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Allgaier Leuch, B., Streit, K., & Brang, P. (2017). Der Schweizer Wald im Klimawandel: Welche Entwicklungen kommen auf uns zu? Merkblatt für die Praxis: Vol. 59. Birmensdorf: Eidg. Forschungsanstalt WSL.

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Merkblatt

für die Praxis

ISSN 2296-4428

© WSL Birmensdorf, 2017 WSL, Zürcherstrasse 111 CH-8903 Birmensdorf www.wsl.ch/publikationen

59

August

2017

Der Schweizer Wald im Klimawandel:

Welche Entwicklungen kommen auf uns zu?

Barbara Allgaier Leuch, Kathrin Streit und Peter Brang

Abb. 1. Ein Steilhang in den Voralpen veranschaulicht die mögliche Klimaerwärmung.

Steigt man in diesem Hang 600 Höhenmeter ab, erfährt man eine Temperaturer hö­

hung von 3,6 Grad und gelangt dabei von den Nadelwäldern der obermontanen in

Eidg. Forschungs anstalt WSL CH-8903 Birmensdorf

Es wird in der Schweiz wärmer und im Sommer trockener. Grund dafür ist der vom Menschen verursachte Klimawandel. Die sommerliche Trockenheit dürfte auf jenen Waldstandorten am stärksten zunehmen, die bereits heute relativ trocken sind. Als Folge des Klimawandels ver­

ändern sich die Wachstumsbedingungen und die Konkurrenzverhält­

nisse der Waldbäume, und langfristig ändert sich so auch die Baum­

artenzusammensetzung. Entsprechend wichtig ist es, dass die Waldverantwortlichen die Anpassung des Waldes unterstützen, denn der Klimawandel dürfte so stark sein und so rasch ablaufen, dass der Wald ohne gezielte Anpassungsmassnahmen wichtige Leistungen nicht mehr im geforderten Mass zu erbringen vermag.

In der Schweiz ist es in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten laufend wärmer geworden (Abb. 1). Dies zeigen die Aufzeichnungen von MeteoSchweiz (Abb. 2), nach denen die Jahresmittel­

temperaturen seit 1986 immer über dem Durchschnitt der Jahre 1961–1990 liegen. Insgesamt hat sich die Jahres­

mitteltemperatur in der Schweiz seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1864 um etwa 1,8 Grad erhöht. Dies ist rund doppelt so viel wie im weltweiten Durchschnitt, wo eine Erwärmung um 0,85 Grad zu verzeichnen war (IPCC 2014). Dass die Erwärmung in der Schweiz deutlich stärker ist, hat ver­

schiedene Ursachen. Eine Rolle spielen unter an derem die meerferne Lage, die Berge, die durch ihre Masse mehr Wärme aufnehmen können als das Flachland (Massenerhebungseffekt) und die abnehmende Reflexion der Sonneneinstrahlung durch die schwin­

denden Gletscher­ und Schneeflächen (Albedoeffekt).

Es ist mittlerweile eindeutig belegt, dass sich das Klima auf der Erde er­

wärmt, und das seit Mitte des 20. Jahr­

hunderts in einem rasanten Tempo (IPCC 2014). Ebenso erwiesen ist, dass der Mensch dafür der Hauptverantwortliche ist (siehe Box «Der UNO­Weltklimarat IPCC»). Der Anstieg der Treibhausgas­

konzentration in der Atmosphäre führt dazu, dass weniger Energie in den Welt­

raum abstrahlt und sich die Erde wie ein Treibhaus aufheizt. Das mit Abstand wichtigste Treibhausgas ist Kohlendioxid (CO2). Dieses wird bei der Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas sowie durch

(2)

−2,0

−1,5

−1,0

−0,5 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5

1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000 2020

Cancún von 2010 wurde das soge­

nannte «2­Grad­Ziel» beschlossen. Die­

ses Ziel bedeutet, dass die Erwärmung gegenüber vorindustrieller Zeit global gesehen nicht mehr als 2 Grad betragen soll. Seit der Klimakonferenz im Jahr 2015 in Paris soll die Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad und möglichst auf 1,5 Grad begrenzt werden. Damit dies gelingt, müssen die Treibhausgasemis­

sionen rasch und markant gesenkt wer­

den. «Rasch und markant» bedeutet, dass die Treibhausgasemissionen bis ins Jahr 2050 im Vergleich zu 1990 global um mindestens die Hälfte und in den Industrieländern um 80 bis 95 Prozent reduziert werden müssten (Manser et al.

2015). Dies entspricht der Entwicklung der Treibhausgasemissionen, wie sie mit dem Emissionsszenario RCP3PD, dem sog. «Verminderungs szenario» (Abb. 3, links), skizziert ist. Selbst wenn wir das schaffen, wird die Erwärmung gegen­

über vorindustrieller Zeit in der Schweiz zwei Grad übersteigen (Abb. 3, rechts, rechte Skala). Trotz aller Klimaschutzbe­

mühungen sind wir derzeit von einer Stabilisierung, geschweige denn von einer Verminderung der Treibhausgas­

emissionen weit entfernt – diese nehmen weiter zu und liegen heute sogar ober­

halb des Entwicklungspfads des A2­

Szenarios, eines Emissionsszenarios ohne explizite Massnahmen zum Kli­

maschutz (SCNAT 2016). Beim in der Abbildung 3 ebenfalls dargestellten freigesetzt. Dass die Treibhausgasent­

wicklung aussergewöhnlich ist, erkennt man beispielsweise daran, dass die CO2­ Konzentration in der Atmosphäre in den letzten 800 000 Jahren kaum je höher als 280 parts per million (ppm) war, aber im Rahmen des aktuellen Anstiegs im April 2014 erstmals die Marke von 400 ppm überschritten hat und somit über 40 Prozent höher liegt als in den Jahrtausenden zuvor (SCNAT 2016).

