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Bandagen und Schienen bei muskulo-skelettalen Problemen

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ARS MEDICI 14 2007 F O R T B I L D U N G

Bei akuten Verletzungen, chronischen Erkran- kungen und zur Prävention von Verletzungen können Schienen, Schalen und Bandagen nütz- lich sein. Die Datenlage zum therapeutischen Wert solcher Massnahmen ist uneinheitlich, im Allgemeinen sprechen aber Patientenakzep- tanz, relativ günstige Kosten und geringe Nebenwirkungen für den Einsatz.

A M E R I C A N FA M I LY P H Y S I C I A N

Die verschiedenen Formen der Schienung und Stützung kön- nen die anatomische Funktion verbessern, die Krankheitspro- gression verlangsamen und Schmerzen lindern. Dies reicht von der vorübergehenden Immobilisierung eines instabilen Gelenks oder einer Fraktur bis zur gezielten Entlastung von Gelenksbe- reichen und zur Verhinderung der Beweglichkeit in einer be- stimmten Richtung oder der Modifikation der Gelenksbeweg- lichkeit. Sie können aber nie ein gutes Rehabilitationspro- gramm ersetzen und sind immer im Zusammenhang mit dem ganzen Spektrum der Behandlungsoptionen zu sehen und ein- zusetzen.

Eine präzise Diagnose der Verletzung ist notwendig, um abzu- schätzen, ob eine Bandage oder Schienung notwendig ist. Im Allgemeinen werden Schienen nur kurzfristig eingesetzt. Über- mässiger, kontinuierlicher Einsatz kann zu chronischen Schmerzen und Gelenkversteifung oder zu Muskelschwäche führen. Dazu im Gegensatz kann aber eine Knieentlastungs- stütze Progression und Schmerz bei Kniegelenksarthrose deut- lich reduzieren.

Da die Evidenz auf diesem Gebiet begrenzt ist, seit ein patien- tenorientiertes Vorgehen besonders wichtig, schreiben Jocelyn R. Gravlee und Daniel J. van Durme, Professoren für Hausarzt- medizin aus Florida, in ihrer Übersicht im «American Family

Physician». Dabei sind die Erwartungen und Bedenken der individuellen Patientin oder des Patienten zu berücksichtigen, und man muss sich über Art und Intensität ihrer Aktivitäten ein möglichst gutes Bild machen. Mit der blossen Verschreibung ist es nicht getan, notwendig ist eine genaue Beobachtung des Ver- laufs mit der orthopädischen Hilfe.

Kniebandagen

Für das Knie sind Schienungen und Führungen entwickelt wor- den, die das mediale Kompartiment entlasten, den vorderen Knieschmerz lindern oder das Knie ingesamt immobilisieren sollen.

Bandagen und Schienen bei muskulo- skelettalen Problemen

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■ Die verschiedenen Möglichkeiten der Schienung und Bandagierung sind bei einer ganzen Reihe von Gelenksläsionen hilfreich, können aber ein gutes Rehabilitationsprogramm nicht ersetzen.

■ Da die Evidenz auf diesem Gebiet begrenzt ist, ist ein patientenorientiertes Vorgehen besonders wich- tig. Dabei sind die individuellen Erwartungen und Bedenken der Patienten zu berücksichtigen, und man muss sich über Art und Intensität ihrer Aktivitä- ten ein möglichst gutes Bild machen.

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■ Bei medialer Kniegelenksarthrose kann eine Entlas- tungsbandage die Zeit bis zur Notwendigkeit eines chirurgischen Eingriffs verlängern.

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■ Beim Schmerzsyndrom im Patellofemoralgelenk spricht die Evidenz nur sehr bedingt für Schienen.

■ Heute wird nach akuter Sprunggelenksdistorsion die vollständige Immobilisierung nicht mehr empfohlen und der frühen Mobilisierung mit funktioneller Schienung eindeutig der Vorzug gegeben.

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■ Patienten mit Karpaltunnelsyndrom, die eine Hand- gelenksschiene (in Neutralposition) tragen wollen, müssen diese für mindestens vier Wochen einsetzen.

M M M

M e e e e rr rr k k k k ss ss ä ä ä ä tt tt zz zz e e e e

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Entlastungs- oder Valgus-Kniebandagensind eine Therapieop- tion bei Patienten mit Kniegelenksarthrose im medialen Kompar- timent. Ihr Design sorgt für eine äusserliche valgisierende Kraft.

