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Protokoll des Expertenforums Schinkel vom 1. September Stand: 6. Oktober

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Protokoll des Expertenforums Schinkel vom 1. September 2010

- Stand: 6. Oktober 2010 -

Anwesende:

1. Heinrich Funke, ASH

2. Maria Lückmann, All. Soziale Beratung im Gemeindehaus Hl. Kreuz, Caritas 3. Martin Igelmann, Stüveschule

4. Beate Berger, Kath. Kita Heilig Kreuz 5. Elisabeth Wortmann, AWO Kita Mosaik

6. Uwe Jasper, Jugend- und Kommunikationszentrum Ostbunker

Protokoll: Helene Gerhards und Darijusch Wirth, wiss. Mitarbeiter der ASH

Hinweis:

Wir danken den Expertinnen und Experten ausdrücklich für ihre aktive und konstruktive Mitarbeit. Ohne ihre Mithilfe wäre das vorliegende Ergebnisprotokoll nicht möglich gewesen.

Teil A: Kinderarmut – Ursachen, Erscheinungsbilder, Folgen

1. Sind Sie in Ihrem Arbeitsbereich mit dem Thema Kinderarmut konfrontiert? Wenn ja, in welcher Weise?

Alle Experten setzen sich fast täglich in ihrem Arbeitsumfeld mit Armutsproblemen auseinander. Bereits zum Beginn des Gesprächs wurde darauf insistiert, Armut nicht als isoliertes Phänomen zu betrachten. In vielen Familien sind verschiedenste Problemlagen zu erkennen: Gewalt, Vernachlässigung und Verwahrlosung, Suchtprobleme, psychische Erkrankungen, Bildungsarmut, Integrationsdefizite, Partnerschaftsprobleme und Arbeitslosigkeit können sowohl als Ergebnis als auch als bedingende Faktoren der Armutslage gedeutet werden. Viele Kinder, so sind sich die Experten einig, sind mehreren Risikofaktoren ausgesetzt, sodass man in vielen Fällen von multipler Deprivation sprechen kann. Diese soziale Situation ist für die betroffenen Familien bedrückend und übt sich allgemein sehr negativ auf die Entwicklung der jungen Menschen aus.

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2. Was sind Ihrer Meinung nach die Hauptursachen von Kinderarmut (in Osnabrück)?

2.1. „Hartz IV“-Regelleistungen für arme Familien reichen nicht aus, Abschaffung der meisten einmaligen Leistungen im Zuge der Hartz- Reformen

Die Transferleistungen im Rahmen des SGB II genügen nicht zur Deckung der anfallenden Kosten. Betroffene Familien haben dadurch oftmals massive Probleme bei der Aufteilung des Haushaltsgeldes. Besonders gravierend sind die finanziellen Engpässe bei längerfristigem Ausfall einer eigenen Erwerbstätigkeit, da allein mit den Regelsatzleistungen keine weitsichtigen Planungen ermöglicht werden können. Erschwerend kommt hinzu, dass viele einmalige Leistungen, die verhältnismäßig hohe Ausgaben für außergewöhnliche Situationen (neue Winterbekleidung, Reparaturen) abfedern konnten, weitestgehend aus dem Beihilfekatalog gestrichen wurden.

Diese grundsätzlichen Einschnitte in den zur Verfügung stehenden Budgets wirken sich in vielerlei Hinsicht direkt auf die Kinder aus (vgl. Abschnitt 3).

2.2. Stetiger Mangel an Betreuungsplätzen und ihre hohe Kosten

Nicht für alle Familien ist die Beitragsübernahme der Betreuungsgebühren möglich. In vielen Fällen sind insbesondere Eltern in geringverdienender Beschäftigung dazu gezwungen, ihre Kinder während der Arbeitszeit allein zuhause zu lassen, da für sie eine Betreuungsmöglichkeit nicht erschwinglich ist. Vor allem Beschäftigungsverhältnisse im Schichtdienst führen zu Problemen in der Betreuung, sodass z.B. Kinder in der ersten Klasse ihren Schulweg allein zu Fuß bewältigen müssen. Damit sind Kinder bereits im jungen Alter auf sich allein gestellt, können selten zu Spielgefährten Kontakt aufnehmen und ihre Freizeit nicht sinnvoll unter Beaufsichtigung eines Erwachsenen gestalten. Kinder Alleinerziehender sind in dieser Hinsicht besonders belastet.

3. Worin zeigt sich Kinderarmut für Sie besonders deutlich? Wo sehen Sie die größten Probleme, denen arme Kinder im Alltag ausgesetzt sind?

Die konkreten Auswirkungen und Probleme von Kinderarmut wurden hier behandelt.

Folgende Punkte wurden genannt:

3.1. Zusätzliche Ausgaben können von den Familien nicht entrichtet werden

Besonders deutlich werden die finanziellen Engpässe anhand der Schwierigkeiten, Unkostenbeiträge z.B. für Kitas oder Schulen zu erbringen.