Der Zusammenhang zwischen Treib­

hausgaskonzentration in der Atmo­

sphäre und Temperatur wird genutzt, um die künftige Entwicklung der globa­

len Erwärmung und weiterer damit ver­

bundener klimatischer Veränderungen abzuschätzen. Allerdings ist die Vorher­

sage der Treibhausgasentwicklung mit grossen Unsicherheiten verbunden, weil sie von den gesellschaftlichen, techno­

logischen, wirtschaftlichen und politi­

schen Entwicklungen auf der ganzen Welt abhängig ist. Um dennoch Aus­

sagen zur Klimaentwicklung machen zu können, beruhen die Modellierungen auf sogenannten Emissionsszenarien.

Ein Emissionsszenario beschreibt einen bestimmten Entwicklungspfad bei den Treibhausgasemissionen. Die eigentliche Modellierung erfolgt dann mit kom­

plexen Klimamodellen, welche die kli­

marelevanten physikalischen Vorgänge auf der Erde nachbilden.

Das 2­Grad­Ziel

Die Staatengemeinschaft bemüht sich seit Längerem um eine Begrenzung der globalen Erwärmung. So wurde bereits 1992 in Rio de Janeiro die UN­Klimarah­

menkonvention verabschiedet, mit dem Ziel, «eine gefährliche Störung des Kli­

masystems durch den Menschen zu ver­

hindern». An der Klimakonferenz in

Abb. 2. Abweichung der Jahresmitteltemperatur von 1864 bis 2015 vom langjährigen Durchschnitt (Jahre 1961–1990). Quelle: MeteoSchweiz (2016).

Der UNO­Weltklimarat IPCC

Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), im deutschsprachigen Raum oft als Weltklimarat bezeichnet, ist ein internationales Gremium, das von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) im Jahr 1988 ins Leben gerufen wurde, um für die politischen Entscheidungsträger den Stand der Forschung zum Klimawandel zusammenzufassen und zu bewerten. Der Weltklimarat veröffentlicht in regel­

mässigen Abständen Sachstandsberichte, an deren Verfassung jeweils Hunderte von Wissenschaftern beteiligt sind. Dazu gehören auch Forscher aus der Schweiz, beispielsweise die Klimawissenschafter Prof. Dr. Thomas Stocker von der Universität Bern, Prof. Dr. Reto Knutti von der ETH Zürich und Prof. Dr. Kon­

rad Steffen von der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL. Die Kurzfassungen der Sachstandsberichte (Summary for Policymakers) werden von den Regierun­

gen der UNO­Mitgliedsländer verabschiedet. Durch diesen Akt anerkennen die Regierungen «die Rechtmässigkeit der wissenschaftlichen Inhalte».

In der Zusammenfassung des 5. Sachstandsberichts vom November 2014 (IPCC 2014) heisst es:

1. Die Erwärmung des Klimas ist eindeutig.

2. Der Einfluss des Menschen auf das Klima ist klar.

3. Die Beschränkung des Klimawandels erfordert grosse und lang anhaltende Reduktionen der Treibhausgasemissionen.

Jahr Abweichung vom Durchschnitt 1961–1990 [°C]

Jahre über dem Durchschnitt 1961−1990 Jahre unter dem Durchschnitt 1961−1990 20-jähriges gewichtetes Mittel (Gauss-Tiefpassfilter)

(3)

0 20 40 60 80 100 120 140

1900 1940 1980 2020 2060 2100 RCP3PD A1B

A2

gesehen nehmen die Niederschläge denn auch zu. In der Schweiz dürfte sich die jährliche Niederschlagsmenge nur wenig ändern. Hingegen ändert sich die Saisonalität der Niederschläge. Im Som­

mer dürfte die Schweiz nämlich zuneh­

mend in den Einflussbereich der sehr trockenen mediterranen Klimazone ge­

raten, weshalb eine Abnahme der sommerlichen Niederschläge bis Ende des Jahrhunderts zu erwarten ist. Am ausgeprägtesten dürften die Nieder­

schläge in der Nordwestschweiz und in der Südschweiz abnehmen mit Rück­

gängen im «mittleren» A1B­Szenario um 24 respektive 23 Prozent (Abb. 5).

Die sommerliche Niederschlagsabnahme über der Schweiz ist dabei im Wesentli­

chen durch einen Rückgang der Anzahl Regentage bestimmt. Dadurch werden längere Trockenperioden häufiger. In den anderen Jahreszeiten ist für Teile der Schweiz, insbesondere die Südschweiz, mit mehr Niederschlag zu rechnen (SCNAT 2016).

Nicht nur die mittleren Temperaturen und Niederschläge dürften sich ändern.

Veränderungen sind auch bei klimati­

schen Extremereignissen zu erwarten.

Wetterphänomene wie der Hitzesom­

mer 2003 oder der Jahrhundertnieder­

schlag vom August 2005 dürften zu­

künftig häufiger auftreten. Bereits heute ist in der Schweiz ein Trend zu mehr und A1B­Szenario gehen die Treibhausgas­

emissionen zwar zurück. Im Vergleich zum «Verminderungsszenario» RCP3PD setzt die Reduktion der Treibhausgas­

emissionen jedoch später ein, und sie ist weniger stark. Entsprechend wird bei diesem Szenario auch über das Jahr 2100 hinaus eine Erwärmung zu ver­

zeichnen sein. Auf diesem «mittleren»

Szenario bauen die folgenden Ab­

schnitte dieses Merkblatts auf, wohl wissend, dass in Abhängigkeit der Ent­

wicklungen weltweit auch andere «Kli­

mazukünfte» – mit weniger starker oder noch stärkerer Erwärmung – möglich sind.

