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Die Berufsbildung fit für die Zukunft machen | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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BILDUNG

14 Die Volkswirtschaft   7 / 2018

trum. Die erste betriff t das lebenslange Ler- nen: Angesichts des raschen technologischen Wandels wird eine kontinuierliche Weiterqua- lifi zierung unabdingbar. Da die Digitalisierung Berufsinhalte verändert, müssen sich auch er- fahrene Fachkräfte gegebenenfalls zusätzlich dafür qualifi zieren. Hinzu kommt, dass Berufs- karrieren tendenziell nicht mehr linear verlau- fen. Die berufl iche Mobilität und damit die Zahl von Quereinsteigenden nimmt zu.

Die Berufsbildung soll Perspektiven bieten, sich berufl ich lebenslang zu entwickeln und in die Gesellschaft zu integrieren. Deshalb gilt es, die Berufsbildungsangebote auf ihre Kompatibi- lität mit dem Konzept des lebenslangen Lernens zu analysieren. Um den Prozess des lebenslan- gen Lernens zu fördern, braucht es zudem Mo- delle zur Anrechnung von formal, nonformal wie auch informell erworbenen Kompetenzen an formale Berufsbildungsangebote. Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die in einem Kurs ohne staatlich anerkannten Abschluss erwor- ben wurden, sollen bei der Absolvierung eines formalen Berufsbildungsabschlusses angemes- sen berücksichtigt werden können.

Ein zweiter Schwerpunkt bei der Umset- zung des Leitbilds «Berufsbildung 2030» ist die Flexibilisierung der Bildungsangebote – aus- gerichtet auf ein sich änderndes Zielpublikum.

So führen die zunehmende berufl iche Mobili- tät, die Auswirkungen der Migration wie auch der demografi sche Wandel in der Bevölkerung dazu, dass sich Berufsbildungsabsolventen hin- sichtlich ihres Alters und ihrer Vorkenntnisse stärker unterscheiden. Die Schweizer Bevölke- rung altert tendenziell – es scheiden mehr äl- tere Arbeitskräfte aus dem Erwerbsleben aus, als junge einsteigen. Hinzu kommt: Späte Be-

D

ie Schweizer Berufsbildung gilt interna- tional als Erfolgsmodell: Zwei Drittel aller Jugendlichen entscheiden sich hierzulande für eine berufl iche Grundbildung, um sich auf ihren Eintritt in den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Der berufsbildende Weg bietet Karriereperspekti- ven und verschiedene Möglichkeiten zur Höher- qualifi zierung (siehe Abbildung ).

Um in Zukunft gleichermassen attraktiv zu bleiben, muss die Berufsbildung Trends im Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft aufneh- men und möglichst optimale Rahmenbedingun- gen bieten. Dabei muss sie sowohl auf die aktuel- len Bedürfnisse der Wirtschaft wie auch auf die Bedürfnisse ihrer Absolventen ausgerichtet sein.

Vor diesem Hintergrund haben die Verbund- partner der Berufsbildung – Bund, Kantone und Organisationen der Arbeitswelt – das Leitbild

«Berufsbildung 2030» erarbeitet.1 Es schaff t die Basis für das gemeinsame und zielorientierte Handeln der Verbundpartner.

Vier Stossrichtungen

Bei der Umsetzung des Leitbilds stehen vier zeitlich priorisierte Stossrichtungen im Zen-

Die Berufsbildung fi t für die Zukunft machen

Lebenslanges Lernen gewinnt in der Arbeitswelt an Bedeutung. Das Leitbild «Berufs- bildung 2030» von Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt geht auf diese Entwicklung ein.    Stefanie Bosshard

Abstract   Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft wie die Digitalisierung, die steigende berufl iche Mobilität und die demografi ­ sche Entwicklung haben Auswirkungen auf die duale Berufsbildung in der Schweiz. Chancen und Herausforderungen solcher Trends müssen früh­

zeitig erkannt werden. Das Leitbild «Berufsbildung 2030», welches das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) zusammen mit den Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt verabschiedet hat, gibt Leitplanken für die künft ige Entwicklung der Berufsbildung vor. Wich­

tige Stossrichtungen sind das lebenslange Lernen, die Flexibilisierung der Bildungsangebote, die Information und Beratung sowie die Zusammen­

arbeit zwischen den Verbundpartnern der Berufsbildung.

