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Gefahr der weiblichen Genitalverstümmelung in Äthiopien

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VG Ansbach, Urteil v. 31.08.2017 – AN 3 K 16.30048 Titel:

Gefahr der weiblichen Genitalverstümmelung in Äthiopien Normenketten:

AsylG § 3 Abs. 1, § 3a, § 3b, § 4 Abs. 1, § 30 Abs. 1 Nr. 1, § 77 Abs. 2, § 78 Abs. 1 S. 1 VwGO § 113 Abs. 1, Abs. 5

AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1 Leitsätze:

1 Auf die Bedingungen des Strafvollzugs in Äthiopien kommt es nicht an, wenn der Asylsuchende wegen allein innerfamiliärer Streitigkeiten bereits nicht mit staatlicher Verfolgung zu rechnen hat.

(Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)

2 In Äthiopien ist ein Rückgang der weiblichen Genitalverstümmelung zu beobachten. Die Gefahr der Beschneidung eines Mädchens hängt wesentlich von der Haltung der Mutter ab. Es ist nicht davon auszugehen, dass Kinder ihren Eltern zur Durchführung einer Beschneidung gewaltsam entzogen werden. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)

Schlagworte:

Äthiopien, Klageabweisung als offensichtlich unbegründet, FGM, weibliche Genitalverstümmelung, Beschneidung

Tenor

1. Die Klagen werden als offensichtlich unbegründet abgewiesen.

2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand 1

Die im Jahr 1991 geborene Klägerin zu 1) reiste gemeinsam mit ihren Töchtern, den im Jahr 2009 und 2011 in … geborenen Klägerinnen 2) und 3) nach eigenen Angaben am 20. Oktober 2014 mit einem Direktflug der Lufthansa von … nach Frankfurt in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. Die Klägerinnen stellten am 29. Oktober 2014 Asylanträge.

2

Die Klägerin zu 1) erklärte, sie habe für sich selbst und ihre Kinder bei der äthiopischen Botschaft in … Reisepässe beantragt und erhalten, habe in … in einem Reisebüro die Flugtickets gebucht und habe hierbei angegeben, über … nach … reisen zu wollen. Für die gesamte Reise inklusive Flugtickets habe sie ca.

3.000 EUR bezahlt. Sie habe während ihres fünfjährigen Aufenthalts in Israel Geld gespart und gearbeitet und habe sich daher die Reise leisten können.

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Sie erklärte, aus Angst, wieder in ihrer Heimat zurückgeschickt zu werden, habe sie die Reisepässe nach Ankunft in … auf einer Toilette im Transitbereich zerrissen und in den Abfalleimer geworfen. Dasselbe habe sie auch mit den Flugtickets gemacht.

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In ihrer Anhörung gemäß § 18 a AsylG (Flughafenmodell) am 29. Oktober 2014 in der Außenstelle Flughafen … erklärte die Klägerin zu 1), sie habe bereits in Äthiopien einen Reisepass beantragt und erhalten. Diesen habe sie bei der Botschaft in … zum Zweck der Reise nach Deutschland verlängern lassen. Sie sei verheiratet, ihr Mann lebe in Israel, wo er zurzeit im Gefängnis sei. Er besitze keine gültige Aufenthaltsgenehmigung, sei deshalb inhaftiert worden und sie selbst habe eine Duldung besessen, die sie alle drei Monate habe verlängern können. Sie und ihr Mann hätten in Israel als Gebäudereiniger gearbeitet.

Ihre Eltern lebten noch in ihrem Heimatort südlich von Addis Abeba, ebenso wie die ganze Großfamilie (drei