Bereits Summen von nur wenigen Euro, etwa für Bücherentleihungen, Kopien und Bastelmaterialien oder für Klassenkassen sind für die Betroffenen nur sehr schwer aufzubringen. Auch die Teilnahme an schulinternen Veranstaltungen wie Dichterlesungen oder Zoobesuche, die mit kleineren finanziellen Ausgaben verbunden sind, können selbst bei der Teilübernahme der Kosten durch die Bildungseinrichtungen von den Kindern äußerst selten

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wahrgenommen werden. Dies hat zur Folge, dass die Einrichtungen die Bildungsaufträge nur wahrnehmen können, indem sie die Kosten aus ihrem Etat abschöpfen oder regelmäßige Auslagen miteinplanen. Viele Schulen und Kitas haben aus diesen Gründen das Angebot daher deutlich dezimieren müssen.

3.2. Kaum Zugang zu Kultur- und Freizeitangeboten

Außerhalb der Betreuungsangebote haben viele Kinder aus armen Familien keine Möglichkeit, Bildungsangebote wahrzunehmen oder Spiel- und Freizeitaktivitäten in Vereinen zu betreiben. Es wurde einhellig festgestellt, dass der Großteil der betroffenen Kinder weder an Sportvereinen, an Musikunterricht, noch an regelmäßigen Mal- oder Bastelkursen teilnehmen.

Die einzige Möglichkeit, die sich Ihnen dazu eröffnet, sind kostenlose Angebote in Schulen oder Kindergärten. Auch ist die Freizeitgestaltung in den Ferien ein besonderes Problem: Fahrten in Zeltlager sind zum einen wegen fehlender Ausrüstung, zum anderen aufgrund der Teilnahmegebühren für viele Familien schwer umsetzbar. Nur mit Hilfe der Ausschöpfung diverser Förder- bzw. Stiftungsmitteln der Stadt Osnabrück kann wenigen Kindern die Teilnahme finanziert werden.

3.3. Wenig Berührungspunkte mit Bildung allgemein

Besonders auffällig war für die ExpertInnen bei Besuchen der Familien, dass viele Kinder unter Voraussetzungen leben, die Defizite im Erleben von Bildung außerhalb der Einrichtungen vermuten lassen. Viele Familien besaßen kaum oder gar keine Bücher – besonders in Migrantenfamilien wurde ein Interesse der Eltern am Lesen aufgrund der sozialen Verhältnisse in ihrer Heimat oft nicht ermöglicht und folglich kaum an die Kinder weitergegeben. Ersatzweise verfügen viele Familien über Fernseher und teilweise Computer, die regelmäßig bis dauerhaft genutzt werden. Negativ fiel auf, dass aber auch mit diesen Möglichkeiten Bildungsangebote nur selten ausgeschöpft wurden:

Unterhaltungssendungen und pädagogisch nicht wertvolle Spiele prägen den Alltag armer Kinder.

3.4. Schlechte Ernährung und gesundheitliche Probleme

Als problematisch müssen die Auswirkungen von Kinderarmut auf den gesundheitlichen Zustand der Mädchen und Jungen angesehen werden.

Gesunde Ernährung, so die Einschätzung der ExpertInnen, ist mit den Mitteln, die den Haushalten zur Verfügung stehen, nur schwer umsetzbar. Außerdem wird immer wieder beobachtet, dass Kinder für Brotzeiten Süßes und gekaufte Backwaren wie Kuchen mitbringen oder gänzlich ohne Frühstück in Schulen oder Kitas erscheinen. Um dieses Problem ansatzweise angehen zu können, verteilt z.B. die Stüveschule in Kooperation mit der Osnabrücker Tafel 10 bis 20 Frühstückspakete am Tag. Eltern, deren Kinder dieses Angebot in Anspruch genommen haben, weist die Schule darauf hin, künftig auf eine eigenständige, gesunde Essensversorgung der Kinder zu achten.

Dieses Beispiel zeigt jedoch, dass viele Kinder immer wieder auf die Pakete der Tafel zurückkommen. Grundsätzlich ist in vielen Familien eine ausreichende Ernährung ohne externe Unterstützung kaum denkbar: Auch, wenn die Stadt Osnabrück im Fall der Stüveschule 50% der Kosten für das

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Mittagessen übernimmt, sind Eltern in vielen Fällen nicht dazu in der Lage, den Restbetrag zu finanzieren.

Deutlich werden armutsbedingte Mangelerscheinungen an Kindern besonders am Zustand der Zähne. Der zahnärztliche Dienst berichtet, dass bereits im jungen Alter viele Schülerinnen und Schüler mit Karies zu kämpfen haben, da eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Zahnpflege nicht erfolgen.

Ebenfalls eigentlich „selbstverständliche“ Fähigkeiten, die in der gesundheitlichen Entwicklung von Kindern erfolgen sollten, können unter Armutsbedingungen nur ungenügend gefördert werden. Als konkretes Beispiel eines Experten ist anzuführen, dass zwischen 80 bis 90% aller Kinder in der 3. Klasse nicht schwimmen können.1

3.5. Ungenügende Kinderbekleidung

Im Bereich der Bekleidung werden drastische Schlüsse gezogen: Wenn Kinder zu kleine oder abgenutzte Hosen und Pullover tragen, ist dies kaum mehr

„auffällig“, da fast alle Kinder im sozialen Brennpunkt Schinkel über keine ausreichende Bekleidungsausstattung verfügen. Allerdings wird darauf verwiesen, dass vor allem die Kleidung vieler Mädchen qualitativ minderwertig und abgetragen erscheint. Der massive Mangel an passendem Schuhwerk wird darin deutlich, dass viele Kinder Probleme mit verkürzten Fußsehnen aufweisen, weil sie mit zu kleinen und engen Schuhen auskommen müssen.

