berliner Grünflächen durch die BSR

Die Genesis der ostdeutschen Energiestrukturen

Öffentliche Daseinsvorsorge und privates Engagement

„Forum Kommunalwirtschaft Thüringen“ erinnert am Gründungsort Gotha an 150 Jahre Thüga

Der Stromvergleich und seine Auswirkungen auf die kommunale Wirtschaft in Ostdeutschland

Die aktuellen Herausforderungen der kommunalen Versorgungswirtschaft

Leistungsfähiges Internet im Müritz-Nationalpark

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Verbundnetz für kommunale Energie

Energiewende made in Germany

Kommunen und VNG:

Das Abschalten des letzten Atomkraftwerks 2022 und der optimale Energiemix

VfkE im Spannungsfeld der Energiewende

Synergien nutzen, Kompetenzen bündeln

Es gibt spezifische Aufgaben für die Stadtwerke In der Energiewende

Austausch organisieren und für gemeinsame Standpunkte werben

Wie es nach der Bundestagswahl energiepolitisch weitergehen müsste

Strategische Ausrichtung der Kommunalwirtschaft

Neues Brandenburger Energieeffizienz-Netzwerk von zehn Städten und Gemeinden

Stadtwerke und E-Mobilität:

Die administrative Gliederung der Republik Indien Die Parlamente der EU

Auf dem Weg zu einer modernen Gasversorgung

Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“:

Das Rudolstadt-Festival feierte 2017 einen neuen Besucherrekord Votum gegen die Wegmoderation von Problemen und Weichspülerei

Das Stadtwerk der Zukunft ist ein Kooperationsmodell

Übernachtungen stabil, Preise und Auslastung steigen Mit hoher Qualität zu mehr Übernachtungen

Besser als erwartet Effiziente Arbeitsteilung über administrative Grenzen

Der Kampf ums eigene Stadtwerk

Strikt getrennt oder geschickt vernetzt?

Kommunalwirtschaftliche Netzwerke und die Daseinsvorsorge im 21. Jahrhundert

Was wäre wenn?

Regulierung, Innovation und Kooperation

Signifikanter Fortschritt Ein Mann der ersten Stunde

Vom Ausstieg aus der Atomkraft und dem Einstieg in die Zukunft

Erprobte Allianz mit zunehmender Bedeutung

Über eine Wette und ob die Energiewende ins Straucheln kommt?

„Regionale Stadtwerke-Bündnisse gewinnen enorm an Bedeutung“

Mit Energie zu schnellem Internet

„Wir wollen aber keine Lex Kommunalwirtschaft schreiben“

Kämpferisch und konstruktiv

Ein heterogener Verband für ein komplexes System

Vom Stromvergleich zur Sektorkopplung – Welche Geschäftsfelder sind heute für Stadtwerke interessant?

Kommunale Gemeinschaft für mehr Klimaschutz

45.000 neue Ladepunkte bis 2020

Noch immer ein Entwicklungsland Heterogene Parteienlandschaft Eine kommunale Konstante

Mit Brecht, Stanislawski und einem ostdeutschen Rektor die erfolgreichste in Deutschland

Weltmusik in Rudolstadt

„Höre nie auf, quer zu denken!“

Es gibt einen Marktdruck für Verbundlösungen Prolog

123 130 Bücher

Epilog / Impressum

AUS FORSCHUNG UND LEHRE

TITELTHEMA

(4)

Liebe Leserin, lieber Leser,

Daseinsvorsorge. Was ist das eigentlich genau? Wer ist dafür verantwortlich, wer kann und darf die Leistungen erbringen? Was passiert, wenn diese An- gebote zwar unter allen Umständen benötigt werden, sie aber nicht rentierlich dargebracht werden können bzw. nur zu Preisen oder Gebühren, die der All- gemeinheit nicht zugemutet werden können? Und schließlich und endlich: wem sollen die Infrastrukturen gehören, die für die meisten Leistungen der Daseins- vorsorge eine unabdingbare Voraussetzung darstellen?

Mich treibt schon seit geraumer Zeit das Gefühl um, dass wir mit diesem Thema oberflächlich, semantisch unpräzise und auch deshalb zunehmend beliebig um- gehen. Das ist dem Gegenstand weder angemessen, noch zuträglich. Ich halte es deshalb für erforderlich, einen umfassenden gesellschaftspolitischen Austausch zu organisieren, der die eingangs gestellten Fragen beantwortet, ganz sicher auch neue aufwirft und am Ende zu Konzepten führt, wie wir Daseinsvorsorge im 21.

Jahrhundert – geprägt von gravierenden demografischen und soziologischen Ver- änderungen, der Digitalisierung, der Energiewende, der fortschreitenden Globali- sierung und der damit einhergehenden Vertriebswirtschaftlichung vieler unserer Werte – verstehen und vor allem für alle gewährleisten wollen.

Ich bin – gestatten Sie mir an dieser Stelle ein großes Wort – glücklich, dass wir in dieser Ausgabe gleich zwei hochkarätig besetzte Diskurse zu diesen Themen dokumentieren können. Am 31. August gab es ein Treffen von „Forum Kommunal- wirtschaft Thüringen“ in Gotha. Vorgestellt und diskutiert wurde die „Weimarer Er- klärung zur Daseinsvorsorge im 21. Jahrhundert“, ein Positionspapier aus der Feder von Ministerpräsident Bodo Ramelow und Weimars Oberbürgermeister Stefan Wolf.

In seinem Impulsvortrag warb Ramelow für die „Rückeroberung der Kommunal- wirtschaft“. Bezugnehmend auf die 80er und 90er Jahre erinnerte er an den damaligen Trend, wesentliche Teile der öffentlichen Daseinsvorsorge zu priva- tisieren, was sich aus heutiger Sicht als verhängnisvoller Fehler erwiesen habe.

Das zweite Treffen war am 26. Oktober 2017. In Lünen erkundeten wir bei einem Redaktionsgespräch bei Führungskräften des größten privaten Daseins- vorsorgeunternehmens Deutschlands – der Rethmann-Gruppe – deren Ver- ständnis zu dieser Aufgabe und sprachen auch darüber, ob wir nicht Gefahr laufen, das ideologisierte „privat vor Staat“ der 90er Jahre durch ein ähnlich überfrachtetes „Rekommunalisierung über alles“ zu ersetzen. Beide Veranstal- tungen haben wir in diesem Heft ausführlich dokumentiert.

Neugierig machen auf diese Debatte im westfälischen Lünen möchte ich Sie schon in diesem Prolog. Alle ideologischen Zuwidmungen und Klischees muss- ten verstummen, als Ludger Rethmann, der Vorstandsvorsitzende von Remon- dis – dieser europaweit größte Entsorger ist als Minderheitsgesellschafter an 44

kommunalen Unternehmen beteiligt – bekundete, dass Daseinsvorsorge- infrastrukturen ohne „wenn und aber“

in den Besitz der Kommunen bzw. des Staates gehören. Nur so könne sicher- gestellt werden, dass die Wasserleitung, das Stromnetz oder die Schienentrasse nicht einseitig dem Gewinnstreben dienen und zum Beispiel nur dann ge- wartet und auf dem nächstmöglichen technischen Stand gehalten werden, wenn sich diese Aufwendungen und Investitionen in den üblichen Zyklen auch refinanzieren.

Ob der Staat, bei den Infrastrukturen, die ihm gehören, tatsächlich auch diese Daseinsvorsorgeverantwortung wahrnimmt? Im Grundgesetz-Artikel 87e steht: „Der Bund gewährleistet, dass dem Wohl der Allgemeinheit, ins- besondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt des Schienen- netzes der Eisenbahnen des Bundes sowie bei deren Verkehrsangeboten auf diesem Schienennetz Rechnung getragen wird.“

Wohl der Allgemeinheit – das muss man im Zeitalter von Energiewende und Klimaschutz zum Beispiel so übersetzen, dass die seit Jahrzehnten bestehende Forderung, den Schwerlastfernverkehr auf die Schiene zu verlagern, endlich um- gesetzt wird. Die Wahrheit ist: Der Gütertransport auf der Schiene dümpelt seit

mehr als zehn Jahren mit stagnierenden 17 Prozent am Gesamtmarkt unrühm- lich vor sich hin. Ordnungspolitisch setzt der Bund noch eins drauf. Die LKW-Maut ist seit 2010 um 17 Prozent gesunken, die Schienenmaut hingegen um 16 Pro- zent gestiegen. Das nennt man in katholischen Kreisen „öffentlich Wasser pre- digen und heimlich Wein saufen“. Der Bund als Eigentümer konterkariert seine hehren Klimaschutzziele und trägt aktiv dazu bei, dass der Verkehr als einziger großer Energieverbraucher seine Emissionen sogar erhöht. Ursache ist der ex- plodierende Straßenverkehr. Zudem: jeder 30-Tonner belastet die Straße 100.000 mal mehr als ein PKW. Vermutlich deshalb muss der Spediteur immer weniger Maut bezahlen. Die Heuchelei kennt keine Grenzen. Die Autolobby lässt grüßen.

