Zeitschrift fti
69. Jahrgang • Heft 28 • 10. Oktober 1993
edizin
28/93
rane Ultraschallphänomene:
Ureter-Jet-Phänomen
Tückische Attacken:
Diagnose und Differentialdiagnose
der Migräne Sinn und Unsinn verschiedener pro
phylaktischer thera
peutischer Verfahren hei Kopfschmerz Psyche und Lebens
qualität von Kopf
schmerzpatienten Dekompensation der
N eutr onentr ansmis - sion - zur Ätiologie
und Pathogenese der Migräne
Kongreß extra:
Johanniskraut bei Depressionen l£. 10 93
HIPPOKRATES VERLAG GMBH STUTTGART
Gelomyrtol (D
forte wirkt
bei Bronchitis und Sinusitis
Die Wirkung von Gelomyrtol® forte du ch in den Atemwe
gen putzende ätherische Geister zu s} nbolisieren wurde durch das Ergebnis von NEURATH an, eregt, der die Bio
verfügbarkeit der ätherischen Kompoi mte nicht nur im Blutplasma, sondern auch im Exhalat er nittelt.
ULMER und SCHOTT finden bei ehr )nisch-obstruktiver Bronchitis eine Besserung der Parameü r Husten und Aus
wurf.
DOROW et al. weisen lungenszintigraphisch die Steige
rung der mukoziliären Clearance nach.
WILDE stellt in drei Studien eine etwa auf die Hälfte ver
kürzte Krankheitsdauer bei Bronchitis, eine Verbesserung der Lungenparameter, eine lokal antibakterielle und sekretnormalisierende Wirkung fest.
DOBROWOLSKI berichtet in drei Veröffentlichungen über eine bessere Wirkung gegenüber zwei anderen Medi- kamententypen, einen hohen therapeutischen Erfolg bei guter Verträglichkeit in der Langzeitbehandlung chroni
scher Formen sowie eine parallel zu den verbesserten Meßwerten erreichte Hustendämpfung und Atmungser
leichterung.
GSTALTNER beschreibt als Ergebnis seiner Untersuchun
gen das breite Wirkungsspektrum mit antibakteriellen, fungiziden, abschwellenden, sekretolytischen und bron- chodilatatorischen Eigenschaften.
Literatur: DOBROWOLSKI, L. A., Fortschritte der Medizin, 83 (1965) 208- 211, Der informierte Arzt. 2 (1974) 153-167, Der deutsche Apotheker, 29 (1977) 438-440, DOROW, P. et al., Arzneim.-Forsch./Drug Res. 37 (II), 12 (1987), 1378-1381, GSTALTNER, H., Ärztliche Praxis, XX (1968) 3829- 3830, KREUTLE, O., Therapiewoche 30 (1980) 2109-2111, LASZIG, R., HESSE, G., LÜTGEBRUNE, T., Zeitschrift für Allgemeinmedizin 65, 1/2 (1989), 19-21, NEURATH, G. B., Gutachten, Hamburg, 22.06.1979, SIMM, K.-J., Zeitschrift für Allgemeinmedizin 64, 30 (1988), 959-964, STRAEH- LER-POHL, H. J. und BURMEISTER, G., Zeitschrift für Allgemeinmedi
zin, 54 (1978) 611-615, STUSSAK, G. und SCHUMANN, K., Zeitschrift für Allgemeinmedizin 63, 29 (1987), 869-871, ULMER, W. T. und SCHÖTT, D., Fortschritte der Medizin, 109 0991) 547-550, WILDE, W., Fortschritte der Medizin, 83 (1965) 865-867, Ärztliche Praxis, XXV (1973) 3101-3103, Gutachten Königsfeld, 11/1978
Gelomyrtol’ forte. Zus.: 1 Kapsel enthält 300 mg Myrtol standardisiert auf mindestens 75 mg Limonen, 75 mg Cineol und 20 mg a-Pinen. Anw.-Geb.: Bei aku
ter und chronischer Bronchitis und Entzündungen der Nasennebenhöhlen (Sinusitis). Gegenanz.: Bekannte Überempfindlichkeit gegenüber Myrtol standardi
siert. Obwohl keine Hinweise auf eine fruchtschädigende Wirkung von Gelomyrtol’ forte vorliegen, sollte aufgrund allgemeiner Sicherheitserwägungen das Arz
neimittel insbesondere in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft nur auf ausdrückliche Anweisung des Arztes eingenommen werden. Nebenw.: In Ein
zelfällen können Unverträglichkeitserscheinungen im Magen-Darm-Bereich hervorgerufen und vorhandene Nieren- und Gallensteine in Bewegung gesetzt wer
den. Wechselw.: Keine bekannt. Dos./Anw.: Bei akuten entzündlichen Krankheitsbildern 3 bis 4 mal täglich 1 Kapsel 1/2 Stunde vor dem Essen mit einem kalten Getränk, die letzte Dosis vor dem Schlafengehen zur Erleichterung der
Nachtruhe einnehmen. Zur Weiter- beziehungsweise Dauerbehandlung nehme man 2 mal 1 Kapsel täglich ein. Kinder _
unter 10 Jahren nehmen die Hälfte der Erwachsenendosis. Handelst.: NI 20 Kapseln DM 8,75; N2 50 Kapseln DM X OHL DOSKAMP
19,88; N3 100 Kapseln DM 35,35; Klinikpackungen. G. Pohl-Boskamp GmbH & Co., 25551 Hohenlockstedt. (1.93/2872).
LASZIG et al. objektivieren die schnellere Besserung der Röntgenbefunde nach Behandlung mit Gelomyrtol® forte bei akuten Sinusitiden sowohl gegen Plazebo, als auch gegen Ambroxol.
SIMM faßt seine positiven Ergebnisse eines Jahres in bezug auf Schmerz, eitrigen Schnupfen, Kopfschmerz und Auswurf zusammen und weist auf die genutzte Unterstüt
zung der Regeneration nach operativen Eingriffen in den Nebenhöhlen hin.
STUSSAK und SCHUMANN zeigen systematisch, daß unter Gelomyrtol® forte 10 Tage nach entsprechenden Operationen in 90 % der Fälle eine Besserung zu verzeich
nen war, bei der Plazebogruppe trotz Operation in nur 30%.
KREUTLE registriert in 18 Monaten bei 546 Patienten eine Ausheilquote bei akuten Sinusitiden von 97,48 %, bei subchronischen von 99,1 % und bei chronischen von 70 %.
STRAEHLER-POHL und BURMEISTER vergleichen die Behandlung von Gelomyrtol® forte mit Therapiekonzepten unter Anwendung eines Antibiotikums und beschreiben die Wirkung als so positiv, daß auf die Antibiotikagabe oft verzichtet werden kann.
