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Wie wir Menschen wahrnehmen

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Ideenbörse Ethik Sekundarstufe I, Heft 18, 12/2006

Teil 4 Ich und die anderen – die anderen und ich 4.6

1

4.6.5 Wie wir Menschen wahrnehmen

Didaktisch-methodischer Ablauf Inhalte und Materialien (M) Lernziele:

Die Schüler sollen

 erkennen, dass sie bei der Wahrnehmung anderer Menschen aufgrund bestimmter Attribute Schlussfolgerungen auf Persönlichkeitseigenschaften ziehen,

 sich mit den gängigsten Fehlerquellen (Wirkung des ersten Eindrucks, Halo-Effekt, Stereotype) und den damit zusam- menhängenden Ursachen und Folgen kritisch auseinandersetzen,

 sich anhand verschiedener Fälle in die Situation falsch/missverständlich gedeuteter Personen hineinversetzen und da- von ausgehend Vorschläge für ein offeneres und kommunikativeres Miteinander machen,

 dafür sensibilisiert werden, welche Bedeutung Körpersprache für das gesellschaftliche Miteinander hat,

 nachvollziehen, welche Faktoren Sympathie und Ablehnung im Allgemeinen und Besonderen bewirken.

1. Stunde: Wie nehmen wir andere Men- schen wahr?

Die Fotos werden kopiert und hinten mit Nummern verse- hen. Jeder Schüler bekommt ein Foto und das Arbeitsblatt M1e dazu und ist aufgefordert, die Person auf dem Foto einzuschätzen (ankreuzen oder eigene Notizen).

Anschließend bilden die Schüler mit identischen Fotos Gruppen, tauschen sich über ihre Ergebnisse aus und re- flektieren mögliche Beurteilungskriterien.

In einem abschließenden Gesprächskreis werden die Er- gebnisse gesichert, der Begriff Attribution geklärt und da- mit verbundene Vor- und Nachteile erläutert.

2. Stunde: Der erste Eindruck

Um die Wirkung des ersten Eindrucks für die Wahrneh- mung und Beurteilung anderer zu verdeutlichen, bietet sich das Vorlesen des „Gastdozent-Experiments“ oder die Durchführung eines eigenen Experiments an.

Anhand der Beobachtungsaufträge werden die Ergebnisse reflektiert und die Wirkung des ersten Eindrucks durch ei- gene Erfahrungen der Schüler kritisch beleuchtet.

Die Fotos zeigen Männer und Frauen mit lachenden, trauri- gen, ernsthaften und missmutigen Gesichtsausdrücken.

Attribution: Vom beobachtbaren Verhalten wird auf innere Dispositionen geschlossen. Dieser meist unbewusst ablau- fende Prozess bringt Vor- und Nachteile mit sich: Einem in Not scheinenden Menschen bieten wir zum Beispiel Hilfe an; einem aggressiv wirkendem Menschen begegnen wir mit Vorsicht ... Doch wie oft unterliegen wir Fehlurteilen, weil wir falsche Schlüsse ziehen?

Fotos 4.6.5/M1a bis d*

Arbeitsblätter 4.6.5/M1e und f*

Bei dem „Gastdozent-Experiment“ (Kelley, 1950) wurde der als „warmherzig“ vorgestellte Dozent nicht nur als viel sympathischer empfunden. Die Studenten, die diese Vorinformation erhielten, nahmen auch regeren Anteil an der Diskussion als die Studenten, denen er als „kalt“ vor- gestellt wurde.

Text 4.6.5/M2a*

Arbeitsblatt 4.6.5/M2b*

Wie wir Menschen wahrnehmen 4.6.5

(c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 1

D3080418465

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4.6 Ich und die anderen – die anderen und ich Teil 4

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3. Stunde: Der Halo-Effekt

Die Abbildungen können auf Folie kopiert über den Over- headprojektor präsentiert werden.

„Du möchtest ein Konto bei der Bank eröffnen. Von wem würdest du am liebsten beraten werden? Warum?“

ist die Ausgangsfrage, zu der die Schüler sich begründet äußern sollen.

Der Begriff Halo-Effekt wird abschließend erläutert und anhand von Zuordnungen bestimmter Eigenschaften das

„Blockiertsein“ durch solche Fehleinschätzungsmecha- nismen geprüft. In einem abschließenden Gesprächskreis werden die Erfahrungen der Schüler aufgegriffen und die Wirkung des Halo-Effekts wird kritisch reflektiert.

4. Stunde: Stereotype

In Gruppen sind die Schüler aufgefordert, zu überlegen, wer von den abgebildeten Personen ein Manager, wer ein Lehrer, ein Rentner und wer ein Handwerker ist.

Nach dieser ersten – noch bildgestützten – Zuordnung er- halten sie Kärtchen mit Begriffen von Personengruppen.

Nacheinander werden diese gezogen und möglichst genau beschrieben und erraten.

Darauf aufbauend werden der Begriff Stereotype erläutert und die Erfahrungen der Schüler aufgegriffen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang das Hineinversetzen in die Rolle des Wahrgenommenen, da es gerade bei dieser Fehlerquelle in der Wahrnehmung und Beurteilung häufig zu Vorurteilen kommt, die sich unbegründet festigen.

5. Stunde: Warum kommt es zu Fehlerquel- len bei der Wahrnehmung und Beurteilung anderer?

Anhand der vorangegangenen Stunden konnten die Schüler typische Fehlerquellen nachvollziehen, die uns alle häufig in der richtigen/besseren Wahrnehmung und Beurteilung anderer blockieren oder scheitern lassen.

Sie sollen nun mögliche Gründe für diese Formen des Fehl- einschätzens vermuten und sie mit Forschungsergebnissen vergleichen.

Ob das Ziel der Konsistenz des Wahrnehmenden als Haupt- ursache für Fehleinschätzungen einleuchtet, wird in einem abschließenden Gespräch kritisch reflektiert.

