Wochenbericht Nr. 4 ANT XXII/3 FS "Polarstern" 14.02.05 - 20.02.05 Der Beginn der vierten Woche unserer Reise war durch das Programm der Tiefseebiologie bestimmt. Südlich der Maudkuppe fand die dritte große Biologie-Station im Rahmen des ANDEEP-Projekts statt. Mit einer Reihe unterschiedlicher Geräte wurden Proben der am und im Meeresboden lebenden Fauna genommen. Das „Sediment Profile Imaging System“ schließlich zeichnet Filmaufnahmen vom Meeresboden und im Sediment auf. Multicorer und Großkas-- tengreifer stechen Proben unterschiedlicher Größe aus dem Meeresboden und bringen sie mit den darin lebenden Tieren und dem darüber stehenden Wasser an die Oberfläche. Epibenthosschlitten und Agassiz-Trawl erfassen eine wesentlich größere Fläche, da sie zum Fang über den Grund geschleppt
werden. Zu Stationsbeginn wurde eine mit Ködern besetzte Falle ausgebracht, die während der Dauer der Station in 4500 m Tiefe Amphipoden, kleine mit den Asseln verwandte Aasfresser, fing. Diese Folge verschiedener Geräte wird auch in der kommenden Woche vor Kapp Norvegia den Stationsablauf bestimmen.
Im Anschluss an die Biologie-Station kam am Mittwoch die physikalische Ozeanographie wieder zum Zug. Im Abstand von 30 nautischen Meilen wurden CTD-Stationen zur Messung von Temperatur und Salzgehalt und zur Gewinnung von Wasserproben durchgeführt. Der Reigen der Probennehmer, die in ein- deutig vorgeschriebener Reihenfolge die Wasserproben zur Messung der
Konzentrationen von Spurengasen, Sauerstoff, gelöstem CO2, Nährstoffen und dem Salzgehalt nehmen, ist nun schon Routine. Ein Teil der Proben wird sofort an Bord analysiert, ein anderer Teil muss sorgfältig präpariert werden, und wird nach unserer Rückkehr im Heimatlabor analysiert.
Am südlichen Ende des Schnitts auf dem Meridian von Greenwich erfolgten die letzten Verankerungsarbeiten. Verankerungen sind Messstationen, die im Ozean für einen Zeitraum von bis zu mehreren Jahren ausgebracht werden.
Während dieser Zeit registrieren sie Daten über Temperatur, Salzgehalt, Strömungsgeschwindigkeit und Richtung, sowie über die Meereisdicke. Die Verankerungsauslegung und Aufnahme sind ausgefeilte Manöver, die viel Erfahrung benötigen. Durch das gute Wetter wurde uns die Arbeit auf dieser Reise leicht gemacht. Da die gesamte Wassersäule mit Messungen erfasst werden soll, sind unsere Verankerungen bis zu 5 km lang. Am Meeresgrund befindet ich ein Ankerstein, in etwa 150 m unter der Meeresoberfläche ein Auftriebskörper (eine Art Luftballon aus Stahl oder Glas im Wasser), der die Verankerungsleine aufrecht im Wasser hält. An diese Leine werden eine Vielzahl von Geräten und zusätzliche Auftriebskörper eingeschäkelt.
Die Auslegung im freien Wasser erfolgt so, dass zuerst der Auftriebskörper am oberen Ende ins Wasser gesetzt wird. Dann dampft das Schiff langsam in Richtung der Sollposition, wobei ständig Leine ausgebracht wird und immer wieder Geräte montiert werden. Zum Schluss wird die ganze Verankerung langsam hinter dem Schiff hergezogen. Nun besteht die Kunst darin, den Ankerstein, der die Verankerung an den Boden ziehen wird, genau so zu slippen, dass er auf die Sollposition fällt. Über dem Ankerstein befindet
sich ein so genannter akustischer Auslöser, der Leine und Geräte auf ein Schallsignal vom Schiff aus vom Ankerstein abtrennt, so dass alles an die Oberfläche auf schwimmt und eingesammelt werden kann.
Das relativ neue akustische Posidonia-System hat sich bei den Verankerungen blendend bewährt. So konnten wir genau verfolgen, wie die Verankerungen nach dem Slippen zum Boden sinken und bei der Aufnahme wieder an die Ober--fläche zurückkehren. Dieser technische Fortschritt erhöht die Qual-i--tät der Positionsbestimmung der Verankerung und erleichtert die Aufnahme ungemein.
Am Sonnabend erreichten wir wieder die Atkabucht. Etwas südwestlich davon wollten wir zwei Fischfallen und eine Amphipodenfalle bergen, die im Vor---jahr wegen der Eisverhältnisse nicht aufgenommen werden konnten.
Leider blieben zwei der Fallen verschollen. Eine Sinkstofffalle, die wir auf dem Weg nach Kapp Norvegia aufnehmen wollten, war mit größter
Wahrschein---lichkeit das Opfer der Eisberge geworden. Am Sonntagmorgen begann der ANDEEP-Schnitt über den Kontinentalhang in die Tiefsee.
Mit den herzlichen Grüßen aller an Bord Eberhard Fahrbach