Mit unserem Steuergeld baut der Bund ständig neue Autobahnen und repariert die alten. Zugleich lässt er wider das Grundgesetz bei der Bahn die Schie- neninfrastruktur, die Brücken, die Weichen vergammeln. Das Sachvermögen frisst sich seit etlichen Jahren selbst auf, weil die Investitionen nicht einmal die Abschreibungen decken. Dazu Ludolf Kerkeling, Vorstandschef Netzwerke Europäische Eisenbahnen: „Das Schienennetz, das der öffentlichen Daseinsvor- sorge dient, darf kein Renditeobjekt sein.“ Bei der bundeseigenen DB AG aber doch. Aus der verluderten Daseinsvorsorgeinfrastruktur wird kräftig Rendite ge- zogen. Zwischen 2006 und 2016 stieg der Anteil, den das Netz zum operativen Ergebnis der Bahn beitrug, von 18 auf 50 Prozent.

Ähnliche Fakten könnten wir zu den Daseinsvorsorgeaufgaben Post, Breitbandver- sorgung oder Immobilienverwertung liefern. Auch hier handelt der Staat ausdrück- lich gegen seinen Daseinsvorsorgeauftrag. Was ich damit sagen will: Staatliches und kommunales Eigentum an den existentiellen Daseinsvorsorgeinfrastrukturen ist per se noch keine Garantie, daß das übergreifende Ziel, Daseinsvorsorge für alle zu garantieren – natürlich mit hoher Effizienz – auch verfolgt wird. Staat ist nicht per se gut, und privat eben nicht automatisch nur profitgierig. Aus dieser diffe- renzierten Perspektive können wir Daseinsvorsorgepartnerschaften zwischen Staat und Kommunen einerseits, und den verlässlichen und ethisch handelnden Teilen der Privatwirtschaft ganz neu denken. Mehr noch, wir müssen es. Daseinsvorsorge im 21. Jahrhundert – das wird nur funktionieren, wenn wir die alten ideologischen Zöpfe endlich abschneiden und die wirtschaftlichen und intellektuellen Ressourcen über Eigentumsgrenzen hinweg gebündelt werden.

Ihr Michael Schäfer

(5)

UNTERNEHMERIN KOMMUNE • AUSGABE 02 / NOVEMBER 2017 5

TITELTHEMA

TITELTHEMA:

25 JAHRE STROMVERGLEICH,

20 JAHRE LIBERALISIERUNG UND 15 JAHRE ENERGIEWENDE

Der vor dem Bundesverfassungsgericht am 22. Dezember 1992 erzielte sogenannte „Stromvergleich“ war die zentrale Voraussetzung für die Etablierung einer leistungsstarken kommunalen Energieversorgungswirtschaft in den Neuen Bundesländern. Im Ergebnis erhielten die dortigen Kommunen ihr Vermögen an den Netzen und den Erzeugungs- und Versorgungsanlagen in der Energiewirtschaft zurück. Das Verfahren und die dazu geführte öffentliche Verhandlung im

Reichsbahnausbesserungswerk Stendal gingen in die deutsche Rechtsgeschichte ein.

Der Rechtsstreit in Gänze gilt als die gerichtliche Auseinandersetzung mit der größten wirtschaftlichen Bedeutung, die jemals in Deutschland geführt worden ist.

nachgeschlagen

TEIL1: 25 JAHRE STROMVERGLEICH

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Herr Ministerpräsident, Sachsen-Anhalt ist nicht nur im 500. Jubiläumsjahr der Reformation eine erste Adresse für Touristen aus aller Welt. Vor einem Vierteljahrhundert trat sogar eine ganze Kammer des Bundes- verfassungsgerichts die Reise in ihr Bundes- land, konkret in die Hansestadt Stendal und das dortige Kulturhaus des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerkes, an. Der Grund: eine Verhandlung im sogenannten Stromstreit, den 164 ostdeutsche Kommunen mannhaft wie weiland Martin Luther auf den

Weg gebracht hatten. Wissen Sie, in welcher Weise das höchste deutsche Gericht damit auch Rechtsgeschichte geschrieben hat?

Dr. Reiner Haseloff:

Schon diese gerade erwähnte auswärtige Sitzung des Bundesverfassungsgerichts ist eine äußerst ungewöhnliche Angelegenheit. Diese Reise ist ebenso einmalig in der Geschichte des Gerichts wie auch die Tatsache, dass es in dieser ebenso brisanten wie existentiellen Angelegenheit am Ende kein Urteil gab. Der Vorsitzende Richter schlug nämlich den Abschluss eines Vergleichs

vor: Herausgabe des Versorgungsvermögens gegen Auskehrung der kommunalen Kapital- beteiligungen an den Regionalversorgern, die sie aus dem Kommunalvermögensgesetz erhalten hatten. Bedingung war die Erteilung einer Betriebsaufnahmegenehmigung nach dem damaligen § 5 EnWG. Auf Basis dieses Vor- schlags wurde der Stromvergleich verhandelt und am 22. Dezember 1992 abgeschlossen.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Dass sich die ostdeutschen Kommunen so couragiert gegen eine Entscheidung VOTUM GEGEN DIE WEGMODERATION VON PROBLEMEN UND WEICHSPÜLEREI

„Höre nie auf, quer zu denken!“

Interview mit dem Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Reiner Haseloff

W

ir vermuten, dass die Zahl unserer Leser, die UNTERNEHMERIN KOMMUNE jahrgangsweise und in Leinen gebunden im Bücherschrank haben, sehr überschaubar ist. Insofern ist für die meisten die Suche nach einer Ausgabe früherer Jahre mühevoll bis aussichtslos. Deshalb geben wir vorab die zunächst rein statistische Information, dass dies das nunmehr sechste Interview seit 2008 ist, das wir mit Dr. Reiner Haseloff als Landeschef und zuvor als Wirtschaftsminister führen. Wir wenden uns deshalb gern und oft nach Magdeburg, weil sich Dr. Reiner Haseloff in kommunalen und kommunalwirtschaftlichen Themen besonders gut auskennt (das ist keine Kritik an den weiteren Amtsträgern, jeder hat seine Spezialstrecken und weiß dort besser Bescheid als andere).

Die kommunale Kompetenz hat im konkreten Fall ganz sicher etwas mit der Vita des Ministerpräsidenten zu tun: Dr. Reiner Haseloff war zwei Jahre – von 1990 bis 1992 – stellvertretender Landrat im Landkreis Wittenberg und danach bis 2002 Direktor des Arbeitsamts Wittenberg. Von den dort gesammelten kommunalen Erfahrungen profitiert das Miteinander von Land und Kommunen in Sachsen-Anhalt. Das aktuelle Gespräch mit ihm führten wir am 22. September in der Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund in der Berliner Luisenstraße.

(6)

auflehnten, die im Einigungsvertrag eigent- lich unwiderruflich festgeschrieben war, kann mit Fug und Recht als außergewöhn- licher Vorgang bezeichnet werden. Ich kann mich erinnern, dass ganz am Anfang dieses trotzigen Aufbäumens auch der Vergleich mit Don Quichote bemüht wurde. Der Aus- gang zeigt, dass auch aussichtlos scheinende Schlachten geführt werden müssen, vor allem, wenn dafür neben sachlichen auch starke moralische Gründe sprechen. Manche vermissen angesichts einer zunehmenden Tendenz zum pragmatischen Konsens dieses Kämpfertum. Zu Recht, oder konnte von dem „Geist von Stendal“ etwas ins Heute gebracht werden?

Dr. Haseloff:

Es besteht, was den Umgang mit dem Osten betrifft, eigentlich schon seit der Vereinigung die Tendenz, Probleme weg zu moderieren, harte Widersprüche weich zu spülen. Das liegt schon in der Natur von Politik. Es geht um schnelle Erfolge, um Lösungen, die sich gut verkaufen lassen. Dazu passt es natürlich nicht, dass sich der Abstand zwischen dem Osten und dem Westen, vor allem, was die ökonomischen Fakten anbelangt, kaum verringert. Wenn wir diese Tatsachen nicht ansprechen und darauf

verzichten, auch die Gründe zu ana- lysieren, wird sich nichts ändern.

In diesem „Geist von Stendal“ – die Formulierung greife ich als Minister- präsident von Sachsen-Anhalt gern auf – weise ich zum Beispiel gerade darauf hin, dass der Austritt Großbritanniens nicht nur eine kontinentale Dimension hat, sondern auch Nachteile für die ostdeutschen Länder bringen wird.

Ihr Förderstatus und -bedarf wird relativ, also im Vergleich mit anderen europäischen Regionen, herab- gestuft. An den Reali- täten ändert sich gar nichts, aber es gibt weniger Geld, weil der Status quo aus einer anderen Perspektive betrachtet wird.

Die neue Bundesregierung muss die Strukturschwäche des Ostens komplex angehen.

Deshalb fordere ich die Abschaffung der Funktion des Ostbeauftragten. Die Aufgabe muss im Bundeskanzleramt wahrgenommen werden. Nur dort kann ohne Rücksicht auf das Ressortprinzip darauf geachtet werden, dass sich die Lücke zwischen Ost und West Schritt für Schritt schließt.

Kommunen müssen für die gute Führung ihrer Unternehmen belohnt werden

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Natürlich ist die einmalige Reise der Ver- fassungsrichter in die Altmark nicht nur für sich gesehen historisch. Dieses Attribut ist für das Ergebnis dieses Streits mindes¬tens ebenso gerechtfertigt. Woran machen Sie diese heraus- ragende Bedeutung fest?