Halo-Effekt: auch Hof-Effekt genannt, gehört zu den typi- schen „Beobachtungsfehlern“; man geht davon aus, dass bestimmte Eigenschaften andere Eigenschaften nach sich ziehen (vermeintliche Logik), z.B.: „Sie ist sehr hübsch und deshalb bestimmt auch sehr nett.“

Milde-Effekt: positive Beobachtungsverschiebungen zu- gunsten von Bekannten.

Fotos 4.6.5/M3a*

Text 4.6.5/M3b*

Arbeitsblatt 4.6.5/M3c*

Stereotype: feste Vorstellung von bestimmten Leuten/Per- sonengruppen.

Feste Vorstellungen erleichtern auch den gesellschaftlichen Umgang: Einem Rentner zum Beispiel begegnet man eher mit Nachsicht und Geduld; auch einem Fahrschüler, der mit 20 km/h durch die Stadt fährt.

Stereotype führen aber leider oft auch zu Vorurteilen: Der Blick ist blockiert, es mangelt an Offenheit für eigene (vielleicht ganz andere) Erfahrungen mit Menschen, von denen man andere Vorstellungen hatte.

→ Bilder 4.6.5/M4a*

Kärtchen 4.6.5/M4b*

Text 4.6.5/M4c*

Als Hauptursache für Wahrnehmungs- und Beurteilungs- fehler gilt die Annahme, dass Menschen sich konstant verhalten. Demzufolge möchte der Beobachter unbedingt einen konsistenten und damit verständlicheren Eindruck von einem Menschen haben. Es wird versucht, Inkonsis- tenz durch verschiedene Techniken aufzulösen: Ein Teil der Information wird ignoriert oder aber zum Vor- oder Nach- teil interpretiert – das Bild soll „stimmig“ sein/gemacht werden.

Arbeitsblätter 4.6.5/M5a und b**

4.6.5 Wie wir Menschen wahrnehmen

(c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 2

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Ideenbörse Ethik Sekundarstufe I, Heft 18, 12/2006

Teil 4 Ich und die anderen – die anderen und ich 4.6

3 In der Erzählung „Das Fenster-Theater“ geht es um eine Frau mit „Gaffer-Mentalität“. Von ihrem Fenster aus wartet sie förmlich nur darauf, Sensationen zu erleben. Gibt es keine, werden sie gemacht: Ein älterer Herr aus dem Nach- barhaus spielt in seiner Wohnung für einen kleinen Jungen (seinen Enkel) Theater, was die Frau aber nicht erkennt.

Von ihrem Fenster aus nimmt sie nur einen Ausschnitt wahr und so hält sie den mit Kissen, Tüchern ... wedelnden Mann für verrückt und alarmiert die Polizei.

Text 4.6.5/M6a und b*

Arbeitsblatt 4.6.5/M6c*

Bei den Fällen handelt es sich um folgende:

Fall 1: Lena wird als altmodisch empfunden, da sie mit ihrer Kleidung nicht im Trend liegt. Dabei würde sie gern anders gekleidet sein, doch ihre Familie hat finanzielle Sorgen.

Fall 2: Joe wird von seiner Clique zunehmend als Spaß- verderber empfunden; er „klinkt“ sich aber nicht aus, weil er die anderen nicht mehr mag, sondern weil er durch die Krankheit seiner Mutter betrübt ist.

Fall 3: Alinas Schulleistungen werden immer schlechter.

Die Lehrer deuten dies als Faulheit, doch Alina hat Liebes- kummer und zieht sich deshalb zurück.

Fall 4: Ben distanziert sich von Ida, die dies als Lieblosig- keit deutet. Ben ist jedoch „nur“ eifersüchtig und wünscht sich eigentlich Nähe.

Arbeitsblatt 4.6.5/M7a*

Fälle 4.6.5/M7b*

→ Text 4.6.5/M7c*

Der Junge auf dem Foto liegt halb auf dem Tisch, sein Kopf ist geneigt. Er könnte gelangweilt sein, desinteressiert am Unterricht. Seine Körperhaltung könnte aber auch ganz einfach ein Zeichen von Müdigkeit sein. Mit bestimmten körpersprachlichen Signalen verbinden wir bestimmte

6. Stunde: „Das Fenster-Theater“

Durch ein paar Schlüsselbegriffe aus der folgenden Erzäh- lung könnten die Schüler auf diese eingestimmt werden und Vermutungen über die Handlung äußern: ein alter Mann – eine Frau – beide am Fenster – Wohnsiedlung.

Die Erzählung wird bis Zeile 40 gelesen.

„Wie könnte sie weitergehen?“

Die Schüler machen Vorschläge.

Nach dem Vorlesen des zweiten Teils sollen sich die Schü- ler in die Figuren hineinversetzen, um die Fehlerquellen in der Wahrnehmung aufzuspüren.

Wie peinlich, gefährlich, unfair ... sich solch vorschnelle Beurteilungen für den Wahrgenommenen als auch für den Beobachter entwickeln können, soll in einer abschließen- den Gesprächsrunde diskutiert werden.

7. Stunde: Alles nur ein Missverständnis?

Ähnlich wie in der Erzählung „Fenster-Theater“ geht es in dieser Stunde um Fälle, bei denen Menschen falsch beurteilt werden. Die Schüler werden in vier (oder mehr) Gruppen aufgeteilt: Aufgabe ist es, den Fall zu lesen, das fälschliche Urteil zu erkennen und Vorschläge zu machen, wie das daraus entstandene Missverständnis/Problem ge- klärt/gelöst werden könnte.

Bei der Präsentation spielt/liest/stellt jede Gruppe ihren Fall vor und macht Vorschläge zur Klärung. Die anderen sind aufgefordert, sich zu diesem Fall zu äußern.