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"Die Therapie der chronischen Sinusitis.'
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mere und Kopfschmerz
Je höher Karl Meyer in seiner beruflichen Karriere aufsteigt, um so mehr nehmen seine psychosomatischen Leiden wie chronische Gastritis, Hypertonie, koronare Herzerkran
kung etc. zu. Das nebenstehend wiedergegebene traurig- amüsante Beispiel eines Lebenslaufes, entworfen von H. Gebert, stammt aus einem der von Gerber, Mo- krosch und Schmidt bei Diesterweg und Kösel her
ausgegebenen Arbeitsbücher für den Ethikunter
richt (im übrigen auch Studenten und den jungen ärztlichen Kollegen sehr zu empfehlen).
Jedenfalls leidet der streßgeplagte Industrielle und Ehrenprofessor Karl Meyer, wie unter Punkt fünf als Beispiel zitiert, auch unter Mi
gräne, dem heutigen Heftthema, um das sich Prof. Diener, Gießen, als Koordinator ver
dient gemacht hat. Wer sich mit der hier glossierten Problematik tiefgründiger be- fassen will, dem empfehle ich in diesem Heft nicht zuletzt den Beitrag von Haag/
Wallach über die mir wichtig erschei
nenden psychologischen Aspekte von Kopfschmerzen.
Desweiteren erhalten Sie, verehrte Le
ser, in dieser Ausgabe der ZFA - Zeitschrift für Allgemeinmedizin praxisrelevante Hinweise zu den Ursachen und zur Typologie der Migräne (Goebel), zur Dia
gnose und Differentialdiagnose (Pfaffenroth/Kaube) sowie zur The
rapie und Prophylaxe (Diener/May). Der letztgenannte Beitrag befaßt sich auch mit außerschulmedizinischen Heilweisen.
Prof. Dr. med.
Winfried Hardinghaus Med. Abteilung
Krankenhaus St. Raphael 49179 Ostercappeln (Landkreis Osnabrück)
Glättung des Blutzucker-Tagesprofiis:
Blutzucker-Tagesprofil eines Typ-1-Diabetikers vor (rote Kurve) und nach (weiße Kurve) einmonatiger Therapie mit Glucobay (nach Raptls, et al.: Excerpta medica, 1982; S. 393)
Glucobay® reduziert die Hvperinsulinäml
Neue Erkenntnisse über die Pathogenese des Typ II-Dia- betes belegen: Die meisten Typ II-Diabetiker weiser in der Anfangsphase ihrer Erkrankung er
höhte Insulinspiegel auf. Der Grund: Eir circulus vitiosus vor Hyperglykämie, Hy- perinsulinämie und Insulinresistenz dei Zellen. Pathogenetisch orientierte Therapie des Typ II-Diabetes bedeutet demzufolge gezielten Eingriff in dieses multifaktori
elle Geschehen. Mit Glucobay®.
Denn Glucobay® verzögert die Resorption von Kohlenhy
draten, vermindert den postpran
dialen Blutzuckeranstieg und reduziert so die Hyperinsu- linämie - von Anfang an.
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Anwendungsgebiete: Als Zusatztherapie bei Patienten mit Diabetes meliitus in Verbindung mit Diät.
Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Acarbose und/oder weitere Bestandteile. Patienten unter 18 Jahren. Chronische Darmerkrankungen mit deutlichen Verdauungs- und Resorptionsstörungen. Zustände, die sich durch eine vermehrte Gasbildung im Darm verschlechtern können (z.B. Roemheldscher Symptomenkomplex, größere Hernien, Verengungen und Geschwüre des Darms). Schwangerschaft und Stillzeit.
Nebenwirkungen: Häufig Blähungen und Darmgeräusche, gelegentlich Durchfall und Bauchschmerzen. Bei Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Diabetesdiät können intestinale Nebenwirkungen verstärkt auftreten. Sollten trotz Einhaltung der vorgeschriebenen Diabetesdiät stark störende Beschwerden auftreten, soll nach Rücksprache mit dem Arzt die Dosis vorübergehend oder dauernd herabgesetzt werden. In klinischen Studien wurden in Einzelfällen bei Dosierungen von 3 x 200 mg und darüber, beschwerdefreie (asymptomatische) Leberenzymanstiege (Transaminasenanstiege) beobachtet, die sich nach Absetzen der Glucobay-Therapie vollständig zurückbildeten. Es wird deshalb empfohlen, bei Tagesdosen von 3 x 200 mg über 6 Monate die Leberenzyme regelmäßig zu kontrollieren.
Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Haushaltzucker (Rohrzucker) und haushaltzuckerhaltige Nahrungsmittel können in
folge gesteigerter Kohlenhydratfermentation im Colon während der Glucobay-Behandlung leicht zu Darmbeschwerden und auch zu Durchfall führen. Glucobay wirkt antihyperglykämisch und verursacht selbst keine Hypoglykämie. Wenn Glucobay zusätzlich zu Sulfonylharnstoff- bzw. Mettormin-Präparaten oder Insulin verschrieben wird, muß bei Absinken der Blutzuckerwerte in den hypoglykämischen Bereich die Sulfonylharnstoff- bzw. Metformin- oder Insulindosis entsprechend herabgesetzt werden. Bei Auftreten von akuten Hypoglykämien ist daran zu denken, daß Haushaltzucker (Rohrzucker) während einer Glucobay-Behandlung langsamer in Fructose und Glucose gespalten wird; er ist darum zur schnellen Behebung einer Hypoglykämie ungeeignet. Anstellfi von Haushaltzucker (Rohrzucker) ist dementsprechend Traubenzucker zu verwenden. Wegen möglicher Abschwächung der Acarbose-Wirkung sollte die gleichzeitige Anwendung von Antacida, Colestyramin, Darmadsorbenzien und Verdauungs- enzympräparaten vermieden werden.
Dosierung: Soweit nicht anders verordnet, in der Anfangszeit 3 x 1 Tabl. Glucobay 50 pro Tag oder 3 x 1/2 Tabl. Glucobay 100 pro Tag. Danach 3x2 Tabl. Glucobay 50 pro Tag oder 3 x 1 Tabl. Glucobay 100 pro Tag, bis zu 3 x 2 Tabl. Glucobay 100 pro Tag.
Die Dosissteigerung kann im Abstand von 1-2 Wochen, gegebenenfalls auch später, erfolgen.