Klimaszenarien für die Schweiz

Für das «mittlere» A1B­Szenario wird für die Schweiz bis Ende des Jahrhunderts eine Erwärmung von 3,3 Grad im Ver­

gleich zur Referenzperiode 1980–2009 respektive um 4,8 Grad im Vergleich zu vorindustrieller Zeit erwartet (Abb. 3, rechts). Dabei dürfte die Temperatur im Sommer stärker ansteigen als in den übrigen Jahreszeiten (Abb. 4). Die regi­

onalen Unterschiede dürften hingegen vergleichsweise gering sein. Die Modelle deuten aber auf eine etwas stärkere Erwärmung in höheren Lagen sowie in der Südschweiz hin (SCNAT 2016). So wird beispielsweise in der Region «Alpen

West» bis Ende des Jahrhunderts ein Anstieg der Sommertemperatur um etwa 4,5 Grad im Vergleich zur Refe­

renzperiode 1980–2009 erwartet.

Niederschläge zeigen eine wesentlich höhere Variabilität als Lufttemperaturen, weshalb ihre Entwicklung schwieriger abschätzbar ist. Grundsätzlich führt die globale Erwärmung dazu, dass sich der Wasserkreislauf beschleunigt. Global Das BAFU/WSL­Forschungsprogramm «Wald und Klimawandel»

Das Forschungsprogramm «Wald und Klimawandel» (2009–2017) wurde vom Bundesamt für Umwelt und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft unter Einbezug der Kantone lanciert. Sein Ziel war, Grundlagenwissen zu den Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald zu erarbeiten, damit die Akteure die mit dem Klimawandel verbundenen Risiken im Wald und die Anpassungsfähigkeit des Waldes einschätzen und entspre­

chende Anpassungsmassnahmen treffen können. Die Ergebnisse der 42 For­

schungsprojekte wurden im Rahmen der wissenschaftlichen Synthese des For­

schungsprogramms miteinander verknüpft, mit der internationalen Forschung abgestimmt und Ende 2016 in Buchform veröffentlicht: «Wald im Klimawandel.

Grundlagen für Adaptationsstrategien» (Pluess et al. 2016).

Merkblattserie für die Forstpraxis

Das vorliegende Merkblatt bildet den Auftakt der Merkblattserie «Der Schwei­

zer Wald im Klimawandel», die sich speziell an die Waldverantwortlichen rich­

tet und sie darin unterstützt, die mit dem Klimawandel verbundenen Risiken einzuschätzen und die Waldbewirtschaftung entsprechend anzupassen.

Abb. 3. Links: Globale Treibhausgasemissionen bisher (schwarz) sowie mit den Emissionsszenarien RCP3PD (Verminderungsszenario), A1B («mittleres» Szenario) und A2 (Szenario ohne explizite Mass­

nahmen zum Klimaschutz) modellierte künftige Entwicklung. Rechts: Daraus abgeleitete Zunahme der Jahresmitteltemperatur in der Schweiz bis Ende des 21. Jahrhundert (Periode 2070–2099) im Vergleich zur Periode 1980–2009 (linke Achse) und gegenüber vorindustrieller Zeit (rechte Achse), wobei Median (Balken) sowie der Bereich zwischen dem 2,5. und dem 97,5. Perzentil (Box) dargestellt sind.

Quelle: C2SM (2011), verändert.

Globale Treibhausgasemissionen [GtCO2-eq/Jahr]

Jahr

0 1 2 3 4 5 6

RCP3PD A1B A2

Temperaturänderung gegenüber 1980–2009 [°C] T-Änderung gegenüber vorindustrieller Zeit [°C] 2

3 4 5 6 7

(4)

intensiveren Hitzetagen und weniger Kältetagen zu beobachten. Dieser Trend dürfte sich in Zukunft verstärken. Som­

merliche Hitzewellen, die mit Trocken­

heit verbunden sind, dürften Ende des Jahrhunderts deutlich öfter vorkommen als heute. Weiter werden auch häufigere und intensivere Stark niederschläge er­

wartet. Bei den Winterstürmen hinge­

gen ist die künftige Entwicklung unklar.

So zeigen nur einzelne Modelle eine Veränderung im Vergleich zur heutigen Situation, und in der Vergangenheit war kein robuster Trend erkennbar (SCNAT 2016).

Auswirkungen auf die Waldstandorte

Die Standortfaktoren Klima, Boden und Topografie bestimmen massgeblich, welche Baumarten und Waldgesell­

schaften an einem Ort überhaupt vor­

kommen und wie gut die Bäume dort wachsen können. Mit dem Klimawandel verändert sich einer der Standortfak­

toren stark. Wie gross die Standortver­

änderungen bis Ende des Jahrhunderts sein könnten, stellen wir im Folgenden mithilfe von drei waldbezogenen Merk­

malen dar:

1. der Wasserverfügbarkeit, 2. den Vegetationshöhenstufen und 3. der Habitateignung für ausgewählte

Baumarten.

Weniger Wasser während der Vegetationszeit verfügbar

Durch den Klimawandel dürfte den Bäu­

men bis Ende des Jahrhunderts während der Vegetationszeit weniger Wasser zur Verfügung stehen, dann also, wenn sie am meisten Wasser benötigen. Dazu trägt neben dem Rückgang der Som­

merniederschläge auch die steigende Verdunstung im Zuge der Erwärmung bei.