Am Ende der Stunde können Erfahrungen der Schüler auf- gegriffen und im Klassenrat (anonym) besprochen werden.

Der Text „Die mitschüler“ regt abschließend zum Nach- denken über den Einfluss anderer auf die eigene Wahrneh- mung und Beurteilung an. Die Lehrkraft könnte diesen vorlesen und die Schüler könnten sich in einer Blitzlicht- runde dazu äußern. Auch ist das Beantworten der Fragen auf dem unteren Teil des Textes eine sinnvolle Aufgabe, die die Schüler in Gruppen mündlich oder als schriftliche Hausaufgabe erledigen können.

8. Stunde: Was unsere Körpersprache verrät

Die Bedeutung von Gestik und Mimik – von Körperspra- che ganz allgemein – für die Wirkung auf andere steht nun im Mittelpunkt. Die Schüler äußern sich zunächst zu der Stimmung des abgebildeten Jungen (über Overheadprojek- tor präsentiert) und versuchen dann, äußerliche Merkmale

Wie wir Menschen wahrnehmen 4.6.5

(c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 3

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4.6 Ich und die anderen – die anderen und ich Teil 4

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Stimmungen. Gestik und Mimik spielen dabei eine ge- wichtige Rolle.

Die Gestik und Mimik des Mannes auf den Zeichnungen verrät: Ich möchte rauchen (a), ich habe Hunger (b), ich erschieße dich (c), ich habe Durst (d). Diese Gesten gehö- ren zu den mimischen, d.h., dass sie zumeist über nationale Grenzen hinaus verständlich sind.

Arbeitsblätter 4.6.5/M8a und b*

Das Kreiszeichen: Das amerikanische Zeichen für „etwas Perfektes“ leitet sich aus der typischen Handstellung für

„Präzision“ ab. In Japan dagegen steht es für Geld – Geld bedeutet Münzen und diese sind meist kreisförmig. In Frankreich bedeutet es „wertlos“ – abgeleitet von dem Kreiszeichen 0 (0 = wertlos). In Malta, Sardinien und Grie- chenland weckt das Kreiszeichen Assoziationen zu Körper- öffnungen (anal).

Die so genannte Kinnklapsgeste bedeutet „Hau ab!“

(Frankreich) und „Nein!“ (Süditalien).

Das Herunterziehen des Augenlids bedeutet „Ich passe auf!“ (Frankreich) und „Pass bloß auf!“ (Italien).

Arbeitsblatt 4.6.5/M9a*

Kärtchen 4.6.5/M9b*

Die sich auf dem Arbeitsblatt befindenden Aussagen sind angelehnt an Aussagen aus der Sympathieforschung.

Demnach gelten als wirksame Sympathieverstärker Mei- nungsähnlichkeit, positive Eigenschaften (Attraktivität), Verbindung mit positiven Reizen und die Tatsache, dass unser Gegenüber uns selbst positiv wahrnimmt (dies trifft aber eher bei einem guten Selbstwertgefühl zu).

Die Reihenfolge der Verstärker spielt dabei eine nicht un- wesentliche Rolle: Sympathie wird verstärkt, wenn zum Beispiel auf Tadel Lob folgt; umgekehrt wird das Gegen- teil bewirkt.

Arbeitsblätter 4.6.5/M10a und b*

→ Text 4.6.5/M10c und d**

des Jungen zu nennen, die sie in ihrer Wahrnehmung und Beurteilung beeinflussen.

Nach Klärung der Begriffe Gestik und Mimik werden vier verschiedene Gesten näher betrachtet (vier Gruppen oder Einzelarbeit). Die Schüler notieren hierzu mögliche Gedan- ken des Mannes in die Denkblasen. Nach dem Vergleichen der Ergebnisse sind sie produktiv: Sie sollen verschiedene Gedanken gestisch/mimisch darstellen und über die Bedeu- tung der Körpersprache für unser gesellschaftliches Mitein- ander diskutieren.

9. Stunde: Vieldeutige Gesten

Alternativ oder vertiefend kann der Blickwinkel nun auf vieldeutige Gesten gelenkt werden. Die abgebildeten Ges- ten bieten Anlass zu Vermutungen über mögliche Bedeu- tungen.

Erläuterungen über die unterschiedlichen Bedeutungen werden anschließend gelesen und Ursprünge geklärt.

In Gruppen sind die Schüler dann aufgefordert, verschiede- ne Gesten darzustellen und ihre Bedeutung einzuschätzen.

10. Stunde: Welche Menschen finden wir sympathisch?

In Einzelarbeit notieren die Schüler (ankreuzen und eigene Ideen), was sie bei anderen als sympathisch erleben. In Gruppen werden die Ergebnisse verglichen und diskutiert.

Wirken ähnliche Eigenschaften und Interessen eher sympa- thiefördernd? Sind es eher Gegensätzlichkeiten, die Men- schen sich zueinander hingezogen fühlen lassen? Mögen wir das, was uns bestätigt und bestärkt? Diese Fragen sol- len abschließend reflektiert und durch eigene Erfahrungen der Schüler beantwortet werden.

Vertiefend können die Ergebnisse der Sympathieforschung vorgelesen oder für ein Referat eingesetzt werden.

4.6.5 Wie wir Menschen wahrnehmen

(c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 4

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Ideenbörse Ethik Sekundarstufe I, Heft 18, 12/2006

Teil 4 Ich und die anderen – die anderen und ich 4.6

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Tipp:

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Beckermann, A.: Attribution. Gründe und Ursachen, Scriptor, Kronberg/Taunus 1977

• Herkner, W.: Einführung in die Sozialpsychologie, Huber, Bern 1981

• Lilli, W.: Grundlagen der Stereotypisierung, Hogrefe, Göttingen 1982

• Meinefeld, W.: Einstellung und soziales Handeln, Rowohlt, Reinbek 1977

11. Stunde: Das Geheimnis charismatischer Menschen

Anhand der Zeichnung mit Sprechblase nähern sich die Schüler dem Begriff „Charisma“ an. Dieser wird geklärt und sinnverwandte Ausdrücke werden gesammelt.

