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Programme – Angebote – Nachfrage.

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Academic year: 2022

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Aus: Wiltrud Gieseke/Joachim Ludwig (Hrsg.): Hans Tietgens. Ein Leben für die Erwachsenenbildung. Theoreti- ker und Gestalter in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dokumentation des Kolloquiums am 23.10.2009 an der Humboldt-Universität zu Berlin. Berlin: HU-Berlin, 2011 (Erwachsenenpädagogischer Report; Bd. 16)

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Forum 4: Programmforschung/Vernetzungen/Planung

Moderation: Prof. Dr. Gieseke

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Aus: Wiltrud Gieseke/Joachim Ludwig (Hrsg.): Hans Tietgens. Ein Leben für die Erwachsenenbildung. Theoreti- ker und Gestalter in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dokumentation des Kolloquiums am 23.10.2009 an der Humboldt-Universität zu Berlin. Berlin: HU-Berlin, 2011 (Erwachsenenpädagogischer Report; Bd. 16)

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Programme – Angebote – Nachfrage. Veränderungen in der inneren Dynamik

Wiltrud Gieseke

Hans Tietgens hat in seinen „Reflexionen zur Erwachsenendidaktik“ (1992) be- reits auf die Abhängigkeit der Angebotsentwicklung als ‚Programmmachen‘ von der Organisationszugehörigkeit und den ländergesetzlichen Bedingungen oder anderen Finanzierungen hingewiesen. Die plurale Struktur schafft auch Angebo- te, die auf Profitabilität und auf die unmittelbare Verwertung der Kompetenz set- zen. Mit einer öffentlich gesicherten Breite des Angebots und unmittelbaren Zu- gänglichkeit verbindet er die Volkshochschulen, die dieses auch in ihrem Pro- gramm durch eine breite Vielfalt auszuweisen haben. „An ihren Programmen muß sich daher die Ausdifferenzierung des Angebots und ihrer verschiedenen Gestaltungsmerkmale zeigen (…)“ (Tietgens 1992, S. 26). Schon hier weist er für vergleichende Programmanalysen darauf hin, dass bei deren Vergleich die, wie er es nennt, institutionelle Staffelung Veranstaltung – Einrichtung – Träger von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Programmentwicklung ist. Tietgens spricht dabei von der didaktischen Planungsebene B als institutionendidaktische Dimension, die entscheidenden Einfluss nimmt. Dabei ist es von Bedeutung, in- wieweit man von einer relativen Autonomie ausgehen kann, die von den Einrich- tungen genutzt wird oder werden kann, und inwieweit Tietgens` Bildungsbegriff aufgegriffen wird, der „als Medium der Selbstentfaltung“ sich entwickeln kann, und inwieweit es gelingt die institutionelle Trennung zwischen Einrichtung und Träger zu realisieren (ebd., S. 27). Jedes Programm verlangt nach Tietgens eine

„Relationskompetenz im Horizont der didaktischen Faktorenkomplexion“ (ebd., S.

37). An mehreren Stellen entwickelt er den Begriff Relation bezogen auf instituti- onelle Bedingungen, institutionale Entwicklungen, Programmentwicklung und Veranstaltungsplanung. Da die Erwachsenenbildung ihre Programme immer neu konzipiert und auch unter Aktualitätsanforderungen steht, weist Tietgens auf die verschiedenen Handlungsebenen hin, die erwachsenendidaktisches Handeln be- stimmen und arbeitet auch zwischen den Ebenen eine Relationalität heraus (ebd., S.151), die die wechselseitig beinflussenden Dimensionen und die Span- nungsfelder des didaktischen Planungshandelns sichtbar machen sollen (siehe Schaubild).

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Erwachsenendidaktische Handlungsebenen

(Tietgens 1992, S. 151)

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Aus: Wiltrud Gieseke/Joachim Ludwig (Hrsg.): Hans Tietgens. Ein Leben für die Erwachsenenbildung. Theoreti- ker und Gestalter in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dokumentation des Kolloquiums am 23.10.2009 an der Humboldt-Universität zu Berlin. Berlin: HU-Berlin, 2011 (Erwachsenenpädagogischer Report; Bd. 16)

213 Didaktisches Handeln übersetzt Tietgens hier in seinen Ausführungen als relatio- nales Handeln zwischen den verschiedenen Akteur/inn/en, das hohes Reflexi- onsvermögen voraussetzt. Was dafür zu überlegen ist, dazu sind bei ihm breite Ausführungen platziert. Interessant ist aber, dass er Forschungen hier nicht nachfragt, allenfalls Vergleiche mit anderen Institutionen anregt, aber die benöti- gen dann wieder der reflexiven Interpretation, so Tietgens. Sieben Jahre später, als Forschungsprojekte an anderen Orten begannen (Bremen, Berlin), gab Tiet- gens den Band zur Programmanalyse (Nolda/Pehl/Tietgens 1998) heraus, um hier zu diesen beginnenden neuen Entwicklungen einen Anschluss herzustellen.

Viele Annahmen bei Tietgens in diesem Band konnten für die weitere Theorien- entwicklung aber sehr wohl als Hypothesen genutzt werden (siehe Schäffter 1998). Angebote stehen bei Tietgens unter einem Handlungsimperativ und sind eine Aufforderung Planung zu reflektieren. Die Planung erfordert bereits reflexive Kompetenz, sodass die Verarbeitung von Befunden und Beobachtungen selbst- verständlich praktische Relationalität war, die noch nicht von ihm in ein For- schungskonstrukt, wie z.B. die Perspektivverschränkung (Gieseke 1985, 2007) gegossen war.

Die von Tietgens angeregte sehr komplexe Konzentration auf Planung, aber noch nicht auf Planungsforschung, wird überdies in den „losen Blättern“ – Das Handbuch für die Praxis der Leiter und Mitarbeiter „Die Volkshochschule“ deut- lich. Es handelt sich um durchgearbeitete Handreichungen für die Praxis zum schnellen Gebrauch. Alle Beiträge unter der Ziffer 50.000 „Arbeitsplan“ differen- zieren gründlich bis ins Detail zu jedem neuen Stichwort das vorhandene Wissen aus. Allein das hier von Tietgens und seinen Mitarbeiter/inne/n zusammengestell- te Wissen übersteigt alle bisher entstanden Wörterbücher in ihrer Differenziert- heit. Anschlüsse für neue Betrachtungen und für eine Hypothesengewinnung hät- ten hier reichlich Nahrung. Als ein Beispiel soll das Stichwort „Sonderprogramme.

Kurse aus der VHS heraus“ (53.900) angehängt werden, um Vorgehensweisen – bei Vernetzung würde man heute sagen – zur neuen Themengewinnung – kennt- lich zu machen und die Verarbeitung von Arbeitspapieren „berichte – materialen – planungshilfen (bmp)“ (auch eine von Tietgens initiierte Reihe) aufeinander zu beziehen .

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Beispiel: Arbeitsplan. Sonderprogramme. Kurse aus der VHS heraus

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Aus: Wiltrud Gieseke/Joachim Ludwig (Hrsg.): Hans Tietgens. Ein Leben für die Erwachsenenbildung. Theoreti- ker und Gestalter in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dokumentation des Kolloquiums am 23.10.2009 an der Humboldt-Universität zu Berlin. Berlin: HU-Berlin, 2011 (Erwachsenenpädagogischer Report; Bd. 16)

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Damit kann nur angedeutet werden, wie die Programmplanung in den Anfängen in einer relationalen Mehrebenenanalyse in seinem Band von 1992 gedacht wur- de. Diese Überlegungen sind weiterhin eine Grundlage, um Programmforschung anzulegen, weil die relationalen Größen reflektiert werden und als Professions- wissen in die Interpretationen einfließen konnten.

In der zu diesem Thema arbeitenden Arbeitsgruppe auf dieser Tagung zu Ehren von Hans Tietgens wurden vier Beiträge eingebracht, die sich mit den spezifi- schen organisationalen Konstellationen der Erwachsenenbildung zur Erarbeitung von Wissensstrukturen in ihren jeweiligen Programmen beschäftigten.

Karin Dollhausen und Christina Müller haben eine plastisch anschauliche In- szenierung vorbereitet, um einen Text von Tietgens zur Angebotsplanung leben- dig vorzuführen: Eine junge Kollegin stellt Fragen, die dann mit den Text von Tietgens beantwortet werden.

Aiga von Hippel zeigt die wissenschaftliche Funktion von Programmanalysen noch einmal auf und dokumentiert dies an sich erweiternden Anforderungen an eine Medienkompetenz.

Wolfgang Jütte beschäftigt sich mit Texten von Tietgens zur Kooperation und kontrastiert sie mit Netzwerkvorstellungen, um dann festzustellen, dass schon in Tietgens‘ Argumentationen soziales und prozessuales Geschehen angelegt ist.

Aber in Kenntnis von Tietgens sieht Jütte sehr wohl, das Tietgens dem Netzwerk- typ – wie Jütte es nennt – kritisch begegnet wäre.

Bernd Käpplinger setzt sich mit der Entwicklung der Programmanalyse sowie ihrer Aussagekraft auseinander und beschreibt die Funktion von Programmfor- schung und Angebotsanalysen in der Anforderung zwischen Praxisunterstützung und bildungspolitischer Präsens, um für die Weiterbildung Entwicklungsunterla- gen zur Verfügung zu haben. Anregungen für zukünftige Entwicklungen werden gegeben.

Auch hier kann Tietgens in seiner Position der Gegensteuerung und in seiner re- lativen Unabhängigkeit als Mentor der Erwachsenenbildung argumentieren.

Die Relationalität ist ein grundlegendes Muster des Planens durch Suchbewe- gungen und ist von Tietgens entsprechend alltagstheoretisch beschrieben. Pro- grammforschung geht den Angeboten, die sich in den entsprechenden Einrich- tungen unter bestimmten Schwerpunkten bündeln nach, erfragt die inhaltlichen Ausrichtungen, erhebt die Adressat/inn/en, Zielgruppen, die erwarteten Lernvor- aussetzungen, die angebotenen Wissensebenen, die Arbeitsformen, Zeiten, die Kosten u.a. mehr. So lassen sich Rückschlüsse auf Veränderungen der Finanzie- rung, der Angebote etc. erschließen. Indirekt kann auf die Nachfrage, geschlos- sen werden. Besonders interessant ist es zu erfahren, welchen Wechsel es in den zur Verfügung gestellten Arbeitsformen gibt.

Die Spezifik der Wissensstruktur in den verschiedenen Institutionen und Organi- sationen der Erwachsenenbildung/Weiterbildung erschließen sich erst über Pro- grammforschung.

Da die plurale Struktur sich ausdehnt, rhizomartig wächst und zerfällt, ist an der organisationsspezifisch herauszuarbeitenden Programmstruktur erst nachvoll- ziehbar, welche Wissensstrukturen und welche Kompetenzen in der Weiterbil-

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Aus: Wiltrud Gieseke/Joachim Ludwig (Hrsg.): Hans Tietgens. Ein Leben für die Erwachsenenbildung. Theoreti- ker und Gestalter in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dokumentation des Kolloquiums am 23.10.2009 an der Humboldt-Universität zu Berlin. Berlin: HU-Berlin, 2011 (Erwachsenenpädagogischer Report; Bd. 16)

217 dung zur Verfügung gestellt werden. Die offene Struktur der Weiterbildung wird so in ihrem Wirkungsanspruch sichtbar.

Die Ergebnisse können dann in eine Theorie über Organisationen und Program- me in der Weiterbildung zur Programmentwicklung einfließen. Die Forschungsbe- funde aus der Programmforschung lassen sich nutzen

 für interne Revisionen bei den jeweiligen Trägern,

 für die Außenpräsentation,

 für vergleichende Betrachtung zur Wissensstruktur in der Erwachsenenbil- dung, um neue Konzepte zu überlegen und zu platzieren, also trägerbezogen Steuerungen vorzunehmen,

 um Veränderungen in bestimmten Zeitverläufen aus zeitgeschichtlicher und bildungshistorischer Perspektive zu analysieren,

 um Erkenntnisse über das Angebotsinteresse und das Nachfrageverhalten der Bürger/innen zu erhalten.

 um Vernetzungen und Kooperationen themenbezogen zu planen u.a.

Es handelt sich also um einen erwachsenenpädagogischen Forschungsschwer- punkt, der Grundlagenwissen mit weitreichendem professionellem Nutzen zur Verfügung stellt.

Hans Tietgens hatte dieses noch nicht vor Augen, wenn er auch den historischen und bildungspolitischen verbandbezogenen Kontext von sich verändernden Wis- sensstrukturen in den VHS-Programm beobachtet sowie kommentiert hat. Die frühen Analysen in der Pädagogischen Arbeitsstelle des Deutschen Volkshoch- schul-Verbandes zu den Arbeitsplänen der Volkshochschulen dienten zur Vorbe- reitung auf die Planungskonferenzen der einzelnen Fachbereiche mit den Fach- bereichsleiter/inne/n. Man war auf Ideensuche durch Programmvergleiche, um das eigenen Angebot zu erweitern, zu, neuen Projekten zu gelangen, die man weitergeben wollte. Die PAS wirkte als Dienstleister für die Volkshochschulen, ohne dass sie so hieß, um weitere innovative Vorhaben nach einem Austausch über den jeweiligen Zustand anzuregen.

Literatur

Gieseke, W.: Fallstudien zur Bildungsarbeit mit Zielgruppen. Frankfurt/M. 1985 (bes. S.

16-21, 3. Methodenarrangement „Perspektivverschränkung“; S. 21-23, 4. Perspektiv- verschränkung als angemessenes Methodenarrangement für Fallstudien) (Berichte, Materialien, Planungshilfen)

Gieseke, W.: Das Forschungsarrangement Perspektivverschränkung. In: Qualitative For- schungsverfahren in Perspektivverschränkung. Dokumentation des Kolloquiums an- lässlich des 60. Geburtstages von Frau Prof. Dr. Wiltrud Gieseke am 29. Juni 2007.

Berlin 2007, S. 10-22 (Erwachsenenpädagogischer Report; Bd. 11)

Nolda, S./Pehl, K./Tietgens, H.: Programmanalysen. Programme der Erwachsenenbil- dung als Forschungsobjekte. Frankfurt/M. 1998

Schäffter, O.: Weiterbildung in der Transformationsgesellschaft. Zur Grundlegung einer Theorie der Institutionalisierung. Berlin 1998

Tietgens, H.: Reflexionen zur Erwachsenendidaktik. Bad Heilbrunn/Obb. 1992

Die Volkshochschule. Handbuch für die Praxis der Leiter und Mitarbeiter. Loseblattsamm- lung. Frankfurt/M. 1968–1994

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