Zur Schmerzlinderung dürfte auch eine Verbesserung der Pro- priozeption im Gelenk beitragen. Die Indikation wird anhand des Röntgenbilds mit medialer Kniegelenksarthrose und Varusfehl- stellung gestellt. Zu diesen Hilfsmitteln gibt es wenige Studien, und die meisten waren nicht randomisiert. Ein Cochrane-Review fand nur eine einzige randomisierte konrollierte Studie, in der 119 Patienten mit Arthrose zu normaler Therapie, zu einer Entlas- tungsbandage oder zu einer Neopren-Manschette randomisiert wurden. Beide Hilfsmittel verbesserten Schmerz und Funktion, aber die Entlastungsbandage bot einen höheren Nutzen. In einer Crossover-Studie an 12 Patienten erfolgte ein Wechsel von einer einfachen Gelenkschiene zu einer Entlastungsbandage während jeweils zweier Monate. Auch hier war die Entlastungsbandage überlegen. Dieses konservative Vorgehen scheint die Zeit zu verlängern, bis eine Kniearthroplastik notwendig wird.

Der vordere Knieschmerz (Synonym: patellofemorales Schmerz- syndrom) ist ein von jungen aktiven Patienten häufig vor- gebrachtes Beschwerdebild. Die Ätiologie ist multifaktoriell und kontrovers, und die Behandlung kann für Arzt und Patient

frustrierend werden. Für die am ehesten ak- zeptierte Ätiologie, eine Fehlstellung im Pa- tellofemoralgelenk, sind Patellastützbanda- gen, meist aus Neopren, entwickelt worden.

Zwei systematische Reviews kamen zum Schluss, dass angesichts der methodischen Differenzen und Schwächen der verfügbaren Studien keine ausreichende Evidenz vorliegt, um den Einsatz von Patellaführungsbanda- gen zu befürworten oder von ihm abzuraten.

Zwei Studien noch neueren Datums kamen für den Nutzen von Patellabandagen zu ge- nau entgegengesetzten Ergebnissen. Bei die- ser Studienlage müsse über den Einbezug in die Therapie des patellofemoralen Schmerz- syndroms auf einer streng individualisierten Basis entschieden werden, schreiben die Au- toren. Ein therapeutischer Versuch kann an- gesichts der relativ geringen Kosten sinnvoll sein. Auch in diesem Fall ersetzt die Bandage aber nicht ein gutes Rehabilitationsprogramm, das Muskelkräftigungs-, Beweglichkeits- und propriozeptive Übungen einschliesst.

Eine längerfristige Immobilisierung des Knie- gelenks ist allgemein kontraindiziert, aber von dieser Regel gibt es Ausnahmen. Ein Knieimmobilisiererkann indiziert sein in der akuten oder prächirurgischen Behandlung von Quadrizeps- oder Patellasehnenruptur, beim Riss des medialen Seitenbands, bei Pa- tellafraktur oder -dislokation und ein paar anderen traumatischen Knieläsionen.

In gewissen Sportarten sind auch prophylak- tische Kniebandagen verbreitet, die das mediale Seitenband schützen sollen. Von funktionellen Kniebandagen verspricht man sich eine Stabilisierung bei lädiertem Kreuzband. Auch in der operativen Nachsorge werden Rehabilitationsbandagen empfohlen, allerdings ist das Vorgehen sehr variabel und kom- plex, und es scheint oft eher auf anekdotischen Erfahrungen zu basieren.

Sprunggelenksbandagen

Sprunggelenksdistorsionen gehören zu den häufigsten musku- loskelettalen Verletzungen. Für laterale Läsionen gibt es eine Fülle verschiedener Bandagen und Schienen. Harte Schienen immobilisieren das ganze Sprunggelenk weitgehend. Funktio- nelle Bandagen gibt es in verschiedenen Ausführungen. Die halbfeste Sprunggelenksschiene (z.B. Aircast®) oder auch wei- che Bandagen erlauben eine gewisse Plantar- und Dorsalfle- xion, kontrollieren aber Inversions- und Eversionsbewegungen im Sprunggelenk. Die halbfesten Schienen verhüten Umknick- bewegungen effektiver.

Heute wird nach akuter Sprunggelenksdistorsion die vollstän- dige Immobilisierung nicht mehr empfohlen und der frühen Mobilisierung mit funktioneller Schienung der Vorzug gegeben.

B A N D A G E N U N D S C H I E N E N B E I M U S K U L O S K E L E T T

B A N D A G E N U N D S C H I E N E N B E I M U S K U L O S K E L E T T A L E N P R O B L E M E N A L E N P R O B L E M E N

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Tabelle:Empfehlungen zum Einsatz von Orthesen in der Praxis

Klinische Empfehlung/Feststellung Evidenzgrad Valgusschienen werden zur Schmerzlinderung und Funktions- B verbesserung empfohlen bei Patienten mit Arthrose im

medialen Kompartiment des Kniegelenks.

Die Evidenz reicht nicht aus, um den Einsatz von Patella- B Bandagen beim patellofemoralen Syndrom zu empfehlen oder

davon abzuraten.

Der funktionellen Behandlung akuter Sprunggelenksdistorsionen A mit halbfesten oder weichen Schienen wird gegenüber der

Immobilisation der Vorzug gegeben.

Eine bei der Ausübung von Hochrisikosportarten wie Fussball A oder Basketball getragene halbharte Sprunggelenksschiene

ist eine Option, um das Risiko zukünftiger Sprunggelenks- zerrungen bei Patienten mit vorangegangenen derartigen Verletzungen zu reduzieren.

Eine Handgelenksschiene in Neutralstellung verbessert B Symptome und Funktion beim Karpaltunnelsyndrom, wenn sie mindestens vier Wochen getragen wird.

Handgelenksschienen sind beim Karpaltunnelsyndrom am B efffektivsten, wenn sie ständig getragen werden.

A = konsistente, patientenorientierte Evidenz guter Qualität

B = inkonsistente oder qualitativ weniger gute patientenorientierte Evidenz

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Zu diesem Schluss kam auch ein Cochrane-Review und bestä- tigte im Vergleich zur Ruhigstellung bei funktioneller Bandagie- rung bessere Verläufe (kürzere Arbeits- oder Sportunfähigkeit, weniger Schwellung und Instabilität, grössere Patientenzufrie- denheit). Eine systematische Review fand neun randomisierte Studien mit verschiedenen funktionellen Bandagierungen bei akuter lateraler Sprunggelenkszerrung. Angesichts der metho- dischen Vielfalt liess sich nicht eruieren, welches Vorgehen am besten ist. Eine neue randomisierte kontrollierte Studie ergab eine Verbesserung der Gelenksfunktion nach mittelschwerer und schwerer Distorsion mit der Aircast-Schiene.

Zur Prävention von Sprunggelenksverletzungen durch prophy- laktische Schienungen gibt es mehrere Studien. Für die halb- feste Schiene gibt es gute Evidenz beim Einsatz in Hochrisiko- sportarten wie Fussball oder Basketball. Auch hier stützt eine Cochrane-Review die Empfehlung zum Tragen funktioneller Bandagen bei anamnestischer Belastung mit Sprunggelenksdis- torsionen. Wie lange man diesen Schutz bei der Sportausübung tragen soll, ist unklar. Eine systematische Übersicht empfiehlt einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten.

Handgelenksschienen

Bei Karpaltunnelsyndrom wird initial oft eine Verringerung des Kompressionsdrucks auf den Medianusnerv mit einer Handge- lenksschieneangestrebt. Allerdings gibt es kaum neuere Stu- dien zur Effektivität dieses Vorgehens, vor allem keine rando- misierten Studien mit Vergleich zum Vorgehen ohne Banda- gierungsbehandlung. Eine systematische Review kam zum Schluss, dass begrenzte Evidenz eine Schienung für bis zu sechs Monate stützt, und eine andere Review fand, dass die

Handgelenksschiene Symptome und Funktion nach vier Wo- chen verbesserte.

Für das konkrete Vorgehen gibt es verschiedene Optionen, ins- besondere eine Schienung in Neutralstellung oder mittels Ex- tensionsschiene, Bewegungseinschränkung nur während der Nacht oder kontinuierlich, Länge der Therapie und individuell angepasste oder konfektionierte Schienen. Eine prospektive Studie fand, dass die Neutralschiene die Symptome besser be- einflusst als eine Schiene in 20°-Extension. Dieselben Autoren stellten auch fest, dass die Symptomlinderung innert der ersten beiden Wochen festzustellen war und sich dann bis zur achten Woche nicht weiter verbesserte.

In einer Langzeitstudie erwies sich die nächtliche Schienung im Vergleich zu Kortikoidinjektionen nach einem Jahr hinsichtlich Symptomen und motorischer und sensorischer Nervenleitge- schwindigkeit als überlegen. Eine andere randomisierte Unter- suchung fand nach sechs Wochen bei denjenigen Patienten die beste Beeinflussung von Symptomen und Funktion, die ihre Schiene kontinuierlich und nicht nur nachts getragen hatten.

Insgesamt spricht die heutige Evidenz dafür, dass Patienten mit Karpaltunnelsyndrom, die eine Handgelenksschiene tragen wollen, diese für mindestens vier Wochen einsetzen müssen und dass dies in Neutral- und nicht in Extensionstellung erfol-

gen sollte.

Jocelyn R. Gravlee, Daniel J. van Durme: Braces and splints for musculoskeletal condi- tions. American Family Physician 2007; 75 (No. 3): 342–348.

Interessenlage: Die Autoren deklarieren keine Interessenkonflikte.

Halid Bas

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