Gehen z.B. Hausschuhe in Horten und Klassen verloren, kann selten ein neues Paar angeschafft werden.

3.6. Sinkende Wohnqualität

In vielen Wohnungen sind dringend Renovierungen nötig, die von den Vermietern übernommen werden müssten. Da viele arme Familien zusätzlich mit Sprachbarrieren zu kämpfen haben, ist es für sie schwierig, ihr Recht geltend zu machen. Die Folge ist, dass die Räumlichkeiten in einem schlechten Zustand bleiben – Schimmel an den Wänden, kaputte Fliesen, fehlende Tapeten und alte, abgenutzte Möbel sind in vielen Wohnungen die Regel. Erschwerend hinzu kommt der große Platzmangel. Aufgrund der beengten Wohnverhältnisse haben die Kinder keine Möglichkeit, sich eigene Rückzugsorte zu schaffen und ihre Privatsphäre zu schützen. Geschwister teilen sich oft die Schlafräume, sodass ältere Kinder und Jugendliche andere Gelegenheiten aufsuchen, um konzentriert ihre Hausaufgaben erledigen zu können. Außergewöhnliche Aktivitäten sind kaum in diesen Wohnungen zu bewerkstelligen, weswegen ein Experte die steigende Nachfrage nach Räumlichkeiten für Kindergeburtstagsfeiern registrierte.

3.7. Wenig Mobilität

Für arme Familien ist Bewegungsfreiheit ein großer Luxus, da die Kosten für den ÖPNV kaum zu tragen sind. Obwohl schulpflichtige Kinder ab einer bestimmten Wegstrecke zur Schule über ein von der Kommune finanziertes Busticket verfügen, tragen diese nicht dazu bei, die Mobilität zu erhöhen, da

1 Zum Vergleich: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung empfiehlt, dass Kinder ab dem Alter von vier Jahren damit beginnen sollten, Schwimmen zu lernen. Siehe dazu http://www.kindergesundheit-info.de/fuer-eltern/kindersicherheit/kindersicherheit05/schwimmen- lernen-zur-sicherheit/ (letzter Zugriff am 8. September 2010).

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sie oftmals nur eine Linie bedienen und so die Fahrt z.B. in ein anderes Stadtgebiet nicht ermöglichen. Viele Familien bewegen sich so in einem engen Umfeld und verlassen selten ihr Viertel. Die Experten machen an dieser Stelle einen Zusammenhang zwischen fehlender Mobilität und räumlicher Ballung von Anwohnern mit einem gemeinsamen soziokulturellen, meist durch Migration geprägten Hintergrund aus. Arme Familien bleiben somit unter sich – dies sei auch in Hinblick auf die Integration armer ausländischer Familie ein Problem.

4. Wie schätzen Sie die Auswirkungen von Armut auf die Kinder und ihre Familien ein?

An dieser Stelle lag der Schwerpunkt der Betrachtung auf eher langfristigen Folgen der Armut.

4.1. Überforderung mit der Bewältigung des Alltags in den Familien

Dies betrifft in besonders starkem Maße den Umgang mit der finanziellen Situation. Viele Familien haben große Probleme, mit ihrem Geld zu

„haushalten“. Die Einteilung bereitet ihnen große Probleme, sodass sie über den Monat nur unregelmäßig über ihr Einkommen verfügen können. Die Experten berichten von Familien, die z.B. durch Ratenkauf hohe Schulden anhäufen und in Misskredit stehen. Dies geht so weit, dass einige Eltern nicht einmal über Girokonten verfügen und somit auch kleinste Beträge nur in bar zahlen können. Dies führt zu einer starken Lethargie und einem Gefühl der Machtlosigkeit. Viele Eltern sehen sich nicht mehr in der Lage, sich aus dieser Not zu befreien und verzichten ganz darauf, weitere Anstrengungen zur Verbesserung ihrer Situation aufzubringen. Da ihre Wünsche und Ziele von ihnen als nie erreichbar eingeschätzt werden, versuchen viele Eltern paradoxerweise, durch materielle Geschenke wie Spielsachen den Mangel der Kinder zu kompensieren. Sie wünschen sich, ihren Kindern mehr bieten zu können, müssen aber auf minderwertige Belohnungen ausweichen.

Zusätzlich machen psychische Erkrankungen, Depressionen und Süchte viele Eltern nahezu handlungsunfähig. Selbst einfache Tätigkeiten fallen damit schwer, weswegen Kinder Betroffener nicht auf die alltägliche Unterstützung von ihren Eltern hoffen können und häufig auf sich allein gestellt sind.