Handelsformen und Preise: Packung mit 30 Tabletten zu 50 mg Acarbose (NI) DM 17,77; Packung mit 30 Tabletten zu 100 mg Acarbose (NI) DM 24,21; Packung mit 120 Tabletten zu 50 mg Acarbose (N3) DM 57,60; Packung mit 120 Tabletten zu 100 mg Acarbose (N3) DM 75,75; Kalenderpackung mit 252 (12 x 21) Tabletten zu 100 mg Acarbose DM 150,75; Anstaltspackung mit 240 (10 X 24) Tabletten zu 50 mg Acarbose; Anstaltspackung mit 240 (10 x 24) Tabletten zu 100 mg Acarbose. Weitere Einzelheiten entnehmen Sie bitte der Fach- und der Gebrauchsinformation. Bayer AG Leverkusen, Stand; Februar 1993
#: * * INHALT * * * INHALT * * *
Hippokrates Verlag GmbH Stuttgart 69. Jahrgang, Heft 28
Editorial
MigTäne und Kopfschmerz H. ehr. Diener
753
Schwerpunkt
MigTäne: Diagnose und Differential
diagnose 754
V. Pfaffenrath und H. Kaube Therapie und Prophylaxe von Kopfschmerzen
H. Chr. Diener und A. May
759
Kopfschmerzpatienten: Psychologische
Gesichtspunkte 763
G. Haag und H. Walach
Ätiologie und Pathogenese der Migräne 767 H. Göbel
Service Box 772
Therapiestudie
Therapie von Depressionen
T. Nickelsen, M.Linden, M. Osterheider und B. Schaaf
780
Serie
Ultraschallphänomene (21)
Ureter-Jet-Phänomen 786
H. D. Bundschu
Magazin 773
Pharma-News 775
Kongreß Extra 779, 787
Kongreßherichte 776
Buchbesprechungen 772, 785
Medizinische Raritäten -28-
Online -8-
Impressum -8-
-5-
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■"
6
" InhaltAls »Schraubstockgefühl« oder »wie eine schwere Last auf der Schädeldecke« be
schreiben Patienten den beidseitigen Spannungskopfschmerz. Die Migräne
dagegen ist seitenwechselnd und tritt mehr in Einzelattacken nachts oder frühmorgens auf. Weitere differentialdiagnostisch wich
tige Anhaltspunkte erfahren Sie in Migräne: Diagnose und Differential
diagnose Seite 753
Bei der Prophylaxe von Kopfschmerzen zeigten Phytopharmaka, homöopathische Mittel und Akupunktur nur einen Plazeboeffekt. Regelmäßiger Sport dagegen kann prophylaktisch wirksam sein.
Therapie und Prophylaxe von Kopfschmerzen Seite 759
Die potentiellen Auslöser von Migräne
attacken zu erkennen und zu vermeiden ist ein wichtiges Ziel in der Kopfschmerz
behandlung. Auch immer noch bestehende Vorurteile, die Migräne sei eine »psychi
sche« Erkrankung, sollten aus der Welt geschaffen werden!
Kopfschmerzpatienten: Psychologische Gesichtspunkte
Seite 763
Abbildungen: Titelbild: R. Stockinger, Seite -6- oben:
H.-J. Klemann; Mitte: Ginkgo aus Katalog »Ginkgo« der Fa. Dr. Willmar Schwabe, Karlsruhe; unten: Glaxo GmbH.
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gerschaft, in der Stillzeit. Aus Tierexperimenten mit sehr hoher Dosierung liegen Hinweise auf Mißbildungen vor. Baymycard® nicht einsetzen bei Patienten mit schweren Leberfunk
tionsstörungen, da die Wirkung verstärkt und verlängert werden kann. Bei ausgeprägt nied
rigem Blutdruck (systolisch unter 90mm Hg) ist Vorsicht geboten. Wegen fehlender Erfahrungen sollen Kinder nicht mit Baymycard® behandelt werden. Nebenwirkungen treten vorzugsweise zu Behandlungsbeginn oder bei hoher Dosierung auf und sind meist leichter und vorübergehender Natur. Gelegentlich kann es zu Kopfschmerzen, Gesichts
rötung und Wärmegefühl kommen. Es wurden Schwindel, Herzklopfen, Müdigkeit, Atem
beschwerden und beschleunigter Puls beobachtet. Flüssigkeitsansammlungen in Händen und Füßen, die auf einer Erweiterung der Blutgefäße beruhen, bilden sich spätestens nach Absetzen des Medikaments spontan zurück. In seltenen Fällen kann es zu Blutdrucksenkung unter die Norm, Kribbeln in Armen und Beinen, allergischen Hautreaktionen und zu Magen-Darm-Beschwerden kommen. Wie bei anderen gefäßaktiven Substanzen können auch unter Baymycard® nach der Einnahme Schmerzen im Bereich der Brust (unter Um
ständen Angina-pectoris-artige Beschwerden) auftreten. ln Einzelfällen wird eine vermehrte Harnausscheidung beobachtet, es kann in Einzelfällen zu Leberfunktionsstörungen, Gingiva- Hyperplasie und zu einer Gynäkomastie kommen, die sich nach Absetzen der Behand
lung zurückbilden. Hinweis: Die Behandlung mit Baymycard bedarf der regelmäßigen ärztlichen Kontrolle. Durch individuell auftretende unterschiedliche Reaktionen kann die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt werden. Dies gilt insbesondere bei Behandlungsbeginn, bei Präparatewechsel
und im Zusammenwirken mit Alkohol. Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Der blutdrucksenkende Effekt von Baymycard® kann durch andere blutdrucksenkende Arznei
mittel sowie durch trizyklische Antidepressiva verstärkt werden. Dies gilt insbesondere für die gleichzeitige Anwendung mit Betarezeptorenblockem, auch können in diesem Fall in Einzelfällen Zeichen einer Herzinsuffizienz auftreten. Die Wirkung von Nisoldipin kann durch eine gleichzeitige Cimetidin-Behandlung erhöht werden. Bei gleichzeitiger Digoxin- Behandlung kann eine Erhöhung des Digoxin-Plasmaspiegels um ca. 10% auftreten, die jedoch klinisch nicht bedeutsam sein muß. Bayer/Bayropharm GmbH, Leverkusen.
Dosierungsanleitung: Möglichst individuell nach dem Schweregrad der Erkrankung wird als Richtdosis 2 x täglich 5 mg Nisoldipin, entsprechend 2 Filmtabletten Baymycard®
empfohlen. Bei Bedarf kann die Dosis auf 2 x täglich 10 mg Nisoldipin erhöht werden. Dafür steht Baymycard® 10 mit je 10 mg Nisoldipin pro Filmtablette zur Verfügung. Handels
formen und Preise: Baymycard®, Baymycard®10: (NI) DM 32,29; DM 45,25; (N2) DM 50,65; DM 71,02; (N3) DM 93,32; DM 130,86. (OP 200) DM 171,91; DM 241,10.