Dr. Haseloff:

Mit dem erreichten Vergleich bekamen die Kommunen ertragsrelevantes Versorgungs- vermögens zurück. Damit wurde die Grund- lage für die heutige kommunalwirtschaftliche Betätigung geschaffen. Im Juli 1993 konnte der Stadtwerkekompromiss nach Rücknahme

der Verfassungsbeschwerden in Kraft treten.

Auf seiner Grundlage entstanden weit über 100 Stadtwerke in den ostdeutschen Bundesländern.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

In einem Interview, das wir 2014 mit Ihnen führten, haben wir u.a. den Zusammenhang zwischen kommunalen Haushalten und den Erträgen aus kommunalwirtschaftlicher Betätigung thematisiert. „Preisen“ Sie diese Zuführungen in erster Linie bei den Städten mit eigenen Stadtwerken in die Bewertung des kommunalen Finanzierungsstatus ein oder sind sie so eine Art „Sahnehäubchen“

im Sinne einer Belohnung für die Städte, die im Ergebnis des Stromvergleichs die Energie- versorgung in die eigenen Hände genommen haben?

Dr. Haseloff:

Bei der Bemessung der Leistungen nach dem Finanzausgleichsgesetz werden monetäre Effekte aus kommunalen Beteiligungen nicht gegen- gerechnet. Wenn eine Kommune ihre Unter- nehmen gut führt, muss sich das auch lohnen.

Eine Verrechnung wäre wie eine Bestrafung.

Eigene Stadtwerke zu gründen, wie es mit dem Stromvergleich möglich wurde, war ja auch ein gewisses Risiko. Wer das eingegangen ist und daraus eine Erfolgsgeschichte gemacht hat, muss daraus auch den Nutzen ziehen. Ein gewisses

„Sahnehäubchen“ dürfte darin bestehen, dass leistungsfähige und breit aufgestellte Stadtwerke üblicherweise den Querverbund zur steuerlichen Optimierung nutzen. Das verbessert noch ein- mal die Ertragskraft. Auch diese Gelder kommen den Kommunen zugute. Damit werden bei- spielsweise kulturelle, soziale oder sportliche Aktivitäten und Einrichtungen unterstützt, was aus dem Kernhaushalt vielerorts nicht geleistet werden könnte.

Stromvergleich – letztendlich auch maßgebliche Voraussetzung für erfolgreiche Energiewende im Osten

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Unter der Überschrift „25 Jahre Stromver- gleich“ diskutieren im Rahmen unseres Ti- telthemas ostdeutsche Oberbürgermeister mit eigenen Stadtwerken die hypothetische Frage, wie die Entwicklung von 1992 bis heute verlaufen wäre, wenn das Bun- desverfassungsgericht seinerzeit für den Verbleib des kommunalen Stromvermögens bei den großen deutschen Energiekonzernen plädiert hätte. Welches Szenario hätten Sie vor Augen?

Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff wurde von Prof. Dr. Michael Schäfer, Heraus- geber von UNTERNEHMERIN KOMMUNE, in der Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund in der Berliner Luisenstraße interviewt.

(7)

UNTERNEHMERIN KOMMUNE • AUSGABE 02 / NOVEMBER 2017 7

TITELTHEMA

Dr. Haseloff:

Ohne den Stromvergleich und die damit induzierte Integration der ost¬deutschen Bundesländer in den Energiemarkt gäbe es heute in Deutschland zwei grundverschiedenen Markt- und Versorgungsgebiete, und es gäbe im Osten nicht den kommunal geprägten Mittel- stand in dieser Branche als wichtigsten Garanten für funktionierenden Wettbewerb, Flexibilität, Dynamik und Innovationskraft.

Ohne den nachdrücklichen Widerstand der damals handelnden kommunalen Interessenvertreter hätten es die damaligen westdeutschen Energie- konzerne geschafft, die ostdeutsche Energieland- schaft unter sich aufzuteilen. Das Ergebnis wäre ein Osten ohne Stadtwerke als Energielieferanten und Netzbetreiber gewesen. Fraglos leisten die großen regionalen Netzbetreiber, in Sachsen-Anhalt sind das Avacon und MITNETZ, eine sehr gute Arbeit.

Unsere Stadtwerke aber spielen im Rahmen der Energiewende sowohl für die technische Ent- wicklung als auch für den Wettbewerb eine Rolle, die ich als herausragend bezeichne.

In Sachsen-Anhalt gibt es als Netzbetreiber im Strombereich derzeit 26 kommunale Ver- sorger. Sie sind wichtige Motoren, die die Entwicklung im Bereich der Erneuerbaren Energien, bei intelligenter Steuerungstechnik

und der Elektromobili- tät vorantreiben und vor Ort nah an die Menschen bringen.

Die spartenüber- greifende Struktur mit Wärme-, Strom- und Gasnetzen in einer Hand, wie dies be¬sonders auch für die ostdeutschen Stadt- werke kennzeichnend ist, ist komplex und dezentral. Das sind auch die Kennzeichen der Energiewende und

insofern ist die skizzierte Struktur für deren Umsetzung viel besser geeignet als große Ein- heiten. Die aber wären heute im Osten ohne den Stromvergleich die maßgeblichen Akteure und mithin ein weiterer Standortnachteil. Insofern hat die damalige Entscheidung auch sehr positive Wirkungen auf den Prozess des Überganges in das Zeitalter der erneuerbaren Energien.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Die weiterhin geringe Industriedichte in Ost- deutschland hat ja nicht nur eine quantitative

Dimension. Genannt seien der Anteil der neuen Länder am deutschen Brutto-Inland- Produkt, der Zahl der Arbeitsplätze oder der Industrieaufwendungen für Forschung und Entwicklung. Qualitativ schlägt ebenso zu Buche, dass alle großen Konzernzentralen – darunter auch die aller 30 DAX-Unternehmen – in Westdeutschland beheimatet sind. Aus- druck dieser ungesunden Standortverteilung sind im Osten vielerorts kommunale Unter- nehmen als Platzhirsche. Welche Bedeutung hat diese Standortfrage?

Auftaktbeitrag

Platz Unternehmen Umsatz in

Mio. Euro Beschäftigte

13 Stadtwerke Halle GmbH 528,1 2.663

40 Städtische Werke Magdeburg GmbH & Co. KG 489,5 754 46 Dessauer Versorgungs- und Verkehrs- GmbH 137,7 419 62 Stadtwerke – Altmärkische Gas- ,Wasser- und

Elektrizitätswerke GmbH Stendal 103,4 99 85 Stadtwerke Lutherstadt Wittenberg GmbH 75,1 237

88 Stadtwerke Wernigerode GmbH 72,1 101

98 Halberstadtwerke GmbH 64,7 106

Stadtwerke im Unternehmensranking von Sachsen-Anhalt für das Jahr 2015

Quelle: Sachsen-Anhalt Report, Ausgabe 2016, 17. November 2017; unter: https://www.nordlb.de/fileadmin/

redaktion/analysen_prognosen/regionalanalysen/sachsen- anhalt/2016/Sachsen-Anhalt_Report_17112016. pdf

Netze für

neue Energie

E.DIS investiert seit vielen Jahren in moderne und leistungsstarke Energienetze in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.

So sichern wir eine zuverlässige und umweltfreundliche Energie- versorgung in der Region.

2016 ist viel mehr Grünstrom ins E.DIS-Netz aufgenommen worden, als hier insgesamt verbraucht wurde.

TEIL1: 25 JAHRE STROMVERGLEICH

(8)

Dr. Haseloff:

Dass Deutschlands größte Unternehmen zum überwiegenden Teil in Westdeutschland angesiedelt sind und dort vor allem auch ihre Konzernsitze haben, ist die Hauptursache für das Fortbestehen der strukturellen Nachteile der Neuen Länder. Daran wird sich absehbar leider auch nichts ändern. Also müssen wir mit dem rechnen, was wir haben.

Ich mache einen kleinen Ausflug in die Land- wirtschaft, der nur auf den ersten Blick nichts mit unserem Thema zu tun hat. Wir arbeiten in Sachen-Anhalt derzeit an einem „Leitbild Landwirtschaft 2030“. Die wichtigste Aussage lautet: Der landwirtschaftliche Betrieb und dessen Eigentümer gehören ins Dorf, in die Kommune. Genau wie die Kommunalwirtschaft.

Wir verfolgen mit Sorge den Generationswechsel bei den landwirtschaftlichen Genossenschaften und sehen die Gefahr, dass Produktionsflächen in Größenordnungen vor allem an ausländische Investoren veräußert werden. Das müssen wir verhindern. Ebenso auch den Ausverkauf öffentlicher Flächen und Immobilien. Denn nur der Besitzstand vor Ort garantiert, dass die Ergebnisse der Wertschöpfung dort bleiben.

Diese ursprünglichen ökonomischen Betätigungen, die wir im weiten Sinn mit dem Begriff Daseinsvorsorge fassen, sind die Existenzbedingung für eine homogene Gesellschaft. Aus dieser Perspektive stiften landwirtschaftliche Betriebe genauso wie die Stadtwerke, ja alle kommunalen Unternehmen, Identität. Das hat zum einen eine reale Seite:

der Sportverein, der unterstützt wird oder das Kulturereignis, das einen Zuschuss erhält. Das ist nur möglich, weil die Erträge am Ort ihrer Entstehung bleiben. Es gibt aber auch eine oft unterschätzte emotionale Komponente.