Für leistungsstärkere Schüler bietet sich vertiefend das Le- sen des Textes auf M11b dazu an.

Daran anknüpfend geht es nun darum, das Geheimnis cha- rismatischer Menschen näher zu untersuchen. Die Schüler wählen in Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit eine ihnen charismatisch erscheinende Person aus: Bewusst gemacht werden sollen Verhaltensweisen, Merkmale, Eigenschaften, Stil ... dieser Person.

Präsentiert werden die Ergebnisse in Form von Referaten, Personenbeschreibungen, Collagen ...

Abschließend werden die auf M11c aufgeführten Tipps zur Charisma-Entwicklung/-Stärkung mit den Schülerergebnis- sen verglichen und kritisch reflektiert.

12. Stunde: Dichter und Denker über die Wahrnehmung und Beurteilung anderer

Das Material kann sowohl zum Abschluss als auch zur Dif- ferenzierung während der Unterrichtseinheit für eine Frei- arbeitsphase eingesetzt werden. Die verschiedenen Texte (an einer Pinnwand befestigt oder auf Gruppentischen verteilt) dienen als Impuls für ein produktives Reagieren:

Hierzu wählen die Schüler in Einzel-, Partner- oder Grup- penarbeit eines der Angebote aus.

Mit der Äußerung des jungen Mannes in der Zeichnung wird ein Kompliment gemacht: Charisma zu haben be- deutet weitaus mehr als „nur“ attraktiv zu sein. Charisma- tische Menschen strahlen etwas aus, können begeistern, reißen andere mit, sie beeindrucken durch ihre ganz per- sönliche Art.

Im ursprünglichen Sinne bedeutete Charisma göttliche Gnadengabe. Gemeint war die Fähigkeit, andere Men- schen zu inspirieren, überzeugen und führen zu können.

Wer diese Gabe besaß, hatte das Zeug zu einer messiani- schen Figur, zum Propheten, zum Helden oder Heiligen (z.B. Jeanne d´Arc).

Arbeitsblatt 4.6.5/M11a*

Texte 4.6.5/M11b und c**

Die verschiedenen Texte (zumeist Sentenzen) von Platon, Sokrates, Kant, Montaigne ... bieten eine Auswahl an Gedanken über die Wahrnehmung und Beurteilung von Menschen.

Bei den Aufgaben zur Wahl haben die Schüler die Mög- lichkeit, musisch, schreibend, zeichnend, darstellend ... die Themen der Unterrichtseinheit zu reflektieren.

Texte 4.6.5/M12a und b*

Wie wir Menschen wahrnehmen 4.6.5

(c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 5

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Teil 4 Ich und die anderen – die anderen und ich 4.6

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4.6.5/M1c* Wie wir Menschen wahrnehmen Wie wir Menschen wahrnehmen 4.6.5/M1d*

(c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 9

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Teil 4 Ich und die anderen – die anderen und ich 4.6

11 2. Bildet Gruppen und vergleicht eure Ergebnisse. Gibt es Unterschiede/Gemeinsamkeiten?

3. Begründet, wie ihr zu euren Einschätzungen gekommen seid. Sprecht darüber, welche Merkmale der Person euch dabei beeinflusst haben.

4. Denkt euch eine Geschichte aus, die zu dieser Person passen könnte, zum Beispiel zu folgenden Themen:

a) Was könnte diese Person vorher erlebt haben?

b) Was hat diese Person vielleicht noch vor?

c) Mit wem könnte diese Person noch verabredet sein?

d) Diese Person hat gerade eine SMS erhalten, in der ihr jemand etwas mitgeteilt hat.

Wer hat ihr was geschrieben?

Täglich begegnen uns Menschen, die wir nicht oder kaum kennen – ob im Bus, im Geschäft, auf der Straße, im Wartezim- mer oder auf dem Schulhof. Wir schauen sie an, flüchtig oder genauer – anhand ihrer Gestik, Mimik, ihrer Kleidung, ihrer Stimme, ihres Äußeren ... schätzen wir sie ein. Wir bilden Urteile, wir machen uns Bilder von ihnen und ziehen aufgrund unserer Beobachtung Schlüsse.

Information: Attribution

Um in dem komplexen Verhalten von anderen Menschen einen Sinn zu finden, ziehen wir Schlussfolgerungen über ihre Ab- sichten, Gefühle, Motivationen und Persönlichkeitseigenschaf- ten sowie darüber, wie weitgehend diese Faktoren Ursachen für ihr Verhalten darstellen. Diesen kognitiven Prozess nennt man Attribution: Wir unterstellen einer Person oder einem Verhalten Dinge, die wir nicht sehen, sondern nur folgern kön- nen.

(aus: Zimbardo P.G. (Hrsg.): „Psychologie“, Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/New York/Tokyo 1983, S. 589)

Was für ein sportlicher Typ!

5. Wie habt ihr euch dabei gefühlt, die Person einzuschätzen? Tauscht euch darüber aus.

6. Wie nehmt ihr eure Mitmenschen wahr? Macht ihr euch oft Gedanken über andere oder eher weniger?

Sprecht ihr mit Freunden oder Mitschülern über andere? Wie und wann? Berichtet darüber.

7. Welche Vor- und Nachteile kann das Beobachten und Einschätzen anderer Menschen mit sich bringen?

Erläutert positive und negative Aspekte anhand von Beispielen.

