• Keine Ergebnisse gefunden

Einf¨uhrung in die Sprachwissenschaft

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Einf¨uhrung in die Sprachwissenschaft"

Copied!
67
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Gerrit Kentner

April 23, 2010

(2)

Auf geht’s!

Was ist ¨uberhaupt Sprache?

Was macht die Sprachwissenschaft?

Sprachwissenschaft als Grenzdisziplin

(3)

I Meine Kontaktdaten:

I Gerrit Kentner

Institut f¨ur Kognitive Linguistik Johann Wolfgang Goethe - Universit¨at kentner@lingua.uni-frankfurt.de

http://user.uni-frankfurt.de/∼kentner/

(4)

I Studiengang

I Germanistik?

I andere Philologien?

I Studienziel

I Magister?

I Lehramt?

I Muttersprachen

I Deutsch?

I andere?

(5)

I R¨aume und Zeiten

I Dienstags, 8-10 Uhr: Vorlesung

I Dienstags, 16-18 Uhr: Tutorium (Katharina Volkmann)

I IG 1.301

I kat.volkmann@gmail.com

I Sprechstunde Kentner: Dienstag 10-12 (IG-5.256)

I Virtueller Kursraum:

http://user.uni-frankfurt.de/∼kentner/EinfLing.html

I Umfang

I 2 Semester (Klausur am Ende des 2. Semesters)

(6)

Grundlage f¨ur weiterf¨uhrende Kurse in

I der Didaktik der Deutschen Sprache

I der germanistischen Linguistik

I der allgemeine Sprachwissenschaft

I Sprachtechnologie

I etc.

(7)

I Uberblick ¨¨ uber die Teildisziplinen in der Sprachwissenschaft

I Erlernen der Fachsprache, in der sprachliche Ph¨anomene zu beschreiben sind

I Erlernen von Methoden zur Analyse von Sprache;

selbstst¨andige Anwendung

I Uberpr¨¨ ufung der eigenen ¨Uberzeugungen, was Sprache, was Muttersprache ist.

(8)
(9)

I Verwendung des Begriffs / Bedeutungsvarianten

I ’Null Bock’ ist eine Redewendung aus der Jugendsprache

I Er hat seine Sprache durch einen Unfall verloren

I Es hat ihr glatt die Sprache verschlagen

I Die Sprache unterscheidet den Menschen vom Tier

I Er hat versucht, sie mit der Sprache der Blumen zu umgarnen

I Sie hat in der Schule Franz¨osisch als Fremdsprache gew¨ahlt

I Carla kann zwei Programmiersprachen

I Die Sprache Goethes war pr¨agend f¨ur eine ganze Epoche der deutschen Literatur

(10)

I die nur dem Menschen eigene F¨ahigkeit, sich einer nat¨urlichen Sprache zum Austausch von Gedanken zu bedienen

I die grundstzliche F¨ahigkeit des einzelnen Menschen, Sprache zu gebrauchen

I die spontane Realisierung einer bestimmten sprachlichen Ausserung in der aktuellen Kommunikation¨

I eine konkrete durch Lexikon und Grammatik konstituierte Einzelsprache, Nationalsprache

I Dialekt einer Einzelsprache

I vom Menschen k¨unstlich geschaffenes Zeichensystem

I eine durch den Sprachgebrauch bestimmter sozialer Gruppen abgrenzbare Variet¨at einer Einzelsprache (Soziolekt)

I individuller habitualisierter Sprachgebrauch einer Person, Individualstil

I nichtartikuliertes, instiktives akustisches Zeichensystem zur Kommunikation

I symbolischer Gebrauch eines Gegenstandes zur ¨Ubermittlung von Informationen

(11)

I Wieviele Sprachen (i.S.v. Einzelsprache mit eigenem Lexikon, eigener Grammatik) gibt es?