Ein Mass für die Wasserverfügbarkeit ist das Verhältnis von aktueller zu poten­

zieller Evapotranspiration (ETa/ETp­Ver­

hältnis). Die Evapotranspiration ist die Summe aus Evaporation (Wasserver­

dunstung von unbewachsenen Flächen) und Transpiration (Wasserverdunstung über die Blätter von Pflanzen). Das ETa/

ETp­Verhältnis bezieht neben dem Bo­

denwasser auch die Temperatur und die Strahlung in die Berechnung ein. Es zeigt

Abb. 4. Temperaturänderung in der Schweiz nach Region und Jahreszeit bis Ende des 21. Jahrhun­

derts (2070–2099) im Vergleich zur Periode 1980–2009 für das «mittlere» Emissionsszenario A1B.

Dargestellt sind Median (Balken) sowie Bereich zwischen dem 2,5. und 97,5. Perzentil (Box). Quellen:

C2SM (2011; Grafiken a, b, e) und Fischer et al. (2015; Grafiken c und d), verändert.

Abb. 5. Niederschlagsänderung in der Schweiz nach Region und Jahreszeit bis Ende des 21. Jahrhun­

derts (2070–2099) im Vergleich zur Periode 1980–2009 für das «mittlere» A1B­Emissionsszenario.

Dargestellt sind Median (Balken) sowie Bereich zwischen dem 2,5. und 97,5. Perzentil (Box). Quellen:

C2SM (2011; Grafiken a, b, e) und Fischer et al. (2015; Grafiken c und d), verändert.

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,5 6,0

5,0

a) Nordost- schweiz

b) Nordwest- schweiz

c) Alpen Ost d) Alpen West e) Südschweiz

Winter (Dezember, Januar, Februar) Frühling (März, April, Mai)

Sommer (Juni, Juli, August)

Herbst (September, Oktober, November) Temperaturänderung 2070–2099 gegenüber 1980–2009 [°C]

a) Nordost-

schweiz b) Nordwest-

schweiz c) Alpen Ost d) Alpen West e) Südschweiz Winter (Dezember, Januar, Februar)

Frühling (März, April, Mai)

Sommer (Juni, Juli, August)

Herbst (September, Oktober, November) –40

–35 –30 –25 –20 –15 –10 –5 0 5 15 20 25 30 35 40 45

10

Niederschlagsänderung 2070–2099 gegenüber 1980–2009 [°C]

(5)

an, ob die Bäume das für die Transpira­

tion benötigte Wasser tatsächlich aus dem Boden beziehen können. Ist dies nicht der Fall, sparen sie Wasser, indem sie die Spaltöffnungen der Blätter schlies sen. Sie können dann aber auch keine Fotosynthese mehr betreiben. Fällt das ETa / ETp­Verhältnis unter 0,8, ist zu nehmend mit trockenheitsbedingten Beeinträchtigungen zu rechnen.

Wie sich das ETa / ETp­Verhältnis während der Vegetationszeit bis Ende des Jahrhunderts entwickeln könnte, wurde mithilfe von zwei unterschied­

lichen regionalen Klimamodellen abge­

schätzt, die die Bandbreite der mögli­

chen klimatischen Entwicklungen für das «mittlere» A1B­Szenario abstecken (reMund et al. 2016). Den unteren Rand des Bandes bildet das RegCM3­Modell, das im Schweizer Durchschnitt im Som­

merhalbjahr (April bis September) zwei Prozent weniger Niederschlag und eine Erwärmung um 3,1 Grad bis Ende des Jahrhunderts prognostiziert. Den obe­

ren Rand bildet das CLM­Modell mit einer Niederschlagsabnahme um 19 Pro­

zent und einem Temperaturanstieg um 4,3 Grad.

In den meisten Regionen der Schweiz liegt das ETa / ETp­Verhältnis im Durch­

schnitt der Vegetationszeit heute über 0,8. Doch der Trend ist abnehmend, und bis zum Ende des Jahrhunderts dürfte sich die Situation je nach Region und unterlegter «Klimazukunft» (RegCM3 oder CLM) deutlich verschlechtern (Abb. 6). Von Wassermangel dürften in Zukunft also nicht nur die bereits heute als trocken bekannten Lagen im Wallis oder im Genferseegebiet betroffen sein.

Eine starke Abnahme der Wasserverfüg­

barkeit, insbesondere im Mittelland und im Tessin, zeigt sich beim «trockeneren»

CLM­Modell. Trifft diese «Klimazukunft»

ein, wird die Wasserverfügbarkeit auf den meisten heutigen Buchenmisch­

wald­Standorten (submontan) und Buchenwald­Standorten (untermontan) Ende des Jahrhunderts derjenigen von heutigen Föhren­ oder gar Eichenwald­

standorten entsprechen (scherler et al.

2016). Beim «weniger trockenen»

RegCM3­Modell nimmt die Wasser­

verfügbarkeit dagegen nur in wenigen Teilen der Schweiz ab, und die Abnahme ist weniger stark.

Grundsätzlich wird erwartet, dass die Trockenheit auf jenen Waldstandorten am stärksten zunehmen wird, die bereits

Abb. 6. Wasserverfügbarkeit, ausgedrückt als durchschnittliches ETa/ETp­Verhältnis während der Vege­

tationszeit (April–August): heute (oben; Durchschnitt 1981–2010) und Ende des Jahrhunderts (unten;

2070–2099) modelliert mit dem «weniger trockenen» RegCM3­ (links) und dem «trockeneren» CLM­

Modell (rechts) für das «mittlere» A1B­Emissionsszenario. Quelle: reMund et al. (2016), verändert.

