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DIE KAISERLICHE SAMMLUNG ALS INSTRUMENT DER KUNSTPOLITIK IN CHINA

Von Lothar Ledderose, Heidelberg

Eine bemerkenswert große Zahl der chinesischen Bilder, welche heute in

den bedeutenden Museen der Welt aufbewahrt werden, war im 18. Jh. in der

Palastsammlung des Kaisers Ch'ien-lung (r. 1736-1795). Als zwei promi¬

nente Beispiele aus westlichen Museen kann man das wohl berühmteste chine¬

sische Bild in Europa, nämlich die dem Altmeister der chinesischen Malerei,

Ku K'ai-chih (348 - 409 ?), zugeschriebene Rolle mit den "Ermahnungen für

die Palastdamen" im Britischen Museum nennen, und den von Kaiser Hui-

tsung (r. 1100-1125) gemalten "Papagei" in Boston.

Die größte und bedeutendste Sammlung chinesischer Bilder, das Palast¬

museum in Taipei, ist der direkte Erbe der Ch'ien-lung'schen Palastsamm¬

lung und enthält noch tausende der von Ch'ien-lung gesammelten Bilder, wel¬

che nicht im 19. und 20. Jh. die Sammlung verlassen haben. Aber auch auf

dem chinesischen Festland gibt es heute noch viele Bilder, welche aus Ch'ien¬

lung's Besitz stammen. Nachdem die ehemalige kaiserliche Sammlung von

Chiang Kai-schek 1949 bei seinem Rückzug nach Taiwan mitgenommen worden

war, hat man seit den 50er Jahren in China versucht, in den staatlichen Mu¬

seen in Peking und in anderen Städten neue Sammlungen chinesischer Bilder

aufzubauen. Das geschah, indem man Werke aus chinesischem Privatbesitz

in Nationaleigentum überführte, und teilweise auch, indem man Bilder, die

sich im Ausland befanden, zurückkaufte. Dabei tauchten wieder manche Wer¬

ke auf, die ebenfalls im 18. Jh. bereits in Ch'ien-lung's Besitz gewesen

waren. Als ein Beispiel kann man die bekannte Sung- zeitliche Handrolle an¬

führen, welche die nächtlichen Ausschweifungen des Ministers Han Hsi-tsai

zum Thema hat.

Eine Ausnahme bilden jedoch die japanischen Sammlungen. Zwar stammen

auch einige der bedeutendsten chinesischen Bilder in Japan aus Ch'ien-lung's

Palast, so z.B. eine Handrolle des 12. Jhs. im Nationalmuseum in Tokyo,

welche die Hsiao-hsiang Landschaft darstellt, aber wenn von chinesischer

Malerei in Japan die Rede ist, denkt man doch zunächst an die Werke aus der

Sammlung der Ashikaga-Shögune, wie z.B. den um 1200 von Liang K'ai ge¬

malten Dichter "Li Po", oder die etwas späteren "Szenen von Hsiao und Hsi¬

ang" von Mu Hsi. Diese Bilder konnten nicht in Ch ' ien-lung's Sammlung kom¬

men, weil sie bereits im 14. /l5. Jh. nach Japan gebracht worden waren.

Aber selbst wenn sie in China geblieben wären, wären sie wahrscheinlich

auch nicht in seine Sammlung gelangt, denn dort sind die Mönchsmaler der

Sung- und Yüan-Zeit so gut wie gar nicht berücksichtigt. Von Mu Hsi, z.B.,

gibt es kein einziges Bild, und Liang K'ai ist ebenfalls nicht vertreten. Wir

wüßten von den bedeutenden Leistungen der zen-buddhistischen chinesischen

Malerei fast nichts, wenn nicht viele dieser Bilder zu einem frühen Zeit¬

punkt nach Japan gebracht und dort aufbewahrt worden wären.

(2)

Die genannten Beispiele illustrieren, daJ3 ein Großteil aller chinesischen

Bilder, die heute überhaupt in der Welt noch existieren im 18. Jh. in Ch'ien-

lung's Palast waren, und daß unter ihnen wiederum viele derjenigen Bilder

sind, die als das beste gelten, was die chinesische Malerei je zu leisten im

Stande war. Das bedeutet, daß unsere heutigen Vorstellungen darüber, was

chinesische Malerei sei, sowohl quantitativ wie qualitativ weitgehend von

Ch'ien-lung geprägt sind. Ähnliches ließe sich auch auf dem Gebiet der Schrift¬

kunst und auf anderen künstlerischen Gebieten demonstrieren.