I keine Einigkeit: Es wird meistens eine Zahl zwischen 4000 und 5000 genannt, www.ethnologue.com listet 7413 Sprachen auf (darunter tote Sprachen)

I Tendenz abnehmend: Viele Sprachen sind akut vom Aussterben bedroht

I Entdeckgung neuer Sprachen (Amazonasbecken, Zentralafrika, Neuguinea)

I Probleme der Definition

I Sprache oder Dialekt: Konflikte treten auf, wenn die Kriterien der nationalen Identit¨at und der gegenseitigen Verst¨andlichkeit nicht zusammenfallen (politische, historische, ethnische, religi¨ose oder andere Faktoren; z.B. Chinesisch wird als eine einzige Sprache betrachtet, obwohl es mehrere hundert Dialekte in China gibt, die gegenseitig mehr oder weniger unverst¨andlich sind)

I ’A language is a dialect with an army’

(12)

I Untersuchungsgegenstand ist die nat¨urliche menschliche Sprache.

die allgemeine Sprachwissenschaft beschr¨ankt sich nicht nur auf die Beschreibung einer Einzelsprache, sondern hat den Anspruch, Ph¨anomene in allen Sprachen zu erkl¨aren (Deutsch, Englisch, mexikanische Geb¨ardensprache, Yoruba, Maung, Alemannisch, Baskisch, Akan usw. usf.)

(13)

Es gibt sehr unterschiedliche Herangehensweisen an diesen Untersuchungsgegenstand.

I Generative Sprachwissenschaft (im Rahmen der Kognitionswissenschaft)

I Sprache und Kommunikation

I Soziolinguisitik

I Historische Linguisitk

I Angewandte Sprachwissenschaften ...

(14)

Generative Sprachwissenschaft

Zwei wesentliche Fragen: Wie ist unser sprachliches Wissen im Gehirn / Geist repr¨asentiert und wie kommt es da hinein?

Es geht also um (spezifische) mentale Repr¨asentationen und um deren Erwerb

Antworten auf diese Fragen m¨ussen folgenden Eigenschaften der menschlichen Sprache gerecht werden:

I Kreativit¨at

I Systemcharakter

I Lernbarkeit

(15)

Generative Sprachwissenschaft

I Kreativit¨at:

Wir haben die F¨ahigkeit, eine beliebige (unendliche) Anzahl von S¨atzen auszudr¨ucken. Sprecher sind kreativ. Der Kreativit¨at sind aber formale Grenzen gesetzt. Linguisten wollen diese Grenzen abstecken.

Wie weit geht sprachliche Kreativit¨at? Was heisst das f¨ur den menschlichen Geist?

I Systemcharakter

I Lernbarkeit

(16)

Generative Sprachwissenschaft Kreativit¨at:

Wir haben die F¨ahigkeit, eine beliebige (unendliche) Anzahl von S¨atzen auszudr¨ucken.

I Maria hat einen Apfel gegessen.

Maria hat 5487 ¨Apfel gegessen.

Maria hat x ¨Apfel gegessen (x∈ {0...∞ })

I Ilona glaubt, dass Heiner weiss, dass Rudi gesagt hat, dass Ulla sich erkundigt hat, ob Maria denkt, dass Paul darum bitten sollte, dass Dieter fragen m¨oge, ob Karlo ¨uberzeugt ist, dass... (da capo)

I Der Hund, der die Maus, die die Katze [...] essen wollte, verjagte, sehnte sich nach seinem Frauchen.

(17)

Generative Sprachwissenschaft Kreativit¨at:

Wir haben die F¨ahigkeit, neue W¨orter zu erfinden oder alte W¨orter mit neuen Bedeutungen zu belegen.

I simsen

I kirschgr¨un

I abziehen (i.S.v. ausrauben) Aber es gibt Grenzen der Kreativit¨at:

I konsum-haft, *konsum-lich

I kannst Du mal den Mario ansimsen? - *kannst Du mal den Mario anhandyen?

I Unaussprechlich: Pr¨asens vonDer Dirigent hat die Oper uraufgef¨uhrt.

(18)

Generative Sprachwissenschaft

I Kreativit¨at:

I Systemcharakter

Sprache kann als ein komplexes Regelsystem beschrieben werden (+ Grammatik). Die Grammatik unterscheidet verschiedene Subsysteme, die ebenfalls eigenen Regeln unterliegen. Linguisten verstehen den Terminus ’Grammatik’

nicht so sehr als in Buchform gegossene Auflistung von Regeln, sondern als implizites Wissen, das Sprecher einer Sprache von ihrer Sprache haben - die Sprachkompetenz.

Linguisten wollen dieses regelhafte Wissen erforschen - es geht also wieder um den menschlichen Geist.