4.2. Besondere Problemlagen im Zusammenhang mit Armut

Häufig sind Kinder und Familien von Armut betroffen, die zusätzlich mit besonderen Restriktionen konfrontiert sind. Im Schinkel lebt eine große Gruppe bulgarischer Einwanderer, die rechtlich eine unsichere Stellung genießt: Sie fallen aus dem Geltungsbereich der meisten deutschen Sozialsysteme heraus und müssen für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen. Viele Kinder aus den betroffenen Familien verfügen daher über keine Krankenversicherung, sodass sie auf kostenlose medizinische Untersuchungen angewiesen sind.

Auch die Gruppe der alleinerziehenden türkischen Frauen leidet in vielen Fällen besonders unter ihren Lebensumständen: Sie haben kaum Zugang zu einem sozialen Netz, da es sich nach der Scheidung häufig zurückzieht. Oft

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finden sie auch in dieser Situation keinen Rückhalt in der eigenen Familie.

Gerade aufgrund von erheblichen Sprachproblemen ist es darüber hinaus oftmals schwierig für die Mütter, soziale Kontakte zu knüpfen oder Beratungsangebote wahrzunehmen. Dies hat natürlich Auswirkungen auf die Kinder, die sich mit dieser unsicheren Lage zurechtfinden müssen.

Bei vielen Familien mit oder ohne Migrationshintergrund kumulieren die Probleme. Die ExpertInnen berichten, dass selbst ihnen kein Einblick in die Familienstrukturen gewährt wird. Sie erleben jedoch, dass neue, Unruhe stiftende Partnerschaften, Verschuldung, Beschaffungskriminalität und häusliche Gewalt den Alltag vieler Familien prägen, sie diese Situationen gleichsam „magnetisch anziehen“.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass sich Armut in diesen Fällen ganz besonders nicht nur in ihrer monetären Form zeigt. Sie wirkt eng mit anderen Problemlagen zusammen und erschwert somit die Einbindung der Familien in die Gesellschaft.

4.3. Missverhältnis zu Besitz und steigende Kriminalität

Die ExpertInnen beobachten, dass Familien für Anschaffungen Geld ausgeben, deren Nutzen für Außenstehende nicht wirklich ersichtlich ist. Ein Beispiel dafür war ein Kauf von fünf Karnevalskostümen für die Tochter mit Mitteln aus einem Fördertopf, obwohl sie Alltagskleidung dringender benötigt hätte. Für viele Familien spielt außerdem eine positive Außenwirkung eine wichtige Rolle – sie möchten keine Almosen empfangen oder sich die Blöße geben, auf Second Hand Artikel angewiesen zu sein. Bei einem Projekt, das den Austausch von gebrauchten Schulranzen unter Kindern verschiedenen Alters koordinierte, wurde deutlich, dass die Eltern großen Wert darauf legten, ihren Kindern eine neue, schöne Tasche zu schenken. Dieses Verhalten sei Ausdruck der Bewahrung letzter Eigenständigkeit.

Andererseits wird deutlich, dass viele Kinder ein nötiges Maß an Wertschätzung verlernt haben. Den Experten fällt unangenehm auf, dass Kinder insbesondere armer Familien keinen Bezug zu gegenständlichem Besitz haben und daher oftmals achtlos mit ihm umgehen. In einem Fall war nur nach wenigen Tagen der Inhalt einer neuen, voll ausgestatteten Federmappe, die durch eine Unterstützungsaktion kostenanteilig zur Verfügung gestellt wurde, verloren oder abgenutzt.

Die Ursache dieses Problems wird in dem Vorbild der Eltern gesehen, die die

„Erwirtschaftung“ der materiellen Versorgung nicht komplett eigenständig bewerkstelligen können. Dies soll nicht als Kritik an der Lage der Familien aufgefasst werden. Gerade durch den Umgang mit Eigentum wird deutlich, dass Kindern armer Familien aus der Not heraus wenig Selbstbestimmtheit und Gespür für Finanzielles vermittelt werden können. Damit hängt eng zusammen die steigende Kriminalitätsrate unter armen Jungen und Mädchen.

Kleinere Eigentumsdelikte sind leider kein Einzelfall. Oftmals entwenden Kinder Bastelmaterialien aus Kitas oder bestehlen andere Kinder, die erstrebenswerte Statusobjekte besitzen (Sammelkarten, tragbare Spielkonsolen, Handys). Einige Einrichtungen sind deshalb so weit gegangen, das Mitbringen solcher begehrenswerten und Neid erzeugenden Spielsachen zu verbieten.

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Nur an der kurzen Schilderung der Probleme wird deutlich, dass viele Eltern und Kinder dazu gezwungen sind, sich in einer Armutssituation sehr ambivalent zu verhalten.

4.4. Umgang mit Medien und Kommunikationsmitteln

Der Diskussionsleiter interessierte sich vor allem für den Eindruck der Experten zum Thema Freizeitgestaltung und Umgang mit den neuen Medien.

Hier gab es geteilte Meinungen. Während einerseits die Erfahrung gemacht wird, dass arme Haushalte die Nutzung von Computern aus Kostengründen verwehrt bleibt, wird andererseits berichtet, dass die mediale Ausstattung – vor allem PCs und Fernseher – vorhanden sind. Allerdings wurde bemerkt, dass qualitativ hochwertige Geräte kaum zu finden sind. Darüber hinaus ist die Nutzung, wie bereits oben bemerkt, eher auf Spiele beschränkt. Lern- oder Übungsprogramme werden kaum eingesetzt. Auch das Internet wird – wenn vorhanden – eher wenig für die Beschaffung von Informationen, sondern zur spielerischen Ablenkung vom Alltag genutzt.