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Vorsicht vor der gemein
samen Gabe von Terfenadin und Carbamazepin
Durch die gleichzeitige Gahe des Anti
histaminikums Terfenadin und des Anti- konvulsivums Carbamazepin steigt die frei verfügbare Dosis von Carbamazepin und kann somit gefährliche Komplikatio
nen verursachen. Über einen solchen Fall berichteten jüngst Dr. Steven Hirschfeld und Mitarbeiter. Bei einer 18jährigen Frau, die wegen Gehirnmetastasen eines Osteosarkoms antikonvulsiv therapiert wurde, traten Symtpome einer Überdo
sierung mit Carbamazepin ein. Sie wurde desorientiert eingeliefert, klagte über Halluzinationen, Brechreiz und Gangstö
rungen. Die Anamnese ergab, daß sie wegen eines Atopiesyndroms 60 mg Ter
fenadin täglich zu sich nahm und daß die Bechwerden zeitgleich mit dieser Medi
kation auftraten.
Erst nach Absetzen des Antihistamini
kums erreichten die freien Carbamaze
pinwerte wieder ein normales Niveau.
Die Autoren führen das Auftreten dieser unerwünschten Wirkung auf die gleicher
maßen hohe Proteinbildung beider Sub
stanzen zurück, wobei Terfenadin offen
bar in der Lage ist, Carbamazepin aus dieser Bindung zu verdrängen. (aw) Hirschfeld. S.: Drug interaction of Terfe
nadin and Carbamazepine. Annals of In
ternal Medicine; 1993: 118: 907-908.
Vitiligo: psychologische Betreuung wichtiger als alternative Therapien
Das ist das Ergebnis einer Untersuchung von Wissenschaftlern der Universitäts
hautklinik Hamburg. Da die Vitiligo eine entstellende, nicht heilbare Hautkrank
heit ist, wurde in der Vergangenheit im
mer wieder nach alternativen Heilme
thoden gesucht, die von den Betroffenen sehr häufig auch allzu schnell akzeptiert wurden. So konnten beispielsweise die scheinbaren Erfolge durch ein Extrakt aus humaner Plazenta nie reproduziert werden. Auch Anapsos — ein Photosensi
bilisator, vergleichbar dem Psoralen - hat offenbar nur geringe Wirkungen.
Ähnlich verhält es sich mit den photosen
sibilisierenden Extrakten aus Dr. Jins Pflanzenextrakt.
Aber auch die Schulmedizin bietet keine überzeugenden Alternativen. Therapie
versuche mit Kortikosteroiden, ACTH oder der Autotransplantation wurden wieder aufgegeben. Eine einfühlsame psychologische Führung der Betroffenen, verbunden mit kosmetisch abdeckenden Maßnahmen . (Camouflage) scheint des
halb bei der Vitiligo die beste Behand
lungsmethode zu sein. (aw) Lemke, R.: Alternative Therapien der Vi
tiligo. Akt. Dermatol. 1993:19:129-132.
BGA-Mtteilung: Hormone in den Wechseljahren
Mit Bescheid vom 9. August 1993 hat das Bundesgesundheitsamt in Berlin ange
ordnet, daß 22 pharmazeutische Unter
nehmer die Packungsbeilagen und Fach
informationen von 43 Arzneimitteln, die zum Hormonersatz in den Wechseljah
ren bestimmt sind, ändern müssen.
In den Produktinformationen wird nach der Anordnung des Bundesgesundheits
amtes künftig darauf hingewiesen, daß die Behandlung mit Östrogenen während oder nach den Wechseljahren nur in Kombination mit Gestagenen erfolgen darf, wenn die Gebärmutter der Frau nicht entfernt worden ist. (BGA)
Zeitschrift für Allgemeinmediziii
German Journal of General Practice. Ehemals: Der Landarzt. Zugleich Organ der Vereinigung der Hoch
schullehrer und Lehrbeauftragten für Allgemeinmedizin e.V. und der DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allge
meinmedizin).
Schriftleitung (V.i.S.d.P.): Dr. med. Heinz Harald Ab
holz, Ceciliengärten 1, 12159 Berlin ■ Prof. Dr. med.
Winfried Hardinghaus, Chefarzt der Med. Abt., Kran
kenhaus St. Raphael, 49179 Ostercappeln. AG Gesund
heitswissenschaften Universität 49069 Osnabrück • Prof.
Dr. med. Michael M. Kochen, MPH, Abteilung für Allge
meinmedizin der Georg-August-Univ., Robert-Koch-Str.
40, 37075 Göttingen • Dr. med. Wolfgang Mahringer, Schelztorstr. 42, 73728 Esslingen • Priv.-Doz. Dr. med.
U. Marsch-Ziegler, St. Gertrauden-Krankenhaus, Paret- zerstr. 12, 10713 Berlin • Dr, med. Gertrud Volkert, Traubergstr. 16, 70186 Stuttgart.
Verlag: Hippokrates Verlag GmbH, Rüdigerstr. 14, 70469 Stuttgart, Postfach 300504, 70445 Stuttgart, Tel.
(0711) 8931-0, Telefax (0711) 89 31-453.
Geschäftsführung: Dipl.-Biol. Hartmut Fandrey, Dipl.- Kaufmann Albrecht Hauff.
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-I- Co. Stuttgart. - Printed in Germany 1993. - © 1993 Hippokrates Verlag GmbH.
Die Zeitschrift erscheint dreimal monatlich.
Die Kartei der praktischen Medizin ist jedem 3. Heft der Kombi-Ausgabe zum Heraustrennen beigeheftet.
Diese Kartei referiert aus maßgebenden Fachzeitschrif
ten des In- und Auslandes unter den Aspekten: kritisch, kurz und praxisnah. Alle Preise und Versandspesen ent
halten 7% Mehrwertsteuer. Die Bezugsdauer verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn nicht eine Abbestellung bis zum 30. September vorliegt. Das Abonnement wird zum Jahresanfang berechnet und zur Zahlung fällig. Die Beilage »Die Arzthelferin« erscheint unregelmäßig.
14. Jahrgang 1993.
Bezug: Durch jede Buchhandlung oder eine vom Verlag beauftragte Buchhandlung. - Postscheckkonto: Stuttgart 6025-702. - Bankverbindung: Dresdner Bank, Filiale Stuttgart, Nr. 9014731. -Baden-Württembergische Bank Stuttgart, Nr. 1004527600. - Zahlungs- und Erfül
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Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Ent
wicklungen unterworfen. Forschung und klinische Er
fahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbe
langt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, daß Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, daß diese Angabe dem Wissenstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht.