I Lernbarkeit

(19)

Generative Sprachwissenschaft

I Kreativit¨at:

I Systemcharakter

I Lernbarkeit

Sprache muss gelernt werden und kann als Muttersprache mehr oder weniger m¨uhelos gelernt werden; diese

M¨uhelosigkeit vermissen wir oft beim Fremdspracherwerb.

Wie kann es sein, dass kleine Kinder ein so hochkomplexes System wie ihre Muttersprache innerhalb der ersten 3-5 Lebensjahre erlernen?

+ Sprachwissenschaft im Rahmen der Kognitionswissenschaft

(20)

Generative Sprachwissenschaft Lernbarkeit

Kann der menschliche Geist die Unendlichkeit beherrschen???

Wie kann man eine Sprache lernen, wenn diese unendlich viele S¨atze hervorbringen kann?

Wohl nicht, indem sich der Sprachlerner alle S¨atze merkt, die in seiner Umgebung vorkommen (und bei Bedarf verwendet) - das w¨are kaum mit obigen Daten zur sprachlichen Kreativit¨at vereinbar.

Es gilt, das System hinter den S¨atzen zu erlernen (die Grammatik).

(21)

Generative Sprachwissenschaft Lernbarkeit

Die Schwierigkeit f¨ur den Lerner besteht darin, systemrelevante von -irrelevanter Information zu unterscheiden

Das gilt insbesondere, weil die Information in mehrfacher Hinsicht unzureichend ist (poverty of the stimulus).

I Wir h¨oren recht h¨aufig unvollst¨andige, ungrammatische S¨atze - wie entscheidet der Lerner, welche S¨atze in seiner Sprache g¨ultig sind?

I Die Menge an ”korrekten” S¨atzen kann theoretisch von verschiedenen Grammatiken erzeugt werden - welche ist die richtige?

I In der Regel fehlt dem Sprachlerner negative Evidenz - wie kommt er zu der F¨ahigkeit zu entscheiden, welche S¨atze ungrammatisch sind?

(22)

Generative Sprachwissenschaft Die Universalgrammatik

Eine m¨ogliche L¨osung despoverty of the stimulus- Problems:

der Lerner hat eine angeborene Sprachf¨ahigkeit, eine

Universalgrammatik, die von vornherein gewisse logisch m¨ogliche Strukturen als faktisch unm¨oglich ausschliesst.

Prinzipien der UG m¨ussen nicht gelernt werden.

Die Universalgrammatik gilt f¨ur alle Sprachen, ist also recht abstrakt und generell.

(23)

Generative Sprachwissenschaft Die Universalgrammatik

Evidenz f¨ur die Universalgrammatik kommt von sprachlichen Universalien, d.h. Prinzipien, die in allen Sprachen G¨ultigkeit besitzen. Hier drei Beispiele:

I Jede Sprache hat mindestens 2 Vokale

I Alle Sprachen besitzen Glieder, die keine eigene Bedeutung haben (Funktionsw¨orter, beispielsweise Artikel)

I Ein Konjunkt aus einer Koordinationsstruktur kann nicht mit vorangestelltem Fragepronomen erfragt werden:

I Die Maria hat den Hans gek¨usst. - Wen hat die Maria gek¨usst?

I Die Maria hat den Hans und den Paul gek¨usst.

*Wen hat die Maria den Hans und — gek¨usst?

...

(24)

Die Idee einer angeborenen Universalgrammatik ist nicht unumstritten. Empiristische Theorien gehen davon aus, dass allgemeine Lernmechanismen den Spracherwerb des Kindes und die universal erlaubten Strukturen erkl¨aren k¨onnen. Demnach br¨auchte es daf¨ur keine eingene Spezifikation in Form von rein

grammatischen Prinzipien.

Emergenztheoretiker nehmen an, dass sich sprachliche Strukturen und Gesetzm¨assigkeiten spontan auf Grundlage des

Zusammenwirkens der sprachlichen Elemente herausbilden (die Gesetzm¨assigkeiten m¨ussen demnach nicht angeboren sein). Die emergenten Eigenschaften des Systems ”Sprache” lassen sich nicht offensichtlich auf Eigenschaften der Elemente (z.B. Artikulations- und Wahrnehmungsapparat, Umwelt) zur¨uckf¨uhren, die diese isoliert aufweisen.

(25)

weitere Herangehensweisen an Sprache:

I Sprachwissenschaft als Teil der Kommunikationswissenschaft:

Sprache gibt es nur im Dialog.

Wie vermitteln Sprecher in konkreten Situationen ihre Informationen?