1 Siehe

www.sbfi .admin.ch/

bb2030 .

(2)

FOKUS

Die Volkswirtschaft  7 / 2018 15 rufswechsel wie auch die Zuwanderung von

Erwachsenen ohne Abschluss auf der Sekun- darstufe II mehren sich. Folglich gewinnt die Berufsbildung für eine optimale Ausschöpfung des Fachkräftepotenzials von erwachsenen Per- sonen an Bedeutung. Berufsbildungsangebote müssen somit nicht mehr nur auf Bedürfnisse von Jugendlichen, sondern zunehmend auch auf jene von Erwachsenen zugeschnitten sein.

Gleichzeitig sind neue Inhalte zeitnah und einfach in Berufsbildungsangebote zu integrie- ren, um arbeitsmarktgerecht zu bleiben. Dazu gehören sowohl die Integration transversaler Kompetenzen – beispielsweise im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnolo- gie, Fremdsprachen oder Career Management Skills – als auch die Integration neuer branchen- und berufsspezifischer Kenntnisse.

Es gilt somit, möglichst anpassungs fähige Strukturen sowohl für die Nachfrage- wie auch für die Angebotsseite der Berufsbildung zu schaffen. Dabei sollen Synergien zwischen

Berufen und Branchen wie auch die Chancen, welche die Digitalisierung bietet, erkannt und genutzt werden.

Die dritte Stossrichtung zielt auf die Stär- kung der Information und Beratung über die ge- samte Bildungs- und Arbeitslaufbahn: Entschei- dend für den Erfolg des Berufsbildungssystems ist, dass Jugendliche und Erwachsene die Chan- cen und Möglichkeiten der Berufsbildung er- kennen und sich im System orientieren können.

Der Zugang zu Information, Beratung und Be- gleitung muss sowohl für Absolventen wie auch für Unternehmen gesichert sein. Neue Trends in der Wirtschaft und der Gesellschaft stellen auch neue Ansprüche an die Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung. Aspekte wie die Förde- rung von geschlechtsuntypischen Berufswah- len, der rechtzeitige Einbezug von Eltern, der digitale Zugang zu Beratungsangeboten für Er- wachsene und Jugendliche gewinnen an Bedeu- tung. Bestehende Angebote wie beispielswei- se die vor Ort verfügbaren kantonalen Berufs-,

Angesichts des demo­

grafischen Wandels müssen Bildungs­

angebote vermehrt auf Erwachsene zugeschnitten sein.

KEYSTONE

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BILDUNG

16 Die Volkswirtschaft   7 / 2018

BRÜCKENANGEBOTE

BERUFSORIENTIERTE WEITERBILDUNG BERUFSORIENTIERTE WEITERBILDUNG TERTIÄRSTUFE

HÖHERE BERUFSBILDUNG HOCHSCHULEN

UNIVERSITÄTEN ETH FACHHOCHSCHULEN

HÖHERE FACHSCHULEN BERUFS- UND

HÖHERE FACHPRÜFUNGEN

Master Bachelor Master

Bachelor Diplom HF

Eidg. Diplom Eidg. Fachausweis

PhD/Doktorat Master Bachelor

PÄDAGOGISCHE HOCHSCHULEN

OBLIGATORISCHE SCHULE

SEKUNDARSTUFE II

BERUFLICHE GRUNDBILDUNG ALLGEMEINBILDENDE SCHULEN

Eidg. Fähigkeitszeugnis

Berufsmaturität

Eidg. Berufsa‹est

FACHMITTELSCHULEN BETRIEBE, BERUFSFACHSCHULEN,

ÜBERBETRIEBLICHE KURSE BETRIEBE,

BERUFSFACHSCHULEN, ÜBERBETRIEBLICHE KURSE

Gymnasiale Maturität

GYMNASIEN Fachmaturität

FMS-Ausweis

Üblicher Weg Möglicher Weg

  üblicher Weg          möglicher Weg          Berufsbildung

SBFI / DIE VOLKSWIRTSCHAFT

Das Berufsbildungssystem in der Schweiz

Die Berufsbildung ist auf der Sekundarstufe II und der Tertiärstufe angesiedelt. Sie umfasst die berufl iche Grundbildung, die Berufsmaturität, die höhere Berufsbildung und die berufsorientierte Weiterbildung. Die Berufsbildung baut auf klar defi nierten Bildungsangeboten und nationalen Qualifi kationsverfahren auf und ist von einer hohen Durchlässigkeit geprägt.