4.6.5/M1e* Wie wir Menschen wahrnehmen Wie wir Menschen wahrnehmen 4.6.5/M1f*

(c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 11

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4.6 Ich und die anderen – die anderen und ich Teil 4

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Der erste Eindruck

Experiment zur Wirkung des ersten Eindrucks: Gastdozent

In einem Experiment wurde einer Studentengruppe von ihrem Professor mitgeteilt, dass an diesem Tag eine Gastvorlesung abgehalten würde. Anschließend wurde an die Studenten eine kurze biografische Notiz über den Gastdozenten verteilt. Die Studenten erhielten jedoch zwei unterschiedliche Beschreibungen zu ein und demselben Mann: Die eine Hälfte bekam eine Beschreibung, bei der der Gastdozent als ziemlich kalte, tüch- tige, kritische, praktische und entschlossene Persönlichkeit dargestellt wurde. Die andere Hälfte erhielt die gleiche Charakterisierung, nur der Begriff „kalt“ wurde durch „warmherzig“ ersetzt.

Vorschläge für ein eigenes Experiment:

Der Besuch einer den Schülern nur flüchtig bekannten oder unbekannten Person wird ihnen angekündigt:

Vertretungslehrkraft, neuer Schüler, Schüler aus der Parallelklasse, ehemaliger Schüler, Experte zu einem aktuellen Thema ... Die Klasse wird (unter einem Vorwand) in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Hälfte erhält eine kurze Beschreibung zu der Person, die eher positive Begriffe beinhaltet; die andere Hälfte erhält eine Be- schreibung, in der positive Begriffe durch eher neutrale oder negative ersetzt werden.

Denkanstöße für die Reflexion nach dem Experiment:

Experiment: Gastdozent

• Wie haben die beiden Studentengruppen den Gastdozenten wohl erlebt?

Welche Gruppe hatte wohl mehr Freude und Interesse an der Vorlesung?

Welche Gründe gibt es für das unterschiedliche Erleben des Gastdozenten und der Vorlesung?

Eigenes Experiment:

• Wie habt ihr die Person erlebt?

• Wie interessiert und aktiv seid ihr auf die Person eingegangen?

Gibt es Unterschiede? Wenn ja, woran könnte das liegen?

Allgemein:

Was wird euch durch dieses Experiment deutlich?

Seid ihr eher überrascht und verwundert oder hättet ihr dieses Ergebnis vermutet?

• Wie denkt ihr darüber, dass der erste Eindruck einer Person einen solch großen Einfluss auf die Beurteilung haben kann?

4.6.5/M2a* Wie wir Menschen wahrnehmen Wie wir Menschen wahrnehmen 4.6.5/M2b*

(c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 12

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Ideenbörse Ethik Sekundarstufe I, Heft 18, 12/2006

Teil 4 Ich und die anderen – die anderen und ich 4.6

15 Bei der Beurteilung von Personen schließen wir oft von einer auffallenden Eigenschaft auf weitere, die dazu passen könnten. Nehmen wir jemanden zum Beispiel als gepflegt wahr, so gehen wir davon aus, dass dieser Mensch auch zuverlässig, vertrauenswürdig, höflich und kompetent auf seinem Gebiet ist.

Information: Halo-Effekt

Unter dem Halo-Effekt versteht man die Tendenz, eine lie- benswürdige oder intelligente Person auch in anderer Hin- sicht als „gut“ zu beurteilen. (...) Der Gesamteindruck, den wir von einem Menschen haben, färbt unser Urteil, wenn es um spezifische Eigenschaften und Verhaltensweisen geht.

Wenn ich Sie mag, können Sie nichts Unrechtes tun; wenn Sie mich nicht mögen, kann ich Ihnen nichts recht machen.

Dies ist ein Mechanismus, der abläuft, ohne dass wir uns des- sen bewusst werden. Wahrscheinlich würden wir sogar ganz entschieden bestreiten, dass wir einen Menschen und sein Verhalten nicht objektiv und unbeeinflusst beurteilen. (...) (aus: Zimbardo P.G. (Hrsg.): „Psychologie“,

Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/

New York/Tokyo 1983, S. 429, 431)

Wer gut aussieht, ist bestimmt auch nett!

Arbeitsaufträge:

1. „Wer ... ist, ist auch häufig ...“ – Welche Eigenschaften treten deiner Meinung nach häufig zusammen auf?

Notiere zwei weitere dazu. Im Kasten findest du Tipps.

hilfsbereit - eingebildet - cool - höflich - langweilig - ungerecht - lustig - ehrgeizig - oberflächlich - unscheinbar - modisch - großzügig - sportlich - aggressiv -

unzuverlässig - albern - selbstbewusst - strebsam - unverschämt - ehrlich - freundlich - launisch - chaotisch - schlampig - unehrlich - begehrt - locker -

angepasst - konsequent - engagiert - kritisch - wohlhabend - angeberisch - frech - grob - loyal - verantwortungsbewusst - gemein - ernsthaft - aufrichtig - verklemmt

4.6.5/M3a* Wie wir Menschen wahrnehmen Wie wir Menschen wahrnehmen 4.6.5/M3b*

(c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 15

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4.6 Ich und die anderen – die anderen und ich Teil 4

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 a) In unserer Wahrnehmung gehen wir zu sehr von uns selbst aus. Wir können nur das richtig verstehen und deuten, was wir nachfühlen können. Was wir nicht kennen, ist uns befremdlich.

 b) Oft sind es unsere eigenen Unsicherheiten und Ängste, die uns Menschen falsch wahrneh- men und beurteilen lassen. Statt zu zeigen, dass wir beeindruckt sind und es anderen gern gleich tun würden, machen wir andere schlecht, damit wir besser dastehen.

 c) Da wir täglich mit den verschiedensten Menschen zu tun haben, wären wir absolut überfor- dert, andere vorsichtiger und genauer wahrzunehmen. So ist unsere oft vorschnelle, wenn auch falsche Beurteilungsweise ein notwendiges Übel der sozialen Orientierung.

 d) Wir gehen einfach davon aus, dass andere einen beständigen Charakter haben, zu dem ganz bestimmte Wesenszüge gehören. So meinen wir, dass ganz bestimmte Eigenschaften zuein- ander passen – und diese „Bilder“ sitzen so fest in unseren Köpfen, dass wir nicht davon ab- weichen wollen bzw. können.

 e) Wir können das Wetter deuten und daraus Schlüsse für weitere Tage ziehen – aber wie soll man Menschen auch nur annähernd objektiv beurteilen? Das wird uns nie gelingen, denn die Menschen sind keine „Maschinen“, die nach einem bestimmten Muster funktionieren. Unsere Wahrnehmungs- und Beurteilungsfehler sind also nicht ein Zeichen für unsere Unfähigkeit, sondern für die Unmöglichkeit.