Die Menschen wissen sehr wohl, dass ihre kommunalen Unternehmen auch ein Wohl- fühlfaktor sind, dass sie sich im besten Wort- sinne einfach kümmern.

Sachsen-Anhalt: fortschrittliches und kommunalfreundliches Gemeindewirtschaftsrecht UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Alle seriösen Prognosen sagen, dass die Erträge aus der Energieversorgung, und das gilt auch für die Stadtwerke, in den nächsten Jahren deutlich schrumpfen werden.

Andererseits sind die Kommunen mehr denn je auf diese Einnahmen angewiesen, weil die Zuführungen aus dem Land zum Beispiel im Kontext mit dem Auslaufen des Solidarpakts II und der Schulden- bremse tendenziell sinken. Wie kann Sachsen-Anhalt den sinkenden Erträgen

entgegenwirken, zum Beispiel durch die weitere Optimierung der kommunalwirt- schaftlichen Rahmenbedingungen?

Dr. Haseloff:

Im Bundesvergleich verfügt Sachsen-Anhalt über ein ausgesprochen fortschrittliches und kommunalfreundliches Gemeindewirtschafts- recht mit sehr guten Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche kommunalwirtschaft- liche Betätigung. Diesen Status haben wir über einen längeren Zeitraum erreicht, indem wir den Rechtsrahmen immer wieder an neue Bedingungen angepasst haben. Bereits ab 2001 entfielen für Energieunternehmen die Prüfung des Vorliegens eines öffentlichen Zwecks und der Subsidiaritätsvorbehalt.

Zugleich wurde unter bestimmten Voraus- setzungen eine überörtliche Betätigung zugelassen. Noch bestehende Einschränkungen wurden 2007 für den Energiebereich sogar

komplett aufgehoben. Das brachte erheb- liche Erleichterungen für die überregionale Betätigung in den Bereichen der Strom-, Gas- und Wärmeversorgung. Diese Novellierungen sollten die Kommunen in die Lage versetzen, sich bei der Versorgung mit Strom, Gas und Wärme auch außerhalb des Gemeinde- gebietes wirtschaftlich zu betätigen. Wir haben es ermöglicht, dass die Stadtwerke weit- gehend gleichberechtigt am Wettbewerb mit den großen privaten Anbietern teilnehmen können und tragen der Tatsache Rechnung, dass kommunale Unternehmen im Energie- sektor und in anderen Bereichen der Daseins- vorsorge eine sehr wichtige Funktion auf dem Markt erlangt haben. Wenn es die Bedingungen erfordern, werden wir deshalb den Rechts- rahmen nachjustieren.

Ich sage aber auch, dass die Hauptfunktion kommunaler Unternehmen darin besteht, die Daseinsvorsorge zu sichern. Die ausschließ- liche Gewinnerzielung ist also kein Hauptgrund für die wirtschaftliche Betätigung, genauso wenig wie die Finanzierung der kommunalen Haushalte.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Weite Teile Ostdeutschlands werden in allen seriösen Rankings als strukturschwach apostrophiert. Zentrale Merkmale dafür sind vor allem die deutlich unterdurchschnittliche Industriedichte und der eklatante Mangel an Konzernzentralen. Folgerichtig haben kommunale Unternehmen auch in Sachsen- Anhalt den Status industrieller „Leucht- türme“. Wie würdigen Sie das in ihrer Regierungspolitik?

Auch mit Blick auf die noch anhaltende Finanz- und Struktur- schwäche Ostdeutschlands kommt

den ostdeutschen Stadtwerken eine enorme Bedeutung zu, denn

sie stärken die regionale Wert- schöpfung durch die Sicherung und Schaffung von Arbeits- und

Ausbildungsplätzen und ihre Investitionstätigkeit.

„ ______________________

Dr. Reiner Haseloff

Die Jahresveranstaltung 2011 des „Verbundnetz für kommunale Energie“ (VfkE) fand am 17. November in Schöne- beck (Elbe) statt. Nachdem er zuvor als Wirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt an mehreren VfkE-Veranstaltungen teilgenommen hatte, war Dr. Reiner Haseloff hier zum ersten Mal als Ministerpräsident dabei. Er hielt das Haupt- referat und nahm an der Podiumsdiskussion teil. V.l.n.r.: Petra Wust, Oberbürgermeisterin Bitterfeld-Wolfen, Minister- präsident Dr. Reiner Haseloff, Bernward Küper, Oberbürgermeister von Naumburg (Saale),und Karl-Ludwig Böttcher, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg.

(9)

UNTERNEHMERIN KOMMUNE • AUSGABE 02 / NOVEMBER 2017 9

TITELTHEMA

Dr. Haseloff:

Auch mit Blick auf die noch anhaltende Finanz- und Strukturschwäche Ostdeutschlands kommt den ostdeutschen Stadtwerken, ja der Kommunalwirtschaft in Gänze, eine enorme Bedeutung zu. Diese Unternehmen stärken die regionale Wertschöpfung durch die Sicherung und Schaffung von Arbeits- und Ausbildungs- plätzen sowie durch ihre Investitionstätigkeit.

Ferner können Stadtwerke durch Konzessions- abgaben, Gewerbesteuern und Gewinnab- führungen beachtlich zur Entlastung der Kommunalhaushalte beitragen.

Unser Koalitionsvertrag bezeichnet die kommunalen Unternehmen als wichtige Garanten der Daseinsvorsorge und der kommunalen Infra- struktur. Die Regierungsparteien haben sich dafür ausgesprochen, die Stadtwerke als regionale Energieversorger zu unterstützen. Dies wird zugleich ihrer besonderen Rolle im Rahmen der Energiewende gerecht.

In der alljährlich von der NORD/LB veröffent- lichten Studie „Sachsen-Anhalt Report“ wird die regionalwirtschaftliche Bedeutung der 100 größten Unternehmen in Sachsen-Anhalt gemessen. Zu den TOP 100 Unternehmen zählten mit Blick auf das Geschäftsjahr 2015 auch sieben Stadt- werke. Das zeigt, dass bei uns wie in allen anderen ostdeutschen Ländern, die kommunalen Unter- nehmen angesichts der fortbestehenden Struktur- schwäche in der regionalen Wertschöpfung eine herausgehobene Rolle spielen.

„Dass sich das VfkE vor Ort stärker positioniert, ist nur konsequent“

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Die herausgehobene Rolle der Kommunal- wirtschaft in den neuen Ländern war der Grund zur Etablierung des „Verbundnetz für kommunale Energie“ (VfkE) im Jahr 2003, des heute wichtigsten Diskussions- forums zur Kommunalwirtschaft in Ost- deutschland. Vor allem mit Blick auf die kommunale Umsetzung der Energiewende – dieser Prozess ist maßgeblich durch eine zunehmende Dezentralität der Energie- versorgung geprägt – wird sich das VfkE künftig noch stärker auf die Prozesse in den einzelnen Kommunen konzentrieren.

Ziel ist es, lokale und regionale Netzwerke zur Diskussion und Problemlösung zu implementieren. Das manifestiert sich in dem neuen Begriff „VfkE vor Ort“.

Sie haben sich schon als Wirtschafts- minister in Sachsen-Anhalt regelmäßig und sehr engagiert an den vom VfkE initiierten Diskussionen beteiligt und dies auch als Ministerpräsident fortgeführt. Wie bewerten Sie dieses neue Verständnis?

Dr. Haseloff:

Die kommunale Wirt- schaft in den Neuen Ländern ist weit über die unmittelbare Wertschöpfung hinaus auch ein Faktor zum Abbau der Struktur- schwäche. Ich nenne beispielhaft das Vor- halten anspruchsvoller Arbeitsplätze mit hohen Qualifikations- anforderungen. Dafür werden Menschen mit einem hohen Aufwand für Aus- und Weiter- bildung befähigt.

Wer solche Chancen bekommt, zieht nicht nach München oder Stuttgart. Die in der Kommunalwirtschaft sehr häufig sogar über den eigenen Bedarf hinaus ausgebildeten Fachkräfte sind auch bei der Privatwirt- schaft gefragt. Und die trifft eine Stand- ortentscheidung Ost nur dann, wenn sie auf qualifiziertes Personal zugreifen kann.

Mit der Energie- wende, der Digitali-

sierung und der Dezentralisierung werden große Prozesse lokaler und damit konkreter.

Dass sich das VfkE vor Ort stärker positioniert, ist nur konsequent. Ich wünsche mir aber auch, dass es ein ostdeutsches Netzwerk bleibt.

Denn Kommunikation und Know-how- Transfer werden immer wichtiger. Lokalität birgt nämlich die Gefahr, dass an vielen Orten zugleich und unabhängig voneinander das Fahrrad erfunden wird. Solche Ressourcen- vergeudung können wir uns aber gerade im Osten, wo es eng und knapp zugeht, nicht leisten. Ihre ostdeutschen Leser werden sich an den Slogan aus DDR-Zeiten erinnern, dass der Erfahrungsaustausch die billigste Investition ist.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Weltumspannend wird in diesem Jahr des 500. Jubiläums der Reformation gedacht.