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zer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen.
Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, daß es sich um einen freien Warennamen handele.
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nierten Zeitschrift äußerst bemüht. Gelegentlich versäu
men Abonnenten nach einem Umzug ihre neue Anschrift mitzuteilen. In den betreffenden Fällen hilft die Bundes
post, die neue Anschrift dem Verlag mitzuteilen. Abon
nenten, die mit diesem Vorgehen nicht einverstanden sind, werden gebeten, dies dem Verlag mitzuteilen.
DEGAM
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin
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Merz + Co. GmbH & Co. Frankfurt/Main. Lipo-Merz® retard: 1 Retardkapsel enthält 500 mg Etofibrat. Anwendungsgebiete: Primäre Hyperlipoproteinämien, familiäre Hypertriglyzeridämien, Hypercholesterinämien, kombinierte Hyperlipidämien; sekundäre Hyperlipidämien. Gegenanzeigen: Schwere Leberfunktionsstö
rungen, dekompensierte Herzinsuffizienz, frischer Herzinfarkt, akute Blutungen und eingeschränkte Nierenfunktion. Schwangerschaft: Strenge Indikationsstellung.
Experimentelle Studien haben keinen Hinweis auf fruchtschädigende Einflüsse ergeben. Stillzeit: Es ist nicht bekannt, ob die Substanz in die Milch übergeht. Neben
wirkungen: Gelegentlich die für Nikotinsäure bekannten Flusherscheinungen wie Hautrötungen, Hitzegefühl und Kribbeln, die mit Juckreiz bzw. Hautausschlag ver
bunden sein können. Mit zunehmender Behandlungsdauer verschwinden diese Nebenwirkungen häufig vollständig. Gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit, Magendruck, Verstopfung, Durchfall und Blähungen. In Einzelfällen Haarausfall, Potenzstörungen, Muskelschmerzen, Herzsensationen, Tachykardien, Schweißbil
dung, Angstzustände und Kopfschmerzen. Gallensteinerkrankungen können etwas häufiger als normalerweise auftreten. Ob unter der Therapie mit Lipo-Merz® retard vorhandene Gallensteine an Größe zunehmen können, ist umstritten.
50 Retardkapseln (N2) DM 84,11; 100 Retardkapseln (N3) DM 150,89; 200 Retardkapseln DM 270,58. Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Bei oralen Antidiabetika vom Typ der Sulfonylharnstoffe niedrigere Blutzuckerspiegel. Die Wirkung von Cumarin-Derivaten kann verstärkt werden. Bei gleichzeitiger Behandlung mit Gichtmitteln kann ggf deren Dosierung reduziert werden. Wegen der Gefahr einer Rhabdomyolyse nicht mit HMGCoA-Reduktasehemmern
kombinieren. Stand: September 1993
Solosin
Reines Theophyllin bei obstruktiven
Atemwegserkrankungen Tabletten, Tropfen
und parenteral (i.v. und i.m.)
Zusammensetzung: Solosin retard:1 Filmtablette enthält 270 mg Theophyllin HsO-frei. Solosin retard mite:1 Filmtablette enthält 135 mg Theo
phyllin H20-frei. Solosin Tropfen:1 ml (= 24 Tropfen) enthält 104 mg Theophyllin HaO-frei, 250 mg o-Carbamoylphenoxyessigsäure, Natrium
salz (Lösungsvermittter), Parabene (E216, E218) als Konservierungsmittel. Solosin Ampullen:1 Ampulle (5 ml) enthält 208 mg Theophyllin HjO- frei, 416 mg o-Carbamoylphenoxyessigsäure, Natriumsalz (Lösungsvermittler). Solosin Infusionslösungskonzentrat: tAmpulle (15 ml) enthält 624 mg Theophyllin H20-frei 1248 mg o-Carbamoylphenoxyessigsäure, Natriumsalz (Lösungsvermittler). Anwendungsgebiete: Filmtabletten, Tropfen, Ampullen.Asthma bronchiale. Cor pulmonale, Asthma cardiale, reversibte bronchospastische Zustände bei chronischer Bronchitis und Lungenemphysem. InfusionslösungskonzentratZur Infusionsbehandlung c s Status asthmaticus sowie schwerer bronchospastischer Zustände bei Asthma bronchiale, chronischer Bronchitis und Lungenemphysem
Frischer Herzinfarkt, Epilepsie, Herzrhythmusstörungen, Magen-Darm-Geschwüi
pher obstruktiver Kardiomyopathie oder akut intermittierender Porphyrie. Wät 3nd der Schwangerschaft, besonders während der ersten 3 Monate und während der Stillperiode sollte Solosinnur bei zwingender Indik
Syndrom sollten Solosin(Tropfen, Ampullen) nur unter entsprechenden Vorsicht! laßnahmen des Arztes erhalten. Solosin Tropfen:Überemp luch bei Vorliegen eines Cor pulmonale. Gegenanzeigen:
Vorsicht bei Patienten mit Hyperthyreose sowie hypertro- )n angewandt werden. Patienten mit Analgetika-Asthma- heophyllin-Therapie, besonders bei höherer Dosierung ischleunigter Herzschlag, Blutdruckabfall, Unruhezustände, ner individuellen Überdosierung (Theophyllin-Plasmaspie- findlichkeit gegenüber.Parabenen. Nebenwirkungen:Gelegentlich können untej
Magenbeschwerden, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall sowie unregelmäßiger bzw.
Schlafstörungen und Gliederzittern auftreten. Diese Symptome sind meist Folge!