Soziale Einrichtungen wie der Ostbunker räumen Kindern, die zuhause ohne PC und Internet sind, die Möglichkeit des Zugangs zu diesen Medien ein.

Auffällig ist gerade bei der Angebotsnutzung die mangelnde Medienkompetenz: Viele Kinder sind nicht im Umgang mit PC und Internet trainiert. Hinzu kommen erhebliche Verständnis- und Leseprobleme, die den Umgang mit den technischen und inhaltlichen Voraussetzungen erschweren.

Nach Einschätzung der Experten ist nicht entscheidend, dass die hochwertigsten Geräte zur Verfügung gestellt werden. Viel wichtiger ist eine Sensibilisierung für jugendgefährdende Inhalte und Schulung, wie also das Internet „sinnvoll“ genutzt werden kann.

Ähnlich verhält es sich mit dem Besitz von Mobiltelefonen. Viele Familien besitzen nur noch Handys (und keinen Festnetzanschluss) und sind zumindest bedingt erreichbar. Allerdings können Eltern die Schule aus Geldmangel oft nicht selbst an- bzw. zurückrufen, die Kommunikation verläuft daher nur mangelhaft. Dies ist vor allem dann ein Problem, wenn die Einrichtungen Kontakt zu Eltern aufnehmen müssen. Auch hier gilt: Die technischen Voraussetzungen sind vorhanden, da sie mittlerweile für sehr kleines Geld angeschafft werden können und oftmals als Statussymbole gelten. Die Armut korreliert hier sehr eng mit einem Bildungsproblem: Überforderung mit der flexiblen Nutzung, fehlende Lese- und Rechtschreibkompetenzen und Medienverwahrlosung prägen die virtuelle Erfahrungen armer Kinder und Jugendliche.

Als besonders kritikwürdig empfinden die Experten die Tatsache, dass Einrichtungen, die Bildung vermitteln können, immer öfter gekürzt oder geschlossen werden: Die Schließung der Stadtteilbibliothek Schinkel trotz steigender Ausleihzahlen ist ein erheblicher Verlust, da sie auch für arme Kinder ein Anlaufpunkt war, Bücher und andere Medien zu entleihen. Der Bücherbus, so ist man sich einig, ist kein adäquater Ersatz, da viele Einrichtungen im Klassen- oder Gruppenverbund das Angebot nicht nutzen können.

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Teil B: Mögliche Lösungsansätze

5. Wie ließe sich Ihrer Meinung nach die von Ihnen beschriebene(n) Problemlage(n) der Kinderarmut lösen oder zumindest in Angriff nehmen?

Allgemeine Lösungen bzw. Lösungen, die auf übergeordneter Ebene (Bund, Land) entschieden werden könnten, standen hier im Fokus.

5.1. Erhöhung der Regelsätze

Die Regelsätze sind für Eltern und Kinder eindeutig zu knapp bemessen. Ihre deutliche Erhöhung wäre wünschenswert, um den Familien ein angemessenes Auskommen zu ermöglichen. Überdies müsse unbedingt transparent gemacht werden, aufgrund welcher Berechnungen die einzelnen Bedarfe kalkuliert werden. Die ExpertInnen blicken daher erwartungsvoll auf die Umsetzung der Vorgaben zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts.2

5.2. Vormalig gewährte einmalige Beihilfen wieder einführen

Gerade die Häufigkeit der Anfragen an die sozialen Träger nach einmaligen Beihilfen für Schulmaterial, Kinderbetten oder Sportvereinsgebühren machen deutlich, dass die vormalig gewährten einmaligen Beihilfen des Bundes dringend benötigt werden. Beihilfen sind allerdings nur sinnvoll, wenn sie nicht in Form von Darlehen gewährt werden, da das Überschuldungsrisiko für die Familien zusätzlich steigt. Die ExpertInnen empfehlen deshalb dringend, Sachleistungen wie Kleidungsbeihilfen für Kinder im Wachstum und Ersatzbeschaffungen für arme Familien bereitzustellen.

6. Welche Formen der Unterstützung sollten in Armut lebende Kinder Ihrer Meinung nach erhalten?

Zumindest teilweise kommunale Einflussmöglichkeiten sind für die folgenden Aspekte gegeben:

6.1. Genaue Analyse der soziostrukturellen Gegebenheiten in Osnabrück Es wird als sinnvoll erachtet, sich ein fundiertes Bild über die sozialräumliche Verteilung von Kinder- und Jugendarmut zu schaffen. Die Stadt könne somit in die Lage versetzt werden, für bestimmte Stadtteile oder -viertel Angebote vorzuhalten, um Standorte gemäß ihres Bedarfs bevorzugt ausstatten. Dies schließt insbesondere Sanierungen von Spielplätzen oder Schwimmbädern und die Eintrittspreise für solche Einrichtungen ein. Die Schließung etwa des

2 BVerfG, 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09 vom 9. Februar 2010, Absatz-Nr. (1-220), http://www.bverfg.de/entscheidungen/ls20100209_1bvl000109.html (letzter Zugriff am 26.