Die Sammlung von Kaiser Ch'ien-lung war jedoch nur die letzte - wenn

auch die umfangreichste - in einer langen Serie von kaiserlichen Sammlungen

in China. Immer wieder im Laufe der Jahrhunderte legten chinesische Kaiser

bedeutende Kunstsammlungen in ihren Palästen an. Aber wie die erwähnte

Tatsache, daß zen-buddhistische Bilder nur in Japan und fast nicht in China

selbst überliefert wurden, zeigt, sammelten die chinesischen Kaiser nicht en¬

zyklopädisch oder wahllos sondern nach bestimmten Gesichtspunkten. Dem¬

nach ist das Bild, welches ihre Sammlungen von der künstlerischen Tradition

Chinas vermitteln, eiiiseitig. Aber obwohl wir, die wir uns heute mit chi¬

nesischer Kunst beschäftigen, immer noch im Banne der kaiserlichen Samm¬

ler stehen, gibt es keine wissenschaftliche Untersuchung, weder in Ostasien

noch im Westen, über die Auswahlprinzipien, die kulturpolitische Funktion

und die Geschichte der kaiserlichen Sammlung in China.

Das Phänomen der Kaiserlichen Sammlung soll daher hier zunächst einmal

vorgestellt werden. Dabei soll auf drei Probleme eingegangen werden, die es

verdienen, in Zukunft noch weiter untersucht zu werden, nämlich erstens auf

den politisch-magischen Charakter der Sammlungen des Altertums, zweitens

auf die Sammlung des Kaisers T'angT'ai-tsung (r. 626-649), die die erste

bedeutende kaiserliche Kunstsammlung war und gleichzeitig das klassische

Beispiel dafür ist, wie eine solche Sammlung als Instrument der Kunstpolitik

eingesetzt werden kann, und drittens auf die Fluktuationen im Umfang der kai¬

serlichen Sammlung, welche sich im Laufe der Jahrhunderte beobachten lassen.

Als Kriterium für eine Kunstsammlung kann man ansehen, daß ihre Objekte

primär nach aesthetischen und nicht nach ökonomischen, religiösen, politischen

oder anderen Gesichtspunkten ausgewählt werden. Kaiserliche Kunstsammlun¬

gen in diesem Sinne entstanden in China in den ersten Jahrhunderten unserer

Zeitrechnung. Deren Vorläufer jedoch, nämlich die Palastsammlungen des

Altertums, sind in unserem Zusammenhang von Interesse, weil ihnen der

Charakter von kaiserlichen Regalien eignete, welche den Herrscher legitimie¬

ren, und weil, wie ich glaube, diese Funktion in säkularisierter Form auf die

späteren Kunstsammlungen übertragen wurde.

Bekanntlich bestand in China die Vorstellung, daß der Kaiser, welcher

Himmelssohn genannt wurde, sein Recht zu herrschen, auf ein Mandat des

Himmels gründete. Der Kaiser schloß buchstäblich einen Vertrag mit dem

Himmel, in dem er sich verpflichtete, das Volk tugendhaft zu regieren. Als ein

Unterpfand dieses Vertrages erhielt er bestimmte Schätze, wie Bronzedrei¬

füße, Pläne, Diagramme und Texte. Falls ein Herrscher es an Tugend fohlen

ließ, verlor seine Dynastie das Mandat und ging auch dieser Schätze verlustig.

Aber die nachfolgende Dynastie zerstörte die Sammlung der vorigen Dynastie

nie, sondern versuchte sie, soweit es möglich war, zu übernehmen, denn der

Besitz der PalastsamrOlung galt als Zeichen dafür, daß das Mandat auf die

neue Dynastie übertrafen worden war. Diesen sakrosankten Charakter be-

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sitzen auch die späteren Kunstsammlungen. Durch die gesamte chinesische

Geschichte bis ins 20. Jh. läßt sich beobachten, wie politische und militäri¬

sche Parteien, die darauf aus waren, sich im Kampf um die Herrschaft über

China gegenseitig zu vernichten, doch immer versuchten, die Palastsamm¬

lung des Gegners möglichst intakt in ihre Hände zu bekommen.

