Medizinische Informatik 6. Integration heterogener Teilsysteme 1
6. Integration heterogener Teilsysteme
IDN = Integrated Delivery Network
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Organisches Wachstum medizinischer Informationssysteme•
Kooperation der Gesundheits-Abteilungen/OrganisationenÎ
Bedarf an Integration der Informationssysteme–Innerhalb einer Organisation
–Zwischen Organisationen
Informationsanforderungen
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Klinische Perspektive:– Dokumentation: Elektronische Patientenakte (EPA), (legale) Nachvollziehbarkeit, Forschung, Kommunikation, Begründung von Sonderkosten, Nachweis von Sicherheitsstandards (z.B.
Infektionsmanagement), allgemeine Qualitätskontrolle (in USA).
– Kommunikation: Krankenhaus-intern & -übergreifend: (EPA), Email, Foren, WWW, Portale, best practises, Kalender usw.
– (Automatisierte Entscheidungsunterstützung)
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Administrative Perspektive:– Logistik: Tägliche Routine
– Planung: langfristige Entscheidungen
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Beispiele für Logistik (Tägliche Routine)
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In welchem Zimmer liegt Patient Meyer?•
Welche Medikamente bekommt er?•
Seine Untersuchungstermine nach der Entlassung?•
Wer bezahlt die Rechnungen?•
Ist die Personalzusammensetzung auf Intensiv-3 angemessen?•
Patientenliste für morgige Untersuchungen zwecks Erinnerungsanrufe?•
Versicherungsbestimmungen für Ultraschall bei Patient Heck?•
....Beispiele für Planung
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Was sind die lokalen Klinischen Leitlinien zur Behandlung von Patienten mit bestimmten Beschwerden / Diagnosen•
War bei ähnlichen Patienten mit einer bestimmten Krankheit medikamentöse oder chirurgische Behandlung besser?•
Was sind die finanziellen und medizinischen Folgen der Schließung der Entbindungsstation?•
Welche Auswirkungen auf Wartezeit und Durchlaufzeit hat die Einstellung von 6 zusätzlichen Pflegekräfte in der Ambulanz?•
Ist ein Pauschalangebot für bestimmte PatientengruppenMedizinische Informatik 6. Integration heterogener Teilsysteme 5
Daten- und Prozessintegration
Datenintegration
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Historische Heterogenität–Trennung zwischen administrativen & medizinischen Daten
–Verschiedene medizinische Abteilungssysteme
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Probleme und Lösungsansätze:–Doppelte Eingabe → automatischer Datenaustausch
–Redundanz (Gefahr mangelnder Aktualität) → Synchronisation des Datenaustauschs
Prozessintegration
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Reorganisation der Abläufe (Workflow) möglich, z.B.–Änderung von Verantwortlichkeiten / Arbeitsmuster
–explizite Koordinationsaufgaben (Stellen)
–Umwandlung sequentieller in parallele Prozesse
Datenschutz und Datensicherheit
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Kurzfristige Empfehlungen–Individuelle Anmeldung aller Nutzer
–Zugangskontrolle (möglichst einheitlich)
–Verlaufsdokumentation (audit trail)
–Schutz bei externen Zugriffen
–disaster recovery
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Langfristige Empfehlungen–Sicherheitsstrategien, -komitees & -verantwortliche
–Trainingsprogramme für alle Nutzer
–Verbesserte Benutzeridentifikation
Patientenzugang zur Verlaufsdokumentation
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Ziele und Barrieren integrierter Systeme
Ziele:
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Kostenreduktion•
Qualitätsverbesserung•
Mehr Service•
WettbewerbsvorteileBarrieren:
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Sich ändernde Technologien wie neue medizinische Stan- dards, verteilte Datenbanken, Internet/Intranet-Infrastruktur integrieren (statt „patchwork of legacy system“ →IDN)•
Sich ändernde Kultur / Prozesse : Einschränkung ärztlicher Freiheit & Variation durch medizinische Leitlinien und Kosten- bewusstsein; Gruppenarbeit, Zeitdruck•
Management (z.B. starke Dezentralität)Funktionen und Komponenten eines HCIS
HCIS = health care information system (KIS = Krankenhaus IS)
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Patientenverwaltung•
Abteilungsverwaltung (s. Kap. 3-5)•
Patientenakte (S. Kap. 2)•
Entscheidungsunterstützung•
Finanz- und Ressourcenverwaltung•
(zukünftig: Gesundheitsunterstützung)Medizinische Informatik 6. Integration heterogener Teilsysteme 9
Patientenverwaltung
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Patientenstammdaten, Registrierung (Master Patient Index)–Eindeutige Patientenidentifikation notwendig
–Referenzmodul für alle anderen Module
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Einweisung/Entlassung (Admission-Discharge-Transfer)•
Terminverwaltung (Scheduling)–am meisten verbreitet für OP, Radiologie, Pflege
–Koordination von Patienten, Ärzten, Pfleger, Ressourcen
–Wünschenswert über Abteilungsgrenzen hinweg
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Patienten-Verfolgung (Patient Tracking)–Wo befindet sich ein Patient gerade?