September 2010).

Anmerkung der Autoren: Die Bundesregierung hat am 26. September 2010 eine Erhöhung des ALG II- Eckregelsatzes von 359,- auf 364,- Euro angekündigt. Für Kinder und Jugendliche ist kein zusätzlicher Betrag in den Regelleistungen vorgesehen, sie sollen jedoch von Sachleistungen im Rahmen eines Bildungspakets profitieren, siehe dazu http://www.bmas.de/portal/47956/2010 __09__26__regelsaetze__sgb2.html (letzter Zugriff am 27. September 2010).

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Schwimmbades an der Wellmannsbrücke hatte große negative Auswirkungen für die armen Menschen im Schinkel.

Außerdem plädieren die ExpertInnen für eine Entzerrung der wohnräumlichen Strukturen: Böte die Stadt Anreize, Familien mit niedrigem Einkommen den Zugang zu anderen Vierteln zu ermöglichen, ballten die Problemlagen nicht in einzelnen sozialen Brennpunkten.

6.2. Über die Einrichtungen Kindern Teilhabe ermöglichen

Die ExpertInnen haben konkrete Vorstellungen davon, was die Kommune für arme Kinder tun kann. Gerade für Kinder mit Migrationshintergrund, aber auch alle anderen armen Kinder ist es überaus wichtig, möglichst früh Zugang zu Betreuungseinrichtungen wie Kitas und Ganztagsschulen zu haben. In diesem Rahmen können Ziele wie eine ganzheitliche Erziehung, Kontakt zur deutschen Sprache, spielerische Anregungen und Hausaufgabenbetreuung am effektivsten zum Nutzen der Kinder umgesetzt werden. Die ExpertInnen regen daher explizit an, dass die Kommune ausreichend Kindergartenplätze im jeweiligen Viertel zur Verfügung stellt. Ihrer Meinung nach ist es nicht zweckdienlich, einem Kind, das im Schinkel lebt, einen Kindergartenplatz in Haste zuzuweisen, da die Anfahrt weit und für arme Familien nicht aus dem Regelsatz finanzierbar ist. Das Problem wird noch größer, wenn schulpflichtige Geschwisterkinder bereits im Schinkel zur Schule gehen. Der Kindergartenplatz kann in der Folge überhaupt nicht wahrgenommen werden, der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz wird nur formal und abstrakt für das gesamte Stadtgebiet erfüllt. Die kostenlose Bereitstellung des weit entfernten Kindergartenplatz ändert an der Situation nichts.

Auch die Einrichtungen selbst müssen in ihrer Ausstattung von der Kommune unterstützt werden. Die Stadt Osnabrück sollte, so die Forderung, Kitas und Schulen Gutscheine für den Besuch von Museen, Ausstellungen oder anderen kulturellen Angebote zur Verfügung stellen.

Eine Anbindung von Bürgerarbeit an die Einrichtungen wird ebenso als zweckdienlich erachtet. Die Umwandlung eines Altenheimes zu einem Mehrgenerationenhaus, in dem eine Stadtteilbibliothek betrieben wird und ältere Mitbürger im betreuten Wohnen Kindern vorlesen, wäre eine denkbare Möglichkeit, den Austausch miteinander zu stärken. Allerdings wurde bemerkt, dass dies immer noch große organisatorische Hürden für die Einrichtungen bereithalte.

6.3. Kinder mobil machen

Auch wenn die Betreuung eines Kindes vor Ort realisiert würde und funktionierte, muss für die Lösung einer anderen Problemlage Sorge getragen werden: Kinder sollten die Möglichkeit haben, ihr Viertel zu verlassen. Für ErzieherInnen und LehrerInnen sei es unverständlich, dass auf Ausflüge im Klassenverband oftmals verzichtet werden müsse, da nicht nur die Kosten für den Eintritt ins Planetarium oder den Zoo anfielen, sondern zusätzliche Beträge wie für die Nutzung des ÖPNV von den Familien nicht erbracht werden könnten. Eindeutig müssen daher Gelder z.B. durch die Stadt für ausreichende Mobilität bereitgestellt werden. Die ExpertInnen sprechen sich dafür aus, dass auch hier nach dem Bedarf gefragt wird – eine komplett kostenlosen Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel scheint nicht unbedingt

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nötig, wenn die wirklich wichtigen Ziele rund um das soziale und kulturelle Geschehen in Osnabrück kostenfrei erreicht werden können.

6.4. Leichteren Zugang zu Nachhilfe

Den ExpertInnen fällt der immense Bedarf an Nachhilfe für Schulkinder auf.

Zwar tragen ehrenamtliche Nachhilfekräfte dazu bei, einigen wenigen Kindern die Möglichkeit einer unentgeldlichen Hausaufgabenbetreuung zu bieten. Für arme Familien ist jedoch die Bezahlung einer kommerziellen Nachhilfe nicht zu bewältigen, weswegen sich Probleme in der Schullaufbahn immer weiter multiplizieren. Auch gezielte Sprachförderung von Migrantenkindern ist selten zu organisieren. Besonders die Legasthenie- und Dyskalkulieförderung ist für betroffene Kinder nur mit erheblichem behördlichem Aufwand zu beziehen und wird nur unter großen Verzögerungen gewährt. Eine Aufgabe der Kommune sollte es daher sein, Beihilfen für schulische Förderung den Kindern direkt und unbürokratisch zukommen zu lassen, damit sie nicht den Anschluss an die geforderten Leistungen verlieren.