Die mit den Palastsammlungen des Altertums verbundenen magisch-poli¬

tischen Vorstellungen haben eine Analogie in der physiologischen Spekulation,

wie wir sie vor allem aus den in der Han-Zeit auftauchenden apokryphen Ch'an-

wei Texten und aus dem religiösen Taoismus kennen. In der gleichen Wei¬

se, in der sich eine politische, mandat-erhaltende Kraft in den Palastschätzen

materialisiert, manifestiert sich eine spirituelle Lebenskraft im Körper als

materielle Substanz. Diese Substanz wird in den Eingeweiden gesammelt, ge¬

schützt und gemehrt. Es ist kein Zufall, daß das chinesische Wort für "Ein¬

geweide" mit dem Wort, mit dem man eine Sammlung und insbesondere auch

eine Kunstsammlung bezeichnet, nahezu identisch ist. Beide Worte werden

"ts'ang" ausgesprochen, und auch die beiden Schriftzeichen sind auf's engste miteinander verwandt.

Zu den Schätzen der Palastsammlungen des Altertums gehörten u.a. auch

Tafeln mit den Portraits früherer Herrscher. In der legitimen Abfolge der

Gestalten seiner Vorgänger war dem Kaiser sozusagen der Lauf der Welt ge¬

offenbart, und zugleich erhielt er so die Berechtigung, sich auch in Ihre Rei¬

he einzuordnen. Im Zusammenhang unserer Fragestellung sollte man zudem

daran erinnern, daß Portraits von früheren Herrschern ja auch das vornehm¬

ste Thema für die Bilder im Han-Palast waren, und daß diese Bildersamm¬

lungen wiederum ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu den späteren Kunst¬

sammlungen darstellen.

Die eigentlichen kaiserlichen Kunstsammlungen, welche, wie oben erwähnt,

in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung entstanden, nahmen schnell

an Umfang zu. Die Sammlung des zweiten T'ang-Kaisers, T'ai-tsung, der

626 den Thron bestieg, war die bedeutendste Sammlung, welche China bis da¬

hin gekannt hatte. Ihr Kernstück war die Schriftkunst.

Während der Teilung des Reiches vom 3. bis zum 6. Jh. hatte sich die

Schriftkunst im Süden und im Norden auf sehr verschiedenen Wegen entwik-

kelt. Im Süden wurde vor allem das Genre der handgeschriebenen Briefe ge¬

pflegt, während der Norden berühmt war für seine in Stein gemeißelten budd¬

histischen Weiheinschriften. Der prominenteste Meister der südlichen Tra¬

dition w'ar Wang Hsi-chih (307-366); sein eleganter doch präziser Pinsel¬

duktus, die delikate Komposition seiner Zeichen und sein natürlicher Linien¬

fluß kontrastieren eklatant mit den kraftvoll-eckigen, jedoch fast ein wenig

unbeholfen wirkenden Steininschriften aus dem Norden. Als das Reich wie¬

dervereinigt wurde, stand man vor der Frage, welche der beiden schrift¬

künstlerischen Traditionen man als verbindlich akzeptieren sollte. Die Wahl

fiel auf die südliche Tradition, entsprechend einer Kulturpolitik, die darauf

abzielte, die kulturell überlegenen Errungenschaften des Südens für das ganze

Reich zu übernehmen.

Kaiser T' ang T' ai-tsung förderte die Schriftkunst des Südens und insbeson¬

dere den Stil des Wang Hsi-chih auf vielerlei Weise. Er schrieb selbst in

diesem Stil, und er betätigte sich auch als Kunstkritiker und pries Wang

Hsi-chih als den größten Meister aller Zeiten. Das mächtigste Instrument

jedoch, mit Hilfe dessen der Kaiser seine künstlerischen Ansichten in die

Praxis umsetzen konnte, formte er sich in seiner Kunstsammlung.

(4)

Als im Jahre 618 die T'ang-Dynastie gegründet worden war, hatten sich

lediglich 300 Rollen in den kaiserlichen Magazinen gefunden. Jedoch schon

im Jahre 632 belief sich die Zahl der Schriftkunstwerke allein bereits auf

1510, und schließlich brachte T'ang T'ai-tsung von Wang Hsi-chih allein 2290

Stücke zusammen. Von den besten Werken des Meisters ließ er nun Faksimile-

Kopien herstellen und verteilte sie an die Mitglieder der kaiserlichen Familie

und an andere Würdenträger am Hof. Auch im Hung-wen kuan, dem Institut

der Kulturpropaganda, studierten die jungen Aristokraten der Hauptstadt den

Stil des Wang Hsi-chih nach Musterbüchern, welche vom Palast ausgegeben

wurden.