Abb. 7. Verteilung der Vegetationshöhenstufen heute in der Schweiz (oben) und Modellierung für Ende des 21. Jahrhunderts (2070–2099; unten) mit dem «weniger trockenen» RegCM3­Modell (links) und dem «trockeneren» CLM­Modell (rechts) für das «mittlere» A1B­Emissionsszenario inner­

halb des heutigen Waldareals. Die obersubalpine Stufe wurde nicht modelliert. Quelle: Frehner et al.

(in Bearbeitung; Stand: Januar 2017). Karten: Abenis AG.

50 km

50 km 50 km

RegCM3-Modell CLM-Modell

HeuteEnde des 21. Jahrhunderts

Höhenstufen hyperinsubrisch kollin

kollin mit Buche (nur Tessin) submontan

untermontan obermontan

unter- und obermontan hochmontan

subalpin

in diesem Merkblatt behandelte Beispiele Jaun und Jolimont

RegCM3-Modell CLM-Modell

HeuteEnde des 21. Jahrhunderts

Wasserverfügbarkeit keine Daten

≤ 0,40 0,41–0,50 0,51–0,60 0,61–0,70 0,71–0,80 0,81–0,90 0,91–1,00

in diesem Merkblatt behandelte Beispiele Jaun und Jolimont

(6)

Abb. 8. Habitateignung für Fichte, Tanne, Buche und Traubeneiche heute (1981–2010) und in Zukunft (2051–2080) für das «mittlere» A1B­Emissionssze­

nario. In den Grafiken links sind mit schwarzen Punkten die heutigen, effektiven Vorkommen der jeweiligen Art gemäss Landesforstinventar dargestellt.

Quelle und Details zur Berechnungsweise: ZiMMerMann et al. (2016). Darstellung verändert.

Klima heute Klima in der 2. Hälfte des Jahrhunderts

Tanne Fichte

Buche

Traubeneiche

Habitateignung wahrscheinlich hoch Habitateignung wahrscheinlich gering Situation unklar 50 km

(7)

sind die Ergebnisse für die Fichte, die Buche und die Tanne – die drei häufigs­

ten Arten in der Schweiz – sowie für die Traubeneiche. Die Ergebnisse für die restlichen Baumarten sind im Internet verfügbar (www.wsl.ch/lud/portree/

download.ehtml; Datum der Abfrage:

7.7.2017).

Während sich für die Fichte heute fast die ganze (waldfähige) Schweiz als Habitat eignet, findet diese Art beim

«mittleren» A1B­Emissionsszenario in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts nur noch in den höheren Lagen der Alpen und Voralpen, des Juras und des Tessins günstige klimatische Bedingungen (Abb. 8). Grosse Verschiebungen in der Habitateignung werden auch für die Buche erwartet. Gerade für das Mittel­

land wird ein Klima vorausgesagt, in welchem die Buche wie auch die Fichte heute in der Schweiz und im nahen Aus­

land nirgends wachsen. Die Trauben­

eiche hingegen dürfte vom Klimawandel profitieren (mehr dazu in BonFils et al.

2015). Bei der Tanne wird ähnlich wie bei der Buche im Mittelland eine ge­

ringe Habitateignung vorausgesagt. Es könnte aber auch sein, dass bei ihr die Modellierung zu pessimistisch ist – die Tanne wuchs vor einigen Tausend Jahren durchaus unter wärmeren und trockeneren Bedingungen und dürfte bei uns unter anderem wegen durch Menschen verursachter Feuer aus vielen Wäldern verschwunden sein (conedera

und Tinner 2010).

Nicht abzubilden vermag die Modellie­

rung der Habitateignung – wie auch die der Vegetationshöhenstufen und der Wasserverfügbarkeit – die Standortun­

terschiede, wie sie in der Schweiz an sehr vielen Orten auf kleinem Raum anzutreffen sind. So dürften Fichten und Buchen auch unter dem «mittleren»

A1B­Emissionsszenario Ende des Jahr­

hunderts im Schweizer Mittelland noch günstige Standorte vorfinden, allerdings vor allem in gut wasserversorgten und schattigen Lagen. Auch wird der Baum­

artenwechsel nicht so rasch ablaufen, wie die Modellierungen von Habitateig­

nung und Vegetationshöhenstufen dies suggerieren. Die Modellierungen besa­

gen lediglich, inwiefern sich das Klima für eine Art respektive eine Stufe verän­

dert, und zeigen damit Regionen mit höheren beziehungsweise geringeren Risiken für die Baumarten an.

Störungen beschleunigen Veränderungen

Der Klimawandel hat auch Einfluss auf Störungen, beispielsweise Waldbrände (Abb. 9) oder Schädlingskalamitäten (Abb. 10). In der Schweiz treten jedes Jahr etwa hundert Waldbrände auf, hauptsächlich in den Alpen. In Zukunft ist für den Sommer eine Zunahme der Waldbrandgefahr in allen Landesteilen zu erwarten, wobei die Süd­ und Zent­

ralalpen am stärksten und die Nordalpen heute relativ trocken sind. Von Wasser­

mangel hingegen nur wenig betroffen sein dürften Waldstandorte in heute sehr niederschlagsreichen und kühlen Lagen auf tiefgründigen oder grund­

wasserbeeinflussten respektive vergley­

ten Böden, wie sie entlang des Alpen­

nordhangs häufig anzutreffen sind (scherler et al. 2016).