Was erreichen Menschen wie mit Sprache (befehlen,

¨

uberzeugen, entschuldigen, danken, um etw. bitten...)?

Mit Sprache Handlungen vollziehen (’How to do things with words’)

+ Pragmalinguistik, linguistische Pragmatik

(26)

weitere Herangehensweisen an Sprache:

I Sprache und Gesellschaft:

Sprache wird je nach sozialer Gruppe unterschiedlich verwendet

Sprache kodiert gesellschaftliche Unterschiede

In welchem sozialen Kontext wird (1) bzw. (2) verwendet?

(1) Los, mach schon!

(2) Ich m¨ochte Sie dringend bitten, die Sache zeitnah zu erledigen.

+Diese Fragen will die Soziolinguistik beantworten.

(27)

weitere Herangehensweisen an Sprache:

I Nachzeichnen der Entwicklung der Sprache:

Sprache ver¨andert sich mit der Zeit.

I Wo kommen die W¨orter her? +Etymologie bsp.: Grasm¨ucke - ein grau geschm¨uckter Vogel

I Lautwandel:

mhd.: tumb, zimber, lamp, wambes

nhd.: dumm, Zimmer, Lamm, Wams

I Historische Sprachwissenschaft

(28)

weitere Herangehensweisen an Sprache:

I Erwerb und Verarbeitung der Sprache:

I In welchen Schritten vollzieht sich der Spracherwerb beim Kind / beim Zweitsprachlerner?

dadaIch will mitspielen!

I Was sagen uns Versprecher ¨uber die mentale Verarbeitung von Sprache?

Reden ist Schweigen, Silber ist Gold!

I In welchen Schritten wird Sprache produziert, verstanden?

Vom physikalischen Ereignis (Schallstrom) zur Bedeutung und andersherum

I Psycholinguistik (auch Teil der Kognitionswissenschaft)

(29)

weitere Herangehensweisen an Sprache:

I Lokalisation der Sprache im Gehirn / Sprachverlust:

I Welche Hirnareale sind bei sprachlichen Aufgaben aktiv?

I Was sagen aphasische Sprachst¨orungen ¨uber das Sprachsystem aus?

I Neurolinguistik (auch Teil der Kognitionswissenschaft) Anwendungsbereiche: Klinische Linguistik, Patholinguistik, Logop¨adie

(30)

weitere Herangehensweisen an Sprache:

I Sprachverarbeitung per Computer

I Welche Aspekte der Sprache sind computationell modellierbar?

I Kann man einer Maschine Sprache beibringen?

I Kann ein Computer ¨ubersetzen?

I Kann ein Computer eine Zusammenfassung einer Geschichte schreiben?

I Computerlinguistik

Anwendungsbereich: Grammatik- und Rechtschreibpr¨ufung, Dialogsysteme, Durchforsten grosser Sprachkorpora...

(31)

Die Sprachwissenschaft hat vielf¨altige Beziehungen zu anderen akademischen Disziplinen:

I Philosophie

I Mathematik (formale Logik)

I Biologie (Anthropologie)

I Psychologie (Kognitionswissenschaft)

I Medizin (Patholinguistik, Neurolinguistik)

I Jura (Sprache und Recht)

I Physik (Akustik, Psychoakustik - Beziehung zur Phonetik)

I Informatik

I Soziologie

I Literaturwissenschaft ...

(32)

Alle linguistischen (Sub-)Disziplinen brauchen einen gemeinsamen Beschreibungsapparat, der es erlaubt, sprachliche Ph¨anomene zu analysieren. Die linguistischen Kernbereiche, auch Kernbereiche der Grammatik:

I Phonetik und Phonologie (Lautsystem)

I Morphologie (Wortstruktur)

I Syntax (Satzstruktur)

I Semantik (Bedeutung)

(33)

I Phonetik und Phonologie (Sprachlaute)

I ’glack’ ist ein m¨ogliches Wort des Deutschen, ’wlall’ wohl kaum.

Sprecher des Deutschen wissen das - aber worauf gr¨undet sich dieses Wissen?

I Warum sagt man ’Atem’ und ’Atmung’ aber nicht ’Atemung’ ?

I Das Wort ’Arbeiter’ ist auf der ersten Silbe betont. In dem Kompositum ’Gastarbeiter’ ist keine Betonung auf der entsprechenden Silbe. Wieso?