Die enormen sammlerischen Anstrengungen von T'ai-tsung hatten zur Folge,

daß es nur noch wenige Beispiele von Wang's Handschrift außerhalb des Pa¬

lastes gab, und die, die es gab, wurden geheimgehalten, damit sie nicht

konfisziert wurden. Das bedeutete jedoch, daß in dem Bemühen, sich Wang's

Stil anzueignen, diejenigen bevorzugt waren, welche an Hand der vom Palast

ausgegebenen Kopien studieren konnten. Nocli bessere Möglichkeiten hatten

natürlich die wenigen privilegierten Personen, die einen direkten Zugaing

zur Palastsammlung hatten. So konnte es dahin kommen, daß der Stil der ei¬

genen Handschrift bis zu einem gewissen Grade die soziale Position des

Schreibers wiederspiegelte.

In einer Situation, in der Wang's Stil als die höchste Norm galt, mußte

notwendigerweise die Schrift derjenigen Meister, die seine Werke im Origi¬

nal studieren konnten, als "besser" erscheinen als die von anderen, weniger

glücklichen Zeitgenossen. Es ist bezeichnend, daß Ou-yang Hsün, Yü Shih-nan

und Ch'u Sui-liang, die als die drei großen Meister der Epoche gelten, alle

Zugang zur Palastsammlung hatten, während andere Meister, denen keine

Gelegenheit gegeben war, Werke des Wang Hsi-chih im Original zu studieren,

keinen Namen und auch keine Werke in der Geschichte der Schriftkunst hinter¬

lassen konnten.

Ein delikates Problem ist das der Authentizität der Werke in der kaiser¬

lichen Sammlung. In früheren Textquellen lesen wir, daß Wang Hsi-chih's

Schrift bereits zu seinen Lebzeiten gefälscht wurde, und daß die Signatur auf

dem Werk eines Meisters, welchen T'ang T'ai-tsung nicht schätzte, ausra¬

diert und durch eine andere ersetzt wurde. Verfolgt man außerdem das Schick¬

sal der Werke Wang Hsi-chih' s in den Jahrhunderten vor der T' ang-Zeit und

rechnet zusammen, wieviele von ihnen in Bränden und anderen Katastrophen

vernichtet wurden, so erscheint es sehr fraglich, ob alle 2290 Beispiele von

Wang Hsi-chih's Schrift in der T'ang-zeitlichen Palastsammlung wirklich

von Wang's eigener Hand geschrieben waren. Man kann sich des Eindrucks

nicht erwehren, daß das politische und kulturelle Gewicht, welches eine kai¬

serliche Sammlung darstellt, höher bewertet wurde als die Authentizität der

in ihr erhaltenen Objekte.

Allerdings war sich T'ang T'ai-tsung des Problems der Echtheit wohl be¬

wußt, und er ließ die Werke seiner Sammlung durch den Schriftexperten Ch'u

Sui-liang prüfen. Ch'u Sui-liang stellte eine Liste mit den 266 besten Werken

des Wang Hsi-chih auf, die jahrhundertelang als autoritativ galt und auch

heute noch erhalten ist. Es besteht kein spezifischer Grund an Ch'u Sui-

liang's gutem Urteil zu zweifeln, aber wir haben keine Möglichkeit, seine

Expertisen zu überprüfen. Die Stücke, welche er als Kopien zurückwies, sind

nicht überliefert. Jedoch selbst für Ch'u Sui-liang's Zeitgenossen war es so

(5)

gut wie unmöglicli, seine Entscheidungen anzuzweifeln. Außerhalb des Pa¬

lastes waren keine Stücke mehr verfügbar, auf Grund derer man sich eine

unabhängige Meinung hätte bilden können, und die kaiserliche Sammlung

selbst war geheim. Ch'u Sui-liang hielt das Monopol in Sachen Wang Hsi-

chih, und mit Hilfe der kaiserlichen Sammlung formte er die Vorstellungen,

welche spätere Jahrhunderte von der Kunst dieses Meisters hatten.