Kolline und submontane Stufe breiten sich aus

Getrieben durch die Temperatur weisen unsere Baumarten und Waldgesellschaf­

ten entlang des Höhengradienten eine typische Abfolge auf. Diese wird zur Abgrenzung der Vegetationshöhenstu­

fen genutzt (z. B. Frehner et al. 2005/09).

Modelliert man die Verbreitungsgrenzen dieser Stufen für die klimatischen Bedin­

gungen von heute und für diejenigen Ende des Jahrhunderts im «mittleren»

A1B­Szenario, zeigen sich grosse Ver­

änderungen (Abb. 7): Die kolline Stufe, die heute fast nur im Raum Genf–Lau­

sanne und in Tieflagen des Rhonetals anzutreffen ist und in der Trockenheit ertragende Baumarten dominieren, ge­

winnt vorab im Mittelland an Fläche, beim «trockeneren» CLM­Modell mehr, beim «weniger trockenen» RegCM3­

Modell weniger. Stark ausdehnen dürfte sich vor allem die submontane Stufe, die bis Ende des Jahrhunderts weit ins Vor­

alpengebiet vorstossen und die Bergket­

ten des Jura fast ganz überspannen könnte. Dafür werden Arealverluste für die untermontane, die obermontane, die hochmontane und die subalpine Stufe erwartet.

Habitateignung für Fichte und Buche nimmt ab

Starke Veränderungen werden auch be­

züglich der Habitateignung («Potenzial­

gebiete»; ZiMMerMann et al. 2016) er­

wartet. Im Gegensatz zu den auf Basis der potenziellen natürlichen Vegetation modellierten Vegetationshöhenstufen wurden für die Abschätzung der Habitat­

eignung die heutigen, effektiven Baum­

artenvorkommen verwendet. Kon kret wurde für insgesamt 30 Baumarten un­

tersucht, wo für die jeweilige Art unter dem «mittleren» A1B­Emissionsszenario in Zukunft diejenigen Bedingungen an­

zutreffen sind, unter welchen sie heute vorkommt. Dargestellt in diesem Kapitel

Abb. 9. Die Wald­

brandgefahr wird als Folge des Klimawan­

dels in allen Landes­

teilen zunehmen. Im Bild: Waldbrand von Visp, April 2011.

(8)

… und damit die Baumartenzusam­

mensetzung

Wie Bäume auf steigende Temperaturen und zunehmende Sommertrockenheit reagieren, ist artspezifisch. «Verlierer»

unter den Baumarten wachsen langsa­

mer oder sterben gar ab, «Gewinner»

profitieren. Die Konkurrenzverhältnisse verschieben sich, und langfristig ändert sich so die Baumartenzusammensetzung.

Fichten und Buchen, die zwei häufigs­

ten Baumarten im Schweizer Wald, zei­

gen bereits heute in den tieferen Lagen ein rückläufiges Bestandeswachstum (Bircher et al. 2016). Die weitere Ent­

wicklung des ETa / ETp­Verhältnisses lässt vermuten, dass ihr Wachstum dort auch in Zukunft zurückgehen wird. Dies konnte bereits im Hitzesommer 2003 beobachtet werden (Braun et al. 2015).

Hinzu kommen Verjüngungsprobleme in tieferen Lagen (WohlgeMuTh et al.

2016). Andere, trockenheitstolerantere Arten wie zum Beispiel die Eichen werden sich dafür ausbreiten können (ZiMMerMann et al. 2016). Zudem kön­

nen kältelimitierte Baumarten – zum Beispiel Eichen oder Kirschbäume – bei ansteigenden Temperaturen in grössere Höhen vorstossen. So lässt die Modellie­

rung der Vegetationshöhenstufen wie auch der Habitateignung erwarten (siehe Abb. 7 und 8), dass sich im Zuge des Klimawandels das Verbreitungs­

gebiet montaner (z. B. Buche, Tanne) und subalpiner Arten (z. B. Fichte) ver­

ringert, dasjenige kolliner Arten (z. B. der Eichen) oder des im Jurabogen vorkom­

menden schneeballblättrigen Ahorns (Acer opalus) jedoch vergrössert.

Was bedeuten all diese als Folge des Klimawandels gleichzeitig ablaufenden Veränderungen für einen spezifischen Waldstandort? Die zwei folgenden Bei­

spiele liefern Hinweise dazu:

Beispiel 1: feuchter Fichten­

Tannenwald bei Jaun (FR)

Dieser Standort befindet sich in den nördlichen Randalpen oberhalb von Jaun (FR). Er liegt heute in der hochmontanen Stufe (Abb. 11, links), wobei es sich um einen «Alpendost­Fichten­Tannenwald mit gelbem Eisenhut» handelt (50f;

Frehner et al. 2005/09). Der Waldbe­

stand setzt sich zusammen aus Fichten (75 %), Tannen (25 %) und wenigen Laubbäumen (Abb. 12, links). Gegen Ende des Jahrhunderts wird mit dem am wenigsten betroffen sind. Die durch­

schnittliche Anzahl Tage mit «extremer Waldbrandgefahr» dürfte Ende des Jahr­

hunderts bei Eintreten der Klimazukunft des «trockeneren» CLM­Modells meist höher sein als im Hitzesommer 2003 (PeZZaTTi et al. 2016).

Auch die Entwicklung des Buch dru­

ckers, des heute wichtigsten Schadinsekts im Wald, wird durch den Klimawandel begünstigt. Ende des Jahrhunderts dürfte wegen der steigenden Tempera­

turen im Mittelland häufig mit drei, in den Vor alpen und im Jura mit zwei Käfergene rationen pro Jahr zu rechnen sein, was bisher nur unter den extremen Bedin gungen des Hitzesommers 2003 zu beobachten war (JakoBy et al. 2016).