6.5. Zusammenarbeit von Eltern und Einrichtungen stärken

Die Einrichtungen, gleichgültig ob Schulen, Kindergärten oder soziale Beratungsstellen müssen Eltern darin stärken, mehr Eigeninitiative zu zeigen.

Die ExpertInnen sehen es als ihre Aufgabe an, die Familien zu unterstützen und gleichzeitig zu fördern, indem sie sie nicht aus der Verantwortung der Sorge um die Kinder entlassen. Dies bedeutet, dass sich Eltern trotz ihrer prekären Lage nicht in drohende Depression fallen lassen dürfen, sondern gemeinsam mit den Einrichtungen die mehrdimensionalen Probleme in Angriff nehmen müssen. Im ständigen Dialog soll den Eltern mehr Selbstbewusstsein vermittelt werden, mit ihrer Situation umzugehen. Konkret sind damit Modelle angesprochen, die Familien beispielsweise an ihren Sachleistungen finanziell zu beteiligen, auch wenn Eltern nur einen Bruchteil der Kosten beitragen können. Als Beispiel hierfür dient die Schulspeisung.

6.6. Verlässlichkeiten schaffen

Angebote im kulturellen und sozialen Bereich müssen fester Bestandteil der Unterstützungsmöglichkeiten armer Kinder und Familien bleiben. Das bedeutet, dass bestehende Einrichtungen, Projekte und niedrigschwellige Angebote nicht zur Disposition stehen dürfen, sondern auch nach eventuellem Politikwechsel ausgebaut werden müssen. Gerade die Schließung der Stadtteilbibliothek ist ein negatives Beispiel dafür, dass Kindern Bildungschancen aus Kostengründen vorenthalten bleiben.

Außerdem sollte es ein Ziel sein, für etablierte Einrichtungen und Projekte eine kontinuierliche Kostendeckung bereitzustellen. Der Nachteil neuer, ambitionierter Aktionen und Projekte liegt insbesondere in ihrer oft nur kurzen Finanzierungs- und damit Lebensdauer. Ihre Ideen und Anliegen, Beratungs- und Unterstützungsarbeit leisten zu wollen, sind zwar begrüßenswert, die Bemühungen brennen jedoch oft wie ein Strohfeuer ab, da ihre Strukturen darüber hinaus mitunter nicht dem Bedarf der Familien angepasst sind. Durch eine nachhaltige Stärkung der aktuellen Angebotsstruktur kann eine zielgerichtete Arbeit gegen Kinderarmut daher besser realisiert werden.

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6.7. Verbesserung der Informationskanäle und mehr Transparenz der Angebotslage

Die ExpertInnen sind sich einig, dass die Fülle an Angeboten in der Kommune einen breiten Bedarf an Unterstützung für die Familien abdeckt. Als kritikwürdig beurteilen sie jedoch die mangelnde Angebotstransparenz für betroffene Familien in Osnabrück. Vor allem kommt es darauf an, bestehende und neue Angebotsstrukturen so zu kommunizieren, dass die Familien Kenntnis von deren Möglichkeiten erhalten. Viele Betroffene wissen schlichtweg nicht, dass Osnabrück-Pass und Ferienpass umsonst zu erhalten sind und einige Ermäßigungen für sie bereithalten. An einem konkreten Fall kann die Problematik der fehlenden Information besonders deutlich gemacht werden: Eine bulgarische Mutter ging mit ihrem Kind nach einem Schulunfall nicht zum Arzt, da sie glaubte, ohne abgeschlossene Krankenversicherung würde das verletzte Kind nicht medizinisch betreut. Tatsächlich aber bietet der Gemeindeunfallversicherungsverband in solchen Fällen eine regelmäßige kostenlose Untersuchung, wovon die Mutter keine Kenntnis hatte. Sogar der für die Familie zuständige Mitarbeiter der Ausländerbehörde war nicht über dieses Angebot informiert und konnte diese für die Gesundheit des Kindes wichtige Information nicht an die betroffene Familie weitergeben.

Diese Erfahrungen bestätigen die Notwendigkeit, dass auch zwischen den einzelnen Einrichtungen eine intensivere Informationspolitik betrieben werden muss. Hilfe kann nur geleistet werden, wenn Einrichtungen einen Überblick über Stiftungsmittel und -töpfe für arme Kinder und ihre Familien haben.

Wenn die Institutionen für die Leistungen anderer Träger sensibilisiert sind, fällt es viel leichter, Familien gemäß ihrer individuellen Problemlage an die Experten weiterzuempfehlen.