I Aufgabe an die Phonologie: Beschreibung des Lautinventars der Sprachen. Welche Lautkombinationen sind m¨oglich und welche Prinzipien bestimmen die Kombinationsm¨oglichkeiten (Phonotaktik)? Wie sieht die Silbenstruktur aus? [...]

(34)

I Morphologie

I Aus welchen Wortbestandteilen besteht

’Wachstube’ ?

I Blau-beere, Stachel-beere, Erd-beere, Him(?)-beere

I Paradigmen:

laufen - lief - gelaufen

raufen - *rief/ raufte - *geraufen/ gerauft

I Dankbar+keit; *Dankbar+heit

I Aufgabe an die Morphologie: Beschreibung der Wortbildungsm¨oglichkeiten und -prozesse.

(35)

I Syntax

W¨orter stehen nicht allein, sondern typischerweise im Satz - viele Kombinationen sind m¨oglich - aber nicht alle:

I Der Hans will die B¨ucher in das Regal stellen.

I Die B¨ucher will der Hans in das Regal stellen.

I *Die B¨ucher wollen der Hans in das Regal stellen.

I In das Regal stellen will der Hans die B¨ucher.

I Die B¨ucher in das Regal stellen will der Hans.

I *Das Regal will der Hans die B¨ucher in stellen.

I *Der Hans die B¨ucher will in das Regal stellen.

I Aufgabe an die Syntax: Beschreibung aller erlaubten/

grammatischen Satzstrukturen.

(36)

I Semantik

Was bedeuten W¨orter und S¨atze?

I Da l¨auft etwas Graues - ein Elefant ein grauer Elefant Da l¨auft etwas Grosses - ein Elefant 9ein grosser Elefant

I ?Das folgende St¨uck ist ebenfalls von Bach - allerdings von seinem Sohn

I Alle Kinder sind nicht gekommen

I ?Colourless green ideas sleep furiously

I Schlaf endlich ein! - *Heiss endlich Paul!

I Einen Satz verstehen, heisst wissen, was der Fall ist, wenn er wahr ist. (Man kann ihn also verstehen ohne zu wissen, ob er wahr ist.)

Wittgenstein

(37)
(38)

I Der Sprachbegriff

I Einordnung der Linguistik in die Genealogie der Wissenschaften

I Kernbereiche der Grammatik (Phonologie, Morphologie, Syntax, Semantik)

(39)

I Sprache: die Gesamtheit aller potentiellen und tatschlichen Ausdr¨ucke innerhalb einer (Sprach-)gemeinschaft (Bloomfield 1926).

I Grammatik, auch: linguistische Kompetenz;

mentales Wissenssystem, das der Verwendung von Sprache zugrundeliegt.

(40)

”Linguistic theory is concerned primarily with an ideal

speaker-listener, in a completely homogeneous speech community, who knows its language perfectly and is unaffected by such grammatically irrelevant conditions as memory limitations,

distractions, shifts of attention and interest, and errors (random or characteristic) in applying his knowledge of the language in actual performance.” (Chomsky 1965)

+Unterscheidung zwischen Kompetenz und Performanz!

Kompetenz i.Ggs. zur Performanz ist nicht direkt beobachtbar.

Kompetenz ist einidealisierter Gegenstand

(41)
(42)

Grundlage f¨ur diese Sitzung:

Busch / Stenschke (2008). Germanistische Linguistik - eine Einf¨uhrung. T¨ubingen: Narr

Kapitel 2

(43)

Mit Sprache kann man¨uber etwasreden.

Die Linguistik kann als Teildisziplin der Semiotik (Zeichentheorie) gesehen werden (versteht sich aber als selbstst¨andige Disziplin).

Was ist ein Zeichen?

I Etwas, das f¨ur etwas steht - ’aliquid stat pro aliquo’ oder auch Ein Zeichen steht f¨ur ein Bezeichnetes

+ Stellvertreterfunktion!!

I Dieser Zeichenbegriff enth¨alt keine Einschr¨ankung dar¨uber, was Zeichen und Bezeichnetes sein k¨onnten.

I Rauch steht f¨ur Feuer

I ”Einhorn” steht f¨ur ein bestimmtes Fabelwesen

I rotes Licht an der Ampel steht f¨ur ”Stop!”