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Schwestern und ein Bruder). Sie habe Äthiopien im Jahr 2007 verlassen und habe zwei Jahre im Sudan gelebt. Danach habe sie fünf Jahre in Israel gelebt und sei von Israel direkt nach Deutschland geflogen. Sie sei schon im Sudan mit ihrem Mann zusammen gewesen, den sie aber erst in Israel nach der Geburt der Kinder geheiratet habe. Ihr Mann sei der Bruder ihrer Mutter, also ihr Onkel. Sie seien aus diesen Gründen vor der Familie geflohen, weil es große Probleme mit der Familie gegeben habe. Die Heiratsurkunde sei bei ihrem Mann, die Taufbescheinigungen und die Geburtsbestätigungen der Kinder habe sie dabei. Auf Vorhalt, dass in den beiden vorgelegten Taufbescheinigungen unterschiedliche Angaben zur Mutter stünden, erklärte die Klägerin zu 1), sie habe auf der Bescheinigung der Klägerin zu 2) einen eritreischen Namen angegeben, da sie im Sudan und auch in Israel als Eritreerin gelebt habe. Sie habe damit erreichen wollen, dass ihr Mann aus dem Gefängnis entlassen würde, da er ja ein Kind habe. Außerdem habe sie so verhindern wollen, nach Äthiopien abgeschoben zu werden, weil zum damaligen Zeitpunkt Äthiopier in ihr Heimatland von Israel aus abgeschoben worden seien, jedoch nicht nach Eritrea. Bei der Bescheinigung für die Klägerin zu 3) habe diese Gefahr nicht mehr bestanden. Für die israelischen Behörden sei sie immer Eritreerin gewesen. Ihren äthiopischen Pass habe sie in Israel nie vorgezeigt und auch die Duldung habe sie auf den eritreischen Namen erhalten. Sie habe jedoch in Israel nicht arbeiten dürfen, weshalb sie Israel verlassen habe.

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Auch in Äthiopien habe sie bei der Passerstellung falsche Angaben gemacht und sich ein paar Jahre älter gemacht, damit sie volljährig sei. Den Pass habe sie in Addis Abeba vor ihrer Ausreise in den Sudan ausstellen lassen. Man habe sie bei der Passbehörde nach ihrem Personalausweis gefragt. Aber auch in diesem habe sie das Geburtsdatum geändert. Sie habe bei der Passbeantragung einfach auf dem falschen Geburtsdatum beharrt. Der Beamte habe dies dann wunschgemäß übernommen.

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Auf Vorhalt, sie habe zwar Geburtsbescheinigung der Kinder nach Deutschland mitgebracht als Nachweis, dass dies ihre Kinder seien und zum Nachweis, wer der Kindsvater sei, habe jedoch für ihre eigene Identität überhaupt gar keine Personaldokumente und auch keine sonstigen Dokumente mitgenommen, erklärte die Klägerin zu 1), sie habe den Pass aus Angst vor Abschiebung zerrissen und alle anderen Papiere in Israel bei ihrem Mann zurückgelassen. Auf Nachfrage erklärte die Klägerin zu 1), sie habe die Dokumente bei einer Freundin zurückgelassen, sie werde die Papiere nachreichen.

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Mit Bescheid vom 23. Dezember 2015, der dem Prozessbevollmächtigten den Klägerinnen als Einschreiben am 7. Januar 2016 zugesandt wurde, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 1), lehnte die Anträge auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 2), lehnte die Anträge auf subsidiären Schutz ab (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Ziffer 4), drohte den Klägerinnen die Abschiebung nach Äthiopien an, wenn sie nicht innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung die Bundesrepublik Deutschland verlassen (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise-und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).

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Zur Begründung wurde im Wesentlichen aufgeführt, das Gesamtverhalten der Klägerin zu 1) gebe Anlass zur Annahme, dass die Antragstellung für sich und die Kinder von asylfremden Motiven geprägt sei.

Insbesondere habe sie Reisedokumente und Identitätspapiere bisher nicht vorgelegt, obwohl sie nunmehr seit über einem Jahr im Bundesgebiet lebe. Lediglich ein Dokument, von dem die Klägerin zu 1) behaupte, es handle sich hierbei um die Heiratsurkunde, habe sie bislang vorgelegt. Auch diese können nicht als Nachweis angesehen werden, dass die Klägerin zu 1) tatsächlich mit ihrem Onkel verheiratet sei. Denn schon die Altersangaben stimmten nicht mit den im Asylverfahren gemachten überein. Im Asylverfahren sei sie fünf Jahre älter. Zum anderen stimme auch der Name der Mutter in dieser Heiratsurkunde nicht mit dem Namen überein, den die Klägerin zu 1) bei ihrer Anhörung angegeben habe. Es bestehe der Verdacht, dass die Klägerin zu 1) versuche, mit gefälschten Dokumenten für sich einen asylrelevanten

Verfolgungshintergrund zu konstruieren.

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Auch sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Ehemann in Israel über lange Zeit inhaftiert worden sei, statt nach Äthiopien zurückgeschickt zu werden, wenn Grund der Inhaftierung gewesen sei, dass er keine Duldung erhalten habe. Dies widerspreche den Erkenntnissen der Beklagten, wonach in Israel eine große Arbeitsmigration von äthiopischen Staatsangehörigen bestehe. Aufenthaltstitel würden zum Zwecke der Arbeitsaufnahme erteilt. Sie habe nicht nachvollziehbar dargelegt, dass ihr Ehemann in Israel im Gefängnis sei. Es sei auch davon auszugehen, dass es der Klägerin zu 1) möglich sei, mit ihren Kindern nach

Äthiopien zu der Großfamilie zurückzukehren. Dass sie dort gezielten Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt sein solle, sei nicht ersichtlich.

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Das Offensichtlichkeitsurteil wurde auf § 30 Abs. 3 Nummern 1, 2 und 4 AsylG gestützt.

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Denn das Vorbringen der Klägerin zu 1) sei nicht substantiiert bzw. in sich widersprüchlich, entspreche offenkundig nicht den Tatsachen oder werde auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt.

Außerdem täusche sie im Asylverfahren über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit bzw. verweigere Angaben hierzu. Des weiteren bestehe Anlass zur Annahme, dass der Antrag nur gestellt worden sei, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl vorher ausreichend Gelegenheit bestanden habe, einen Asylantrag zu stellen. Die Klägerin zu 1) habe bereits ihre Identität nicht nachgewiesen, habe ihren angeblich äthiopischen Reisepass für sich und ihre Kinder sogar absichtlich vernichtet und lege offensichtlich gefälschte Geburtsurkunden für ihre Kinder vor. Daraus werde deutlich, dass er an einem wahrheitsgemäßen Vortrag nicht gelegen sei. Die Klägerin zu 1) sei insgesamt unglaubwürdig.

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Nachdem auch Gründe für die Schutzgewährung nach § 4 Abs. 1 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht ersichtlich seien, seien die Anträge abzulehnen.

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Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten, das am 18. Januar 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließen die Klägerinnen Klage gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamtes erheben. Der gleichzeitig gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen die ausgesprochene

Abschiebungsandrohung anzuordnen, wurde mit Beschluss vom 26. Januar 2016 abgelehnt (AN 3 K 16.30047). Auf die Gründe wird Bezug genommen.

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Die Klägerinnen beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Dezember 2015 zu verpflichten, die Klägerinnen als Asylberechtigte zuzuerkennen, ihnen die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen, hilfsweise,

ihnen subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG zu gewähren und weiterhin hilfsweise,

festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die in den vorgelegten Bescheinigungen verwendeten Namen und Abstammung seien nachvollziehbar. Grundlage für die falschen Personalien sei die Flucht aus Äthiopien aufgrund der verbotenen Beziehung zu dem in Israel inhaftierten Ehemann der Klägerin zu 1) gewesen. Diese falschen Angaben hätten sich durch den Aufenthalt in Israel hin durchgezogen. Nachdem der Ehemann der Klägerin zu 1) wohl zu Zwecken der Abschiebung in Haft genommen worden sei, hätte die Klägerin zu 1) in Israel nicht mehr weiterleben können. In Absprache mit dem inhaftierten Ehemann habe sie versuchen sollen, nach Europa zu kommen. Auch der Ehemann der Klägerin zu 1) habe sich in Israel auf der aus der Haft absetzen können und sei nach Deutschland gelangt. Das Verfahren des Ehemannes ist unter AN 3 K 16.30240 beim Verwaltungsgericht Ansbach anhängig.

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Das Offensichtlichkeitsurteil könne keinen Bestand haben. Insbesondere seien die Geburtsurkunden nicht gefälscht. Denn die Klägerin zu 1) habe denselben Familiennamen wie ihr Kind, nämlich den

Großvaternamen … Der Vater sei nicht in die Geburtsurkunden eingetragen, da ohne urkundlichen Beleg der Vaterschaft der Vater nicht eingetragen würde. Außerdem führten inzestuöse Beziehungen in Äthiopien zu einer sozialen Ächtung, die zu lebensbedrohlichen Übergriffen führen könne. Auch drohe den

Klägerinnen zu 2) und 3) die Genitalverstümmelung im Herkunftsland. Die Klägerin zu 1) und ihr Ehemann könnten den Klägerinnen zu 2) und 3) keinen Schutz gewähren, da sie ihrerseits in einer sozial

existenzbedrohenden Lage sein, in der sie mit Gewissheit nicht den Rückhalt hätten, den sie für einen wirksamen Schutz der Kinder bräuchten.

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Die Beklagte beantragte am 25. Januar 2016, die Klagen abzuweisen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten, insbesondere auf das Verfahren des Ehemannes der Klägerin zu 1) (AN 3 K 16.30240) sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe 19

Die zulässigen Klagen haben keinen Erfolg. Sie sind als offensichtlich unbegründet abzuweisen, § 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerinnen nicht in ihren

Rechten, § 113 Abs. 1, 5 VwGO. Den Klägerinnen steht offensichtlich kein Bleiberecht zu, § 30 AsylG.

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Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Klage offensichtlich unbegründet, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage dem Gericht geradezu aufdrängt (BVerwG, B.v.

1.3.1979 – 1 B 24/79 – Buchholz 402.24, § 34 AuslG Nr. 1 sowie BVerfG, B.v. 12.7.1983 – 1 BvR 1470/82 – BVerfGE 65, 76; U.v. 11.12.1985 – 2 BvR 361/83, 2 BvR 449/83 – BVerfGE 71, 276; B.v. 20.12.2006 – 2 BvR 2063/06 – NVwZ 2007, 1046).

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Die Klägerinnen haben keinerlei Gründe geltend gemacht, die den Anspruch auf Zuerkennung eines Bleiberechts rechtfertigen können, weshalb die Asylanträge nach § 30 Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet anzusehen sind.

22

Hierzu wird zunächst auf die Gründe der Entscheidung im Eilverfahren (An 3 S. 16.30047) sowie auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.

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Die Klägerin zu 1) erklärte in der mündlichen Verhandlung nun erstmals, ihr Ehemann sei bereits vor der Ausreise politisch aktiv und wegen dieses Engagements auch verfolgt gewesen. Er selbst dementierte dies.

Mit diesem Verhalten bestätigte die Klägerin zu 1), dass sie es mit der Wahrheit nicht genau nimmt und Angaben im Verfahren orientiert an dem für sie zu erwartenden größtmöglichen Nutzen macht. In Zusammenschau mit den Erwägungen aus dem Beschluss im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes drängt sich auf, dass das Vorbringen der Klägerin zu 1) insgesamt offenkundig den Tatsachen nicht entspricht, § 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG.

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Ergänzend ist zu bemerken:

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1. Ein Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG besteht für die Klägerin zu 1) offensichtlich nicht.

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Selbst bei Wahrunterstellung des Verwandtschaftsverhältnisses ist weder ein asylrelevanter Verfolgungsgrund i.S. des § 3b AsylG vorgetragen noch sonst ersichtlich.

27

Die Klägerin zu 1) gab hierzu an, es habe wegen des verwandtschaftlichen Verhältnisses mit ihrem Ehemann (Kläger im Verfahren AN 3 K 16.30240) Probleme und Auseinandersetzungen mit ihrer Familie gegeben. Sie trug nicht vor, deshalb Probleme mit staatlichen Stellen gehabt oder befürchtet zu haben.

28

Auch die Möglichkeit einer strafrechtlichen Sanktionierung sexueller Beziehungen zwischen Verwandten in Äthiopien ist kein Verfolgungsgrund i.S. des § 3b AsylG, da nicht an asylerhebliche Merkmale angeknüpft wird. Aus demselben Grund besteht offensichtlich auch kein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16 a GG.

29

Ein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG besteht nicht.

30

Soweit vom Klägervertreter im Verfahren auf die unwürdigen Bedingungen im Strafvollzug in Äthiopien hingewiesen wurde, ist nicht ersichtlich geworden, inwiefern ein staatliches Verfolgungsinteresse

hinsichtlich der Verbindung überhaupt im Raum steht. Weder die Klägerin zu 1) noch ihr Ehemann haben entsprechende Befürchtungen geäußert; Schwerpunkt des Vorbringens waren stets die innerfamiliären Schwierigkeiten. Auch die vorgetragene Verhaftung des Ehemannes der Klägerin zu 1) erfolgte nicht wegen der (den Behörden also bereits bekannten) Verbindung von Onkel und Nichte, sondern wegen der

Schlägerei mit dem Bruder der Klägerin zu 1). Nach alldem stellt sich die pauschale Behauptung des Klägervertreters zu den Haftbedingungen in Äthiopien als so vage dar, dass nicht mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass der Klägerin zu 1) für den Fall ihrer Rückkehr ein ernsthafter Schaden i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG droht.

31

Die Klägerin zu 1) befindet sich infolge der absichtlichen Vernichtung ihres Reisepasses in einem in vorwerfbarer Weise selbstgeschaffenen Beweisnotstand. Insbesondere deshalb ist es nicht möglich, die Verwandtschaftsverhältnisse der Klägerin zu 1) zu ihrem Ehemann aufzuklären, auf die maßgeblich das Vorbringen zu drohenden Gefahren im Heimatland gestützt wird. Die Klägerin zu 1) gab im Verfahren vor dem Bundesamt an, sie habe Dokumente zum Nachweis ihrer Identität bei ihrem Ehemann (damals in Israel) bzw. bei einer Freundin zurückgelassen. Diese kann sie jedoch immer noch nicht vorlegen, sondern erklärte in der mündlichen Verhandlung am 30. August 2017 lediglich, für die Ausstellung eines neuen Reisepasses benötige sie die Kopie des alten, den sie nicht mehr besitze. Weitergehende Anstrengungen zum Nachweis ihrer Identität hat die Klägerin zu 1), die nach eigenen Angaben sowohl in Äthiopien als auch in Israel über persönliche Daten getäuscht hat, nicht unternommen.

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2. Auch der Vortrag der Klägerin zu 1), sie befürchte, dass die Klägerinnen zu 2) und 3) im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien einer Beschneidung unterzogen würden, vermag nicht zur Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes für die Klägerinnen zu 2) und 3) zu führen.

33

Eine konkret drohende Beschneidung ist geeignet, Flüchtlingsschutz zu begründen (OVG Nordrhein- Westfalen, U.v.14.2.2014 – 1 A 1139/13.A – juris Rn. 80; VG Aachen, U.v. 16.9.2014 – 2 K 2262/13.A -, juris Rn. 30 m.w.N.; VG Würzburg, U.v. 5.12.2014 – W 3 K 14.30001 -, juris Rn. 31; VG Ansbach, U.v.

27.9.2016 – AN 3 K 16.30877 – juris; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Juni 2014, § 3a AsylG Rn. 35).

34

Allerdings geht die Einzelrichterin davon aus, dass die Klägerinnen zu 2) und 3) wegen der von der Mutter in der mündlichen Verhandlung klar geäußerten Ablehnung der FGM dieser Gefahr offensichtlich nicht ausgesetzt sein werden. Die Durchführung einer FGM ist hauptsächlich von der Haltung der Mutter abhängig. Dies bestätigte die Klägerin zu 1), die angab, ihre eigene Mutter sei bei der bei der bei ihr

durchgeführten Beschneidung anwesend gewesen und habe diese – wie der Vater auch - befürwortet. Nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen lässt sich in Äthiopien ein Rückgang der

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weiblichen Genitalverstümmelung beobachten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes Äthiopien vom 6. März 2017, II 1.1.8.). Dass die Kinder – wie von der Klägerin zu 1) behauptet – ihren Eltern zur Durchführung der FGM gewaltsam entzogen würden, ist nicht weder nachvollziehbar vorgetragen noch glaubhaft, zumal die Kinder gemeinsam mit ihren Eltern gerade nicht in den engeren Familienkreis zurückkehren werden, der die Beziehung zwischen der Klägerin zu 1) und ihrem Ehemann ablehnt. Auch ergibt sich aus keinem

Erkenntnismittel der Hinweis auf ein solches Vorgehen.

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3. Weitergehende Gründe, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes i.S. des § 60 AufenthG führen könnten, wurden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.

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Die Klägerinnen werden im Familienverband mit dem Ehemann und Vater nach Äthiopien zurückkehren.

Gemeinsam wird es ihnen möglich sein, sich dort eine bescheidene Existenz aufzubauen. Eine erhebliche Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit nach § 60 Abs. 5 AufenthG vermag die Einzelrichterin nicht zu erkennen, zumal die Klägerinnen auch in Israel in der Lage waren, ihr Auskommen zu sichern.

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Demnach waren die Klagen als offensichtlich unbegründet abzuweisen.

38

Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

39

Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylG.

40

Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG.

41 Beschluss 42

Der Gegenstandswert beträgt 7.000,00 EUR (§ 30 Abs. 1 RVG).

43

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.

44 Beschluss 45

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.

46

Die Klage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO.

47

Zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

48

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

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