Warum kommt es zu Fehlerquellen

bei der Wahrnehmung und Beurteilung anderer?

Wie ihr anhand der verschiedenen Beispiele sehen konntet, gibt es verschiedene Mechanismen, die unsere Wahr- nehmung anderer Menschen beeinflussen. Wir verlassen uns auf den ersten Eindruck, wir sind „verblendet“

durch besonders auffallende Eigenschaften, wir denken stereotyp und verallgemeinern vorschnell. So ist es nicht verwunderlich, wenn nicht sogar sehr ärgerlich, wenn wir andere falsch beurteilen, wenngleich dies oft nicht be- wusst geschieht. Wie kommt es aber dazu? Warum gelingt es uns so wenig, vorsichtiger und vor allem offener zu sein in der Wahrnehmung und Beurteilung anderer? Was läuft bewusst oder unbewusst in uns ab, wenn wir ande- re (eingeschränkt, verzerrt oder falsch) wahrnehmen und beurteilen?

Arbeitsaufträge:

1. Lest folgende Aussagen. Was ist eurer Meinung nach zutreffend? Kreuzt an und begründet eure Wahl.

...

...

...

...

...

4.6.5/M5a** Wie wir Menschen wahrnehmen Wie wir Menschen wahrnehmen 4.6.5/M5b**

(c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 20

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Ideenbörse Ethik Sekundarstufe I, Heft 18, 12/2006

Teil 4 Ich und die anderen – die anderen und ich 4.6

21 2. Wie wir Menschen wahrnehmen, welchen Fehlerquellen wir dabei unterliegen und warum wir diese Fehler

machen – all diese Fragen versuchen Psychologen durch ihre Forschung zu beantworten. Lest dazu folgen- den Text:

Konsistenz* als Ziel des Wahrnehmenden

(...) Als Ergebnis all dieser Beurteilungsfehler schätzen wir andere konsistenter ein als sie wirklich sind. In einigen Untersuchungen zeigte sich, dass Menschen sich in verschiedenen Situationen ziemlich inkonsistent verhalten können. Man kann zum Beispiel die Aufrichtigkeit einer Person in einer bestimmten Situation nicht vorhersagen, indem man darauf zurückgreift, wie offen sie sich in vorangegangenen Situationen verhalten hat (Hartshorne u. May, 1928). Wir unterstellen jedoch, trotz dieses deutlichen Mangels an Konsistenz im Verhalten anderer Menschen, dass sie konsistent sind und nehmen sie auch so wahr. Wie sehr wir Konsis- tenz erzeugen, indem wir auf verborgene Eigenschaften und Charakterzüge schließen, zeigt sich an unserer Neigung, solche Eigenschaften sogar leblosen Gegenständen zuzuschreiben. Diese Tendenz wurde in einer Studie nachgewiesen, bei der die Versuchspersonen geometrische Formen als „aggressiv“, „schüchtern“ etc.

bezeichneten – Eigenschaften, die offensichtlich nicht in Dreiecken und Kreisen vorhanden sind.

Angenommen, man hört von einem bestimmten Mann, dass er freundlich sein soll, aber andererseits auch be- kanntermaßen sehr unehrlich. Nach den Ergebnissen verschiedener Untersuchungen würde man wahrschein- lich versuchen, diese Inkonsistenz durch eine der folgenden Techniken aufzulösen:

a) Man könnte einen Teil der Information ignorieren oder entwerten (zum Beispiel: er ist wirklich nur ein gut- mütiger, wohlmeinender Mensch);

b) man könnte die Interpretation einer der beiden Eigenschaften ändern (zum Beispiel: die Freundlichkeit ist nicht „echt“, sondern eine bewusste Täuschung anderer Leute).

Die Wirkung beider Techniken bestünde darin, dass man einen konsistenten (und damit verständlicheren) Eindruck von dem Mann haben könnte.

*Konsistenz: Zusammenhang, Widerspruchslosigkeit, Beständigkeit

(aus: Zimbardo P.G. (Hrsg.): „Psychologie“, Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/New York/Tokyo 1983, S.

591)

3. Könnt ihr diese Theorie bestätigen? Habt ihr euch selbst schon mal dabei „ertappt“, dass ihr nach Kon- sistenz strebt, wenn ihr andere Menschen beurteilt und vielleicht sogar eine der erwähnten Techniken (unbe- wusst) dafür nutzt? Tauscht euch darüber aus.

4. Wie (in)konsistent bist du? Vervollständige folgende Sätze.

In der Schule kennen mich viele als ...

...

Zu Hause bin ich aber ...

...

4.6.5/M5a** Wie wir Menschen wahrnehmen Wie wir Menschen wahrnehmen 4.6.5/M5b**

(c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 21

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4.6 Ich und die anderen – die anderen und ich Teil 4

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Das Fenster-Theater

Die Frau lehnte am Fenster und sah hinüber. Der Wind trieb in leichten Stößen vom Fluss herauf und brachte nichts Neues. Die Frau hatte den starren Blick neugieriger Leute, die unersättlich sind. Es hatte ihr noch niemand den Gefallen getan, vor ih- rem Haus niedergefahren zu werden. Außerdem wohnte sie im vorletzten Stock, die Straße lag zu tief unten. Der Lärm rauschte nur mehr leicht herauf. Alles lag zu tief unten. Als sie sich eben vom Fenster abwenden wollte, bemerkte sie, dass der Alte gegenüber Licht angedreht hatte. (...) Der Alte öffnete und nickte herüber. Meint er mich?, dachte die Frau. Die Wohnung über ihr stand leer und unterhalb lag eine Werkstatt, die um diese Zeit schon geschlossen war. Sie bewegte leicht den Kopf.