Das Zentrum dieses Gedenkens liegt in Ihrem Bundesland, denn dort soll am 31.

Oktober 1517 Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg Auftaktbeitrag

geschlagen haben. Was sind für Sie die drei wichtigsten und warum?

Dr. Haseloff:

Drei aus 95. Das man hier gewinnt, ist genau- so unwahrscheinlich wie bei 6 aus 49. Deshalb treffe ich eine ganz persönliche, mithin auch subjektive Auswahl. Mir sind die Thesen 62 und 71 besonders wichtig. Nummer 62 lautet wie folgt: „Der Schatz der Kirche, aus dem der Papst den Ablass austeilt, besteht nicht aus weltlichen Gütern, sondern aufgrund des Evangeliums.

Aber die Vergebung der Sünden durch Jesus Christus ist der wahre Schatz der Kirche.“

Das ist für mich, übersetzt ins Hier und Heute, ein ganz starkes Plädoyer für Ideale, für Werte, die man nicht in Cent und Euro messen kann, ein Votum gegen die zunehmende Verbetriebswirtschaftlichung unseres Daseins.

Wir sehen schon an diesen wenigen Zeilen aus der Feder Luthers, dass große Gedanken die Zeiten überdauern.

Unter der Nummer 71 postuliert Luther:

„Wer gegen die Wahrheit des apostolischen

„Höre nie auf, quer zu denken“. Diesen Grundsatz hätte sich der Ministerprä- sident als 96. These von Martin Luther – quasi als finale Schlussfolgerung des Thesenanschlages von 1517 – vorstellen können. Was der Reformator „versäum- te“, holte Dr. Reiner Haseloff im Jahr 2008, zu diesem Zeitpunkt war er noch Wirt- schaftsminister Sachsen-Anhalts, nach. Hier sein symbolischer Thesenanschlag an der Schlosskirche in der Lutherstadt Wittenberg.

TEIL1: 25 JAHRE STROMVERGLEICH

(10)

UNSER GESPRÄCHSPARTNER Dr. Reiner Haseloff wurde am 19. Feb- ruar 1954 in Bülzig geboren. Sein Studium an der TU Dresden und der Humboldt Universität Berlin beendete er 1978 als Diplom-Physiker.

Anschließend war er in einem Umweltfor- schungsinstitut tätig. 1991 promovierte er zum Dr. rer. nat an der Humboldt Universität.

Von 1990 bis 1992 war er stellvertreten- der Landrat des Landkreises Wittenberg.

Danach leitete er bis 2002 als Direktor das Arbeitsamt Wittenberg.

Am 23. Mai 2002 wurde er zum Staatssekre- tär im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit des Landes Sachsen-Anhalt ernannt und am 24. April 2006 als Minister für Wirtschaft und Arbeit berufen. Im April 2011 wurde er Minis- terpräsident des Landes Sachsen-Anhalt Seit 1990 gehört Dr. Haseloff dem CDU- Landesvorstand von Sachsen-Anhalt an und war dort von 1994 bis 2012 stellvertreten- der Landesvorsitzender. Im Dezember 2008 wurde er in den Bundesvorstand der CDU gewählt. Reiner Haseloff ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Ablasses spricht, sei verworfen und verflucht.“

In These 73 führt er aus: „Der Papst will vielmehr den Bannstrahl gegen diejenigen schleudern, die unter dem Vorwand des Ablasses auf Betrug hinsichtlich der heiligen Liebe und Wahrheit sinnen“.

Diese Zeilen bezeugen, dass es schon damals, vor 500 Jahren, die Unsitte gab, Texte bewusst oder vorsätzlich falsch oder unzulässig vereinfacht wiederzugeben. Luther war eben nicht gegen Ablass, sondern er wandte sich aus- drücklich nur gegen dessen Missbrauch.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Und was ist hier die aktuelle Analogie?

Dr. Haseloff:

Das Ost-West-Thema war der rote Faden durch unser Interview. Auch bei diesem Gegenstand sehen wir das Phänomen von verkürzten und damit wahrheitswidrigen Interpretationen unserer politischen Positionen. Ich will als ostdeutscher Ministerpräsident ausdrücklich keine Bevorzugungen, was uns oft unterstellt wird. Mir geht es um eine differenzierte und

objektive Analyse. Nur dann wird es auch

i infos

tragfähige Konzepte geben, mit denen wir die real noch immer bestehenden Unterschiede zwischen den Alten und Neuen Ländern Zug um Zug abbauen werden.

Solange aber gravierende Unterschiede bestehen, muss die Politik diesem Zustand auch Rechnung tragen.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Es fehlt die 3. These.

Dr. Haseloff:

Hier greife ich nicht in das Luthersche Reservoir. Im Jahr 2008 habe ich eine eigene, die 96. These vorgeschlagen: „Höre nie auf, quer zu denken!“ Diesem Credo, es ist für mich eine Lebensmaxime, werde ich auch fürderhin folgen. Deshalb wurde es vor neun Jahren – ich war zu dieser Zeit noch Wirtschaftsminister – symbolisch an die Wittenberger Schlosskirche

geschlagen. n

Das Interview führte Michael Schäfer www.stk.sachsen-anhalt.de

DER STROM- UND GASVERGLEICH – EINE DOKUMENTATION

Zu den bedeutsamen gesetzgeberischen Maßnahmen der im März 1990 frei gewählten Volkskammer zählten das Treuhandgesetz, die Kommu- nalverfassung und das Kommunalvermögensgesetz.

Die Kommunalverfassung erklärte die Energieversorgung zur Aufgabe der Kommunen. Das im Juli folgende Kommunalvermögensgesetz stell- te die Weichen für die zur Übertragung des Energievermögens. Die Volkskammer war davon überzeugt, damit alles Notwendige für die Rekommunalisierung der in den fünfziger Jahren verstaatlichten Stadt- werke eingeleitet zu haben.

Im August 1990 wurde bekannt, dass die Regierung der DDR unter Ministerpräsident Lothar de Maiziere und die westdeutschen Strom- konzerne mit Hilfe der Bundesregierung die sogenannten Strom- verträge geschlossen hatten. Diese beinhalteten den Verkauf der gesamten ostdeutschen Stromwirtschaft: die Braunkohlekraftwerke, das Höchstspannungsnetz und die 15 Energiekombinate an die west- deutschen Stromkonzerne (RWE, PreussenElektra, Bayernwerk) sowie – unter dem Druck des Bundeskartellamts – an die EVS, das Baden- werk, die VEW sowie die Hamburger und Berliner Stadtwerke (HEW und Bewag).

Der Einigungsvertrag zementierte diese Verträge: das Kommunalver- mögensgesetz wurde so geändert, dass die Kommunen keinen An- spruch auf das Versorgungsvermögen hatten. Stattdessen wurden sie mit Anteilen an den Regionalversorgern „abgespeist“.

Gegen diese Stromverträge formierte sich insbesondere in den Groß- städten Widerstand. Ferner lehnten sich die Verbände auf: der Deutsche Städtetag, der Städte- und Gemeindebund sowie der Verband kommu- naler Unternehmen. Es gelang ihnen jedoch nur, im Februar 1991 eine

„Grundsatzverständigung“ zu erzielen, auf deren Basis die Großstädte eine 50/50-Beteiligung an den neuen kommunalen Versorgungsunter- nehmen erhalten sollten.

Auch gegen diesen Kompromiss votierten viele Kommunen, beraten vor allem von den Wirtschaftsministerien Hessens und des Saarlandes. Die Ministerien empfah- len den Kommunen, sich zur Durchsetzung ihrer Rechte an den Marburger Ver- waltungsrechtler Dr. Peter Becker zu wenden. Dieser versuchte mit Eilverfahren vor den ostdeutschen Kreisgerichten, Besitzeinweisungen in das Versorgungsvermö- gen zu erreichen, allen voran die Städte Stendal und Schwerin, was aber misslang.

Im Juni 1991 fand der erste Stadtwerkekongress statt, an dem 123 Kom- munen teilnahmen. In einer Resolution beschlossen die Teilnehmer des Kongresses die Erhebung einer Kommunalverfassungsbeschwerde, mit der die Vermögensübertragung an die Städte erreicht werden sollte. Diese wurde im Juli 1991 beim Bundesverfassungsgericht eingereicht und zu- gleich der Erlass einer Einstweiligen Anordnung beantragt, um den Vollzug der Stromverträge durch Auskehrung der Aktienmehrheiten durch die Treu- handanstalt an die westdeutschen (Energie-)Konzerne zu verhindern. Als Beschwerdeführerinnen traten zunächst die 123 Kommunen auf, die auf der Stadtwerkskonferenz vertreten waren. Weitere 41 kamen hinzu.

Das Bundesverfassungsgericht forderte umgehend das Bundesfinanzmi- nisterium auf, mit der Privatisierung bis zur Entscheidung des Gerichts zu warten. Die Bundesregierung ordnete zur Vermeidung einer einstweiligen Anordnung an, dass die Stromverträge bis zur Entscheidung des Verfas- sungsgerichts nicht vollzogen werden. Am 17. Oktober 1992 fand im Sten- daler Reichsbahnausbesserungswerk die mündliche Verhandlung statt. Im Ergebnis wurde folgender Vergleich geschlossen: Herausgabe des Versor- gungsvermögens gegen Auskehrung der kommunalen Kapitalbeteiligungen an den Regionalversorgern, die sie aus dem Kommunalvermögensgesetz erhalten hatten. Bedingung war die Erteilung einer Betriebsaufnahmege- nehmigung nach dem damaligen § 5 EnWG. Auf Basis dieses Vorschlags wurde der Stromvergleich verhandelt und am 22. Dezember 1992 abge- schlossen. Im Januar 1993 kam der Gasvergleich hinzu.