Trockenperioden und insbesondere Sturmschä den in Fichten beständen wer­

den die Vermehrung des Buchdruckers zusätzlich fördern und den Druck auf die überlebenden Fichten verstärken. Aller­

dings ist unklar, wie sich die Sturmhäu­

figkeit in Zukunft verändert (SCNAT 2016).

Ganz allgemein gilt, dass die klima­

tischen Einflüsse und Störungen wie Waldbrände und Schädlingskalamitäten zusammenwirken und die Störungen die klimawandelbedingten Veränderungen im Wald stark beschleunigen.

Auswirkungen auf die Waldbestände

Klimawandel prägt Wachstum und Mortalität der Bäume …

Grundsätzlich wachsen Bäume schnel­

ler, wenn es wärmer wird – aber nur, solange es genügend feucht bleibt.

Durch die sinkende Wasserverfügbarkeit (siehe Abb. 6) wird das Baumwachstum in den tieferen Lagen der Schweiz zu­

nehmend eingeschränkt. Das bedeutet, dass Zuwächse und Vorräte längerfristig zurückgehen dürften. In den höheren Lagen ist mit stärkerem Baumwachstum zu rechnen, weil die Wasserverfügbar­

keit meist gut bleiben dürfte. Ein solch gegenläufiges Verhalten war bereits im

«Jahrhundertsommer» 2003 feststellbar (doBBerTin 2005). Ausgeprägte Trocken­

heit kann auch zum Baumtod führen.

Bislang wurde für die meisten Baum­

arten eine geringe trockenheitsbedingte Mortalität festgestellt – Ausnahmen sind die Edelkastanie im Tessin und die Waldföhre in den Walliser und Bündner Trockentälern (eTZold et al. 2016). In Zukunft ist von zunehmender Mortalität auszugehen, weil lang anhaltende Trockenperioden deutlich öfter auf­

treten dürften (SCNAT 2016) und viele Schadorganismen, zum Beispiel der Buchdrucker, von den steigenden Tem­

peraturen profitieren.

Abb. 10. Der Klima­

wandel begünstigt die Buchdrucker­

entwicklung. Im Bild: Befallsherd im Diemtigtal, aufge­

nommen im Okto­

ber 2005.

(9)

dass sie dank den höheren Temperatu­

ren und der weiterhin guten Wasser­

verfügbarkeit in diesem Gebiet (siehe Abb. 6) gar ihr Wachstum steigern.

Allerdings wird sich auch das Risiko für Borkenkäfer befall erhöhen. Längerfris­

Waldhirsen­Buchenwald» vor (Abb. 12, rechts). Dies bedeutet, dass im Zuge des Klimawandels die Buche am hoch­

montanen Standort in Jaun an Konkur­

renzkraft gewinnen dürfte. Für die Fichte und die Tanne ist zu erwarten,

«mittleren» A1B­Emissionsszenario für diesen Standort ein Klima prognosti­

ziert, wie es heute in der untermontanen Stufe anzutreffen ist (Abb. 11, Mitte und rechts). Dort kommt unter vergleich­

baren Bodenbedingungen ein «feuchter

Heute Ende des 21. Jahrhunderts

RegCM3­Modell CLM­Modell

Abb. 11. Verteilung der Vegetationshöhenstufen heute im Raum Jaun (FR; links) und Modellierung für Ende des 21. Jahrhunderts (2070–2099) mit dem

«weniger trockenen» RegCM3­Modell (Mitte) und dem «trockeneren» CLM­Modell (rechts) für das «mittlere» A1B­Emissionsszenario. Der rote Punkt be­

zeichnet den im Text behandelten Standort. Quelle: Frehner et al. (in Bearbeitung; Stand: Januar 2017). Karten: Abenis AG.

Abb. 12. Waldhabitus für den heutigen (50f; links) und den mit dem «mittleren» A1B­Emissionsszenario modellierten zukünftigen Waldstandorttyp (8S; rechts) im Fallbeispiel 1 (Jaun, FR).

(10)

Bergsegge» (Nr. 15) mit Buchen (60 %), Waldföhren (25 %) und Traubeneichen (15 %) bestockt (Abb. 14, links). Für die Zukunft wird mit dem «mittleren» A1B­

Emissionsszenario ein kollines Klima prognostiziert (Abb. 13, Mitte und­

rechts). In der kollinen Stufe steht auf Beispiel 2: trockener Buchenwald

auf dem Jolimont (BE)

Deutlich stärker dürften die Auswir­

kungen des Klimawandels beim in der submontanen Stufe liegenden Standort auf dem Jolimont, Kanton Bern, sein.

Heute ist der «Seggen­Buchenwald mit tig sollte daher eine risikoärmere Baum­

artenmischung angestrebt werden – die heutigen kantonalen Empfehlungen raten zu einem Laubholzanteil von min­

destens 50 Prozent für den Standorttyp 8S (Mittelwert aus neun kantonalen Empfehlungen).

Abb. 13. Verteilung der Vegetationshöhenstufen heute auf dem Jolimont (BE; links) und Modellierung für Ende des 21. Jahrhunderts (2070–2099) mit dem «weniger trockenen» RegCM3­Modell (Mitte) und dem «trockeneren» CLM­Modell (rechts) für das «mittlere» A1B­Emissionsszenario. Der rote Punkt bezeichnet den im Text behandelten Standort. Quelle: Frehner et al. (in Bearbeitung; Stand Januar 2017). Karten: Abenis AG.

Heute Ende des 21. Jahrhunderts

RegCM3­Modell CLM­Modell

Abb. 14. Waldhabitus für den heutigen (Nr. 15) und den mit dem «mittleren» A1B­Emissionsszenario modellierten zukünftigen Waldstandorttyp (Nr. 41) im Fallbeispiel 2 (Jolimont, BE).

(11)

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ten dürften auf diesem Standort auch in Zukunft gedeihen. Im Zuge der abneh­

menden Wasserverfügbarkeit ist jedoch zu erwarten, dass die Buche deutlich an Konkurrenzkraft verliert und dass das Bestandeswachstum zurückgeht. Damit würde der Bestand auch lückiger und die Bäume würden nur noch eine Höhe von etwa 10 bis 15 m erreichen (heute:

15 bis 25 m).

Fazit

Wie stark sich der Klimawandel auf den Schweizer Wald auswirken wird, hängt in erster Linie von der Entwicklung der Treibhausgasemissionen ab. Wie die vorangehenden Darstellungen zeigen, hat die klimatische Entwicklung, wie sie aus dem «mittleren» A1B­Emissions­

szenario resultiert, deutliche Folgen für den Schweizer Wald und dessen Leis­

tungserbringung. Ob dieses Emissions­

szenario oder eines mit geringeren oder höheren Treibhausgasemissionen Rea­

lität werden wird, wird die Zukunft weisen. Auf jeden Fall werden sich die heutigen Treibhausgasemissionen noch sehr lange auswirken.

Die Auswirkungen des Klimawandels sind aber auch vom Waldstandort und von der gegenwärtigen Bestockung abhängig. So werden die grössten Än­

derungen dort erwartet, wo es schon heute trocken ist, und dort, wo Baumar­

ten bereits heute Schwächesymptome in trockenen Sommern zeigen. Die Wanderung der Baumarten wird der klimatischen Entwicklung hinterher­

hinken, denn Bäume können auch noch auf Standorten ausharren, auf denen sie sich nicht mehr verjüngen können, und die spontane Besiedlung neuen Terrains braucht Zeit. Störungen werden den Wechsel beschleunigen, und Ex­

tremereignisse wie zum Beispiel som­

merliche Hitzewellen dürften dabei eine grosse Rolle spielen.

Zum heutigen Zeitpunkt ist davon auszugehen, dass der Klimawandel so stark ist und so rasch abläuft, dass sich der Wald ohne menschliche Hilfe nicht genügend rasch anpassen kann, um die von ihm geforderten Leistungen im bis­

herigen Umfang weiterhin zu erbringen.

Entsprechend wichtig ist es, dass die

Waldverantwortlichen die Anpassung des Waldes gezielt unterstützen und rechtzeitig eingreifen, um die Baum­

artenzusammensetzung sanft und suk­

zessive anzupassen. Weitere Merkblät­

ter aus dem Forschungsprogramm und insbesondere die angepassten standort­

kundlichen Grundlagen (Frehner et al., in Bearbeitung) werden dazu Hilfestel­

lungen bieten.

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(12)

Fotos

Peter Brang (Abb. 1, Abb. 10), Ulrich Wasem (Abb. 9), Geri Kaufmann (Abb. 12 links und rechts), Barbara Allgaier Leuch (Abb. 14 links) und Peter Schmider (Abb. 14 rechts)

Zitierung

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gart, Wien, Haupt. 198–221.

Kontakt

Peter Brang

Eidg. Forschungsanstalt WSL Zürcherstrasse 111

CH­8903 Birmensdorf peter.brang@wsl.ch

Weiterführende Informationen

www.wsl.ch/wald_klima

Konzept

Im Merkblatt für die Praxis werden Forschungsergebnisse zu Wissenskonzen­

traten und Handlungsanleitungen für Praktikerinnen und Praktiker aufbereitet. Die Reihe richtet sich an Forst­ und Naturschutzkreise, Behörden, Schulen und interes­

sierte Laien.

Französische Ausgaben erscheinen in der Schriftenreihe Notice pour le praticien (ISSN 1012­6554). Italienische Ausgaben erscheinen in loser Folge in der Schriften­

reihe Notizie per la pratica (ISSN 1422­2914).

Die neuesten Ausgaben (siehe www.wsl.ch/merkblatt)

Nr. 58: Kupferstecher und Furchenflügeliger Fichtenborkenkäfer. B. Forster 2017.

8 S.

Nr. 57: Das Eschentriebsterben. Biologie, Krankheits symptome und Handlungs­

empfehlungen. d. rigling et al. 2016. 8 S.

Nr. 56: Siedlungs­ und Landschaftsentwicklung in ag glo merationsnahen Räumen.

Raumansprüche von Mensch und Natur. S. Tobias et al. 2016. 16 S.

Nr. 55: Die Eiche im Klimawandel. Zukunftschancen einer Baumart. P. bonfils et al. 2015. 12 S.

Nr. 54: Der Kastanienrindenkrebs. Schadsymptome, Biologie und Gegenmass­

nahmen. D. Rigling et al. 2014. 8 S.

Nr. 53: Lebensraumvernetzung in der Agrarlandschaft. Chancen und Risiken.

D. CsenCsiCs et al. 2014. 8 S.

Nr. 52: Totholz im Wald. Entstehung, Bedeutung und Förderung. T. laChaTet al. 2013.

12 S.

Nr. 51: Naherholung räumlich erfassen. M. buCheCkeR et al. 2013. 8 S.

Nr. 50: Laubholz-Bockkäfer aus Asien – Ökologie und Management. 2. überarb. Aufl.

b. WeRMelingeR et al. 2013. 16 S.

Managing Editor Martin Moritzi

Eidg. Forschungs anstalt WSL Zürcherstrasse 111

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ISSN 1422­2876

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