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Bemerkungen zu Korän 2, 261.
Von Martin Schreiner.
Prof. A. MüUer hat im ersten Hefte des XLH. Bandes dieser
Zeitschrift p. 80 auf eine Quelle der hier bezeichneten Stelle des
Koräns hingewiesen. Seine Annahme ist insofern zutreffend, dass
die Erzählung des äthiopischen Baruch auf die Legende des Koräns
von Einfluss war, was auch durch die Angaben mancher Ausleger
bestätigt wirdAls die ursprüngliche QueUe , welche auch auf
die Legende des Koräns vom grössten Einflüsse gewesen sein mag,
betrachten wir eine agadische Erzählung von Chönl Hame'aggM,
von der wir zwei Versionen besitzen. Die eine ist Ta'anith 23 a.
Hier heisst es : ,R. Jochanan sagte : „Sein Lebelang dachte jener
Prorame (Chöni) mit Kummer an die Worte der Schrift ^) : „Wenn
der Herr zurückbringen wird die Zurückkehrenden Zions , so ist
es uns , als träumten wir", denn er meinte : „Giebt es denn Jemanden,
der siebzig Jabre träumend schlafen könnte?" — Eines Tages ging
er auf seinem Wege einher, da erbhckte er einen Mann, der Johan¬
nisbrodbäume pflanzte. Er fragte ihn : „Nach wie viel Jahren wird
das Prüchte tragen?" „Nach siebzig Jahren", war die Antwort.
„Glaubst du denn, dass du siebzig Jahre leben wirst?" fragte er
wieder, worauf der Mann ihm erwiederte: „Ich habe die Welt mit
dem Johannisbrodbaum vorgefunden, so wie nun meine Väter für
mich gepflanzt haben, so will ich auch für meine Kinder pflanzen". —
Chöni setzte sich dann und ass sein Brod, da kam ein Schlaf über
ibn und er schlummerte ein, um ihn zog sich aber eine Pelsen-
grotte, so dass er unsichtbar wurde. Also schlief er siebzig Jahre.
Als er erwachte, sah er einen Mann, der von den Johannisbrod¬
bäumen Früchte pflückte. „Hast du diese gepflanzt?" fragte er
1) „Dio Feigen und die Milcli" sind durcli die Tradition erhalten wor¬
den. Bei Fachr al-Din al-Kazi, Mafatil.i al-gcib II p. fAi heisst os: (jj»^*Jlj
^-ySi\^, ^.^\S v^'i O"*^' -J^ Ü*"^ >^Aah
21 Ps. 120, 1.
Schreiner, Bemerlcungen zu Korän 2, 361. 437
ihn. „Ich bin dessen Enkel" lautete die Antwort. „So habe ich
siebzig Jahre geschlafen". .\ls er dies sagte , erblickte er seine
Eselin, die seitdem viele Esel geboren hatte". Die
folgenden Züge der Erzählung berühren sich nicht mit denen des
Koräns '). Die andere Version ^), welche die ältere zu sein scheiut,
wird im Namen eines R. Judanmitgetheilt. Nach dieser ging
einst „Chöni Hame'aggel, ein Enkel des Chöni Hame'aggSl", der um
die Zeit der Zerstörung des Heiligthums lebte, hinaus auf einen
Berg zu seinen Taglöhnern. Vor einem plötzlich herangekommenen
Regen flüchtete er in eine Höhle, wo er einschlief und erst nach
siebzig Jahren , nachdem der zweite Tempel erbaut worden war,
erwachte. Als er von der Höhle herauskam, sab er die Weingärten
in Olivenpflanzungen und die Olivenpflanzungen in Felder verwan¬
delt, die mit Getreide bebaut waren. Da er sich nun bei den
Leuten erkundigte , wurde er von diesen um seinen Namen ge¬
fragt. Ungläubig nahmen sie die Antwort auf, dass er Chönt
Hame'aggel sei. Nur als sie das ihnen bekannte Zeichen sahen,
dass nämlich durch seine Erscheinung die Vorhalle des Tempels
hell wurde , erkannten sie ihn , er aber sagte von sich : „So der
Herr die Zurückkehrenden Zions zurückbringt, ist es uns als
träumten wir".
Wir sind geneigt anzunehmen , dass der in beiden Versionen
der Erzählung angeführte Psalmvers zur Entstehuug der Sage An¬
lass gegeben hat. Nicht nur Naturerscheinungen, auffallende Gegen¬
stände, unverstandene Denkmäler, Namen und Gebräuche können
Schöpfer von Mythen sein , auch die Worte der Schrift , die den
Geist der Gläubigen vielleicht noch lebhafter anregen als auffallende
äussere Erscheinungen. Man fasste die Worte des Psalmdichters
buchstäblich auf. Jemand nmsste die siebzig Jahre des Exils träu¬
mend durchlebt haben und da solches auf biblische Persönlichkeiten
— vielleicht der chronologischen Angaben wegen — nicht wobl
passen wollte, erzählte man es vom Wundermann Chöni Hame'aggel.