Da die regelmäßige Informierung der Einrichtungen über Tätigkeiten anderer Träger allerdings als sehr aufwendig beurteilt wird, führen die ExpertInnen zusätzlich eine andere Lösung zur Verbesserung der Informationsstrukturen an:

Eine Möglichkeit ist die Einrichtung einer Hotline, die die Betroffenen abrufen können, um direkten Kontakt zu Projekten oder Trägern aufzunehmen. Diese Idee ist der Erfahrung geschuldet, dass Informationsflyer kaum mehr wahrgenommen oder nicht verstanden werden. Außerdem könnte der Aufbau eines Servicebüros dazu dienen, die individuelle Problemlage der Familien zu analysieren und sie gezielt an Hilfsangebote in der Stadt Osnabrück weitervermitteln. Ideal wäre dabei eine Besetzung mit Beratern, die Türkisch, Russisch oder andere Fremdsprachen beherrschen, um mögliche Sprachbarrieren zu umgehen.

7. Welche Lösungsschritte haben Sie bzw. Ihre Einrichtung bereits unternommen, um Abhilfe zu schaffen? Was waren fördernde bzw.

hemmende Bedingungen?

7.1. Eine große Bandbreite an verschiedenen Aktivitäten zur Bekämpfung von Kinderarmut

Die Einrichtungen sind sehr darum bemüht, für betroffene Kindern Angebote zu schaffen, die die Auswirkungen der Armut abmildern sollen. Die Bandbreite

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reicht dabei von Kooperationen von Schulen und Tafeln, um Kindern ein regelmäßiges Frühstück zu ermöglichen bis zu einer Tauschbörse von Schultaschen. Jugendeinrichtungen geht es zumeist darum, den Alltag der betroffenen Kinder und Jugendlichen abwechslungsreich zu gestalten und ihnen als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Die gezielte, persönliche Betreuung von Eltern mit Migrationshintergrund durch Mitarbeiter mit Fremdsprachenkenntnissen ist eine Maßnahme, die Kommunikation zu erleichtern. Aber auch Elterncafés geben Raum, sich über Probleme auszutauschen. Dies baut eine Bindung zu den Institutionen auf, die nötig ist, die Scham mancher Eltern oder Misstrauen den Einrichtungen gegenüber, z.B. Erziehungsberatungen oder Schulen, auszuräumen.

Allgemein nutzen die Einrichtungen, ob Schulen, Kitas oder beratende Träger Geldmittel, die an die Familien in besonderen Bedarfssituationen weitergegeben werden und akquirieren neue Töpfe oder leisten finanziellen Vorschuss für die Familien.

7.2. Verwischung der Zuständigkeitsbereiche und mangelnde Personalkapazitäten

Bemerkt wurde von den ExpertInnen, dass sich die Einrichtungen immer häufiger Problemen annehmen, für die sie de facto nicht zuständig sind. So wurde von einem Fall berichtet, bei dem sich der Leiter der Stüveschule um die Beschaffung eines Kindergartenplatzes kümmerte und tatsächlich erfolgreich war. Auch wenn die Träger gerne zu Lösungen auf unbürokratischem Wege beitragen, ist für sie der Arbeits- und Zeitaufwand erheblich. Daher betonen sie, dass die Etablierung eines Servicebüros eine deutlich schnellere und effizientere Bekämpfung der Problemlagen in den Familien erzielen würde. Die Einrichtungen könnten die Familien an diese Schaltstelle weiterleiten, die durch eine Bündelung des Angebotsspektrums fachgerechte Informationen bieten kann. Dadurch würden die Einrichtungen selbst entlastet und in die Lage versetzt, sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Die Vernetzung unter den Einrichtungen selber solle jedoch nicht abgebrochen werden, da damit ein gutes, gemeinschaftliches Klima im Viertel erhalten bliebe. Um eine umfassende Betreuung von Kindern und Eltern zu gewährleisten, muss außerdem genug Personal in den Einrichtungen vorhanden sein. Die Stadt habe dafür Sorge zu tragen, dass es gerade in Problemvierteln möglich sein muss, sich intensiv im persönlichen Gespräch mit Eltern armer Familien auseinanderzusetzen. Dies funktioniert nur, wenn ausreichende Kapazitäten an Personal derartige Arbeit leisten können.

8. Welche Bedeutung hat die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen/Institutionen im Bereich Kinderarmut für Ihre Einrichtung?

8.1. Erfahrungen zur Zusammenarbeit zwischen den Einrichtungen

Die Kooperation unter den Einrichtungen ist für die Träger im Schinkel ein wichtiger Stützpfeiler zur Bekämpfung von Kinderarmut. Die Vernetzung gelingt gut, unkomplizierte Absprachen unter den Mitarbeitern der

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verschiedenen Einrichtungen werden durch regelmäßige Kontaktpflege ermöglicht.

An dieser Stelle wird lobend erwähnt, dass die Stadt Osnabrück zumindest geringe Mittel für Notfallfonds bei verschiedenen Schulstandorten bereitgestellt hat. Diese Mittel stammen aus der vormaligen kommunalen Förderung für Unterrichtsmaterialien für die Klassen 1, 5 und 11 in Osnabrück. Nachdem der Bund mit Einführung des sog. Schulstarterpaketes seinerseits diese Aufgabe übernommen hat, wurden die frei werdenden städtischen Mittel den Notfallfonds zugeführt.

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