Dokumentation erstellt von Falk Schäfer

(11)

UNTERNEHMERIN KOMMUNE • AUSGABE 02 / NOVEMBER 2017 11

TITELTHEMA

Die Stromwirtschaft auf dem Gebiet der heutigen DDR war bis ins Jahr 1945 gekenn- zeichnet durch eine hohe Vielfalt an Eigentums- formen und Operationsebenen. Zumindest in Brandenburg, Sachsen und Thüringen waren die überregionalen Unternehmen mehrheitlich in öffentlichem Besitz. Auf der regionalen Ebene hingegen bestand ein Mix aus Überlandwerken, Provinzial-Elektrizitätswerken oder Kraftwerks- gesellschaften, die sich teils in öffentlichem und teils in privatem Besitz befanden. Auch gemischt- wirtschaftliche Unternehmen waren in dieser Zeit nicht unüblich. Kriegsschäden, Besatzung und die Demontage von Anlagen durch die Rote Armee erschwerten den Wiederaufbau nach 1945.

Die Neuordnung der Versorgungsstrukturen war ideologisch getrieben durch die Konzepte des Staatssozialismus und der Zentralisierung.

In diesem Zusammenhang wurden insbesondere die privaten Unternehmen weitgehend enteignet, wurden sukzessive hierarchische Versorgungs- strukturen aufgebaut. Auch die Energiever- sorgungsunternehmen aus dem vormaligen Besitz der Gebietskörperschaften wurden nach und nach in die zentrale Verwaltung überführt, was die zunächst verfolgte Strategie einer Ein- bindung der örtlichen Energieversorger in ein- heitliche Kommunalwirtschaftsunternehmen konterkarierte.

Stattdessen entstanden mit den Ver- einigungen Volkeigener Betriebe (VVB) fünf

„Energiebezirke“, die dem jeweiligen Industrie- ministerium direkt untergeordnet waren. Die privaten Versorger wurden allesamt bis zum Jahre 1950 enteignet, bis 1956 verloren auch die Gebietskörperschaften vollständig ihr Eigentum an Netzen und Anlagen. Ende der 1970er Jahre sind die Vereinigungen Volkseigener Betriebe (VVB) wieder abgeschafft worden. Stattdessen entstanden Energiekombinate, die dem geo- graphischen Zuschnitt der DDR-Bezirke ent- sprachen. Im Unterschied zu den VVB zeichneten

sie sich durch eine hohe horizontale Integration, also durch eine erhebliche Produktbreite, aus.

Gleichzeitig verschwand eine Hierarchieebene aus dem nunmehr dreigliedrigen, aber noch immer streng zentralistischen Leitungssystem.

Trotz mehrfacher kleinerer Umstrukturierungen hatte sich an den Eigentumsverhältnissen und Leitungsstrukturen bis zum Jahr 1990 nichts geändert. Dem Ministerium für Kohle und Energie waren nicht nur die Kohle-, Strom- und Gaskombinate, sondern auch die drei Anlagen- baukombinate zugeordnet. Insgesamt waren annähernd 300.000 Menschen in diesen Bereichen beschäftigt.

Ein großer Teil der Primärenergiegewinnung erfolgte in den Braunkohlekombinaten und im Gaskombinat Schwarze Pumpe. In Senftenberg und in Bitterfeld wurde der überwiegende Teil der in der DDR genutzten Braunkohle abgebaut, im Gaskombinat Schwarze Pumpe einerseits Stadtgas auf Braunkohlebasis produziert und andererseits Erdgas aus der Sowjetunion ver- arbeitet sowie fortgeleitet. Die Erzeugung des Stroms oblag den Kombinaten Kernkraftwerke

und Braunkohlekraftwerke, dessen Fortleitung dem Kombinat Verbundnetze Energie. Regional verteilt wurden Gas, Strom und Kohle durch die 15 bezirklichen Energiekombinate.

Jedes Kombinat wurde durch einen General- direktor geleitet, der vom Zentralkomitee der SED ausgewählt und berufen wurde. Die Kombinate waren in zentrale Planungs- und Kommandoprozesse eingebunden und verfügten dementsprechend kaum über eigenverantwort- lichen unternehmerischen Spielraum.

Gesetzliche Weichenstellungen In der Rückschau bleibt die Rolle der DDR- Umweltbewegung bei der Friedlichen Revolution weitgehend unterbelichtet. Tatsächlich war sie ein wesentlicher Teil der Opposition und Treiber der im Herbst 1989 begonnenen Umwälzungen.

Im November 1989 erklärte sich die SED- Führung endlich bereit, zum Ersten die bis dato gesammelten Umweltdaten freizugeben und zum Zweiten regelmäßige Umweltberichte zu veröffentlichen. Im Januar 1990 bildete Energie

DIE GENESIS DER OSTDEUTSCHEN ENERGIESTRUKTUREN

Der Kampf ums eigene Stadtwerk

Dualismus aus Regionalversorgern und Stadtwerken / von Falk Schäfer

D

ie Transformation einer maroden DDR-Planwirtschaft in ein bundesdeutsch reguliertes und marktwirtschaftlich dominiertes Umfeld geschah in der Hochphase einer radikal wirtschaftsliberalen Privatisierungsideologie. Es galt das Motto „privat vor Staat“ und umgekehrt erhielt der Neoliberalismus seinen Auftrieb durch den zeitgleichen Zusammenbruch nahezu sämtlicher planwirtschaftlicher Versuche. Es nimmt zwar kaum Wunder, dass die öffentlich-kommunale Wirtschaft in einem solchen Umfeld nur wenig Unterstützung erfuhr, nichtdestotrotz sahen die nunmehr mündigen Bürger der DDR in der kommunalen Gestaltungskraft ein Wesensmerkmal einer funktionierenden Demokratie. Die ostdeutschen Kommunen hätten nie die notwendige Kraft für das beeindruckende politische, gesellschaftliche und infrastrukturelle Aufbauwerk der Nachwendejahre erlangt, wenn sie sich gegen die Bevormundung der westdeutschen Energiekonzerne sowie der von dieser Seite maßgeblich beeinflussten Bonner Wirtschaftspolitik nicht zur Wehr gesetzt hätten.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE schaut zurück auf die Anfänge der ostdeutschen kommunalen Energiewirtschaft und wie sie wurde, was sie heute ist – ein Ankerpunkt für den regionalen Mittelstand, für Innovation, für sichere Arbeitsplätze, für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und für potente Kommunen.

Debatte zum Treuhandgesetz in der DDR-Volkskammer

TEIL1: 25 JAHRE STROMVERGLEICH

(12)

die Volkskammer einen eigenen Ausschuss für Umweltfragen und recht schnell wurde die Energiewirtschaft als Hauptverursacherin der Probleme identifiziert. Seitens des Ministerrates der DDR, aber auch seitens der Unternehmen wurden zwischen November 1989 und Mai 1990 verschiedene Konzepte erarbeitet, die die Ent- wicklung der DDR-Energiewirtschaft bis zum Jahre 2010 zum Gegenstand hatten.

Die ersten energiewirtschaftlichen Kooperationen zwischen Ost- und Westdeutsch- land wurden noch unter der Ägide Erich Honeckers initiiert – datieren zurück auf das Jahr 1987 und seinen Staatsbesuch in Bonn. Mit der Wende wurden diese Partnerschaften deut-

lich intensiviert. Bereits im November 1989 legte die DDR eine Liste mit Projekten vor, die in deutsch-deutscher Kooperation finanziert werden sollten.

Angesichts der drängenden Umwelt- fragen spielten energiewirtschaftliche Aspekte in den Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten eine wachsende Rolle.

Nach den ersten freien Volks- kammerwahlen vom 18. März 1990 und der Inauguration einer CDU-ge- führten Regierung zeichnete sich eine baldige Deutsche Einheit bereits deut- lich ab. Im Hinblick auf die Energie- wirtschaft verfolgte die Regierung de Maiziere das Ziel, die Stromver- teilerkombinate sowie das zentrale Stromerzeugungskombinat in Aktien- gesellschaften umzuwandeln und an die großen westdeutschen Stromversorger zu verkaufen. Gleichzeitig formte sich aber auch ein kommunales Bewusstsein. In vielen Städten und Gemeinden wollten junge ambitionierte Menschen die Gelegenheit nutzen, Politik vor Ort endlich selbst zu gestalten. Insbesondere die neugewählten Bürgermeister wollten nicht ein- fach hinnehmen, dass die zentralistischen und autoritären Reformen der 1950er Jahre durch eine nochmalige Enteignung bestätigt werden, dass die Kommunen, aus deren ehemaligen Stadtwerken die Verteilerkombinate einst gebildet worden waren, mit marginalen Anteilen abgespeist werden.