Am Beispiel von zwei Werken aus der T'ang-zeitlichen Sammlung soll zum

Schluß noch das weitere Schicksal der kaiserlichen Sammlung illustriert

werden. Das eine ist die "Feng-chü t'ieh" genannte Rolle mit drei Briefen

des Wang Hsi-chih, welche sich heute im ehemaligen Palastmuseum in Taipei

befindet, und das andere die zu Anfang erwähnte, Ku K'ai-chih zugeschrie¬

bene Rolle, "Ermahnungen für die Palastdamen" i-m Britischen Museum. Die

Geschichte von derartig berühmten Kunstwerken läßt sich oft mit bemerkens¬

werter Genauigkeit rekonstruieren, und zwar an Hand der im Laufe der Jahr¬

hunderte auf den Rollen selbst angebrachten Sammlersiegel und Kolophone,

und mit Hilfe von schriftlichen Quellen, wie alten Sammlungskatalogen. Fig. i

zeigt eine schematische Darstellung des Schicksals der beiden genannten Wer¬

ke. Die mit Dreiecken markierten Strecken bezeichnen die Perioden, während

derer sie in der kaiserlichen Sammlung waren.

Selbst bei einem kurzen Blick lassen sich einige wichtige Beobachtungen

machen. Man sieht, daß eine kaiserliche Sammlung nie lange Bestand hatte.

Immer wieder löste sie sich auf, nur um später wieder zusammengetragen

zu werden. Die Ku K'ai-chih-Rolle, beispielsweise, gelangte vier Mal in den

Kaiserpalast und verließ ihn auch vier Mal. Die kaiserliche Kunstsammlung

erscheint nier wie ein Oszillograph, der auf die politischen Veränderungen

im Reich reagiert. Wie diese Relation sich im einzelnen darstellt, wäre ge¬

nauer zu untersuchen, und dies würde sicher unser Verständnis der dynasti¬

schen-Zyklen und der Fluktuationen in der Macht der Zeniralgeriegung ergän¬

zen und möglicherweise korrigieren. Bereits diese kleine Tabelle zeigt, daß

die Sammlung in Perioden des dynastischen Niedergangs nicht zusammenge¬

halten werden konnte, sei es in der T' ang-Zeit nach dem Aufstand des An

Lu-shan, am Ende der Südlichen Sung-Zeit, unter dem Kaiser Wan-li, und

auch am Ende des 19., Anfang des 20. Jhs. Man ist unwillkürlich an die ma¬

gischen Dreifüße des Altertums erinnert, die der Dynastie abhanden kommen,

wenn ihr Stern sinkt.

Auch alle Bilder aus der Ch'ien-lung'schen Sammlung, die zu Anfang an¬

geführt wurden, verließen den Palast in einer Periode der politischen Schwä¬

che. Sobald sich die politische Lage stabilisiert hatte, wurde auch diesem

"Ausverkauf" ein Ende gesetzt. Die ungewöhnliche Bedeutung, welche die

Nationalchmesen der kaiserlichen Sammlung beimaßen, führte dazu, daß sie

sie nach Taiwan mitnanmen. Dieser mühevolle Transport gewinnt erst dann

seinen Sinn, wenn main weiß, daß der Besitz der Palastsammlung einen Legi¬

timationsanspruch auf die Herrschaft über China darstellt.

Wie wir gesehen haben, führt die Beschäftigung mit dem Thema "kaiser¬

liche Sammlung" zu einer Vielzahl von Fragen. Einige davon sind von grund¬

legender Bedeutung, nämlich die Frage nach der Definition eines Kunstwer¬

kes und das Problem aesthetischer Kriterien. Als die Palastsammlungen des

Altertums durch kaiserliche Kunstsammlungen abgelöst wurden, wurden ma¬

gische Objekte, welche Garanten des himmlischen Mandates waren, ersetzt

durch Kunstwerke, welche Garanten der legitimen, kulturellen und politischen

(6)

Tradition des säkularisierten Staates waren. Diese besondere Funktion der

Kunstwerke in den kaiserlichen Sammlungen bedingte eine Interdependenz

politischer und aesthetischer Kriterien und führte dazu, daß bestimmte Künst¬

ler und Kunstrichtungen in die Rolle von Außenseitern gedrängt oder völlig

unterdrückt wurden. Eine eingehendere Beschäftigung mit der Geschichte und

Funktion der kaiserlichen Sammlung wird uns demnach - so scheint mir -

auch zu einem besseren Verständnis des Kunstbegriffes in China führen.