I

®

steht f¨ur Fahrradweg

(44)

Drei Typen von Zeichen (nach Charles Pierce)

I Index (auch Symptom)

I Zeichen und Bezeichnetes stehen in einem Folge-Verh¨altnis (auch Ursache-Wirkungs-Zusammenhang)

Stimmlage steht f¨ur Geschlecht Fieber steht f¨ur Krankheit Rauch steht f¨ur Feuer

I Ikon

I Zeichen und Bezeichnetes stehen in einem Ahnlichkeitsverh¨¨ altnis

Piktogramme

Onomatopoetika (Wauwau, Kuckuck)

I Symbol

I weder ¨Ahnlichkeits- noch Folgeverh¨altnis zwischen Zeichen und Bezeichnetem

(45)

Wie werden Zeichen benutzt

I Index (auch Symptom)

I Verh¨altnis von Zeichen und Bezeichnetem ist umwelt- / situationsabh¨angig

Verh¨altnis von Rauch und Feuer gilt unabh¨angig davon, ob jemand mit Rauchabsichtlich auf Feuer hinweisen will.

Indem wir Rauch als Zeichen f¨ur Feuer deuten, bedienen wir uns unseres Erfahrungswissens von der Welt.

I Indexe werden meist nicht intentional von Zeichenbenutzern gesetzt sondern ergeben sich aus der Situation - damit unterscheiden sie sich von Ikon und Symbol, die wir immer als absichtlich gesetzte Zeichen interpretieren

(46)

Wie werden Zeichen benutzt

I Ikon

I Ikone werden grunds¨atzlich mit einer Absicht gesetzt.

I Um Ikone als Zeichen zu nutzen, m¨ussen wir im Zeichen das Bezeichnete als Abbild wiedererkennen.

I Dazu m¨ussen wir wissen, wie Dinge abgebildet werden (prototypische Merkmale von Dingen).

I Im Prinzip sind Ikone sprach- und kulturunabh¨angig nutzbar.

Allerdings sind nicht alle Piktogramme ohne Weiteres zu deuten (abhngig vom Abstraktionsgrad).

Auch gibt es Gesellschaften, die traditionell keine Bilder herstellen und Probleme bei der Interpretation von Abbildungen und Piktogrammen haben.

I Die Grenze zum Symbol ist unklar (Entwicklung der Schrift von den Hieroglyphen zu abstrakteren Systemen)

PakinLufigjr

(47)
(48)

Wie werden Zeichen benutzt

I Symbol

I Die Beziehung von Zeichen und Bezeichnetem ist grunds¨atzlicharbitr¨ar:

Das Wort ”Baum” hat nichtsbaumhafteresals das engl.

”tree”.

Ein gelbes, auf der Spitze stehendes Quadrat mit weissem Rand kann ohne explizite Erkl¨arung nicht als Zeichen f¨ur Vorfahrt gedeutet werden.

I Die Zuweisung einer Bedeutung setzt alsoKonventionen ( ¨Ubereink¨unfte) ¨uber den Zeichengebrauch voraus.

I Symbole werden wie Ikonen intentional gesetzt und interpretiert.

(49)

Objekte oder Ph¨anomene werden nur ¨uber den Zeichenbenutzer zum Zeichen. Er stellt denReferenzbezug zwischen Zeichen und Bezeichnetem her

I Ein an einer Stange befestigtes, farbiges St¨uck Blech in Quadratform ist erst dann ein Zeichen, wenn wir unser Wissen um seine Funktion aufrufen.

I Die Beziehung zwischen Zeichen und Bezeichnetem ist also indirekt!

(50)

...ist gar kein Dreieck

(51)

Die Struktur des sprachlichen Zeichens:

MitSaussureunterscheiden wir zwischen Form (signifiant) und Inhalt (signifi´e) des sprachlichen Zeichens.

Achtung: signifi´e6= Referenzobjekt

I signifi´e≈ Bedeutung/ Konzept (ist ein Aspekt des Zeichens)

I Referenzobjekt ist nicht inh¨arenter Teil des Zeichens Saussure verwendet f¨ur

signifantauch den Begriffimage acoustique;

signifi´e wird auchconceptgenannt.

(52)

Die Struktur des sprachlichen Zeichens:

Form und Bedeutung sind unmittelbar aufeinander bezogen. Die Beziehung ist charakterisiert durch:

I Arbitrarit¨at (s.o.)