Entscheidungsunterstützung
Voraussetzung: Elektronische Patientenakte
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Beispiele für Leistungsanforderung (Order Entry):–Warnung bei Medikamenten-Allergien
–Dosierungsberechnungen bei Medikamenten
–Vorausschauende Empfehlungen (z.B. Prophylaxe bei OP)
–Überwachung von Medikamenten-Therapien
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Beispiele für Berichtswesen (z.B. durch Email-Nachricht)–Hervorheben abnormer Ergebnisse
–Medikamenteninteraktionen
–Erinnerungen an Vorsorgeuntersuchungen
–Bereitstellung von wichtigem Hintergrundwissen
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Finanz- und Ressourcenverwaltung
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Standardfunktionen: Verwaltung von Gehältern, Personal, Kontenführung, Rechnungen, Einkauf, Inventar usw.–wie in Industrie (mit Ausnahme von Patientenabrechung)
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Patientenabrechung:–Ziel: Elektronischer Datenaustausch (EDI)
–Komplikationen durch unterschiedliche Sätze und Zahlungsmodalitäten je nach Krankenkassen, Privat- patienten, staatliche Vorschriften, Kostenplänen usw.
Architekturen für HCIS
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Zentrale Systeme•
Modulare Systeme•
Verteilte SystemeMedizinische Informatik 6. Integration heterogener Teilsysteme 13
Zentrale Systeme
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Erst Spezifikation aller Informationsbedürfnisse•
Dann einheitliches Gesamtsystem•
Probleme:–Hohe Anfangsinvestitionen
–Hoher Einführungsaufwand
–Schwierigkeiten mit techno- logischem Fortschritt
–Individuelle Wünsche schwer zu erfüllen
Modulare Systeme
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Module für verschiedene Abteilungen•
Dadurch mehr Flexibilität•
Trotzdem noch viel ZentralitätMedizinische Informatik 6. Integration heterogener Teilsysteme 15
Verteilte Systeme
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Autonome, koope- rierende Computer•
Datenaustausch für LAN•
Keine festen Schnittstellenzwischen Modulen
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Hohe Flexibilität•
Standards erfor- derlich (Protokoll:HL7, Termino- logie: UMLS)
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Schwierige SteuerungFlexible Architektur: 3-Schichten-Modell
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Beispiel1: HELP System
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Im Einsatz seit >20 Jahren in Latter Day Saints Hospital in Salt Lake City, USA•
Primäres Ziel: Klinische Zwecke, Lehre, Forschung;Administrative Funktionen erst später hinzugefügt.