gel über 20 pg/ml) oder einer individuellen Überempfindlichkeit des Patienten. Sw können vermieden werden durch Kontrolle der Plasma
spiegel, gegebenenfalls Dosisreduktion bzw. Einnahme nach den Mahlzeiten. Äußerst selten, insbesondere bei Patienten mit Analgetika- Asthma-Syndrom, kann der Lösungsvermittler zu einer unter Umständen lebensbedrohlichen Verstärkung des Asthmaanfalles führen. Patien
ten mit Analgetika-Asthma-Syndrom sollten daher Solosin(Tropfen,.,Ampullen) nur unter entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen des Arztes erhalten. Solosin Tropfen:Bei entsprechend veranlagten Patienten Überempfindlichkeit gegenüber Parabenen möglich. Wechselwirkungen:
Synergistische Wirkung mit Sympathomimetika, Ephedrin oder anderen xanthinhaltigen (z. B. coffeinhaltigen) Medikamenten. Bei der gleich
zeitigen Anwendung von Beta2-Sympathomimetika muß deren Dosierung genau beachtet werden. Bezüglich weiterer medikamentöser Wechselwirkungen siehe Gebrauchsinformation oder Fachinformation. Handelsformen und Preise: Solosin retard:20 Filmtabletten (NI) DM 13,41; 50 Filmtabletten (N2) DM 29,90; 100 Filmtabletten (N3) DM 55,76; 200 Filmtabletten DM 100,37; Krankenhauspackung. Solosin retard mite:20 Filmtabletten (NI) DM 8,48; 50 Filmtabletten (N2) DM 19,88; 100 Filmtabletten (N3) DM 36,35. Solosin Tropfen:10 x 2 ml Fläsch
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pullen:5 Ampullen zu 15 ml DM 23,03: Krankenhauspackungen. Stand Juli 199c Cassella-Riedel Pharma GmbH
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Editorial 'ZEA. 753
Hans Christoph Diener
Migräne und Kopfschmerz
Eine diagnostische und therapeutische Herausforderung Neurologische
.... .. . Universitätsklinik
für den niedeigelassenen Arzt Essen
Dieses Schwerpunktheft der ZFA - Zeitschrift für Allgemeinmedizin beschäftigt sich mit Mi
gräne und Kopfschmerzen. Kopfschmerzen sind, zusammen mit Rücken- und Gelenk
schmerzen bzw. Schwindel, die am häufigsten geklagten Beschwerden in der Praxis des All
gemeinarztes. Erst in den letzten Jahren wur
den repräsentative epidemiologische Untersu
chungen durchgeführt, die zeigen, daß bis zu 14% aller Frauen und bis zu 8% aller Männer unter Migräne leiden. Bis zu 30% aller Men
schen leiden unter episodischem Spannungs
kopfschmerz. Allerdings suchen nur 30% aller Menschen mit Kopfschmerzen überhaupt den Arzt auf. Ein Teil dieser Patienten kann die Kopfschmerzen ausreichend mit Hilfe von frei
verkäuflichen Schmerzmitteln behandeln und benötigt daher keine ärztliche Hilfe. Ein weite
rer nicht unbeträchtlicher Teil ist aber, ange
sichts verwirrender Diagnosen und insuffizien
ter Therapien, frustriert und geht deswegen nicht mehr zum Arzt.
Die Diagnose von Kopfschmerzen und ihre Dif
ferentialdiagnose kann in der Regel sehr gut in der Praxis erfolgen. Die wichtigste Säule in der Diagnostik sind Anamnese-Erhebung und kli
nischer Befund. Apparative Zusatzuntersu
chungen sind nur selten notwendig und nur dann, wenn sich Hinweise ergeben, daß es sich um sekundäre Kopfschmerzen im Rahmen ei
ner zerebralen Raumforderung oder einer an
deren Erkrankung des ZNS handelt. Der Allge
meinarzt spielt eine besonders wichtige Rolle bei der Diagnostik, weil bei ihm idealerweise die Ergebnisse von Zusatzuntersuchungen zu
sammenlaufen sollten. Eine Umfrage, die wir bei 100 Patienten mit Migräne durchführten, zeigte, daß viele Fachdisziplinen der Medizin dazu neigen, das Problem Migräne und Kopf
schmerz aus dem engen Blickwinkel des Spe
zialgebietes zu sehen. Dies führt nicht nur zu sehr einseitigen und zum Teil unrichtigen pa- thophysiologischen Vorstellungen (z.B. Mi
gräne hätte etwas mit der Halswirbelsäule zu tun), sondern auch zu einer Vielzahl unwirksa
mer oder potentiell gefährlicher Therapiemaß
nahmen.
Auch die Behandlung von Kopfschmerzen liegt noch im argen. Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) hat seit 1986 Therapieempfehlungen erarbeitet und publi
ziert. Gemäß diesen Therapieempfehlungen sollten zur Behandlung von Kopfschmerzen und Migräne nach Möglichkeit nur Monosub
stanzen eingesetzt werden. Eine Erhebung der AOK in Essen zeigt allerdings, daß bei den verschreibungspflichtigen Kopfschmerz- und Migränemitteln erst an 14. Stelle der Verschrei
bungshäufigkeit eine Monosubstanz kommt.
Retrospektive Untersuchungen in mehreren Kopfschmerzspezialambulanzen zeigen auch, daß nur bei 5% aller Patienten mit Migräne, bei denen eine Indikation für eine medikamentöse Prophylaxe besteht, eine solche durchgeführt wurde bzw. mit dem richtigen Präparat in der richtigen Dosierung durchgeführt "wurde. Hier besteht also offenbar noch ein nicht unbeträcht
licher Aufklärungsbedarf
Patienten mit Kopfschmerzen können auch un
ter den Bedingungen des Gesundheitsstruktur
gesetzes diagnostiziert und therapiert werden.
Die Diagnose von Kopfschmerzen zeigt aus
drücklich, daß es bei fast allen Patienten ge
lingt, basierend auf Anamnese und klinischem Befund, eine vernünftige Diagnose zu stellen und eine Therapie einzuleiten.
Alle Autoren dieses Schwerpunktheftes sind Mitglieder der DMKG, die 1979 gegründet wurde. Die Gesellschaft fördert die wissen
schaftliche und klinische Forschung auf dem Gebiet der Kopfschmerzen und gibt regelmäßig Therapieempfehlungen zur Behandlung von Kopfschmerzen heraus.
Anschrift:
Prof. Dr. H. C. Diener
Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Hufelandstraße 55, 45122 Essen
Jede 10. Frau leidet unter Migräne
Bei fast allen Patienten ge
lingt es, eine vernünftige Diagnose zu stellen und eine Therapie einzuleiten
Migräne hat nichts mit einem HWS- Syndrom zu tun
Z. Allg. Med. 1993; 69: 753. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1993
754 ZFA
^Neurologische Gemeinschafts
praxis, München 2NeuroIogische Universitätsklinik Essen
Fortbildung
Volker Pfaffenrath^ und Holger Kaube^
Migräne: Diagnose
und Differentiaidiagnose
Beim Span
nungskopf
schmerz keine ausgeprägten vegetativen und visuellen Begleit
symptome
Zum Inhalt
Die Diagnostik von primären Kopfschmerzen ist im wesentlichen klinisch orientiert. Nur durch eine genaue Analyse, die sich an ein bestimmtes Schema halten sollte (s. Tab. 1) kann eine verläßliche Diagnose gestellt und eine adäquate Therapie eingeleitet werden. Bei der Erhebung der Vorgeschichte hat es sich darüber hinaus bewährt, eine Einteilung in Ab
hängigkeit von der Lokalisation anzustreben.