Zuordnung von Laut und Bedeutung ist willk¨urlich.

I Konventionalit¨at (s.o.)

Zuordnung kann nicht von jedem Benutzer nach Belieben vorgenommen werden. Zuordnung muss innerhalb der Sprechergemeinschaft einigermassen stabil sein, ansonsten scheiterte Kommunikation.

I Assoziativit¨at:

Zeichenform und -inhalt sind unterschiedliche aber miteinander verbundene Ged¨achtnisinhalte.

(53)

”Immer derselbe Tisch”, sagte der Mann, ”dieselben St¨uhle, das Bett, das Bild. Und dem Tisch sage ich Tisch, dem Bild sage ich Bild, das Bett heisst Bett, und den Stuhl nennt man Stuhl. Warum denn eigentlich?” Die Franzosen sagen dem Bett ”li”, dem Tisch

”tabl”, nennen das Bild ”tablo” und den Stuhl ”sch¨as”, und sie verstehen sich.[...] ”Warum heisst das Bett nicht Bild”, dachte der Mann [...] und er sagte von nun an dem Bett ”Bild”.

”Ich bin m¨ude, ich will ins Bild”, sagte er, und morgens blieb er oft lange im Bild liegen [...] und er nannte den Stuhl ”Wecker”. [...]

Am Morgen blieb der alte Mann lange im Bild liegen, um neun l¨autete das Fotoalbum, der Mann stand auf und stellte sich auf den Schrank, damit er nicht an die F¨usse fror, dann nahm er seine Kleider aus der Zeitung, zog sich an, schaute in den Stuhl an der Wand, setzte sich dann auf den Wecker an den Teppich, und bltterte den Spiegel durch, bis er den Tisch seiner Mutter fand.

(54)

Sprache als Zeichensystem

Was ist angesichts Bichsels Gedicht ¨uber die Beziehung von Form und Bedeutung zu sagen?

I Arbitrarit¨at (s.o.)

Zuordnung von Laut und Bedeutung ist willk¨urlich.

Sprechergemeinschaft einigermassen stabil sein, ansonsten scheiterte Kommunikation.

I Assoziativit¨at:

Zeichenform und -inhalt sind unterschiedliche aber miteinander verbundene Ged¨achtnisinhalte.

(55)

Sprache als Zeichensystem

Was ist angesichts Bichsels Gedicht ¨uber die Beziehung von Form und Bedeutung zu sagen?

I Konventionalit¨at (s.o.)

Zuordnung kann nicht von jedem Benutzer nach Belieben vorgenommen werden. Zuordnung muss innerhalb der Sprechergemeinschaft einigermassen stabil sein, ansonsten scheiterte Kommunikation.

I Assoziativit¨at:

Zeichenform und -inhalt sind unterschiedliche aber miteinander verbundene Ged¨achtnisinhalte.

(56)

Sprache als Zeichensystem

Was ist angesichts Bichsels Gedicht ¨uber die Beziehung von Form und Bedeutung zu sagen?

I Konventionalit¨at (s.o.)

Zuordnung kann nicht von jedem Benutzer nach Belieben vorgenommen werden. Zuordnung muss innerhalb der Sprechergemeinschaft einigermassen stabil sein, ansonsten scheiterte Kommunikation.

I Assoziativit¨at:

Zeichenform und -inhalt sind unterschiedliche aber miteinander verbundene Ged¨achtnisinhalte.

(57)

Figure: uhlers Organonmodell (Quelle: wikimedia commons)

(58)

Figure: uhlers Organonmodell (Quelle: wikimedia commons)

I Kreis: Schallph¨anomen

I Zeichen in dreifacher Hinsicht:

I Symbol (Beziehung zum Bezeichneten)

I Index/ Anzeichen (Beziehung zum Sender)

I Signal (Appell an Empf¨anger)

(59)

Figure: nach Morris (Quelle: Busch, Stenschke: Germanistische Linguistik)

(60)

I sprachliche (verbale) Zeichen

I {Hund, Katze, Maus...}

I paralinguistische (paraverbale) Zeichen

I Lautst¨arke, Intonation, Sprechtempo, Stimmqualit¨at...

I nichtsprachliche (nonverbale) Zeichen

I Gestik, Mimik, Blickkontakt...

I

Aufgabe: Gibt es einen Zusammenhang zwischen dieser Zeichenklassifikation und der Klassifikation von Pierce (Index, Ikon, Symbol)?

