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Vom psychodynamischen zum kognitiv-behavioralen Verständnis von Funktion und Strategie der Hysterie : nur auf der Bühne lässt es sich überleben

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Academic year: 2022

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7 Al Pesso – Tod eines Humanisten

Serge Sulz

Albert Pesso – Tod eines Humanisten

Unbemerkt von der Öffentlichkeit starb am 19. Mai 2016 in Boston ein großer Mann.

Albert Pesso war ein Gründer, etwas ganz Neues schaffend. Er war ein Lotse und Vorbild, in eine gute Richtung weisend. Und er war ein Humanist.

Er glich in vielem Siegmund Freud, Carl Rogers und Viktor Frankl.

Mit Freud verbindet ihn, dass er etwas völlig Neues kreierte, die Psyche von Grund auf neu erfasste – mit einem psychodynamischen Verständnis.

Mit Carl Rogers verbindet ihn sein Humanismus – ganz dem Menschen zugewandt, der sich nicht an den Strebungen der Zeit orientiert, sondern einer inneren Wahrheit folgend eine zugleich berührende und erkenntnisreiche Klarheit des Menschseins deutlich werden lässt, die unsere globale Realität heute so dringend braucht.

Und mit Viktor Frankl hat er gemeinsam, dass das Wegweisende nicht erst durch Worte erfolgt, sondern durch seine Haltung.

Die USA hat – der dialektischen Gesetzmäßigkeit der Geschichte folgend – stets Gegensätze gebo- ren: die Genies und die Tumben, die Kriegstreiber und die Friedensbewahrer, die Fortschrittsgläu- bigen und die Fortschrittsverhinderer, die Tech- nokraten und die Humanisten.

Albert Pesso hat 86 Jahre lang gelebt. Einer kinderreichen jüdischen Familie entstammend, die in einfachsten dörflichen Verhältnissen lebte und überlebte, war er bestrebt, dieser Enge und Begrenztheit zu entfliehen. Mit 18 Jahren begann er seine Ausbildung zum Tänzer bei Martha Graham, der Ikone des Modern Dance. Die vor wenigen Jahren verstorbene Pina Bausch erinnert in vielem an sie. Seine Ausbildung finanzierte er, indem er in ihrem Institut die Büroarbeit übernahm.

Seine spätere Frau Diane Boyden war dort ein tän- zerisches Nachwuchstalent. Wenige Jahre später unterrichteten beide die jungen Tänzer. Dabei war ihnen wichtig, dass ein Tänzer tiefste Gefühle zum Ausdruck bringen kann. Nur wenigen fiel das

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Psychotherapie 21. Jahrg. 2016 | Bd 21-2 | © CIP-Medien, München

leicht. Die meisten hatten wesentliche Gefühle tief in ihrem Inneren eingeschlossen, so als ob diese nie ans Tageslicht dürften. So als ob diese sonst Schaden anrichten würden, an den anderen Menschen oder an ihnen selbst. Oder als ob ihre Gefühle versiegt wären, wie kleine Wasserquellen in einer Welt, in der keine Pflanzen auf Bewässerung warten. Wer würde erwarten, dass die eigenen ganz individuellen Gefühle eines Tänzers entscheidend für dessen berufliches Vorankommen sind? Dass für die Ausbildung zum Tänzer eine höchst anspruchsvolle Psychologie der Emotionen benötigt wird? Eine Psychologie, die verstehen lässt, dass ein zum Ausdruck gebrachtes Gefühl stets eine Antwort erwartet? Und zwar eine für das Gefühl völlig spezifische? Keine ideopathisch nur mich als Individuum charakterisierende, sondern allgemein-menschlich aus unseren Genen entstammende Erwartung. Eine nicht zu sehr vom Druck unserer gesellschaftlichen Verhältnisse fehl- geleitete Mutter antwortet ohne zu überlegen ganz spontan auf die nichtsprachlichen emotionalen Erwartungen ihres kleinen Kindes – in einem bewundernswerten Spiel der Töne und Blicke, der Berührungen und des Stillens. Es ist ein müheloses Wechselspiel, das gelingt, wenn Zeitdruck und emotionale Belastungen von der Mutter ferngehalten werden. Dadurch befriedigt sie die Grundbedürfnisse ihres Kindes von Anfang an, nicht unentwegt, nicht im Übermaß, sondern so dass Mangel und Fülle, Hunger und Sattheit sich abwechseln. Es ist wie wenn das Gefühl des Kindes eine Form (shape) ist, die nach der passenden Gegenform (countershape) sucht – nicht irgendwann von irgendwem, sondern im richtigen Alter von der richtigen Bezugsperson. Fehlt diese Antwort, dann kapseln sich Gefühle ein und es entstehen Blockaden im zwischenmenschlichen Umgang als erwachsene Menschen. Und wie Al Pesso es beobachtete im tänzerischen Ausdruck junger Tänzer.

Was geschehen kann, wenn zentrale Bedürfnisse eines jungen Menschen völlig unbe- friedigt bleiben, erfahren wir durch Extreme Amokläufe, Selbstmordattentate und auch psychische Krankheiten. Die Hoffnung auf z. B. Liebe und Wertschätzung geht im Lauf der Kindheit und Jugend verloren. Im irdischen Leben ist dafür kein Platz. Und doch will die Seele es erleben, wenigstens einmal beim Töten und Sterben oder auf Dauer drüben im ewigen Leben. Dieser Mangel, dieses Defizit verbündet sich mit einem wie ein Feuer entfachenden ungestümen Glauben, der zuvor nie da war, aber jetzt so viel Hoffnung erzeugt, dass es kein Zurück mehr geben kann.

Psychotherapie, die das versteht, kann heilen. Sie hat jedoch wenig Zukunft in unserer Gesellschaft. Denn wir werden Psychotherapie aus der Retorte haben, aus dem Uni- versitätslabor, vielfach statistisch geprüft. Es ist zu fürchten, dass mit Al Pesso auch der Humanismus in der Psychotherapie zu Grabe getragen wird.

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