Andererseits war die marode DDR-Energie- wirtschaft auf massive Investitionen und auf energiewirtschaftliches Know-how angewiesen.

Insofern konkurrierte die Entwicklung des Treu- handgesetzes mit der zeitgleichen Revitalisierung der kommunalen Ebene. Nach dem Treuhand- gesetz sollte das der Treuhandanstalt übertragene Vermögen möglichst vollumfänglich privatisiert werden. Die nahezu zeitglich eingebrachte Kommunalverfassung sowie das Kommunalver- mögensgesetz gestanden den Kommunen jedoch

ein für die Erbringung von Daseinsvorsorge- leistungen notwendiges Vermögen zu. So stand im ersten Paragraphen des Kommunalvermögens- gesetzes in schnörkelloser Eindeutigkeit, dass

„volkseigenes Vermögen, das kommunalen Auf- gaben und kommunalen Dienstleistungen dient, […]den Gemeinden, Städten und Landkreisen kostenlos übertragen [wird].“ Aus einer Kann- bestimmung wurde damit eine Verpflichtung des Gesetzgebers, den Kommunen entsprechend ihres Aufgabenkreises Vermögen zu generieren.

Das Kommunalvermögensgesetz war eines der wenigen Gesetze unter der Regierung de Maiziere, das ohne Einwirkung der bundesdeutschen

Ministerialbürokratie entstanden ist. Dement- sprechend ausgeprägt waren die Bestrebungen, dessen Wirkungen möglichst vollständig zu nivellieren. So wurde in den Einigungsvertrag folgende Ergänzungsklausel hineinverhandelt:

„Soweit die Summe der Beteiligungen der Gemeinden, Städte und Landkreise 49 vom Hundert des Kapitals einer Kapitalgesellschaft für die Versorgung mit leitungsgebundenen Energien überschreiten würde, werden diese Beteiligungen anteilig auf diesen Anteil gekürzt.“ Damit ver- bunden war eine signifikante Einschränkung des Wirkungskreises. In Bonn wie in Ost-Berlin war man der Auffassung, dass die aus öko- nomischen und ökologischen Gründen wichtigen Investitionen nur über eine starke Beteiligung der westdeutschen Stromkonzerne gesichert werden können.

Der so entstandene Widerspruch zwischen Kommunalvermögensgesetz und Einigungs- vertrag sollte zwei Jahre später zum Gegenstand des Stromstreits vor dem Bundesverfassungs- gericht werden. Grundsätzlich galten die Regelungen des Kommunalvermögensgesetzes auch nach Vollzug der Deutschen Einheit fort.

Stromverträge, Stromstreit und Stromvergleich

Die drei westdeutschen Stromversorger RWE, PreußenElektra und Bayernwerk standen bereits seit Mai 1990 in engen Verhandlungen mit der DDR-Regierung. Die genannten Konzerne sollten gemeinsam die Erzeugungs- und Ver- bundnetzstufe übernehmen und jeweils einzeln einen Mehrheitsanteil an den 14 bezirklichen Energiekombinaten (ohne Ost-Berlin) erhalten.

Der anfängliche Protest der kleineren west- deutschen Verbundunternehmen wurde dadurch gebrochen, dass sie mit einem Anteil von ins-

gesamt 25 Prozent am Deal beteiligt wurden. Am 22. August wurden die Stromverträge schließlich geschlossen. Deren planmäßige Exekution hätte kommunale Stadtwerke auf dem Boden der ehe- maligen DDR dauerhaft verhindert. Gemäß den ehemaligen DDR-Bezirksgrenzen wären flächen- deckende Gebietsmonopole entstanden, die dem Wettbewerb nachhaltig nicht zugänglich gewesen wären.

In den unerfahrenen, dafür aber äußerst vitalen ostdeutschen Kommunen regte sich schnell Widerstand. Die Bürgermeister der Wendezeit begannen vor Ort kommunale Energiestrukturen aufzubauen, wobei die örtlichen Heizwerke als Nukleus dienten. Auf der rechtlichen Ebene fanden sich zunächst 140 Kommunen zusammen, die den Verfassungsrechtsanwalt Peter Becker beauftragten, das für die Gründung von Stadt- werken notwendige Vermögen zu erstreiten. Bis Mitte 1991 schlossen sich weitere 24 Kommunen der Verfassungsbeschwerde an. Hauptstreitpunkt war die Regelung im Einigungsvertrag, dass ledig- lich 49 Prozent der Anteile an den regionalen Versorgungsunternehmen an die Kommunen übertragen werden.

Hier in Stendal wurde 1992 der Stromvergleich verhandelt. Im Bild der Marktplatz der ehrwürdigen Hansestadt.

(13)

REMONDIS SE & Co. KG // Brunnenstr. 138 // 44536 Lünen // Deutschland // T +49 2306 106-518 // F +49 2306 106-533 // info@remondis.de // remondis.de

Wir machen das. Gemeinsam.

Wer viel erreichen will, braucht einen starken Partner. Ob Recycling, Bürgerservice, Wasserwirtschaft, Energie oder ÖPNV: REMONDIS unterstützt Kommunen in allen Leistungsfeldern der Daseinsvorsorge. Erweitern Sie Ihre Möglichkeiten. Profi tieren Sie von unserer modernen Logistik, fortschrittlichen Anlagen und umfassendem Know-how. Denn gebündelte Stärken sind der beste Weg zu kommunalen Leistungen mit nachhaltigen Qualitäts- und Kostenvorteilen. Sie wollen erfahren, was gemeinsam machbar ist? Anruf genügt!

REM-AS_17-01-094_AZ_Unternehmerin_Kommune_210x297_RZ.indd 1 17.10.17 17:09

(14)

Darüber hinaus ging es um den Anspruch auf die Vermögensgegenstände selbst, also um die örtlichen Netze und Anlagen. Die Beschwerde führenden Kommunen beriefen sich auf die kommunale Selbstverwaltungsgarantie und begründeten ihre Ansprüche unter anderem mit dem Kommunalvermögensgesetz. Die münd- liche Verhandlung vor dem Zweiten Senat wurde am 27. Oktober 1992 im Kasino des Stendaler Reichsbahnausbesserungswerk geführt. Das Bundesverfassungsgericht wollte auf diese Weise demonstrieren, dass es auch für die Neuen Länder agiert. Es war der erste und bislang einzige Vor- Ort-Termin des höchsten deutschen Gerichts und er endete – auch dies bis dato ein Novum – in einem Vergleich.

Bis Weihnachten 1992 verhandelten beide Seiten – also die Kommunen und die west- deutschen Stromversorger bzw. deren Anwälte – eine Einigung mit folgendem Inhalt:

ˆDie Kommunen sollen im Rahmen einer Bewerbung für eine sogenannte Paragraph 5-Genehmigung ihr Interesse an der Grün- dung eines eigenen Stadtwerks bekunden.

Werden die kommunal- und energierecht- lichen Voraussetzungen gemäß Energiewirt- schaftsgesetz als erfüllt angesehen, müssen die betreffenden Kommunen noch auf eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung an den Regionalversorgern und auf mögliche Res- titutionsansprüche aus früherem Eigentum verzichten.

ˆDie Stadtwerke dürfen vom Zeitpunkt des Vergleichs an bis ins Jahr 2012 nur Strom aus Erneuerbaren Energien, in Müllkraftwer- ken oder mittels der Kraft-Wärme-Kopplung

erzeugen. Ausnahmen werden nur für kurze Zeit erlaubt. Um die ostdeutschen Braun- kohletagebaue angemessen auszulasten, sol- len die Stadtwerke zusammen 70 Prozent ihres Strombedarfs von den Regionalver- sorgern beziehen.

ˆDie Treuhandanstalt überträgt die Kapital- anteile, auf die die neuen Stadtwerkekom- munen verzichten, an die westdeutschen Energieversorger, die die Mehrheit am jewei- ligen Regionalversorger halten. Den übrigen Gemeinden wird ein adäquater Anteil zum Kauf angeboten.

ˆBereits geschlossene Konzessions- und Stadt- werkeverträge werden nur dann hinfällig, wenn eine Kommune die energierechtliche Genehmigung zur Gründung eines eigenen Stadtwerks erhält.

ˆEine unmittelbare Bindung gilt nur für die 164 am Klageverfahren beteiligten Kommu- nen. Allen anderen Kommunen wird jedoch eingeräumt, die Rechte aus der Vereinbarung nach den dort festgelegten Grundsätzen in Anspruch nehmen zu können.

ˆDie klagenden Kommunen versichern im Gegenzug zu der Einigung, dass sie ihre Einsprüche gegen die Stromverträge zurücknehmen.

Konsolidierung des ostdeutschen Energiemarktes

Insgesamt hatten 147 Kommunen die Bildung eigener Stadtwerke beantragt. 82 davon wurden genehmigt. Im Ergebnis konnten die Verbund- unternehmen die Großstromproduktion und das Transportnetz sowie die Regionalversorger

übernehmen, mussten aber das Endkunden- geschäft in zahlreichen Kommunen den neuen Stadtwerken überlassen. So entstand in den Neuen Bundesländern jene dreistufige Struktur aus Verbundunternehmen, Regionalversorgern und Stadtwerken, die sich auch im Alt-Bundes- gebiet bewährt hatte. Allerdings gehörten die ostdeutschen Regionalversorger von vornherein den großen Stromkonzernen und hatten durch die Anlehnung an die ehemaligen DDR-Bezirke einen größeren Zuschnitt als die mitunter recht kleinteiligen Netze der alten Bundesländer.