Studien- und Laufbahnberatungsstellen und bereits digitalisierte Instrumente wie das Por- tal Berufsberatung.ch müssen dahin gehend ge- prüft und allenfalls weiterentwickelt werden.

Schliesslich soll als vierte Stossrichtung die Verbundpartnerschaft zwischen Bund, Kan- tonen und Organisationen der Arbeitswelt ge- stärkt werden. Mit dem Inkrafttreten des neuen Berufsbildungsgesetzes im Jahr 2004 wurde die Verbundpartnerschaft institutionalisiert. Ge- meinsam setzen sich die drei Partner für eine qualitativ hochstehende Berufsbildung ein:

Der Bund übernimmt die strategische Steue- rung und Entwicklung, die Organisationen der Arbeitswelt defi nieren die Bildungsinhalte und stellen Ausbildungsplätze bereit, und die Kanto- ne sind verantwortlich für den Vollzug des Be- rufsbildungsgesetzes.

Die Zusammenarbeit hat sich in verschie- denen verbundpartnerschaftlich zusammenge- setzten Organen auf unterschiedlichen Ebenen etabliert. Dazu gehört beispielsweise das jährli- che nationale Spitzentreff en der Berufsbildung, welches Wirtschafts- und Bildungsminister Jo- hann Schneider-Ammann leitet. Weitere Bei- spiele sind die Eidgenössische Kommission für Berufsbildung (EBBK) und die berufsspezifi - schen Kommissionen Berufsentwicklung und Qualität.

Nun gilt es, die Verteilung der Aufgaben, der Kompetenzen und der Verantwortung unter den einzelnen Verbundpartnern zu über- denken und gegebenenfalls zu optimieren.

Dazu gehört beispielsweise die Überprüfung der bestehenden verbundpartnerschaftlichen Organe im Hinblick auf innovative Formen

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FOKUS

Die Volkswirtschaft   7 / 2018 17 der Zusammen arbeit wie auch auf die Verein-

fachung von Prozessen unter Nutzung neuer Technologien.

Umsetzung beginnt

Die vier Stossrichtungen geben Leitplanken zur Entwicklung der Berufsbildung in den nächsten Jahren vor. Erste Handlungsfelder sind identi- fi ziert, und der Prozess «Berufsbildung 2030»

geht nun in die Umsetzungsphase. Entschei- dend ist hierbei, einen guten Weg zwischen In- novation und Tradition zu fi nden. An Prämissen wie der Dualität zwischen Praxis und Theorie, der Arbeitsmarktorientierung der Bildungsan- gebote, dem Berufskonzept und der gleichzei- tig möglichst ausgeprägten Durchlässigkeit des Systems wird festgehalten.

Und doch sollen neue Wege beschritten und Lösungen erarbeitet werden, die auf die verän- derten Rahmenbedingungen eingehen. Solche Ideen entstehen im konstruktiven Austausch

der Verbundpartner auf allen Ebenen der Be- rufsbildung. Wie der Erarbeitungsprozess soll auch die Umsetzungsphase des Leitbilds Be- rufsbildung 2030 möglichst partizipativ ge- staltet werden. Während es an den Akteuren auf Steuerungsebene liegt, optimale Rahmen- bedingungen zu schaff en, ist insbesondere die Entwicklung und Unterstützung neuer Ideen aus der Praxis unabdingbar für eine zielorien- tierte Weiterentwicklung der Schweizer Berufs- bildung.

Stefanie Bosshard

Projektverantwortliche, Ressort Berufsbildungspolitik, Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation

(SBFI), Bern KEYSTONE

Das Schweizer Berufsbildungssystem stösst international auf Interesse. Der senegalesische Staats­

präsident Macky Sall (l.) besucht eine Berufs­

schule in Lausanne.

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