Der Alte nickte wieder. Er griff sich an die Stirne, entdeckte, dass er keinen Hut auf- hatte und verschwand im Innern des Zimmers.

Gleich darauf kam er in Hut und Mantel wieder. Er zog den Hut und lächelte. Dann nahm er ein weißes Tuch aus der Tasche und begann zu winken. Erst leicht und dann immer eifriger. Er hing über die Brüstung, dass man Angst bekam, er würde vorn- über fallen. Die Frau trat einen Schritt zurück, aber das schien ihn nur zu bestärken.

Er ließ das Tuch fallen, löste seinen Schal vom Hals – einen großen bunten Schal – und ließ ihn aus dem Fenster wehen. Dazu lächelte er. Und als sie noch einen wei- teren Schritt zurücktrat, warf er den Hut mit einer heftigen Bewegung ab und wand den Schal wie einen Turban um seinen Kopf. Dann kreuzte er die Arme über der Brust und verneigte sich. Sooft er aufsah, kniff er das linke Auge zu, als herrsche zwischen ihnen ein geheimes Einverständnis.

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(c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 22

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Ideenbörse Ethik Sekundarstufe I, Heft 18, 12/2006

Teil 4 Ich und die anderen – die anderen und ich 4.6

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Alles nur ein Missverständnis?

Ihr kennt das bestimmt: Jemand verhält sich in einer Art und Weise, die euch komisch oder befremdlich vor- kommt. Es wird gelästert, geärgert ... und oft wird dieser jemand sogar ausgegrenzt, was wiederum dazu führen kann, dass sich das „komische“ Verhalten verstärkt. Oft wird es einem erst klar, wie verletzend andere sein kön- nen, wenn man selbst betroffen ist. Ahnt oder kennt man sogar die Gründe für bestimmte Verhaltensweisen, so ist es leichter, diese zu verstehen und Hilfe anzubieten.

Arbeitsaufträge:

1. Bildet Gruppen und lest folgende Fälle. Tauscht euch darüber aus, worin das missverständliche/falsche Urteil besteht.

2. Macht Vorschläge, wie das Missverständnis geklärt und vielleicht sogar das Problem gelöst werden könnte.

3. Stellt den anderen den Fall (ihr könnt ihn auch mit verteilten Rollen vorspielen) und eure Klärungsvorschläge vor.

Denkanstöße für die Reflexion:

• Wie würde es euch gehen, wenn ihr der/die Betroffene wärt?

• Was würdet ihr euch wünschen? Was würde euch helfen?

• Haltet ihr den Klärungsvorschlag für sinnvoll und hilfreich? Begründet eure Meinung.

• Habt ihr weitere Ideen zur Klärung des Missverständnisses?

Klassenrat:

4. Bestimmt habt ihr selbst eigene Erfahrungen damit gemacht, andere falsch zu beurteilen oder ihr seid selbst falsch beurteilt worden und es kam zu Missverständnissen oder Problemen, die es nicht (so stark) gegeben hätte, wenn die Gründe bekannt gewesen wären.

a) Notiert, was ihr erlebt habt.

Alles nur ein Missverständnis

...

...

...

...

...

...

b) Sammelt eure „Geschichten“, lest sie vor und lasst das Ende vorerst weg, so dass die anderen Klärungs- vorschläge machen können.

4.6.5/M6c* Wie wir Menschen wahrnehmen Wie wir Menschen wahrnehmen 4.6.5/M7a*

(c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 25

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Ideenbörse Ethik Sekundarstufe I, Heft 18, 12/2006

Teil 4 Ich und die anderen – die anderen und ich 4.6

29 5. Was sagt euch die Gestik und Mimik des Mannes? Was könnte ihm durch den Kopf gehen? Notiert eure Ideen

in die Gedankenblasen.

a) b)

6. Versucht, folgende Gedanken mimisch/gestisch darzustellen:

• Ich möchte fliegen.

• Ich möchte schlafen.

• Lass mich ans Steuer.

• Komm, lass uns abhauen.

7. Welche Funktion hat Körpersprache für uns? Wann und wie kann sie nützlich sein, inwiefern kann sie auch zu Missverständnissen oder Problemen führen?

• Du spinnst wohl.

• Ich bin satt.

• Mir ist schlecht.

• Ich hab mir weh getan.

c) d)

4.6.5/M8a* Wie wir Menschen wahrnehmen Wie wir Menschen wahrnehmen 4.6.5/M8b*

(c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 29

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Ideenbörse Ethik Sekundarstufe I, Heft 18, 12/2006

Teil 4 Ich und die anderen – die anderen und ich 4.6

31 7. Bildet Gruppen und legt die Kärtchen verdeckt in die Mitte des Tisches. Nacheinander zieht jeder eines und

stellt die beschriebene Geste dar. Wie verstehen die anderen diese Geste? Tauscht euch aus.

8. Fallen euch noch weitere Gesten ein? Ergänzt die Sammlung.

Zunge rausstrecken Mit dem Zeigefinger die

Stirn berühren Hand aufs Herz legen

Schultern hochziehen Zeige- und Mittelfinger

strecken Arme vor dem Brustkorb verschränken

Hand vor den Mund halten Zeigefinger und kleinen Finger strecken und an

den Kopf halten

Hand zur Faust heben

Hand vor den Bauch halten Kopf zur Seite halten Zuzwinkern

  

4.6.5/M9a* Wie wir Menschen wahrnehmen Wie wir Menschen wahrnehmen 4.6.5/M9b*

(c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 31

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4.6 Ich und die anderen – die anderen und ich Teil 4

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Welche Menschen mögen wir?