(61)

Das System Sprache ist nicht als eine Liste von Zeichen zu verstehen, aus der ein Sprecher bestimmte Elemente f¨ur seine Ausserungen w¨¨ ahlt und aneinanderreiht.

Die sprachlichen Zeichen sind nicht einfach aufgelistet, sondern habensystematische, regelhafte Beziehungen untereinander. Eine Sprache sprechen heisst daher, Regeln zu folgen (was Kreativit¨at nicht ausschliesst!).

I Syntagmatische Beziehungen

I Paradigmatische Beziehungen

I Analyse und Kombinatorik der Zeichen

(62)

I Syntagmatische Beziehungen

I Beziehung zwischen benachbarten sprachlichen Elementen in einer komplexen Einheit (Syntagma)

semantische Beziehung: Der Hund bellt / *Die Ente bellt grammatische Beziehung: Der Hund bellt / *Der Hund bellen

I Paradigmatische Beziehungen

I ’vertikale’ Beziehung zwischen sprachlichen Elementen.

Austauschbarkeit / Substituierbarkeit von Elementen einer Klasse (eines Paradigmas)

semantisches Paradigma:

Der Hund {bellt, knurrt, winselt, jault, *spricht ...}

morphosyntaktisches Paradigma:

Der Hund {bellt, bellte, hat gebellt, *bellten ...}

(63)

I Analyse und Kombinatorik der Zeichen

Sprachliche Zeichen sind mehrfach strukturiert (’Mehrstufigkeit der Zeichenorganisation, doppelte Gegliedertheit, Dualit¨at’)

I orter sind analysierbar in kleinere a) bedeutungstragende Wortbestandteile (Morpheme) und diese wiederum in b) bedeutungsunterscheidende Laute (nicht bedeutungstragende Phoneme)

I Andererseits sind W¨orter kombinierbar zu gr¨osseren Einheiten:

Phrasen, S¨atze, Texte

+ sprachliche Zeichen sind komplex und daher ¨okonomisch (sie transportieren viel auf einmal)

(64)

Analysierbar in

I Laute ohne eigene Bedeutung {v, œ, K, t, 5}

I Wortbestandteile mit Bedeutung{Wort + er} Kombinierbar mit

I anderen W¨ortern zu S¨atzen und Texten

(65)

I Analyse und Kombinatorik der Zeichen - in Zahlen

’Mehrstufigkeit der Zeichenorganisation, doppelte Gegliedertheit, Dualit¨at’

I Mit einer sehr kleinen Menge bedeutungsloser (aber

bedeutungsunterscheidender!) Einheiten (Phoneme, ca. 40 im Deutschen) kann eine sehr grosse Menge an

bedeutungstragenden Elementen (W¨orter, zwischen 50.000 und 500.000, je nach Z¨ahlweise) gebildet werden. Die Kombinationsm¨oglichkeiten von W¨ortern zu S¨atzen sind unendlich.

(66)

I Morphologie (4 Sitzungen)

I Phonetik / Phonologie (4-5 Sitzungen)

I Syntax (Rest des Semesters)

im kommenden Semester folgen: mehr Syntax, Semantik, Pragmatik und je nach Zeit ein wenig Historische Linguistik und Psycholinguistik

(67)

I Wir haben grosse Probleme, einen Satz wie ”Der Mediziner, der die Ministerin, die den Handwerker, dessen Geliebte Rosen

¨

uber alles liebt, ¨uberraschte, befragte, kritisierte den Pr¨asidenten.” zu verstehen.

Ist das ein Problem der Kompetenz oder der Performanz?

I Die Beziehung vom Symbol zum bezeichneten Gegenst¨and oder Sachverhalt gilt als arbitr¨ar. Was heisst das? Ist die Beziehung zwischen der Zeichenkette ”Hans k¨usst Maria” und dem entsprechenden Sachverhalt willk¨urlich? Warum? Was k¨onnte daran nicht willk¨urlich sein?

I Gestik und Mimik gelten als nonverbale / nichtsprachliche Zeichenkategorie. Wie ist das bei Nutzern der

Geb¨ardensprache?

I es wurden verschiedene semiotische Modelle (meist dreieckig) vorgestellt. Schauen Sie sich diese noch einmal an und entwirren Sie die verschiedenen Dimensionen des darin Dargestellten.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE