Bevor die Post verstaatlicht wurde
Die Post der Fischer 1675 - 1832
von Karl Kronig, Konservator am PTT-Museum, und Thomas Klöti, wissenschaftlicher Assistent an der Stadt- und Universitätsbibliothek Bern
Beat Fischer
von
Reichenbach (1641- 1698), Pächter des Bernischen Postregals und Begründer der FischerPost.berg, so dass der Wunsch bestand, Bern wieder besser ins überregionale Postnetz zu integrieren. Dazu kam, dass
sich die
Obrigkeit Gedanken darüber machte,wie der
Finanz-haushalt gesichert werden könnte.
Der Botendienst durch die Standes- läufer kostete den Staat jährlich etwa 1000 Kronen und machte auch die Briefbeförderung
für die
privatenBenützer kostspielig, während die St. Galler Kaufmannschaft mit ihrer Botenanstalt Gewinn erzielte und die Briefe erst noch günstiger beförder-
te. Kritik am
bestehenden Systemdurfte also
erwarten,auf
offeneOhren zu stossen.
Eine Möglichkeit, das Botenwesen
eines
Staateszu
vereinheitlichen, bestand darin, dass die Obrigkeit das Postwesen- wie etwa auch
dasMünz- und Zollwesen oder den Salz- handel
-zum
Staatsregal erhob, d.h.zum alleinigen Recht der Obrigkeit.
Damit wurde das Postwesen auf dem eigenen Hoheitsgebiet
zum
Mono- pol erklärt, um so einen dem Post- betrieb abträglichen Wettbewerb zuverhindern. Da die Staaten
im1 7. Jahrhundert oft noch kaum über Als das bernische Postunternehmen
der Familie Fischer im Jahre 1675 gegründet wurde, war dies in Europa bereits keine grundlegende Neue- rung mehr. Postalische Einrichtun-
gen
bestanden damals bereits in verschiedenenStaaten, z.B.
inFrankreich und im Deutschen Reich, und in der Eidgenossenschaft sowie
auf
bernischem Gebiet existierteneinfache
Vorläuferorganisationen.Der bernische Staat verfügte neben eigenen Boten, sogenannten Stan- desläufern und -reitern, auch über
feste Botenlinien auf
gewissenHauptstrecken.
die von
Boten mit obrigkeitlicherBewilligung
betrie-ben wurden. Ein
eigentliches, zusammenhängendes Postnetz exi- stierte abernoch nicht. ln
dieser Situation anerbotsich der
BernerPatrizier Beat Fischer, ein Postunter- nehmen aufzubauen, das den Staat
Bern
besserin das
europäischeKommunikationsnetz
integrieren und ausserdem der Obrigkeit künftig keine Unkosten mehr verursachen sollte.Die
Gründung
Verschiedene Umstände führten um
1675 zu
einer Ausgangslage, die eine Neuorganisation des Botenwe- sens zu einem eigentlichen, grossenPostunternehmen
begünstigte.1674 besetzte Frankreich
die
Fran-che-Comté, was Bern als Bedrohung
empfand. Den
Nachrichten aus Frankreich kam nun noch grössere Bedeutungzu.
Regelmässige und zuverlässige lnformationen aus démWesten waren gefordert.
Beides konnte die seit langem bestehende Botenorganisation ..Lyoner Ordina-ri, nur
bedingt gewährleisten. DieNachrichten trafen nur
einmal wöchentlich ein, und der Kurs war in Händen von Zürich und St. Gallen.Ausserdem
führte das
<< Lyoner Ordinari" seit einigen Jahren nicht mehr über Bern, sondern über Aar-den Verwaltungsapparat verfügten, ein solches Regal selbst zu verwal-
ten, war die Veþachtung
eine geeignete Nutzungsform. Der Staatblieb
Eigentümerdes
Monopols, übertrug aber die Ausführung unterbestimmten Bedingungen,
z.B.gegen einen
Pachtzinsoder
ein unentgeltliches Befördern der amtli-chen
Post,einem
privaten Unter- nehmer.An
Beispielenfür
diese Praxisfehlte es um 1675
nicht.1597 hatte der
deutsche Kaiser Rudolfll.
das Postregal zum kaiser- lichen Regal erklärt und dessen Ver-waltung
der
Familie Taxis übertra- gen. Mit dem westfälischen Frieden von 1648 entstanden im DeutschenReich neue
Landeshoheiten, die ihrerseitsdie
Regalien als Hoheits-rechte
beanspruchten,so
dassneben der Reichspost der Thurn und
Taxis
verschiedene Landespostenentstanden. Diese
Entwicklung beeinflusste auchdie
Eidgenossen-schaft.
Regalähnliche Regelungen finden wir etwa 1610 in Zürich, wo die Kaufleute Hess gegen die unent-geltliche
Beförderungder
Regie-rungskorrespondenz
ein
PostamtDer Begriff Post lässt sich sprach- þeschichtlich auf den lateinischen
Begriff
(posita-statio)
zurück-führen, der im Altertum
eine Pferdewechselstelleder
römi-schen Staatspost (cursus Publi-
cus)
bezeichnete.Was
heisst aber Post im neuzeitlichen Sinn?Nicht jegliche
Nachrichtenüber- mittlung kann als Post bezeichnêtwerden. Als wichtigste
Erken- nungsmerkmaleder
Post g.eltendie
Regelmässigkeitder
Uber-mittlung (Kurse mit
festenAbgangs- und
Ankunftszeiten)sowie die
allgemeine Zugäng-lichkeit der
Dienstleistungengegen feste
Gebühren. Bedin- gungen, die im Altertum und im Mittelalter nicht erfüllt waren.PTT-Zeitschrift, 8/91
einrichteten, das
1662
schliesslichdem
Kaufmännischen DirektoriumZürich
übertragenwurde.
Auch Schaffhausen,das 1652
seinemBürger Niklaus
Klingenfuss eine Postkonzessionerteilte, nahm
mitder
Verleihung eines Patents sein Regalrechtwahr.
Es besteht denn auch die Vermutung, der Schaffhau-ser
Postmeister Klingenfuss,
derrege Beziehungen z.Jt
FamilieFischer unterhielt, habe Beat Fischer
auf die
ldee gebracht, das Berner Postregal in Pacht zu nehmen.Gerade Bern als grösster eidgenös-
sischer Ort bot gute
Vorausset- zungenfür ein
einträgliches Post- monopol, waren die zu erzielenden Gewinne doch in erster Linie von der Länge der Transportwege auf eige-nem Hoheitsgebiet
abhängig.Wohlwissend um diese Verhältnisse,
reichte der
Berner Patrizier Beat Fischer Anfang 1675 eine anonyme Denkschrift an die Berner Obrigkeit ein, in der die Errichtung eines Ber- ner Postregals angeregt wurde. Beat Fischer war damals 34 Jahre alt, seit zwei Jahren Mitglied des Grossen Rates und seit einem Jahr Deutsch- seckelschreiber,eine
Vertrauens- stellung,die
dem jungen, aufstre- benden Patrizier Einblick gewährte in die Geschäfte des Kleinen Rates, der eigentlichen Regierung der Stadt und Republik Bern.Getreide
alsStarthilfe
Beat Fischer schlug in seiner Denk- schrift der Berner Obrigkeit vor, das brachliegende Postregal zu nutzen,
wie das
andere Staaten ebenfalls täten. Damit könne das Postwesen' verbessert und verbilligt werden. Erappellierte
gekonnt an das
kauf-männische Gewissen der Obrigkeit, indem er auf den Gewinn ven¡vies, der bísher regelmässig ausser Lan- des floss, und vorrechnete. welche
Unkosten das
Botenwesen dem Staat verursachte. Er anerbot sich.die Post
-
gegen einen bestimmten Zins-
in Pacht zu nehmen, künftig alle Posttransporte über die Haupt- stadt zu leiten sowie die Briefe vonund
nach Deutschlandund
Frank-reich statt bisher einmal
künftig zweimal wöchentlich abgehen und ankommen zu lassen. Anfang 1675 wurde das Ansinnen dem Täglichen Rat m¡tgeteilt und eine Kommission beauftragt, ein Gutachten zu verfas-sen und abzuklären, ob noch weitere Parteien
am
Postregal interessiertseien. Das Geschäft
gemässWunsch in
Fischers Denkschrift wurde das Ansinnen vom Täglichen Rat geheimgehalten-
blieb währendMonaten hängig, und Konkurrenten im engsten Kreis der Berner Obrig-
keit schienen nicht
vorhanden gewesen zu sein. Laut Vertrag vom 21.Juli
1675 verpachtete
die Obrigkeit das Regalrecht des Post-und Botenwesens
auf 25
Jahre an< Beat Fischer und Consorten >, ohne
aber diese Teilhaber
- von
denenauch später nichts bekannt wurde
-
genauer zu umschreiben. Man liess
ihm beim Aufbau der Fostorganisa-
tion
weitgehendfreie Hand
und schützte sein Unternehmen, indem allen anderen der gewerbsmässige Brieftransport verboten wurde. Dem Unternehmer wurde bei einer neuen Hinleihung des Postregals der Vor- zug eingeräumt, wenn der Vertrag zur Zufriedenheit erfüllt worden sei.Von einem Pachtzins war nicht mehr die Rede, im Gegenteil: Beat Fischer erhielt während den ersten drei Jah-
ren eine beträchtlíche
Menge Getreide als Starthilfe aus den berni- schen Kornhäusern.Die
Obrigkeit verlangte dafür eine Verdoppelung der Postkurse, wie sie Beat Fischer in seiner Denkschrift selbst anerboten hatte. Ausserdem war der Postpäch- ter verpflichtet, der Obrigkeit zwei- mal wöchentlich die neusten Nach- richten aus Deutschland und Frank- reich zu liefern, was zur Gründung von Zeitungen führte. Damit war die Grundlage für das Fischersche Post- unternehmen gelegt, auch wenn die Durchsetzung des Postregals sowohl im lnnern wie auch gegen die ande- ren eidgenössischen Stände, vorab Zürich und den zugewandten Ort St.Gal len, ein igen Widerstand erwarten liess.
Sofort ging Beat Fischer daran, das Postunternehmen
zu
organisieren.Als
erstes verschaffteer sich
dieTransiterlaubnis durch
Freiburg (Route nach Genfund
Frankreich) und Solothurn (Route nach Schaff- hausen,Zürich und
Deutschland), ausserdem verständigte er sich mitdem Schaffhauser
Postmeister Niklaus Klingenfuss, der umgehend einen zweimal wöchentlichen Post-kurs nach
Deutschland einf ührte.Die
geheimgehaltenen geplantenAnderungen im bernischen Postwe-
sen wurden im
September 1675 zuerst der Berner Öffentlichkeit undwenig später den
benachbarten Ständen angekündigt. Gleichzeitig wurden Postkurse nach Schaffhau- sen (mit Anschluss nach Zürich und St. Gallen), Basel, Genf, Neuenburgund
Luzern bekanntgegeben. lm selben Monat erhieltenalle
Berner Amtleuteden
Befehl,auf
Anfang Oktoberdie
bisherigen Fussboten abzuschaffenund nur noch
die Fischerpost zu benützen. Sowohl der Genfer Bote Hans Trachsel und der Basler Bote Conrad Habold, wie auch die anderen Boten übten vorerst ihre Tätigkeit weiter aus, obwohl ihnen angebotenworden war, bei
derFischerpost in Dienst zu treten. Amt- liche Vorladungen waren nötig, um dem Postregal Nachachtung zu ver- schaffen.
Nicht alle bernischen Nachbarn rea- gierten zustimmend auf die Verkün- dung des Postregals. Genf forderte
als
Gegenleistungfür ein
Fischer- sches Postbüroin der Stadt
denfreien
Durchgangüber
bernisches Gebietfür Genfer
Kaufleute und Boten,was
mühsame Verhandlun-gen
nachsich zog, Der
heftigste Widerstand kam aber, wie zu erwar- ten war, von Zürich und St. Gallen,deren traditionsreiches
< Lyoner Ordinari", das 1669 bereits von der Strecke Genf-Lyon verdrängt wurde, nun gänzlichin
Frage gestellt war.Man vêrsuchte zu retten, was zu ret- ten war, indem nur noch das Transit-
recht
beanspruchtwurde und
auf Berner Gebiet Briefe weder aufge- nommen noch abgegeben werden sollten. Damitwar nun aber
Beat Fischerund mit ihm die
BernerObrigkeit
gar nicht
einverstanden.denn
geradedie
Transitbriefe vonund
nach Deutschlandund
Frank-reich versprachen die grössten Ein-
künfte. Eine darauf
einberufene Konferenz zwischenZürcher
und Berner Abgesandten brachte keine Annäherungder
Positionen. Umdem
Berner Postregalmehr
Nach- druck zu verleihen, entschloss sich der Kleine Rat doch noch, den Ver-trag
mit
Beat Fischer vor den Gros-sen Rat zu bringen.
Dieserbeschwerte sich zwar, erst jetzt bei- gezogen worden zu sein, bestätigte
den Vertrag aber trotzdem.
Die Situation spitzte sich zu.il PTT-Zeitschrift, 8/91
Postkutsche im Gewitter
Erlasse verboten
bei
Strafe, dem uLyoner Ordinari" weiterhin Briefezu
übergeben, ausserdem wurden Boten aufgehalten und deren Briefe konfisziert. Es ging soweit,
dass Ende 1676 sogar eine hochkarätige Turcher Gesandtschaftnach
Berngeschickt wurde. Obwohl auch diese Mission vorerst scheiterte, bahnte sich Anfang 1677 endlich eine Ver- ständ¡gung zwischen Beat Fischer und der Zürcher Kaufmannschaft an.
Am 12. Februar 1677 1raf man sich neuerdings, diesmal
in
Aarau. Die dort ausgehandelte Lösung sah vor, dass Beat Fischer Zürichund
St.Gallen
die
Strecke Bern-Solothurn- Aarbu rg-Aarau-Lenzbu rg-Zü richüberliess, er stimmte also einer Ein- schränkung
des
Regalrechts zu.Dafür
blieb ihm die
Strecke Bern- Genf, womit wenigstens der Transitder
Zürcherund St.
Galler Boten unterbundenwar. Das
bernische Postregal machte sofort Schule, nun verboten nämlich die Zürcher ihrer- seits den St. Gallern den Transit und zwangen diese, ihre Boten nur noch bis Zürich verkehren zu lassen.Mit dem Vertrag von Aarau waren die dringendsten Probleme
mit
den äusseren Widersachern einstweilen geregelt. lnzwischen war die BernerObrigkeit bemüht, das im
Post-pachtvertrag
von
1675 begründete Postwesenauch betrieblich
zt)regeln. Das zu diesem Zweck erlas- sene Postreglement
vom
23. Juni 1677 legte vor allem das Porto derBriefe, Pakete und Wertsendungen
fest. Ein besonderer
Abschnittregelte die
Rechtssprechung in Postangelegenheiten, ausserdemwar dem
Reglementein
Postkurs-plan beigefügt, der sich weitgehend
mit
den1675
von der Fischerpost angekündeten Kursen deckte. Wohlauf
Betreibender
Obrigkeit waren zusätzlich zwei wöchentlich verkeh- rende Botenverbindungen von Bernüber Murten
nach Avenches und über Burgdorfund
Wynigen nach Langenthal aufgenommen worden.Damit waren fürs erste die Grundla-
gen für ein
geregeltes Postwesen gegeben.Der
Aufbau
Obwohl das Postnetz noch nicht das ganze Territorium erschloss
-
esfehlte weiterhin
eine
regelmässige Postverbindung nach Thun und ins Berner Oberland- kehrte
gegenEnde der 167Oer Jahre Ruhe in das Fischersche Postwesen
ein.
BeatFischer hatte die lukrativen Postrou-
ten auf
bernischem Gebiet weitge- hend unter Kontrolle; mit dem lang- fristigen Pachtvertrag waren sie auf Jahre hinaus gesichert. Andere Auf- gaben rückten vorübergehend insZentrum seiner
Aufmerksamkeit.1680 war ein sehr erfolgreiches Jahr
für
Beat Fischer. Seine patrizische Laufbahn erreichtemit
dem Amts- antritt als Landvogt von Wangen an der Aare einen weiteren Höhepunkt.lm gleichen Jahr erhob ihn der deut- sche Kaiser Leopold l. für seine Ver- dienste um die Förderung der Post- verbindungen zwischen dem Deut- schen Reich
und
Spanienin
denerblichen
Reichsritterstand. Aber selbst während sei ner Landvogtszeit beschäftigtesich
Beat Fischer mit Ausbauplänen für sein
Postunter-nehmen. Sein lnteresse richtete sich vermehrt
auf
internationale Post- routen. 1682 trafen sich der Basler Postmeister Socin und der französi- sche Postmeister von Strassburg auf dem Landvogteischloss in Wangen, um den Briefverkehr zwischen dem Elsass und Lyon zu regeln. Mit Baseleinigte
sich
Fischer1683
darauf ,dass die Post zwischen den beiden Postverwaltungen
in
Balsthal über- geben und das Porto davon halbiert werden solle. Kaum war die sechs-jährige Landvogtzeit vorbei, stürzte sich Beat Fischer mit neuem Elan in
die
Postgeschäfte.1692
schloss Beat Fischer einen Vertrag mit demTuriner
Postamtund
organisierte einen Post- und Messageriekurs über den GrossenSt.
Bernhard, den eraber nicht durch eigene
Kuriere betrieb, sondern Anfang 1693 dem Genfer Bürger Jean-Marc Pasteur übertrug. Pasteur hattedie
Route Lausanne-
Aosta auf eigene Kostenzu
betreiben,wofür ihm
Fischervierteljährlich 12O0 Kronen vergü- tete. Um seinen Transitkurs rentabler zu gestalten, baute Fischer sein Ein- zugsgebiet systematisch
aus.
lneinem nächsten Schritt ging es ihm
um die
Sicherungder
Briefe aus Parisund dem
nördlichen Frank- reich, die über Pontarlier und Neu- enburg liefen und bisher durch die französische Post befördert wurden.1695 gelang es ihm, auch das Post- regal
des
Fürstentums Neuenburg und Valangin zu übernehmen. Dem Erfolgim
Westen stand das noch ungelöste Problem Gotthard entge-gen.
Für kurzeZeit
sah das Gott- hardgeschäftfür
Beat Fischer hoff- nungsvoll aus. Als im Sommer 1696 Frankreich die Sicherheit der Turiner Postroute bedrohte, kam es wenig- stens vorübergehend doch noch zueiner
zürcherisch-bernischen Gott-hardpost. Als Beat Fischer
am23.März 1698
unerwartet starb,war die
Fischerpostam
Gotthard aber schon nicht mehr präsent. lm selbenJahr rundeten noch
zweiPTT-Zeitschrift, 8/91 ill
we¡tere Verträge
das
LebenswerkBeat
Fischersab.
Einerseits der Postpachtvertragmit
Freiburg vom 26.April 1698,
anderseits wurdeder
FischerpostEnde 1698
das Transitmonopoldurch das
Wallis erteilt. das die wichtigen Übergänge GrosserSt.
Bernhard und Simplon sicherte.Beat Fischer hinterliess seinen drei
Söhnen, die er vor
seinem Tod bereitsin die
Postgeschäfte einge-f
ührt hatte, ein
zukunftträchtiges Postunternehmen.Als
problema-tisch erwies sich nur der Ablauf des bernischen Postpachtvertrages im Jahre 1700.
Das 18.
Jahrhundert
Kurz nach dem Tode Beat Fischers verlängerte die Berner Obrigkeit den Postpachtvertrag
mit den
Fischern um zwei Jahre bis 1702, unter Hin- weis auf die von Beat Fischer gelei- steten Dienste. Die drei Söhne BeatRudolf, Friedrich Heinrich
undSamuel Fischer
übernahmen gemeinsam die Leitung des Postun- ternehmens. Bereits 1702 musstensich die neuen
Pächterum
eine Erneuerung des Postpachtvertrages bewerben. Zwar konnten sie sich auf eineim
ersten Pachtvertrag veran- kerte Bevorzugung gegenüber Neu- bewerbern verlassen, allein Gefahrdrohte von einer
anderen Seite.1695 war
das welsche Zollwesen nicht mehr verpachtet, sondern ver- staatlicht worden. Der Regiebetrieb brachtedem
Staate Bern deutlichhöhere
Einnahmen,wieso
sollte dasselbe nicht auch für das Postwe- sen gelten? Tatsächlich erhielten die Fischer die Post nicht wie bisher in Pacht. Es wurde ihnen bei Gewinn- beteiligung der Postbetrieb unter der Aufsicht einer obrigkeitlichen Direk-tion
belassen.Es war zwar
kein Regiebetrieb entstanden, aber man versuchte die Postunternehmer, mit denen ein Akkordvertrag geschlos- sen wurde, besser zu kontrollieren.Die Berechnung des
an den
Staat abzul iefernden Gewinnanteils erwies sich aber, da sich die Fischer nicht indie
Bücher blicken liessen,als
sokonf
liktträchtig. dass man
nach wenigen Jahrenzum
Postpachtsy-stem mit einem festen
Pachtzins überging. Die Wahl der Postpächterf
iel 1708 auf die
drei Söhne Beat Fischers.mit
denen, gegen einenjährlichen Pachtzins von
9000
Kro- nen, auf zehn Jahre ein neuer Pacht-vertrag abgeschlossen
wurde.
Beiüber Jahrzehnte gleichbleibendem Pachtzins
wurden nach 1718
der Familie Fischerdie
Pachtverträge 1733, "1748 und 1763 immer wie- der um 15 Jahre verlängert.Mit viel Elan machten sich die Söhne des Postgründers ans
Werk.
17O5wurden sie
für
kurzeZeit
sogarösterreichische Postmeister
inSchaffhausen,
und von 1709
bis 1715 amteten sie als Oberlandpost- meistervon
Württemberg. Beides blieben aber kurze Episoden. Eine dauerhafte Regelung musste einmalmehr mit Zürich und St.
Gallen gefunden werden. Diese hatten aus Protest gegen die hohen Taxen'1702 einen neuen Botenritt Zürich-Genf- eingerichtet,der durch den
Juraführte und das
bernische Gebiet gänzlich umging. 1708 setzte man neue Tarife fest und einigte sich auf Aarau als neue Übergabestelle zwi- schenden
PostämternBern
und Zürich. Die Fischerpost, die in Würt-temberg auch
Postwagenkurse betrieb, drang darauf, vermehrt auch Paket- und Wertsendungen mit der Postzu
befördern. 1711war
für kurzeZeit eine
Landkutsche zwi- schen Bern und, Basel unterwegs,und im
gleichenJahr wurde
ein Messagerie-Botenritt zwischen Genf und Schaffhausen eingerichtet.Diesen Aktivitäten Anfang des Jahr-
hunderts folgte eine eher schwierige Phase f
ür die
Postunternehmer.Nachfolgeprobleme
mit
minderjäh-rigen
Postpachtteilhabernund
sta- gnierende Einnahmen in der erstenHälfte des 18.
Jahrhunderts beigleichzeitiger Vermehrung
der Anzahl der Pächter führte verschie-dentlich ztr Krisen
innerhalb der Postpächterfamilie.ln
besondereSchwierigkeiten
geriet dabei
Beat Fischer (1703-17641, der viel Wert auf Repräsentation legte und nebendem Ausbau des
Schlosses Rei- chenbachauch
noch Schloss undHofgut Gümligen erstellen
liess.Beat Fischer, der vorübergehend die Postgeschäfte geleitet hatte. konnte
von seinen
Mitpächternvor
dem Konkurs bewahrt werden. musste aber sowohl Schloss Reichenbach-
an einen
Mitpächter- als
auchSchloss Gümligen verkaufen. Trotz dieser Schwierigkeiten wurde 1735 eine posttechnische Neuerung Tat- sache. ln diesem Jahr schloss näm- lich die Fischerpost mit einem Zür- cher Fuhrhalter einen Vertrag über einen Postwagenkurs zwischen Bern
und Zürich ab.
Eswar der
erste schweizerische Postwagenkurs. der Bestand haben sollte, und dies trotzmangelnder Rendite bis in
die1 750er Jahre.
Das Postunternehmen befand sich in
einer gesicherten Position.
DiePachtverträge
mit
Solothurn, Neu- enburg und Freiburg wurden regel-mässig verlängert, genauso
die wichtigen Transitpachtverträge mit dem Wallis und Luzern. Ausserdem entwickelten sich auch die Erträge in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts erfreulich. Gerade dieser Umstand sollte aber auf die Dauer die Kritik an der Fischerschen Postpacht schüren.1773
reichtendie
Postpächter ihr Gesuchum die
Erneuerung des1
778
auslaufenden Pachtvertragesein.
Erstmalsseit
1731 wurde von der Obrigkeit wieder eine Buchprü- fung angeordnet. dabei ergaben sich grosse Differenzen beider
Berech- nung des Gewinnes. Die Folge war eine Verdoppelungdes
bisherigen Pachtzinsesvon 9000 auf
1B000
Kronen. Zwar erhieltendie
Herren Fischer die Post wieder in Pacht, aber auch die ldee einer Verstaatlichung manifestierte sich neuerdings. Ähn- liches wiederholte sich 1 791 / 93 vor Unterzeichn ung des Pachtvertrages.Schliffscheibe, einen Post¡eiter m¡t Post-
horn darstellend;
die
Legende nennt"Samuel Übersax, Post Reüter und Rössli- wirt zu Hermisweil und Barbara Marti sein Ehgemahl. 1763.D
IV PTT-Zeitschrift, 8/91
ffiúrn flnþ Ð btt
?
Bekanntmachung vom 19. März 1734, gerichtet an die Gelegenheitsboten (oStümpel- BottenDl, die der Fischerpost Postsendungen entzogen.
Diesmal
fand die Kritik in
Johann Friedrich von Ryhiners < Bericht über das Postwesenin
Helvetien" ihren Ausdruck. Von Ryhiner, Mitglied derobrigkeitlichen
Postkommission,untersuchte die
Postorganisationaufs
gründlichsteund kam
wie- derum auf ganz andere Ertragszah- len für das Berner Postregal, als sievon den
Postpächtern deklariert wurden. Ausserdem formulierte er grundsätzlicheKritik am
gewinn- orientierten Postnetz,das die
flä- chendeckende Versorgung des gan- zen Hoheitsgebietes vernachlässig- te. Nochmals konnten die Postpäch- ter ihre Position gegen die Verstaat- lichungsidee durchsetzeh, indem siesich
mit
einem höheren Pachtzins, der neu auf 30 00O Kronen festge- legt wurde, einverstanden erklärten.Gegen Ende des 18. Jahrhunderts.
vor dem
Zusammenbruch des Ancien Régimes, präsentierte sichdas
Postunternehmender
Fischer weiterhinals
vitalesund
gewinn- trächtiges Geschäft, auch wenn esvermehrter Kritik ausgesetzt war.
Das Ende
der Fischerpost
Die ldee der Verstaatlichung und der Vereinheitlichung
des
Postwesens erhielt mit der Proklamation der hel- vetischen Republik im Jahre 1798 einen deutlichen Aufschwung. Vor- gesehen warein in fünf
Postkreiseaufgeteiles
Postwesenmit
einer Zentralverwaltung. Aber bereits dieUbernahmeverhandlungen
und Entschädigungskosten überforder- ten die helvetische Zentralregierung, so dass auchdie
Fischersche Postihren
Betrieb weiterhin aufrechter- halten konnte,den
Pachtzins aber den helvetischen Behörden abzulie- fern hatte.Als
1803 Napoleon mit der Media- tionsakte dem Zentralstaat ein Ende machte und den Kantonen ihre Sou- veränität zurückgab, ging auch das Postregal wiederin
deren Kompe- tenz über. Damit kam Bewegung in das Vertragsgefüge der Fischerpost.Der bernische Postpachtvertrag von 1793 blieb bis 1B0B in Kraft. Wegen der grossen Gebietsverluste musste
die
Berner Obrigkeit den Pachtzins abervon 30 O0O auf 12 O00 Kronen reduzieren.Mit
Solothurn und Frei-burg
konntendie
Herren Fischer 1803 und 1804 neue Pachtverträge abschliessen. Gleichzeitig verloren sie aber die Posthoheit über die ehe- maligen bernischen Gebietein
den neuen Kantonen Waadt und Aargau,die
beidedie
kantonale Postregie einführten. Auch in Neuenburg ver- lor die Fischerpost1806
das Post- wesen. Es fand aber nicht ein konti-nuierlicher Niedergang
der Fischerpost statt. Den Postpächtern, denen das bernische Postregal l BOBerneut
für zwölf Jahre
verliehenwurde. gelang es immer wieder. ihr Postgebiet zu erweitern. So erhielten sievon 1B14bis 1815 imWallisund von 1815 bis 1B3O in Genf die Post
in
Pacht, ausserdem besassen sie zumindest zeitweise Transitverträge mit Unterwalden und Uri. Auch das bernische Postgebiet sollte sich imGefolge des Wiener
Kongresses (1815) nochmals ausdehnen, indem die ehemaligen Gebiete des Fürstbi- stums Basel im Jura bernisch wurde.Schliesslich
erhielten die
Fischer1 B2O das Berner Postregal ein zehn-
tes Mal in Pacht, diesmal
zumerhöhten
Pachtzinsvon
19 5O0 Kronen.ln
der Zeit nach 1815 warein
deutlicher wirtschaftlicher Auf- schwungzu
verzeichnen.der
sich auchin
steigenden Posteinnahmen niederschlug. Um so härter traf die Postherren der Niedergang der alten aristokratischen Ordnung,die
seit1BO3
wieder an der Macht
war.Nach der Juli-Revolution von 1830
in
Frankreich ergriff die demokrati- sche Regeneration auchdie
Stadt und Republik Bern. 1831 wurde diealte
Regierung gestürzt,und
die neue liberale Regierungwar
nichtgewillt, das
Postwesenden
Expo-nenten des Ancien Régimes
-
derPostpächter Emanuel
FriedrichFischer
war
letzter Schultheiss des alten Berns-
weiterhin zu überlas- sen.Am
1. August1832
beendete die Berner Regierung die über 150 Jahre dauernde Fischerpost-Ära. Die Herren Fischer strengten einen Pro-zess an, der ihnen nach langwierigen
Verhandlungen eine
Entschädi-gungssumme
von 48 0O0
Kronen einbrachte. Die Berner Kantonalpost wurde aber als Regiebetrieb geführt.bis Anfang 1849 die Eidgenössische Post Tatsache wurde.
Organisation und Betrieb
Das
bernische Postamt
Das Postunternehmen
der
Fischerumfasste das eigentliche bernische Postamt und dazu als separate Ein- richtung den Mailänder Kurier. Das bernische Postamt bestand einer- seits aus den sogenannten lnneren Posten, die die Poststellen auf berni-
schem
Hoheitsgebietund in
dengemeinen Herrschaften
sowie
die Grenzbüros Luzern, Biel. La Neuve-ville
und Genf umfassten, anderer- seits aus den Ausseren Posten. diePTT-Zeitschrift, 8/91 V
aus den drei Ständen
Freiburg, Solothurn und Neuenburg gebildet wurden, die den Fischer ihr Postregal verpachtet hatten.Das Hauptbüro des
bernischenPostamtes, also des ganzen Postun- ternehmens mit Ausnahme des Mai- länder Kuriers, hatte seinen Sitz in Bern und verwaltete die Hauptkasse,
in
diedie
Einkünfte des gesamten bernischen Postamtes flossen undaus der alle
Ausgaben bestritten wurden. Die Postpächter versuchtenwiederholt, möglichst viele
Aus- gaben den lnneren Posten zu bela- sten, die für die Pachtzinsfestlegung des Berner Postregals massgebendwaren. während die
Einnahmenmöglichst den Ausseren
Posten zugerechnet wurden, die nicht unter das Berner Postregal fielen. Dasselbegalt
für
den Mailänder Kurier, der nicht unter das Berner Postregal fielund
dessen Abrechnungmit
dem SardinischenPostamt über
das Postbüro in Genf erfolgte.Die
Aufsicht
und
die Organisation
Zur Aufsicht über das Postamt setzte die Obrigkeit d¡e Kombinierte Kam-
mer ein, die aus
Vennerkammer, Postkommission und Kommittierten bestand. Diese Kammer erarbeitetejeweils die
Grundlagenfür
die Erneuerungder
Postpachtverträge.Die ständige Aufsicht über das Post-
wesen übte die 1708
gebildete Postkommission aus. die ausserdemals
erstinstanzliches Postgericht amtete. Die anfänglich vierköpfige Postkommissionwurde 1722
auÍ sechs und später auf acht Mitglieder ausgebaut,wovon
keinesin
ver-wandtschaftlichen Beziehungen zu
den
Postpächternstehen
durfte.Wichtige
Entscheide wurden vom Kleinen Rat gefällt. letzte lnstanz war der Grosse Rat.An der Spitze des Postamtes selbst standen
die
Postpächteraus
der Familie Fischer. Die Zahl der Teilha-ber
schwanktebei der
Pachtver- tragserneuerung im 1 8. Jahrhundert zwischen drei und zehn, wobei die Anteile an der Postpacht nicht alle gleich gross sein mussten. Bei den Vertragserneuerungenvon
1 8OBund
1820 betrug die Zahl der Teil- haber sogar23
bzw. 19. Die Ober- aufsicht wurde vierteljährlich einem Ouartalsdirektor aus den Reihen derPostpächter übertragen. Ausserdem wurden
für
wichtige Geschäfte Sit- zungenaller
Teilhaber einberufen, 1764 zweimal monatlich und 1774 dann bereits einmal wöchentlich.Schon der Postgründer Beat Fischer schloss Verträge
mit
Unterpächtern ab, diefür ihn
gewisse Postrouten betrieben. Vor allemdie
Message- riekurse und später die Postwagen- kurse, also die betrieblich aufwendi- geren und wohl weniger rentablen Postkurse, verpachteten die Fischer gerne weiter. Noch1793 ging
die Obrigkeit davon aus, dass die Post-pächter sich nur wenige
eigene Pferde hieltenund
keine Postfuhr- werke auf eigene Rechnung betrie- ben. Dazu schlossen sie Verträge mit Kleinunternehmern ab. die für einenPauschalpreis die
Postaufträge durchzuführen hatten. Auf diese Art konntendie
lnvestitionenund
das Risiko der Postunternehmer niedrig gehalten werden.was auch
darin zum Ausdruck kam, dass ein Gross- teil der Postkuriere die Pferde gegen eine feste Summe selbst anzuschaf- fen und zu unterhalten hatte.Gegen Ende des 18. Jahrhunderts bestanden auf dem Gebiet der lnne- ren Posten etwas über dreissig Post-
büros, daneben
eine
ganze Reihe Postablagen sowie Boten. die nicht nur Briefe austrugen, sondern auch einsammelten. Die Postbüros, die jenach
Grössedes Ortes und
der Bedeutung für den Postverkehr voneinem oder mehreren Angestellten besorgt wurden, waren dem Haupt-
büro in Bern zu
quartalsweiser Abrechnung verpflichtet. Das Post- amt Freiburg wurde noch 1773 von einem einzigen Beamtenund
dieStadt und
Umgebungvon
zweiBriefträgern bedient. Kleinere Post- stellen dagegen wurden gegen eine
feste
Entschädigungim
Nebener-werb betrieben, wozu sich Wirte und Krämer, die an günstiger Lage einen
Betrieb mit
regelmässigen Öff- nungszeiten führten, besonders eig- neten.Der Postalltag
Am besten informiert sind
wir
über den Postalltag im Berner Hauptbüroim späten
18.Jahrhundert.
Das Hauptbürowar
zweigeteiltin
dasGrosse Büro, die Zentrale
der Fischerpost,und das im
gleichen Gebäude untergebrachte Kleine oder städtische Büro, das der Postversor- gung der Stadt Bern diente. Verant- wortlichfür den
Betriebin
beiden Büros war der Postbuchhalter, auch Chefkommisgenannt.
Neben der Führungder
verschiedenen Rech- nungsbücher hatte er auch den Ver- sammlungender
Postherren beizu- wohnen und die Beschlüsse zu pro- tokollieren. Es dürfte sich dabei um die anspruchvollste Position im gan-zen
Postunternehmen gehairdelthaben. Sein Lohn bewegte
sich Hauptbüro der Fischerpost an der Hormansgasse (Heute Postgasse 64 und 66) in Bern, um 183O.VI PTT-Zeitschrifl,S/91
gegen Ende
des
18. Jahrhundertsum
rund650
Kronen jährlich. DieEinkünfte der einzelnen Teilhaber an
der Postpacht dürften sich zur glei- chen Zeit zwischen 1000 und 50O0
Kronen jährlich bewegt
haben, während ein gewöhnlicher Kommis kaum 300 Kronen verdiente. Für die Arbeit im Grossen Büro sollen 1765 insgesamtvier
Angestellte nötig gewesen sein. Die Arbeit umfasste neben dem Führen der Rechnungs- bücher,die
Abfertigungder
Post-kurse, das Taxieren und Einschreiben der Postsendungen.
Um 1790 war die
Belegschaft bereits angewachsen.lm
GrossenBüro besorgten
fünf
Kommis und zusätzlichder
Postbuchhalter den Dienst, währendim
Kleinen Büro zwei Kommis angestellt waren. BeiAnkunft der Postkuriere waren alle Postkommis und Kontrolleure zuge- gen, damit die Sendungen sogleich taxiert und verteilt werden konnten.
Die Briefe für Bern wurden ins Kleine Büro gebracht, die übrigen
für
den nächsten Kurs bereitgehalten. Ein- geschriebene, Sendungen wurdenvon einem
Kommisdes
GrossenBüros kontrolliert und eingetragen.
Zur
Abrechnungmit dem
Kleinen Büro wurden die Zahlenauf
einer Tafel festgehalten, die erst gelöscht wurde, wenn die Tagesabrechnung kontrolliert war. Die Kontrolle wurde nicht während der Posteingänge und-abgänge, sondern erst
danachdurchgeführt. Die
gewöhnlichen Kommis waren hauptsächlich für dieTaxierung der Briefe und
dieAnnahme
von
Postsendungen zu- ständig. Besonders das gegenseitige Verrechnen der Postsendungen zwi- schen den Postbüros und den ver- schiedenen Postverwaltungen war sehr aufwendig. Jeder Postsendung mussteein
Begleitschein mitgege-ben und
deren Empfang bestätigt werden.Die Tarife
Die Festlegung des bernischen Post- tarifs wurde nicht den Postpächtern überlassen, sondern
wurde
durch die Obrigkeit beschlossen, wobei auf die lnteressen des Staates (Abgabe),der
Postpächter (Gewinn)und
der Postkunden Rücksicht genommen werden musste. Eine Normierung des Postgutes erfolgte über die Fest-setzung
von
Gewichtstarifen. Ver-1773
beschäftigtedas
Fischer-sche Postunternehmen
67 Bedienstete (Kommis),B
Brief- träger, 1B Boten und 19 Kuriere.Es unterhielt
47
Pferde sowie 4 Kutschenmit
weiteren22
Pfer-den. 1 788 gab es auf dem Gebiet des Kantons Bern 214 Hauptbü-
ros und 80 Ablageorte.
DasStreckennetz der Postverbindun- gen betrug 1791 2O8 Bernstun- den (1098 km). Auf der Hin- und Rückreise
legten diese
Kursewöchentlich
6546
km zurück.siegelte Briefe und seit 1708 auch Warensendungen bis
zu 50
PfundGewicht wurden dem
Postregalunterstellt. Die
Entfernung f loss ebenfalls in die Taxberechnung ein, doch nahm man es dabei in der alten Eidgenossenschaft nicht so genau.Nur die
Berner Fischerpost hatte einen distanzabhängigen Zonentarif aufgestellt und verwirklichte damit ein einheitliches Taxsystem über den gesamten Postbezirk.Als
Grundlagefür den
gesamtenTarif diente der einfache Brief. Von diesem wurde der Tarif für Brief- und Wertsendungen, für den Waren- und Personentransport abgeleitet. Noch gab es keine Briefmarken. Der Brief wurde meistens nicht vom Absen-
der, sondern vom
Empfänger bezahlt. Dies vereinfachte die Rech- nungsführung des Postamtes. Das Postamt bzw. die rechnungsführen- den Postbüros verkauften die Briefe den benachbarten Postämtern, aber auchden
Boten,die
ihrerseits die vorgängige Taxierungmit
ihremeigenen Anteil beim Empfänger ein- zuziehen hatten.
Für einen einfachen Brief von Bern
nach
Zürich,
Luzern, Basel, Genf oder Neuenburg bezahlte man einen Batzen(: 4
Kreuzer). Die Hälftewarzu
entrichten.wenn der
Bestim- mungsort nicht mehr als <den vier-ten theil
wegs von 'einem Haupt- Ortho entfernt lag. lm 18. Jahrhundert galt die distanzabhängige Regel, dassdie Taxe auf dem Gebiet des Standes Bern bis zu fünf Bernstunden (1 Bern- stunde
:
5,2789 km) 2 Kreuzer unddarüber 4 Kreuzer betrug.
Für Nichtpostorte wurde eine Zustellge-bühr von 2
Kreuzern festgelegt.Während des ganzen 18. Jahrhun- derts und
zu
Beginn des 19. Jahr- hunderts bestanden ungefähr die gleichen Taxen. Der Tarif nach Solo- thurn und Freiburg betrug 2Kreuzer,nach
Luzern, Baselund Genf
4 Kreuzersowie nach Zürich
und Schaffhausen6
Kreuzer. Die zusätz- lichen Auslagenfür
Briefe aus dem Ausland betrugen zum Beispiel für Paris 13 Kreuzer.Durch
die
stetige Geldentwertungtraf
faktisch eine Verbilligung der Taxenein, die
durchdie
mengen- mässige Zunahme der Postsendun- gen ermöglicht wurde.Ab 1735 wurden die
bisherigen Packpferd-und
Maultierkolonnen durch bespannte, wöchentlich kur- sierende Landkutschen ersetzt, dieauf
den Hauptstrecken Waren undauch Reisende führten.
1.7 43 bezahlte man für eine Kutschenreisevon
Bern nach Genf, die drei Tage dauerte, 121h alte Franken.Mit
der weiteren Zunahme des Rei-Strassenszene. Wirtschaft zum Bären und Baumwollmanufaktur in Hellmühle (Wildegg), um 18O0.
PTT-Zeitschritt, 8/91
vil
Zur Kennzeichnung ihrer Postkutschen verwendeten die Postverwaltungen schön verzierte Wagenschilder.
Zusammenwirken einer Vielzahl von Personen. Der Einsatz der verschie- denen Transportmittel
war
bedingtdurch das
Transportgut,das
Ver- kehrsaufkommen,die
Strassenver- hältnisse sowie die sich ändernden Reisegewohnheiten. Die Kutschen-reise
konntesich erst
allmählich gegenüberdem
Reisenzu
Pferd durchsetzen.Fussboten wurden in Gegenden mit schlechten Strassen oder mit wenig Postsendungen eingesetzt. Reitende Kuriere wurden gebraucht, owo die Strassen es zugeben, und die Korre- spondenz hinreicht,
die
Kosten zu bestreiten>. Postkutschen benötig-ten
vortreffliche
Strassen sowie einen Strassenunterhalt, damit < Die Post immer schnell zufahren kann,r.Der bernische Strassenbau schuf die Voraussetzungen für den Einsatz der Postkutschen. Um die Unkosten zu bestreiten, war zudem
ein
grossesVerkehrsaufkommen
notwendig.welches am Ende des 18. Jahrhun- derts erst auf einigen Hauptrouten zwischen
den
Städten vorhanden war.Die
arbeitsteilige Postbeförderung erforderte zeitliche Abstimmung der vorkommenden Arbeiten, was wie-derum Pünktlichkeit
bedingte.Bereits
im
ersten bernischen Post- reglementvon 1677 finden
sich festgelegte Ankunfts- und Abgangs-zeiten. Diese wurden jeweils
inKursplänen zusammengestellt. Um die schnelle Beförderung
der
Post- sendungen zu gewährleisten, muss- severkehrs decktendie
langsamenund
schweren Landkutschen auch die gesteigerten Ansprüche der Rei- senden nicht mehr ab. Die Landkut- schen wurden nach 1778 allmählich durchdie
schnellerenund
beque- meren Diligencen abgelöst. Die Taxebetrug B
Batzenpro
Person und Bernstunde. Beijeder
Pferdewech- selstation wurden dem Postillion 4 Kreuzer bezahlt. Reisegepäck bis zum Gewicht von30
Pfund wurde kostenlos mitgeführt. Eine Reise von Bern nach Genf dauerte in der Dili- gence nur noch 19% Stunden. Die Postkutsche legte pro Stunde. Pfer- dewechselhalteinbegriffen,
einen Weg von zirka 71/z km zurück und war damit um einen Drittel rascher als zu Fuss.1793
wurdeder
Postkutschentarif erstmals in das Postreglement inte-griert.
Die Fahrpreise betrugen für Basel und Bruggje
12 alte Franken sowie für Genf 18 alte Franken und 2 Sols (4 Kreuzer).Nach 1820 wurden die Postverbin- dungen laufend ausgebaut,
da
die Bedürfnisse der
aufstrebenden Wirtschaft stiegen. Ab 1832 betrieb der bernische Staat das Postwesen ineigener Regie. Der
anfängliche Postwagenpark betrug41
Fahrzeu- ge.Geldsendungen per Post wurden mit dem Begriff uGroup', bezeichnet. Es handelte sich dabei um versiegelte Pakete oder um Schachteln mit Gold
und
Silbermünzen,die nicht
dem Postregal unterstanden. Der Vorteil der Postbeförderung lag im günsti- gen Tarif und in der damit verbunde- nen Verantwortlichkeit. Für Distan- zen bis zu fünf Bernstunden bezahlte man, bei Beförderungmit
der Dili- gence, für Gold OJ25 und für Silber O,25 Prozent Porto.Mit
der Land- kutsche halbierte sich dieser Ansatz.lm
Falle eines Schadens musste die Post den Beweis führen, dass alle Verteidigungsmittel fruchtlos ange- wandt wurden und der Kurier uver- wundet oder tot auf dem Plaz liegen geblieben", ehe sie sich der Verant- wortung entziehen konnte.Die
damalige Verkehrstechn¡k Das
Postwesenwar
arbeitsteiligorganisiert. Der
Posttransport erfolgtezu
Fuss,zu
Pferd oder inFahrzeugen
und erforderte
dasten schlechte Strassen ausgebessert, geschlossene Stadttore geöffnet und Zollformalitäten abgebaut werden.
Die Kuriere waren Tag
und
Nacht unterwegs.Da die
Stadttore des Nachts stets geschlossen wurden, waren Spezialregelungen zu treffen.Die Zollgebühr für Waren nach dem Welschland
wurde,
gemäss dem bernischen Posttarif, bereits bei der Aufgabeder
Postsendungin
den Postbüros erhoben. Dem freien Laufder Post standen damit
keinewesentlichen Hindernisse mehr im Wege.
Wegbegleiter
7u den
Wegbegleiternder
Post-strassen gehörten
Meilensteine.Gasthöfe, Stallungen
und
Signali- sationen. Entlang den Poststrassenwurden die
Distanzenmit
Stun-densteinen angezeigt. Auf
derStrassenkarte von Pierre Bel (1783, 1788) sind für die Routen von Bern nach Genf, Zürich und Zurzach ins- gesamt
56
Stundensteine verzeich-net.
Gemessenwurde die
Entfer-nung
zum Zeítglockenturmin
der Stadt Bern. Stundensteine standendamit auch in den
Gebieten von Freiburg, Genf und 7ürich, im Unte-ren
Freiamtund in der
Grafschaft Baden.Für
die
Etappendes
Postverkehrs und der Pferdewechsel waren zuver- lässige Wirtshäuser erforderlich, die oft als Postablagen dienten. Um denzahlreichen Postknechten
ein bekömmliches Getränk abgeben zukönnen,
wurde dem
Postgründer Beat Fischer in Reichenbach bei Zol-likofen 1688 eine
Bierbraubewilli- gung erteilt. Beat Fischer war zudem Besitzer des Gasthauses(Zur
Tan-ne> und der
Zapfenwirtschaft inLotzwil.
Ansonsten besassen die Postpächter keine eigenen Gaststät- ten.Zur Ausstellung im PTT-Museum (siehe unseren speziellen Beitrag
in
dieser Ausgabe) erschien eineknapp 1O0seitige, reich
illu- strierte Publikation, .dieim
PTT-Museum zum Preis von Fr. 12.- bezogen werden kann.