(7)

Schematische Darstellung der Geschichte von zwei repräsentativen Werken:

Wang Hsi-chih: "Feng-chü t'ieh ^ fß ".Taipei

Ku K'ai-chih: "Admonition scroll". London

Süd-

1200 —1 Sung

Yüan Sechs Dyna¬

stien

Sui

T'ang

5 Dyn.

Nord- Sung

Ming

Ch' ing

Wang Ku

Hsi- K'ai-

chih chih

Liang Wu-ti (r. 502-549) Liang Yüan-ti (r. 552-554)

- Sui Yang-ti (r. 604-617) '

T'ang T'ai-tsung (r. 626-649)

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Sung Hui-tsung (r. 1100-1125) <

Sung Kao-tsung (r. 1127-1163) ■

Chin Chang-tsung (r. 1188-1208) ■

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Chia Ssu-tao (1213-1275)

Chia-ching (r. 1522-1566) Wan-li (r. 1573-1615) Hsiang Yüan-pien (1525-1590)

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An Ch'i (ca. 1683 - ca. 1744)

Ch'ien-lung (r. 1736-1795) ^

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(8)

DREI LATERIT-FELSENGRÄBER AN DER MITTLEREN WESTKÜSTE INDIENS

IN GOA ?

Von Gritli v. Mitterwallner, München

Mit 2 Tafeln und 6 Abbildungen

Goa, das sich von 1510 bis 1961 in der Hand der Portugiesen befand, wurde

erst 1964/1965 intensiv nach Spuren aus der Steinzeit untersucht. S.A. Sali

vom South-Western Circle des Archaeological Survey of India, war mit den

Feldforschungsarbeiten im genannten laufenden Jahr beauftragt worden. Er

entdeckte dabei an insgesamt 66 Stellen in der Nähe von Flußläufen, auf Hoch¬

ebenen und am Fuß von Bergrücken, Artefakte sowohl aus der frühen, als

auch aus der mittleren und späten Steinzeit (l). Außerdem werden in seinem

erst im Jahr 1969 veröffentlichten Kurzbericht, eine Reihe von mittelalter¬

lichen Tempel, vir ag als (Heldensteine) und mehrere brahmanische, aus dem

Laterit gehauene Kulthöhlen, bespielsweise jene von Pissurlem und Surla er¬

wähnt. Die letzteren stammen jedoch, wie er richtig erkannte, erst etwa aus

dem 6./7. nachchristlichen Jahrhundert (2).

Weitere, von ihm nicht genannte, brahmanische und eine wahrscheinlich

buddhistische Kulthöhle etwas früherer Entstehungszeit, habe ich im Verlauf

meines systematischen Surveys der brahmanischen, buddhistischen und Jai-

na-Denkmäler Goas vom Herbst 1964 bis Januar 1967 in Grund- und Aufrissen

erfaßt.

Wie ich in meiner im Jahre 1970 eingereichten, unveröffentlichten Habili¬

tationsschrift über die Skulpturen des sivaitischen Kultkreises von Goa dar¬

legte, gehören zumal die sivaitischen Höhlentempel von Arvalem in der Pro¬

vinz Bhatagräma (heute Bicholim genannt) zu den ältesten erhalten gebliebe¬

nen Monumenten Goas. Einige Schreine dieses Komplexes dürften bereits An¬

fang des 5. Jahrhunderts n. Chr. G. entstanden sein (3).

Noch etwas früher ist die Kupfertafel-Inschrift des Königs Devaräjä (4) der

Bhoja-Dynastie anzusetzen, die vom 4. bis zum 6. Jh. n. Chr. G. über Goa

und die im Süden (North Kanara) (5) und Osten (Belgaum Distrikt) (6) an¬

grenzenden Gebiete herrschte.

Die Dynastie der Bhojas wurde von jener der Mauryas des Konkan abgelöst,

welche an Hand von zwei in Goa gefundenen Kupfertafel-Erlässen aus dem 6./

7. Jh. n. Chr. G. inschriftlich nachgewiesen ist (7).

Zahlreich sind schließlich die Inschriften und Münzen der sog. Goa-Kädam-

bas vertreten, die vom 10. bis zum 14. Jh. n. Chr. G. (8) über Goa und die

benachbarten Territorien regierten.

Im Grunde ist daher die Geschichte Goas vom 4. nachchristlichen Jahrhun¬

dert an durch konserviert gebliebene architektonische Monumente, Kultbild¬

nisse und Inschriften bis zur Ankunft der Portugiesen zu Beginn des 16. Jhs.

lückenlos belegt. Für die Zeit vor dem 4. Jahrhundert der christlichen Ära

aber, für die sog. protohistorische Phase Goas, hatten wir bis vor kurzem

keine Zeugnisse oder Anhaltpunkte.

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