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2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt

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2. Vergabekammer

beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt

Beschluss

Az.: VK 2 – LVwA LSA 43/04

In dem Nachprüfungsverfahren betreffend die Vergabe von Planungsleistungen für die Revi- talisierung des Industrie- und Gewerbegebietes „...“ in ... der

xxx - Antragstellerin -

Verfahrensbevollmächtigte:

xxx

gegen den

xxx - Vergabestelle -

xxx - Beigeladene –

Verfahrensbevollmächtigte:

xxx

hat die 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt am 13.01.2005 durch den stellvertretenden Vorsitzenden Regierungsdirektor Wersdörfer, die hauptamtliche

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Beisitzerin Wendler und die ehrenamtliche Beisitzerin Steinforth nach mündlicher Verhand- lung beschlossen:

1. Der Antrag wird verworfen.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens zu tragen.

Die Kosten werden auf € ... festgesetzt.

3. Die Antragstellerin hat der Vergabestelle und der Beigeladenen die zur zweckentspre- chenden Rechtsverteidigung und Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu er- statten. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Beigeladene war notwendig.

Gründe

I.

Die Vergabestelle veranlasste am 23.03.2004 die Veröffentlichung der Vergabe der Pla- nungsleistungen für die Revitalisierung des Industrie- und Gewerbegebietes „...“ in ... im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften. Die Planungsleistungen sol- len den Ingenieurbau und Verkehrsanlagenbau gemäß Teil I und Teil VII der Honorarord- nung für Architekten und Ingenieure (HOAI) für die Leistungsphasen 3 bis 9 (§ 55 HOAI) so- wie die örtliche Bauüberwachung

(§ 57 HOAI) umfassen.

Als Vergabeverfahren wählte sie das Verhandlungsverfahren nach der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF).

Im Pkt. 2) des Abschnitts III der Bekanntmachung nennt sie die Bedingungen für die Teil- nahme am Verhandlungsverfahren.

Danach führte sie unter Punkt 2.1.3) aus:

(3)

„Technische Leistungsfähigkeit – Geforderte Nachweise: Nachweis der fachlichen Eignung nach § 13 (2) a - h der VOF; Firmenprofil und -struktur; Angaben zu den in den letzten drei Jahren erbrachten Leistungen zur Planung von vergleichbaren Vor- haben (Referenzen, insbesondere auch Nachweis der Erfahrungen bei GW-Haltung, Gleiskontamination, Spundwänden), verwendete Datenbanksysteme und technische Ausstattung für die Leistungserbringung; Anzahl der Beschäftigten und Führungskräf- te des Unternehmens sowie Angaben zu Namen, beruflicher Qualifikation und Pro- jektreferenzen der für die Projektbearbeitung vorgesehenen Personen; Nachweis der Qualitätsgewährleistungsmaßnahmen.“

Den Termin für die Einreichung der Teilnahmeanträge legte sie auf den 29.04.2004 fest (Pkt.

3.3 des Abschnitts IV).

Bis zu diesem Termin gingen 68 Teilnahmeanträge, darunter die der Antragstellerin und der Beigeladenen, bei der Vergabestelle ein.

Die Antragstellerin gab in ihrem Teilnahmeantrag die Namen und die berufliche Qualifikation der für die Projektbearbeitung vorgesehenen Personen an. Dem Kurzportrait (Anlage 9 des Teilnahmeantrages) der mit der Projektleitung beauftragten Person ist folgendes zu entneh- men:

„Beruflicher Werdegang: ...

seit 1995 xxx Projektleiter Infrastruktur

seit 1997 Beratender Ingenieur ... Sachsen-Anhalt

...

Mitarbeit bei folgenden

ausgewählten Objekten Angabe zu Referenzen – siehe Anlage 7

Objekt Größe Leistungen

... ... ...

... ... ...

(4)

Die Vergabestelle prüfte zunächst die Vollständigkeit der von ihr geforderten Nachweise be- züglich der Eignung. Hierbei verblieben 28 Bewerber in der Wertung, von denen die Verga- bestelle 10 Bewerber zur Angebotspräsentation auswählte. Dazu gehörte auch die Antrag- stellerin sowie die Beigeladene im jetzigen Nachprüfungsverfahren. Im Folgenden beabsich- tigte sie, einem Mitbewerber den Zuschlag zu erteilen. Hierüber informierte sie die Bewerber mit Schreiben vom 30.08.2004. Die Beigeladene hatte am 09.09.2004 einen Nachprüfungs- antrag bei der 2. Vergabekammer eingereicht. Mit Beschluss VK 2 – LVwA 29/04 vom 13.10.2004 hat die Vergabekammer daraufhin der Vergabestelle aufgegeben, das Vergabe- verfahren, beginnend mit der Auswahl der zur Verhandlung aufzufordernden Bewerber, unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen. Zur Begründung führte die Vergabekammer unter anderem aus, dass die Vergabestelle im Hinblick auf die Prüfung der Vollständigkeit der Eignungsnachweise gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen habe. Das Auswahlverfahren sei deshalb in allen Phasen zu wiederholen. Dabei dürften nur Bieter weiter berücksichtigt werden, die die von der Vergabestelle aufgestellten Bedingungen zur Teilnahme erfüllten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den o.a.

Beschluss verwiesen. Gegen diesen Beschluss wurden keine Rechtsbehelfe eingelegt. Die Antragstellerin war an dem damaligen Nachprüfungsverfahren nicht beteiligt.

Die Vergabestelle führte daraufhin das Auswahlverfahren erneut durch. Sie prüfte zunächst die Vollständigkeit der mit den Teilnahmeanträgen eingereichten Unterlagen. Bei der an- schließenden Beurteilung der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie der fachlichen Eignung bediente sie sich eines Punktesystems. Danach erhielt die Antragstellerin 21 von 23 möglichen Punkten. Die Vergabestelle vertritt in diesem Zusammenhang die Auf- fassung, dass die Antragstellerin keine Nachweise zur Beurteilung der Qualifikation des Pro- jektleiters erbracht habe. Die diesbezüglichen Referenzen bezögen sich lediglich auf die Mit- arbeit an Projekten. Aus eigener Erfahrung sei ihr bekannt, dass der für dieses Vorhaben genannte Projektleiter bei zwei Projekten die Leitung übernommen hatte. Dafür verteilte die Vergabestelle drei von fünf möglichen Punkten. Bei allen anderen Kriterien erhielt die An- tragstellerin die volle Punktzahl.

Die Vergabestelle informierte die sieben nicht zur Verhandlung aufgeforderten Bewerber, darunter auch die Antragstellerin, mit Schreiben vom 15.11.2004 darüber, dass sie nicht zu dem Bewerberkreis gehören, mit denen sie die Verhandlungen zu führen beabsichtige. Sie teilte darin auch jeweils den Grund der Nichtberücksichtigung mit. Das Schreiben an die An- tragstellerin, bei ihr eingegangen am 17.11.2004, enthielt folgenden Wortlaut:

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„ ... durch Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen- Anhalt ist im Ergebnis eines Nachprüfungsverfahrens der Vergabestelle aufgegeben worden, das Verhandlungsverfahren mit der Auswahl der zur Verhandlung aufzufor- dernden Bewerber zu wiederholen. Nach erneuter Bewertung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer müssen wir Ihnen mitteilen, dass Sie nicht zu dem Bewerberkreis gehören, mit denen die weiteren Verhandlungen ... geführt werden.

Hauptgründe des Ausschlusses vom weiteren Verfahren nach Beurteilung der Be- werber zur qualitativen Eignung sind das Fehlen von Bewerbungsunterlagen – insbe- sondere fehlen zur Beurteilung der Qualifikation der Projektleiter die eindeutigen Nachweise (in der Bewerbungsunterlage nur Mitarbeit im Projekt benannt und keine Projektleitung erkennbar) ...“.

Die Antragstellerin machte am 18.11.2004 telefonisch gegenüber der Vergabestelle geltend, dass sie diese Entscheidung nicht nachvollziehen könne. Die Projektleitung habe sie be- nannt. Darüber fertigte die Vergabestelle einen Vermerk. Die Antragstellerin und die Verga- bestelle bestätigten den Inhalt des Gespräches in der mündlichen Verhandlung.

Nach eigener Aussage übergab sie den Sachverhalt am 18.11.2004 dem Verfahrensbevoll- mächtigten zur rechtlichen Prüfung. Dieser übermittelte am 25.11.2004 der Antragstellerin seine rechtliche Bewertung.

Drei Bewerber, darunter auch die Beigeladene, erhielten die volle Punktzahl. Mit diesen führte die Vergabestelle am 18.11.2004 Auftragsverhandlungen durch.

Nach Abschluss dieser Verhandlungen gelangte die Vergabestelle zu dem Ergebnis, dass die Beigeladene am ehesten die Gewähr für eine sachgerechte und qualitätsvolle Leistungs- erfüllung biete. Sie beabsichtige daher, mit ihr den Vertrag zu schließen. Insoweit informierte sie die übrigen zwei zur Verhandlung aufgeforderten Bewerber gemäß § 13 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) mit Schreiben vom 23.11.2004.

Die Antragstellerin rügte am 26.11.2004 schriftlich gegenüber der Vergabestelle, dass die Bindungswirkung des Beschlusses vom 13.10.2004 einer erneuten Auswahlentscheidung zu ihren Lasten entgegen stünde. Sie führt aus, sie sei seinerzeit von der Vergabestelle zur Verhandlung ausgewählt worden. Die Entscheidung der Vergabekammer beträfe nur die am damaligen Nachprüfungsverfahren Beteiligten. Auch habe sie alle geforderten Nachweise

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erbracht. Die Vergabestelle habe in der Vergabebekanntmachung lediglich Projektreferenzen der für die Projektbearbeitung vorgesehenen Personen ( und nicht für Projektleiter ) verlangt.

Im Übrigen ergebe sich aus den Angaben zu dem beruflichen Werdegang des einzusetzen- den Projektleiters, dass dieser mit Beginn seiner Tätigkeit 1995 im Unternehmen der Antrag- stellerin ausschließlich als Projektleiter tätig gewesen sei. Danach könne dieser bei den ausgeführten Referenzobjekten nur in seiner ausschließlichen Funktion als Projektleiter mit- gearbeitet haben. Bei Annahme einer nicht vollständigen Vorlage der geforderten Angaben zu den mit der Projektleitung befassten Personen habe die Vergabestelle ihren Beurteilungs- spielraum nicht ermessensfehlerfrei ausgeübt. Sie gehe ferner davon aus, dass die drei zur Verhandlung aufgeforderten Bewerber nicht geeignet seien, die vertraglichen Verpflichtun- gen zu erfüllen.

Am 30.11.2004 reichte sie einen Nachprüfungsantrag bei der 2. Vergabekammer ein. Sie macht darin die bereits gerügten vermeintlichen Vergabeverstöße geltend. Darüber hinaus erfülle das Schreiben der Vergabestelle vom 15.11.2004 nicht die Anforderungen des § 13 VgV.

Nach Akteneinsicht ergänzte sie ihren Vortrag. Sie führte aus, aus der Vergabeakte sei nicht erkennbar, aus welchen Gründen die Vergabestelle nunmehr – anders als im ersten Aus- wahlverfahren – nur drei Bewerber zu Verhandlungen aufgefordert habe.

Sie habe am 26.11.2004 die Vergabeverstöße auch unverzüglich gerügt. Sie sei nach Erhalt des Schreibens vom 17.11.2004 zunächst nur von dem Verdacht ausgegangen, dass die Vergabestelle gegen Vergabevorschriften verstoßen habe. Deshalb habe sie sich am 18.11.2004 an ihren Bevollmächtigten mit der Bitte um Prüfung der Angelegenheit gewandt.

Von diesem sei der Vergabefehler erst am 25.11.2004 erkannt worden. Am gleichen Tage habe er ihr dies mitgeteilt.

Sie beantragt,

eine Neubewertung der Teilnahmeanträge unter Berücksichtigung entsprechender Maßgaben der Vergabekammer anzuordnen,

hilfsweise,

andere geeignete Maßnahmen zu treffen.

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Die Vergabestelle beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie meint, sie habe den Teilnahmeantrag der Antragstellerin zu Recht nicht weiter berück- sichtigt. Im Übrigen habe die Antragstellerin den behaupteten Vergabeverstoß nicht unver- züglich gerügt.

Die Beigeladene beantragt,

den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.01.2005 haben die Beteiligten ihr bisheriges Vorbringen ergänzt und vertieft. Dabei erklärte die Antragstellerin, sie sei vor Erhalt des Schreibens vom 15.11.2004 der Auffassung gewesen, das Verfahren sei abgeschlossen. Sie habe bereits nach der ersten Wertung mit einer Vorinformation nach § 13 VgV eine Absage erhalten. Deshalb habe sie das Schreiben vom 15.11.2004 nicht einordnen können. In Bezug auf das Telefongespräch vom 18.11.2004 führte sie aus, dass sie vor Einholung eines Rechtsrates keine Rüge erheben wollte.

Auf die Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Verfahrensakte sowie auf die Vergabeakten wird Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig.

1. Zuständigkeit

Gemäß § 104 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), veröffent- licht im BGBL. I 1998 S. 2568 ff., i.V.m. der Richtlinie über die Einrichtung von Vergabe- kammern in Sachsen-Anhalt (RdErl. des MW LSA vom 04.03.1999 – 63 - 32570/03, veröf- fentlicht im MBL. LSA Nr. 13/1999 S. 441 ff., geändert durch RdErl.

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des MW vom 8.12.2003 – 42 – 32570/03, veröffentlicht im MBL LSA Nr. 57/2003) ist die 2.

Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt für die Nachprüfung des vor- liegenden Vergabeverfahrens örtlich zuständig.

Die Vergabestelle ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB.

Bei dem o. g. Vergabeverfahren ist der dabei maßgebliche Schwellenwert (200.000 Euro) für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen gemäß § 100 Abs. 1 GWB i. V. m. § 2 Nr. 3 VgV für das Gesamtvorhaben überschritten. Da diese Dienstleistung im Rahmen einer freiberufli- chen Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflichen Tätigen angeboten wird, un- terliegt diese Maßnahme dem Anwendungsbereich der VOF.

2. Antragsbefugnis

Die Antragstellerin ist auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt.

Sie hat durch Einreichung des Teilnahmeantrages ihr Interesse am Auftrag nachhaltig do- kumentiert, eine Verletzung in ihren Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend gemacht und hinreichend dargelegt, dass ihr durch die Verletzung von Vergabevor- schriften möglicherweise ein Schaden drohe.

3. Rügeobliegenheit

Die Antragstellerin ist ihrer Rügeobliegenheit nicht unverzüglich nachgekommen.

Nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist der Antrag unzulässig, soweit der Antragsteller den ge- rügten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren erkannt und gegen- über dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat.

aa) Die Antragstellerin hatte mit Erhalt des Absageschreibens der Vergabestelle am 17.11.2004, spätestens jedoch am 18.11.2004, positive Kenntnis von den Umständen, die aus ihrer Sicht einen Vergabeverstoß begründen.

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Gemäß o.a. Vorschrift beginnt die Rügefrist, wenn dem Bieter diejenigen Tatsachen be- kannt sind, aus denen sich ein tatsächlicher oder vermeintlicher Vergabefehler ergibt.

Darüber hinaus ist für das Entstehen der Rügepflicht eine zumindest laienhafte rechtli- che Wertung des Bieters/Bewerbers erforderlich, dass es sich in den betreffenden Punk- ten um rechtlich zu beanstandende Vergabeverstöße handelt. Deshalb besteht die Rü- geobliegenheit nicht erst ab dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller Kenntnis von einem völlig zweifelsfreien und in jeder Beziehung nachweisbaren Vergabefehler erlangt. Es genügt insoweit vielmehr die Kenntnis eines Sachverhaltes, der den Schluss auf die Ver- letzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und der es bei vernünftiger Betrach- tung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstan- den (vgl. OLG Düsseldorf Verg 9/00 vom 22.08.2000). Die Tatsachen müssen bei objek- tiver Betrachtung aus Sicht des Antragstellers so offensichtlich einen Mangel des Verga- beverfahrens darstellen, dass er sich dieser Überzeugung schlechterdings nicht ver- schließen kann (OLG Naumburg 1 Verg 17/04 vom 14. 12.2004).

Außer Streit steht, dass die Antragstellerin am 17.11.2004 Kenntnis darüber hatte, dass ihr Unternehmen im weiteren Verhandlungsverfahren nicht weiter berücksichtigt wird.

Das Schreiben vom 15.11.2004 enthielt entgegen dem Vortrag der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung insoweit eine eindeutige Aussage. Die Vergabestelle hatte dar- in erklärt, dass zu diesem Verhandlungsverfahren ein Nachprüfungsverfahren anhängig war, in dessen Ergebnis der Vergabestelle aufgegeben wurde, das Verfahren, begin- nend mit der Auswahl der zur Verhandlung aufzufordernden Bewerber, zu wiederholen.

Sie führte weiter aus, dass nach erneuter Bewertung die Antragstellerin nicht zu dem Kreis gehöre, mit dem die weiteren Verhandlungen geführt werden. Schließlich gab sie den Grund für die nicht weitere Berücksichtigung an: „....das Fehlen von Bewerbungsun- terlagen, insbesondere fehlen zur Beurteilung der Qualifikation des Projektleiters die eindeutigen Nachweise (....nur Mitarbeit im Projekt benannt und keine Projektleitung er- kennbar).“ Hier bedurfte es lediglich der Beiziehung der Vergabebekanntmachung, um einordnen zu können, ob die von der Vergabestelle erneut vorgenommene Wertung im Hinblick auf die geforderten Nachweise fehlerhaft war und somit einen Vergabeverstoß darstellt. Die Antragstellerin hatte dies offensichtlich auch getan. Das belegt der Inhalt des Telefongespräches am 18.11.2004 zwischen ihr und einem Vertreter der Vergabe- stelle.

Sie führte darin aus, dass sie die Projektleitung benannt habe und deshalb der Aus- schluss für sie nicht nachvollziehbar sei. Sie brachte damit sinngemäß zum Ausdruck, dass aus ihrer Sicht die von ihr vorgelegten Unterlagen ausreichend seien. Insoweit hat-

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te sie Kenntnis von einem aus ihrer Sicht bestehenden Vergabeverstoß. Soweit die An- tragstellerin in der mündlichen Verhandlung vorbringt, sie habe erst am 25.11.2004, nach Zusendung der Stellungnahme des Verfahrensbevollmächtigten, über eindeutige rechtliche Kenntnis verfügt, so ist dies nicht überzeugend. Die Rügefrist begann hier spätestens am 18.11.2004. Auch ihr Vorbringen, dass sie erst nach rechtlicher Beratung durch ihren Verfahrensbevollmächtigten die Rüge erheben wollte, ist vor diesem Hinter- grund nicht erheblich. Der Sinn und Zweck der Rügepflicht in einem Vergabeverfahren besteht gerade darin, der Vergabestelle aufgrund der kurzen Fristen, die im Vergabever- fahren gelten, schnellstmöglichst die Gelegenheit zu geben, einen Fehler zu korrigieren.

Im Übrigen stellt nach dem eigenen Vorbringen der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung das Telefongespräch vom 18.11.2004 keine Rüge dar.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin ein im Vergabeverfahren erfah- renes Unternehmen ist. Sie hat bereits an einer Vielzahl von Vergabeverfahren teilge- nommen. Dies wird durch die vorgelegten Referenzen dokumentiert. Auch ist davon auszugehen, dass sie selbst bereits im Rahmen der Leistungsphasen 6 und 7 der ver- schiedenen Leistungsbilder der HOAI an der Vorbereitung und Durchführung von Ver- gabeverfahren mitgewirkt hat und auch deshalb über beträchtliches Fachwissen im Ver- gaberecht verfügt und sich daher über die rechtliche Wertung als Vergabeverstoß durchaus bewusst war.

Auch hinsichtlich der vermeintlichen Bindungswirkung des Beschlusses der Vergabe- kammer vom 13.10.2004 kann davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin weit vor dem 25.11.2004 eine entsprechende Kenntnis hatte. Hierbei ist die Kenntnis des Verfahrensbevollmächtigten, der im Vergaberecht über besondere Erfahrungen ver- fügt, der Antragstellerin zuzurechnen. Aus dem der Vergabekammer vorliegenden Schriftverkehr ergibt sich, dass der Beschluss der 2. Vergabekammer VK 2 – LVwA 29/04 der Antragstellerin am frühen Vormittag des 19.11.2004 übermittelt wurde.

Aus ihrer Sicht war dem Beschluss unmittelbar zu entnehmen, dass die Vergabestelle keine erneute Auswahlentscheidung zulasten der Antragstellerin treffen durfte. Es kann an dieser Stelle offen bleiben, ob diese Auffassung der Antragstellerin rechtlich zutref- fend ist.

bb) Zur Bestimmung des Merkmals der „Unverzüglichkeit“ ist auf § 121 Abs. 1 BGB zurück- zugreifen. Danach ist das Merkmal der Unverzüglichkeit dann erfüllt, wenn ohne schuld- haftes Zögern gehandelt wird.

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Die Zeitspanne, die dem Antragsteller des Nachprüfungsverfahrens für die Rüge erkann- ter vermeintlicher Vergabefehler zur Verfügung steht, bestimmt sich nach den Umstän- den des jeweiligen Einzelfalles. Nach der Rechtsprechung muss die Rüge aufgrund der kurzen Fristen, die im Vergabeverfahren gelten, im Regelfall höchstens innerhalb von ein bis drei Tagen erfolgen (vgl. OLG Koblenz 1 Verg 1/00 vom 25.05.2000; OLG Naumburg 1 Verg 17/04 vom 14.12.2004 je nach Lage des Einzelfalles auch bis zu fünf Tagen). Ein Zeitraum von zwei Wochen kann einem Unternehmen als maximale Ober- grenze allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine besonders schwierige Sach- und/oder Rechtslage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachlicher Unterstützung erfordert (vgl. OLG Düsseldorf Verg 1/99 vom 13. 04. 1999, OLG Koblenz 1 Verg 1/00 vom 25.05.2000).

Nach dem von der Antragstellerin vorgebrachten Sachverhalt und dem Inhalt der darauf gestützten Rüge war dies vorliegend nicht der Fall. Es ist nicht erkennbar, dass die An- gelegenheit in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht außergewöhnliche Schwierigkeiten aufwies. Es war lediglich zu beurteilen, ob die Antragstellerin die von der Vergabestelle geforderten Unterlagen eingereicht hatte und ob die Wertung der Vergabestelle fehler- haft war. Es ist daher nicht gerechtfertigt, von der im Regelfall bestehenden Rügefrist von maximal drei Tagen abzuweichen. Hierbei ist auch von Bedeutung, dass sich unmit- telbar an die Auswahlentscheidung der Vergabestelle Auftragsverhandlungen mit den entsprechenden Bewerbern anschlossen, um das Vergabeverfahren schnellstmöglich zum Abschluss zu bringen. Die vorgenannte Frist hat die Antragstellerin nicht eingehal- ten.

Sie hat die Nichtberücksichtigung ihres Teilnahmeantrages bei der Auswahlentschei- dung erst acht Tage ab Kenntnisnahme, nämlich am Freitag, 26.11.2004, um 20.00 Uhr, gegenüber der Vergabestelle geltend gemacht. Hierbei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass dieser Zeitpunkt außerhalb der gewöhnlichen Geschäftszeiten der Vergabestelle lag und diese somit erst am 29.11.2004 von der Rüge Kenntnis erlangen konnte.

cc) Soweit die Antragstellerin vorträgt, das Schreiben der Vergabestelle vom 15.11.2004 entspreche nicht den Anforderungen des § 13 VgV, hat sie dieses nicht gerügt. Das Vorbringen ist somit präkludiert.

dd) Soweit die Antragstellerin im Schriftsatz vom 16.12.2004 nach Akteneinsicht weitere Vergabeverstöße vorträgt, so ist dies ebenfalls präkludiert. Mit dem Sinn und Zweck die- ser Vorschrift (siehe oben) ist es nicht vereinbar, dass Antragsteller aufgrund eines von vornherein mangels fristgemäßer Rüge unzulässigen Antrages das Vergabeverfahren

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auf alle Einzelheiten hin überprüfen und dabei weitere Vergabefehler geltend machen.

Auch insoweit reicht die Ausschlusswirkung der vorgenannten Vorschrift (vgl. dem Sinn nach Beschluss Thüringer OLG 6 Verg 3/99, S. 5, vom 26.10.1999, sowie Bayerisches Oberstes Landesgericht Verg 5/00, vom 28.07.2000; die Versagung von Akteneinsicht bei einem von vornherein gemäß § 107 Abs. 3 GWB unzulässigem Antrag ergibt nur Sinn, wenn es dem Antragsteller verwehrt ist, im laufenden Nachprüfungsverfahren wei- tere Vergabeverstöße vorzutragen, ebenso im Umkehrschluss VOB-Kommentar, Teile A und B, 14. Aufl., Müller/Wrede, § 107 GWB Rdn.5).

Der Vergabekammer ist es schließlich aufgrund der materiellen Präklusion der vorgebrach- ten Vergabeverstöße verwehrt, gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB von Amts wegen auf das Vergabeverfahren einzuwirken (siehe OLG Naumburg 1 Verg 3/01 vom 23.07.2001, Thürin- ger OLG 6 Verg 3/02 vom 30.05.2002 sowie OLG Düsseldorf Verg 9/00 vom 22.08.2000).

Eine weitere Sachprüfung unterbleibt daher.

Es wird jedoch am Rande angemerkt, dass, wäre der Antrag zulässig, dieser im Folgenden nicht begründet wäre.

Aus den Gründen des Beschlusses der 2. Vergabekammer VK 2 - LVwA 29/04 vom 13.10.2004 ergibt sich, dass die Vergabestelle das Auswahlverfahren unter Beachtung der Grundsätze der Gleichbehandlung und Transparenz komplett zu wiederholen hatte. Daraus folgt, dass davon sämtliche Teilnahmeanträge erfasst sind und nicht nur die der am o.a. ers- ten Nachprüfungsverfahren beteiligten Bewerber.

Eine Beiladung der übrigen zur Verhandlung aufgeforderten Bewerber war nicht geboten.

Gemäß § 109 GWB erfolgte eine Beiladung zum ersten Nachprüfungsverfahren nur für Un- ternehmen, deren Interessen durch die Entscheidung der Vergabekammer schwerwiegend berührt werden konnten. Dies betraf im damaligen Verfahren nicht die Antragstellerin. Da- durch wurde der Rechtsschutz für keinen Bewerber verkürzt. Diese haben vielmehr die Mög- lichkeit, ein gesondertes Nachprüfungsverfahren einzuleiten.