1. Beidseitige Kopfschmerzen (z. B. Spannungs
kopfschmerz)
2. Seitenwechselnde Kopfschmerzen (z. B. Mi
gräne)
3. Seitenkonstante Kopfschmerzen (z. B. zervi- kogener Kopfschmerz und Cluster-Kopf
schmerz) und
4. Kombinationen der unter 1 bis 3 genannten Kopfschmerz-Formen (z. B. Kombinations
kopfschmerz).
Beidseitige Kopfschmerzen:
Spannungskopfschmerz
Der Spannungskopfschmerz ist gekennzeich
net durch einen immer beidseitigen, dumpfen, entweder frontal oder okzipital, oft auch vom Nacken in die Stirn oder vice versa ausstrah-
Die Diagnostik von primären Kopfschmerzen ist im wesentlichen klinisch orientiert. Dies gilt insbesondere für beidseitige Kopfschmerzen wie den Spannungskopfschmerz, für seiten
wechselnde Kopfschmerzen wie die Migräne, für einseitige und seitenkonstante Kopfschmer
zen wie z. B. den Cluster-Kopfschmerz und den Halswirbelsäulen-Kopfschmerz und für die Kombination verschiedener Kopfschmerzfor
men, z. B. den Kombinationskopfschmerz. Die Abgrenzung von symptomatischen Kopf
schmerzformen und von Kopfschmerzen, die eine notfallmäßige Klinikeinweisung erfor
dern, wird erläutert.
Tabelle 1: Standardisierte Anamneseerhebung bei Kopfschmerzen
Lebensalter bei Erstmanifestation Frequenz bei Kopfschmerzen Dauer der Kopfschmerzen Intensität der Kopfschmerzen Lokalisaon der Kopfschmerzen Seitenbetonung der Kopfschmerzen Derzeitige Kopfschmerzmedikation Begleitende Hormontherapie
Familiäre Belastung mit Kopfschmerzen Traumen in der Vorgeschichte
Anamnestische Hinweise auf eine kürzliche Änderung der Kopfschmerzsymptomatik
Begleitsymptome Prodromi Schmerzcharakter Triggerfaktoren
lenden Kopfschmerz. Die Patienten beschrei
ben das Gefühl einer »schweren Last auf der Schädeldecke« oder ein »Schraubstockgefühl«
oder »Hutgefühl«. Sie geben an, nicht frei den
ken zu können, beschreiben einen Druck auf oder hinter den Augen. Wichtig: Ausgeprägte vegetative und visuelle Begleitsymptome wie bei der Migräne fehlen. Der Schmerz ist leicht bis mittelschwer und schränkt die aktuelle Ar
beitsfähigkeit in der Regel nicht wesentlich ein:
Auch körperliche Aktivität führt nicht zu einer Zunahme der Schmerzen. Die Kopfschmerzen sind häufig morgens stärker und nehmen im Laufe des Tages ab. Anfangs führen körperli
che und psychische Belastungen noch zu einer Zunahme der Kopfschmerzen, später fehlt eine Tagesrhythmik und die Abhängigkeit von äu
ßeren Belastungssituationen. Unterschieden wird zwischen einem episodischen und einem chronischen Spannungskopfschmerz: Letzte
rer ist dadurch charakterisiert, daß die Kopf
schmerzen durchschnittlich an mehr als 15 Tagen pro Monat und an mehr als 180 Tagen im Jahr auftreten. Ein chronischer Spannungs
kopfschmerz kann entweder von Anfang an
Z. Allg. Med. 1993; 69: 754-758. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1993
Diagnoslik der Migräne Fortbüdung
Tabelle 2: Differentialdiagnose primärer Kopfschmerzen
Häufigkeit Dauer Lokalisation Intensität Charakter Begleit
symptome
Verhalten während der Schmerzen
Provokation/
Auslöser
Migräne wechselnd l-6x pro Monat
4 Std. bis 3 Tage
einseitig, beidseitig
schwer pochend, hämmernd, pulsierend
Übelkeit, Brech
reiz, Phono- und Photophobie, Sehstörungen
Ruhebe
dürfnis, Auf
suchen abge
dunkelter Räume
Alkohol, Streß, Hor
mone
Spannungs
kopfschmerz
konstant konstant fronto-okzi- pital
leicht bis mittel
dumpf teilweise Depres
sionen
Streß, Wet
terwechsel Kombina
tionskopf
schmerz
Migräne mit typischen Begleitsymptomen, unterlagert von täglichen Spannungskopfschmerzen
Zerviko- gener Kopf
schmerz
Attacken nicht obligat, typischer
weise täglich
anfangs Stunden, später kon
stant
streng einsei
tig, okzipital mit Aus
strahlung nach frontal
mittel bis schwer
konstant, bohrend, oft mit überla
gernden At
tacken
Schonhaltung von Nacken und Kopf, Einneh
men einer be
stimmten Schlaf
position, gele
gentlich Schluck
beschwerden oder Kloßgefühl im Hals
obligat me
chanisch (Kopfdre
hung etc.), z.T. Husten, Pressen, Was
serlassen, Druck auf Wurzel C2
homolateral Cluster-
Kopf
schmerz (CK)
l-3x pro Tag
30-180 Mi
nuten
streng einsei
tig, fronto- orbital, gele
gentlich tem- poro-orbital
unerträglich bohrend, brennend, wie »glühen
des Messer durch das Auge«
homolateral par
tielles Horner
syndrom, Lakri- mation, Rhinor- rhoe, Nasenkon
gestion
Unruhe, kann nicht stillsitzen, läuft umher
Alkohol, Ni
trolingual, Relaxation, Aufenthalt in großen Hö
hen Chronisch
paroxysmale Hemikranie (CPH)
15-30x pro Tag
2-30 Minuten
streng einsei
tig, fronto- orbital, gele
gentlich tem- poro-ortibal
unerträglich intensiv boh
rend, ste
chend, schneidend
oft wie beim CK (fakultativ)
wie CK gelegentlich mechanisch
Hemicrania Continua
konstanter Dauerschmerz streng einseitig
schwer bis unerträglich
intensiv boh
rend, ste
chend, schneidend
keine
Postherpeti
sche Neural
gie
konstant und Attacken einseitig im entspre
chenden Ver
sorgungsge
biet
schwer bis unerträglich
brennend, bohrend
Berührung
Neck-Ton- gue-Syn- drom
unregel
mäßig
Sekunden bis Minuten
einseitig heftig Taubheitsgefühl
der ipsilateralen Zungenhälfte, Schluckstö
rungen, Kloßge
fühl im Hals
plötzliche, heftige Rota
tion im Kopf- Hals- Gelenk
chronisch auftreten oder sich aus einem episo
dischen Spannungskopfschmerz entwickeln.