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Besonderheit: Frühes System mit Entscheidungsunterstützung (getriggert durch Patientendaten)•
Forschungsunterstützung:–Selektierbarkeit von Patienten mit bestimmten Kriterien für Studien
–Integration von Statistik-Programmen zur Auswertung
Beispiel2: CCC-System
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Im Einsatz seit >20 Jahren in Beth Israel Medical Center in Boston, USA, ursprünglich zentralisierte Architektur.•
Designziel: Verknüpfung von Abteilungssystemen durch zentrales Modul für Patientenregistrierung•
Intensive Nutzung: (70.000 Aufrufe von Patientendaten/Woche)•
Erstes System mit vollständiger Email- und Medline-Anbindung, Sicherheitsmechanismen wie Verlaufsdokumention (audit trail).•
Anbindung von Ambulanz-Kliniken•
Data Warehouse mit ca. 300 000 Patientenakten seit 1983•
kaum Entscheidungsunterstützung wie bei HELPMedizinische Informatik 6. Integration heterogener Teilsysteme 19
Strategie zur KIS-Einführung an Uni-Klinik
Definition KIS (nach Haux):
Unter einem Krankenhausinformationssystem (KIS) versteht man alle Informationsverarbeitende und speichernde Prozesse eines Krankenhauses (auch die Papiergebundenen Prozesse).
• Verfolgung eines Gesamtkonzepts als Strategie zum Aufbau KIS
• Entwicklung der
– Organisatorischen Voraussetzungen
– Technischen Voraussetzungen (Netzwerk, System, Endgeräte)
• Von der administrativen Leistungsdokumentation zur Medizinischen Leistungsdokumentation
• Datenschutzkonzept (Zugriff über Rollenkonzept im KIS)
• Re-Zentralisierung von Abteilungssystemen (Integrativer Ansatz)
• Auswahl und Einführung eines Klinischen Arbeitsplatzsystems (KAS)
Übersicht SAP-System in Uni-Klinik (SMI)
• Stammdaten
• Diagnosen (Aufnahme, OP, Entlassung, Fachabteilung, Krankenhaus = DRG-Hauptdiagnose)
o ICD - 10 GM
o Finden der DRG aus dokumentierten Haupt- und Nebendiagnosen sowie OPS-Codes
• Prozeduren
o OPS Version 2004 zugeordnet zu Bewegungen (hauptsächlich OPs) oder fallbezogen
• Leistungsdokumentation
o Aufnahme, Entlassung, Verlegung (in amb. Fällen Besuchserfassung), OP, Konsil
• Arztbriefablage
– Ambulanzabschlussbriefe
– Befunde von Abteilungen
– Entlassungsbriefe stationär
• Laborsystem
– Leistungsanforderung
– Befundrückmeldung
•
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Leistungsdokumentation (alt – neu)
Leistungsanforderung (OP)
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Prozeduren und Diagnosen (SAP)
Diagnosen eingeben
Die Erfassung von Diagnosen ist ärztliche Aufgabe. Der Dialog zur Erfassung der Diagnosen ist bei markiertem Patienten entweder über den Button ‚Diagnosen’ oder durch Klick in das Feld
‚Diagnose’ der Ambulanzliste erreichbar. Dort können Diagnosen wie üblich verschlüsselt werden, oder aus der Hitliste ausgewählt werden, oder als Freitext eingegeben werden. Die Diagnose erscheint anschließend in der Patientenliste in dem Feld ‚Diagnosen’.
Außerdem erhält das Feld ‚D… – Diagnose verschlüsselt’
einen grünen Haken, falls eine
Diagnose verschlüsselt
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Ambulanz-Organisation
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Ambulanz-Plantafel
OP-Planung
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Suche nach Befundberichten (Patho)
Darstellung von Befundberichten (Patho)
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Integration von Bildern (Herzkatheter)
Entwicklungstrends
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Kosteneffizienz–Bisher kaum Realisierung der erwarteten operationellen Verbesserungen und Einsparungen
–Informationssystem-Anteil z.Z. ca. 3-6 % des Umsatzes in Geundheitsorganisationen; vergleichen mit 10-15% in informationsintensiven Industrien
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Technologische Änderungen–(Spracheingabe seit 10 Jahren „in 5 Jahren im Routineeinsatz“)