Die Vergabestelle hat nicht ermessensfehlerhaft gehandelt, wenn sie die zur technischen Leistungsfähigkeit in der Bekanntmachung geforderten und von der Antragstellerin einge- reichten Nachweise bezüglich der Referenzen für die Tätigkeit als Projektleiter als nicht aus- reichend einstuft. Aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts ist die Forderung der Verga- bestelle in der Bekanntmachung so zu verstehen, dass Referenzen genau für die Tätigkeit

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vorzulegen waren, für die die einzelnen Personen eingesetzt werden sollten. Die übrigen neun in der näheren Auswahl verbliebenen Bewerber hatten Referenzen für die Tätigkeit des Projektleiters vorgelegt.

Gemäß Vergabebekanntmachung hatte die Vergabestelle vorgesehen, mindestens drei Be- werber zur Verhandlung aufzufordern. Aus der Tatsache allein, dass die Vergabestelle im ersten Auswahlverfahren zehn zur Präsentation aufforderte, ergibt sich keine Verpflichtung, im jetzigen Verfahren eine gleiche Anzahl aufzufordern.

Die Behauptung der Antragstellerin, die drei zur Verhandlung aufgeforderten Bewerber seien nicht geeignet, ist nicht begründet worden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 GWB. Nach dieser Vorschrift hat ein Beteiligter die Kosten zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt. Vor diesem Hin- tergrund ist die Antragstellerin als Unterliegende anzusehen, da ihr Antrag verworfen wurde.

Rechtsgrundlage für die Bemessung der Höhe der Gebühren ist § 128 Abs. 2 Satz 1 GWB.

Danach bestimmt sich die Höhe der Gebühren nach dem personellen und sachlichen Auf- wand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Ge- genstands des Nachprüfungsverfahrens.

Da die Antragstellerin in diesem erneuten Verfahren kein Honorarangebot abgegeben hatte, wurde hier als wirtschaftlicher Wert der von der Vergabestelle geschätzte Auftragswert in Höhe von € 200.000 zugrunde gelegt. Hiernach ergibt sich in Verbindung mit der Gebühren- tabelle der Vergabekammer, deren Grundlage die Formel

€ 2.500,-- plus 0,05 % des Auftragswertes ist, ein Richtwert von € .... Angesichts des mit der Bearbeitung des Nachprüfungsverfahrens verbundenen sachlichen und personellen Aufwan- des besteht keine Veranlassung, von diesem Richtwert abzuweichen.

Nach § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB hat ein Beteiligter die zur zweckentsprechenden Rechtsver- folgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antraggegners zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt. Die Antragstellerin ist hier aus den oben dargelegten Aus- führungen als Unterliegende anzusehen.

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Die Beigeladene kann in entsprechender Anwendung des § 162 Abs. 3 Verwaltungsge- richtsordnung (VwGO) die Erstattung dieser Aufwendungen verlangen, da sie im Verfahren einen eigenen Antrag gestellt hatte. Angesichts der rechtlichen Komplexität dieses Nachprü- fungsverfahrens war die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Beigeladene notwen- dig (§ 128 Abs. 4 Satz 3 GWB i.V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG LSA).

Die ehrenamtliche Beisitzerin, Frau Steinforth, hat den stellvertretenden Vorsitzenden und die hauptamtliche Beisitzerin der Vergabekammer ermächtigt, diesen Beschluss allein zu unterzeichnen. Ihr lag der Beschluss hierzu vor.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Entscheidung kann das Oberlandesgericht Naumburg, Domplatz 10, 06118 Naumburg, innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung dieser Entschei- dung beginnt, schriftlich angerufen werden.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen.

Die Beschwerde muss die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer ange- fochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, sowie die Angabe der Tatsa- chen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt, enthalten.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.

Wersdörfer Wendler

Referenzen

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