Die Diagnose »Spannungskopfschmerz« wird, wie bei der Migräne, durch eine gründliche und systematische Anamnese gestellt. Eine neurologische und internistische Untersuchung unter Berücksichtigung der in Tabelle 2 ge
nannten differentialdiagnostischen Kopf
schmerzformen ist erforderlich. Röntgenauf
nahmen des Schädels oder der Kiefergelenke führen diagnostisch selten weiter, solche der Halswirbelsäule sind nur bei klinischen Hin
weisen indiziert. Wenn sich aus der Anamnese oder der körperlichen Untersuchung konkrete Verdachtsgründe für eine intrakranielle Er
krankung ergeben, sollten moderne bildge
bende Verfahren wie CT ode NMR bevorzugt werden.
756
; Fortbildung Diagnostik der MigräneMigräne
attacken begin
nen nachts oder frühmor
gens, Span
nungskopf
schmerz nicht!
Häufigste Fehl
diagnose ist die einer Trige
minusneuralgie
Seitenwechselnder Kopfschmerz:
Migräne
Die Migräne ist durch die wesentlich längere Dauer (4-72 Stunden) und den Seitenwechsel der Einzelattacken, die niedrigere Attackenfre
quenz (max. 6-8/Monat), die langsame Zu
nahme der Schmerzen über Stunden, den po- chend-pulsierenden Schmerzcharakter, die ausgeprägten vegetativen und visuellen Begleit
symptome und das typische Ruhebedürfnis re
lativ leicht von einem Cluster-Kopfschmerz und einer chronisch paroxysmalen Hemikranie ab
zugrenzen. Vom zervikogenen Kopfschmerz unterscheidet sie sich durch die fehlende me
chanische Auslösbarkeit. Differentialdiagno
stisch von Bedeutung ist es, daß die Attacken nachts oder in den frühen Morgenstunden be
ginnen, was beim Spannungskopfschmerz nicht vorkommt.
Einseitige und seitenkonstante Kopfschmerzen
Cluster-Kopfschmerz (K)
Beim Cluster-Kopfschmerz handelt es sich um tägliche, streng einseitige, seitenkonstante Kopfschmerzattacken von unerträglichem, boh
renden, brennendem Charakter mit Punctum maximum (p. m.) orbital und fronto-temporal, die rasch und ohne Vorzeichen einsetzen. Die Dauer der einzelnen Attacke beträgt 30-180 min., die Attackenfrequenz liegt bei 1-3, ma
ximal 8 pro 24 Stunden. Homolaterale Begleit
symptome sind typischerweise ein partielles Horner-Syndrom, eine Lakrimation, eine kon- junktivale Injektion, eine Rhinorrhoe oder eine Nasenkongestion und ein periorbitales Ödem homolateral zum Kopfschmerz. Im Gegensatz zum Migräniker, der abgedunkelte Räume auf
sucht und sich zurückzieht, kann der Cluster- Patient nicht stillsitzen, er wackelt entweder auf der Stuhlkante oder läuft herum. Typische ve
getative und visuelle Begleitsymptome wie bei der Migräne sind selten. Der episodische Typ ist mit ca. 80% der häufigste. Hier kommt es über einen Zeitraum von 4 bis 12 Wochen zu täglichen Attacken mit darauffolgender mehrmonatiger Remissionsphase. Der primär-chronische Typ zeigt von Anfang an keine Remission, der se
kundär chronische CK entwickelt sich aus einem initial episodischen CK.
Eine seltene Kopfschmerzform ist die chro
nisch-paroxysmale Hemikranie, die sich vom Cluster-Kopfschmerz durch die hohe Attacken
frequenz (3-30/24 Stunden) und die kurze Dauer der einzelnen Attacken (5-30 min.) un
terscheidet. Frauen sind im Gegensatz zum Cluster-Kopfschmerz, der überwiegend oder ausschließlich Männer betrifft, überrepräsen
tiert. Die chronisch paroxysmale Hemikranie spricht auf die übliche Cluster-Medikation nicht an, fast obligat allerdings auf Indometacin.
Häufigste Fehldiagnose des Cluster-Kopf
schmerzes ist die einer Trigeminusneuralgie.
Die Trigeminusneuralgie bevorzugt Altersgrup
pen über 50 Lebensjahre, wobei der Schmerz paroxysmal und blitzartig mit äußerster Hef
tigkeit einschießt, max. 3 sec. anhält und über
wiegend den 2. und 3. Trigeminusast, selten auch in Kombination, betrifft. Der Schmerz wird durch Berührung ipsilateraler Triggerzo
nen ausgelöst, meist im Bereich der Nasolabi- alfalte. Die Aktivierung dieser Triggerzonen kann durch die leiseste Berührung, durch Kauen, Schlucken, Sprechen, Rasieren und Zähneputzen erfolgen. Der Anfall beginnt mit einem leichten Stechen an der betroffenen Seite, gefolgt von blitzartigen Tics, die auch ohne prämonitorische Empfindung einsetzen können. Die Trigeminusneuralgie tritt selten nachts auf, im Gegensatz zum Cluster-Kopf
schmerz, der bevorzugt 1 bis 2 Stunden nach dem Einschlafen oder in den frühen Morgen
stunden einsetzt. Der Krankheitsprozeß bei der Trigeminusneuralgie kann über Wochen und Monate anhalten, um dann spontan für Jahre in eine Remission überzugehen.
Der zervikogene Kopfschmerz
Der einseitige und seitenkonstante, echte »zer
vikogene« Kopfschmerz beginnt stereotyp im Nacken und strahlt über das Dermatom C2 nach frontal aus. Durch seine Einseitigkeit ist er von dem immer beidseitigen Spannungs
kopfschmerz abzugrenzen. Der Schmerz ist konstant, kann in der Intensität fluktuieren und ist von dumpf-ziehendem bis bohrendem Cha
rakter. Obligatorisch ist eine mechanische Schmerzverstärkung bzw. die Auslösbarkeit von schmerzhaften Attacken, die Minuten bis Stunden dauern können. Fast immer besteht eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglich
keit des Kopfes, insbesondere bei der Rotation, außerdem Krepitationen bei Bewegungen und ein einseitiges »Spannungsgefühl« im Nacken.
Migräneartige Symptome wie Übelkeit und Lärm- und Lichtempfindlichkeit können vor-
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