Welche Menschen mögen wir?

Die Forschung hat im Wesentlichen ergeben, dass wir uns zu Menschen hingezogen fühlen, die uns maxi- male Belohnung oder Vorteile bei minimalem Aufwand verschaffen. So mögen wir lieber Menschen, die uns physisch nahe sind als solche, die weiter entfernt sind. Wir ziehen Menschen vor, die uns mögen und die ihre Sympathie für uns dadurch demonstrieren, dass sie uns Gefälligkeiten erweisen und nette Dinge über uns sagen. Wir mögen Menschen, die unsere Bedürfnisse befriedigen und die Bedürfnisse haben, die wir erfüllen können.

Körperliche Attraktivität

Allgemein gesagt, mögen wir schöne Menschen lieber als unauffällige oder hässliche. Dieser Befund wurde in einer Reihe von experimentellen Untersuchungen bestätigt, obgleich er unserer Überzeugung von Gleichgültigkeit und Bedeutungslosigkeit der äußeren Erscheinung für personale Beziehungen wider- spricht. Warum bevorzugen wir Schönheit? Ein Grund dafür liegt darin, dass wir die stereotype Vorstellung haben, Schönes sei auch gut. Daher nehmen wir schöne Menschen auch als intelligenter, erfolgreicher, freundlicher und glücklicher wahr als andere, selbst wenn es für diese Einschätzungen keine objektive Grundlage gibt. Die bisherige Forschung über körperliche Attraktivität beschäftigte sich mit Situationen, in denen sich Menschen gegenüber standen, die einander fremd waren oder sich gerade kennen gelernt hatten.

Vielleicht spielt körperliche Attraktivität eine bedeutendere Rolle in den ersten Phasen des Kennenlernens als im späteren Verlauf einer Beziehung.

Kompetenz

Generell mögen wir eher Menschen, die fähig und kompetent sind, als solche, denen erfolgreiches Handeln nur selten gelingt, obwohl es hier auch eine Grenze gibt: Eine in hohem Maße kompetente Person kann unter Umständen sympathischer erscheinen, wenn sie irgendeine menschliche Schwäche zeigt als wenn sie das Image übermäßiger Perfektion aufrechterhält.

Ähnlichkeit und Komplementarität

Eines der eindeutigsten Ergebnisse der Forschung über Attraktion ist die Tatsache, dass man solche Men- schen sympathisch findet, die einem selbst ähnlich sind. Genau gesagt, mag man die Menschen mit ähnli- chen Einstellungen, Menschen, die mit einem übereinstimmen. Warum wirkt eine zustimmende Person so attraktiv? Eine mögliche Erklärung wäre, dass Zustimmung verstärkenden Charakter hat.

Es ist weniger wahrscheinlich, dass wir mit jemandem, der in genereller Übereinstimmung mit uns steht, streiten oder sonstige unfreundliche Auseinandersetzungen haben und viel wahrscheinlicher, dass wir uns in der Korrektheit unserer Einstellungen bestätigt fühlen. Ferner glauben wir, dass wir ähnlichen Menschen eher sympathisch sind. Einer anderen Interpretation zufolge spielt Ähnlichkeit eine solche Rolle, weil sie es ermöglicht, konsistente, ausgeglichene Beziehungen zu Freunden zu pflegen. Wie mögen alle Menschen, die das mögen, was wir mögen. Eine weitere Erklärung besteht darin, dass wir aus Gründen des sozialen Vergleichs von Menschen mit ähnlichen Einstellungen angezogen werden. Wie schon erwähnt, erwarten wir gewöhnlich von anderen Rückmeldungen über unsere eigenen Fähigkeiten, Gefühle und Wertvorstellungen.

Mit anderen Worten könnten wir uns also zu Menschen hingezogen fühlen, die Widerspiegelungen unseres Selbst sind oder dessen, was wir sein möchten. Ähnlichkeit ruft jedoch nicht immer Sympathie hervor. Es gibt einige Daten, die darauf hinweisen, dass interpersonelle Attraktion durch komplementäre Bedürfnisse oder Persönlichkeitsstrukturen erzeugt wird. So kann sich eine sehr dominierende Person eher zu einem ruhigen und unterwürfigen Menschen hingezogen fühlen als zu jemandem, der ebenfalls dominierend ist.

Möglicherweise sind für verschiedene Phasen in der Entwicklung einer Zweierbeziehung unterschiedliche Faktoren von Bedeutung. In den Anfangsstadien kann die Ähnlichkeit von Wertvorstellungen eine notwen- 5

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4.6 Ich und die anderen – die anderen und ich Teil 4

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Das Geheimnis charismatischer Menschen

Arbeitsaufträge:

1. Wie ist die Äußerung des jungen Mannes auf dem Bild zu verstehen?

2. Was versteht ihr unter dem Begriff „Charisma“?

3. Welche sinnverwandten Begriffe kennt ihr?

Charisma

(auch: cha ...; gr.-lat.; „Gnadengabe“) das; -s, ...rismen u. ...rismata: 1. die durch den Geist Gottes bewirkten Gaben und Befähigungen des Christen in der Gemeinde (Theol.). 2. besondere Ausstrah- lungskraft eines Menschen. charismatisch: a) das Charisma betreffend; b) Charisma besitzend.

(aus: Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Hrsg.): „Duden. Fremdwörterbuch“, Brockhaus AG, Mannheim 1990, S. 139)

4.6.5/M11a* Wie wir Menschen wahrnehmen Wie wir Menschen wahrnehmen 4.6.5/M11b**

(c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 36

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