Zudem setzte bald nach der Einigung im Stromstreit eine weitere Konsolidierung unter den ostdeutschen Regionalversorgern ein. Aus den ursprünglich 15 Energiekombinaten wurden in nur zehn Jahren sieben Regionalversorger. 1993 ging die Ostberliner EBAG in der Westberliner BEWAG auf. 1994 verschmolz das Bayernwerk die drei Thüringer Regionalversorger aus den ehemaligen Bezirken Erfurt, Gera und Suhl zur Thüringer Energie AG (TEAG), im April 1999 fusionierten die PreußenElektra-Töchter MEVAG (ehem. Bez. Potsdam), HEVAG (ehem.

Bez. Rostock), OSE (ehem. Bez. Frankfurt an der Oder) und EMO (ehem. Bez. Neubranden- burg) zur e.dis Energie Nord AG. Einen Monat später fasste RWE seine Töchter WESAG (ehem.

Bez. Leipzig), EVSAG (ehem. Bez. Karl-Marx- Stadt) und ESSAG (ehem. Bez. Cottbus) in der neuen Energie Sachsen-Brandenburg AG (Envia) zusammen. Zur selben Zeit gründete PreußenElektra aus der ostdeutschen EVM (ehem. Bez. Magdeburg) und drei Töchtern in den alten Bundesländern den neuen Regional- versorger Avacon. Mittlerweile war die MEAG (ehem. Bez. Halle) in den Besitz des RWE- Konzerns gelangt. Im Juli 2002 fusionierte des- halb die erst drei Jahre zuvor entstandene Envia mit der Meag zur envia Mitteldeutsche Energie AG (enviaM).

Hinsichtlich der Versorgungsgebiete besteht diese Struktur bis heute fort, allerdings haben sich in der Eigentümerschaft einige signifikante Änderungen ergeben.

2009 wollte die EnBW einen Anteil von mehr als 25 Prozent an der EWE erwerben. Diesem Ansinnen stimmte das Bundeskartellamt nur unter der Voraussetzung zu, dass die Anteile am Regionalversorger ENSO (ehem. Bez. Dresden) und am Dresdner Stadtwerk DREWAG voll- ständig veräußert werden. Die Stadt Dresden erhielt über ihre Technischen Werke den Zuschlag, womit sowohl der Regionalversorger ENSO als auch die DREWAG mehrheitlich in kommunale Hand gerieten.

Im gleichen Jahr kündigte Vattenfall an, sich von seinem 80prozentigen Anteil an der WEMAG (ehem. Bez. Schwerin) zu lösen. Dieser wurde von den bisherigen kommunalen Anteilseignern (268

Die Thüringer Energie AG – hier der Hauptsitz in Erfurt-Hohenwinden – war die bisher größte Kommunalisierung in den Neuen Bundesländern.

(15)

UNTERNEHMERIN KOMMUNE • AUSGABE 02 / NOVEMBER 2017 15

TITELTHEMA

Die kommunalen Unternehmen der Energiewirtschaft erfüllen in vielen Regionen der Neuen Bundesländer eine Leuchtturm- funktion. Ideell wie finanziell mehren sie ganz entscheidend die kommunale Gestaltungskraft und sind fest in ihrer Kommune verankert. Ohne den Fleiß und den Mut der ostdeutschen Kom- munalpolitiker der ersten Stunde wäre eine solche Entwicklung

nicht möglich gewesen. Doch erst danach konnte sukzessive die Rechtfertigung für eine starke kommu- nale Stimme erarbeitet werden. Dass heute niemand mehr der ideologiegetriebenen Privatisierung das Wort redet, hat vor allem mit dem beeindruckenden Aufbauwerk der Stadtwerke zu tun. Sie haben sich bis heute derart viel Vertrauen erarbeitet, dass sie einerseits aufpassen müssen, von den Vorschusslor- beeren nicht erdrückt zu werden, andererseits aber auch darauf zu achten haben, nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Bewährt hat sich letztlich nicht das oder das andere, sondern ein gesunder Mix, in dem bei allem Wettbewerb auch die Umstände der anderen Marktakteure Berücksichtigung finden. Dies sollte auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels so bleiben. Die gewachsenen Strukturen aus großen Regionalversorgern mit signifikanter kommunaler Komponente und starken Stadtwerken auf der lokalen Ebene sind die passende Antwort auf unterschiedliche Siedlungsdichten und kommunale Verfasstheiten. Sie integrieren externes Kapital und Know-how und nutzen genauso die kommunale Schaffenskraft und das bürgerschaftliche Engagement. Falk Schäfer

Energie

Kommunen) übernommen. Davon wiederum wurde ein Anteil von 25,1 Prozent an die Thüga AG weiterveräußert.

Mit der Thüringer Energie AG (TEAG) wurde 2012 die bislang letzte und mit mehr als 900 Millionen Euro dem Volumen nach größte Kommunalisierung eines Regionalversorgers auf dem Gebiet der Neuen Bundesländer voll- zogen. E.ON kündigte 2012 an, sich von seinen 53 Prozent an der TEAG zu trennen. Wie bei der WEMAG standen auch hier die bisherigen kommunalen Anteilseigner bzw. in Höhe von zehn Prozent der Anteile die ebenfalls kommunale Thüga AG bereit, gemeinschaftlich die Aktien- mehrheit zu übernehmen.

Wachsende kommunale Komponente

Für die regionale Versorgungsebene ergibt sich somit folgendes Bild. In fünf der 15 ehe- maligen DDR-Bezirke sind die Regionalver- sorger nunmehr mehrheitlich in kommunaler Hand (Dresden, Schwerin, Erfurt, Gera und Suhl). In jeweils vier ehemaligen DDR-Bezirken agiert die enviaM als Tochter der RWE-Konzerns (Karl-Marx-Stadt, Leipzig, Halle und Cottbus) bzw. die E.DIS als Tochter des E.ON-Konzerns (Frankfurt an der Oder, Potsdam, Neubranden- burg und Rostock). Die E.ON-Tochter Avacon ist der Regionalversorger im ehemaligen Bezirk Magdeburg und in weiten Teilen des benach- barten Niedersachsens. Der Ostberliner Ver- sorger ging zunächst in der BEWAG auf, die dann von Vattenfall übernommen wurde. Seitens der Privaten hat sich die Marktstruktur damit auf drei Konzerne verengt, was allerdings durch ein

deutlich verstärktes kommunales Engagement ausgeglichen wurde.

Auf der lokalen bzw. kommunalen Ebene sind im Ergebnis des Stromstreits 1992 87 neue Stadt- werke genehmigt worden. Bis 2005 hat sich deren Zahl mehr als verdoppelt. Die aktuelle Welle der Rekommunalisierung geht allerdings weitgehend an den Neuen Bundesländern vorbei. Bis heute hat sich der Dualismus aus Stadtwerken und Regional- versorgern durchaus bewährt. Letztere sind mittler- weile entweder mehrheitlich kommunal oder weisen eine signifikante kommunale Beteiligung auf. Hier engagieren sich in großer Zahl jene Kommunen, deren Größe und Siedlungsdichte ein autarkes Engagement nicht rechtfertigen. n

Matthes, Felix Christian: Strom- wirtschaft und deutsche Einheit.

Eine Fallstudie zur Transforma- tion der Elektrizitätswirtschaft in Ost-Deutschland. Freie Universität Berlin.

Berlin 2000.

Die Bezirke der ehemaligen DDR

i infos

TEIL1: 25 JAHRE STROMVERGLEICH

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Zudem wurde gezeigt, dass die immer wieder ideo- logisch beschworenen negativen Auswirkungen auf die Privatwirtschaft entfallen, wenn die Langzeitarbeitslosen Tätigkeiten

Mir fallen zuerst die Regionalversorger ein und Stadtwerke, die eng mit den Kommunen ver- knüpft sind; natürlich aber auch die Verbundnetz Gas AG (VNG). Hier habe ich

„Die Energieerzeugung der Zukunft wird dezentraler werden, weshalb sich insbesondere in agrarisch dominierten Regio- nen etliche Genossenschaften diesem Thema widmen.“

Hier hat die Autorin eine exzellente Arbeit geleistet – und ihre eigene Hypothese zu Beginn des genannten Kapitels widerlegt: „Es wird die Vermutung angestellt, dass die

Kommunale Unternehmen haben sich nicht nur in der Versorgungswirtschaft etabliert, sondern sie sind auch Pioniere bei der Förderung der Erneuerbaren Energien und bei der

Strategisches Ziel für uns in Dresden war daher beim Rückerwerb aller DREWAG-Anteile immer, zunächst in eine Ausgangsposition eines normalen westdeutschen Stadtwerkes zu

Sind diese Firmen auch für Kommunen und kommunale Unternehmen tätig, und gibt es eine Strategie, sich als Dienstleistungspartner gerade für kleine und mittlere Stadtwerke, die

„Vor 20 Jahren hat sich noch niemand vorstellen können, dass das ewige Wachstum irgendwann ein Ende haben könnte.“ Mittler- weile hätte sich diese Einsicht in den Neuen