Vor dem Anachronismus schreckte die Sage nicht zurück. Dies ist
unsere Vermuthung von der Entstehung der Sage, die wohl auoh
mit der christlichen Legende von den sieben Schläfern in irgend
einem Verhältnisse stehen mag. Natürlich ist auch die Möglich¬
keit nicht ausgeschlossen , dass die schou vorhandene Sage an den
Vers angelehnt wurde.
Immerhin scheint uns der Einfluss der Erzählung auf die Mu¬
hammeds imzweifelhaft und wir werdeu nun auch die Angaben der
1) Die Stelle befiiuli't shh mit uinigoii kloincii .\b«'oichiingoii jiucli in ilalküt Schiineoiii z. l*s 120.
21 Jor. 'I'li'imitli HO d.
3) Mit (lern lioin.imen N^T^j odor N^~'3 s. Sudor lladorotli s. v. NTin baren.
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alten Ausleger zu würdigen wissen, nach welchen der Mann Ezra '),
die leere St?dt Jerusalem-) gewesen sei. In diesen allen ist der
jüdische Einfluss vorwiegend, wie in den betrefi'enden Angaben der
Sürat al-Kahf der christhche es ist.
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1) MaStih II p. fAt" iiOljÜ ^iüs . . . isjjäiu ^ (^jJt \yLLis>\
tijj>) ^ ^JLs} j-j^ y (^Ju^Jl, '»^^i
p. fAO wird erzälilt, wie Ezra in die Gefangenscliaft gefülirt wurde, nachdem Nebukadnezar Jerusalem zerstört und die Tora verbrannt hatte, wie er einmal hier einschlief und beim Erwachen seine Speise, die Feigen und Trauben, nnd seinen Trank im ursprünglichen Zustande gefunden hat, während von seinem Esel nur
die Beiner übrig geblieben sind. ^1 XjJUJi Lg.Ä_)l Ljyö
vJüaiJt fri ua*J l-fÄuu ^UojJ! tt^i 1j>5j u5L^ J^Ls-
fZ J>\ ^l^jJtj Ji\ w ^Ä-U^ U-? yai. JJ"
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I . Die Aehnlichkeit der Beschreibung mit den Worten Ezechiels 37, 5 £f.
ist in die Augen fallend. Ezra wird nach dieser Erzählung des Ibn 'Abbfts in Jerusalem durch die Kenntniss dor Tora erkannt, ebenso wie im bab. Talmud Chöni Hame'aggel durch seine Gelehrsamkeit erkannt wird.
2) Das. p. fAi 'i^Sj^ ä^Lii} v^j '»^J^^ ui^' j t,ÄJL;:i>!
L^Äj^-c Ji^ 5üili> ^3 iJy» .... UL! ^y!^
I v-jLp- iJaiL- ÄXiX^ ^\ . ULI ist Aelia.
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Yasna XLIII, 1 — 10 with the Pahlavi text deci¬
phered, and translated.
By L. H. Mills.
The striking remarks, which have appeared in the prefaces of
some well known Zend works, to the effect that tbe Pahlavi trans¬
lations of the Avesta have never been explained , and the pressing
requests which I have personally received for the results of many
years of labour on this subject, induce me to contribute here, what
it has not been possible to give elsewhere, and that is, a rendering of a portion of the Pahlavi translation of the Gathas made strictly
in the hght of its original. That is to say, in the following trans¬
lations the Pablavi texts are treated as documents which have been
loosely written over from generation to generation, having grown
originally out of the Zend texts themselves, and therefore to be
translated, not so much as independent works, but more as the-
reproductions of texts which were invariably written beside them.
Elsewhere , and as a preliminary necessity , I have rendered
them more after the procedure of Hang; that is, I have rendered
them as one would render any Pahlavi treatise, and strictly in the
light o^ their glosses ■).
1) As is known, I printed a work in 1880—83 containing, beside texts and translations of the Gathas, the texts of the Pahlavi translation for the first time deciphered, and edited with collation of MSS., also for the first time trans¬
lated in their entirety into a European language. Neryosangh's translation was similarly treated, and the Parsi-Persian texts in Haug's MS. 12b were added.
Owing to the irresponsible polemik which formerly prevailed in Zend philology, I did not feel justified in publishing tbis work without its second volume con¬
taining alternative translations and commentaries. For withholding the first volume I have been blamed. My preparation of the second volume was inter¬
rupted by my engagement to write the XXXI. volume of the Sacred Books of the East. In the first volume of texts I rendered the Pahlavi in the sense of its glosses following Haug. Since then, however, I have felt the necessity for additional treatment on a more critical plan, for, as to Haug's translatiDns in the Essays, I have the highest authority for saying that they must be consi¬
dered more as masterly beginnings than as maturer productions. In the mean-