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Mathematik für Informatiker Algebraische Strukturen

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Algebraische Strukturen

Vorlesungsmanuskript Sommersemester 2018

Janko Böhm

21. Juli 2018

(2)

0 Einleitung 1

1 Grundkonstruktionen 4

1.1 Mengen. . . 4

1.2 Vollständige Induktion . . . 8

1.3 Relationen . . . 11

1.4 Abbildungen. . . 12

1.5 Halbordnungen und Äquivalenzrelationen . . . 18

1.6 Übungsaufgaben . . . 21

2 Zahlen 27 2.1 Die ganzen Zahlen und Division mit Rest . . . 27

2.2 Fundamentalsatz der Arithmetik . . . 32

2.3 Größter gemeinsamer Teiler und Euklidischer Al- gorithmus . . . 35

2.4 Der chinesische Restsatz . . . 38

2.5 Primfaktorisierung . . . 41

2.6 Übungsaufgaben . . . 43

3 Gruppen 47 3.1 Übersicht . . . 47

3.2 Gruppen und Operationen . . . 49

3.2.1 Grundbegriffe . . . 49

3.2.2 Gruppenoperationen . . . 62

3.2.3 Operation durch Translation . . . 73

3.2.4 Bahnengleichung. . . 79

3.2.5 Anwendung: Aufzählen von Graphen . . . 83

3.3 Normalteiler . . . 86

3.3.1 Normalteiler und Quotientengruppe . . . . 86

1

(3)

3.3.2 Homomorphiesatz . . . 90

3.4 Übungsaufgaben . . . 92

4 Ringe 101 4.1 Übersicht . . . 101

4.2 Grundbegriffe . . . 104

4.3 Ringerweiterungen . . . 110

4.4 Die Einheitengruppe von Z/n . . . 112

4.5 Anwendung: RSA Kryptosystem. . . 116

4.5.1 Übersicht . . . 116

4.5.2 Setup . . . 117

4.5.3 Nachrichtenübertragung . . . 118

4.6 Anwendung: Primfaktorisierung mit dem Verfah- ren von Pollard . . . 120

4.7 Anwendung: Diffie-Hellman Schlüsselaustausch . . 122

4.8 Ideale und Quotientenringe . . . 123

4.9 Integritätsringe und Körper . . . 126

4.10 Euklidische Ringe . . . 129

4.11 Chinesischer Restsatz . . . 133

4.12 Anwendung: Modulares Rechnen . . . 136

4.13 Anwendung: Interpolation . . . 137

4.14 Übungsaufgaben . . . 141

5 Vektorräume 148 5.1 Übersicht . . . 148

5.2 Gaußalgorithmus . . . 149

5.3 Vektorräume und Basen. . . 156

5.4 Dimension . . . 168

5.5 Vektorraumhomomorphismen . . . 176

5.6 Inhomogene lineare Gleichungssysteme . . . 181

5.7 Darstellende Matrix eines Homomorphismus . . . 187

5.8 Gauß mit Zeilen- und Spaltentransformationen . . 193

5.9 Isomorphismen . . . 200

5.10 Basiswechsel . . . 204

5.11 Klassifikation von Homomorphismen . . . 206

5.12 Homomorphiesatz . . . 208

5.13 Anwendung: Lineare Codes . . . 210

5.13.1 Setup . . . 210

5.13.2 Fehlererkennung . . . 212

(4)

5.13.3 Fehlerkorrektur . . . 216

5.14 Determinanten . . . 221

5.15 Anwendung: Eigenvektoren und Page-Rank . . . . 231

5.15.1 Setup . . . 231

5.15.2 Eigenwerte und Eigenvektoren . . . 233

5.15.3 Markovmatrizen . . . 239

5.16 Übungsaufgaben . . . 240

6 Anhang: Computeralgebra 253 6.1 Maple. . . 253

6.2 Singular . . . 257

(5)

1 Knoten . . . 1

2 Vier Punkte . . . 2

1.1 Komplement. . . 6

1.2 Vereinigung . . . 6

1.3 Durchschnitt . . . 6

1.4 Graph der Parabel . . . 13

1.5 Hyperbel . . . 14

1.6 Eine nicht-injektive Abbildung . . . 14

1.7 Eine bijektive Abbildung und ihre Umkehrabbil- dung . . . 16

1.8 Wurzel . . . 16

1.9 Identische Abbildung R→R . . . 18

1.10 Äquivalenzklassen . . . 21

1.11 Die Türme von Hanoi . . . 24

1.12 Wieviele kürzeste Wege gibt es von A nach B. . . 24

2.1 Zwei Konfigurationen von drei Zahnrädern . . . . 46

3.1 Die Platonischen Körper . . . 48

3.2 Komposition von zwei Symmetrien des Tetraeders 48 3.3 Eine Drehsymmetrie des Tetraeders. . . 52

3.4 Eine Spiegelsymmetrie des Tetraeders . . . 53

3.5 Restklassen modulo 3 . . . 55

3.6 Exponentialfunktion . . . 58

3.7 Beispiel einer Bewegung des R2. . . 64

3.8 Tetraeder . . . 80

3.9 Spiegelsymmetrie (2,3)des Tetraeders . . . 81

3.10 Bahnen von Punkten des Tetraeders . . . 82

3.11 Graph . . . 84 4

(6)

3.12 Nachbarschaftsverhältnisse . . . 84

3.13 Isomorphe Graphen . . . 85

3.14 Tetraeder . . . 96

3.15 Regelmäßiges 5-Eck . . . 97

3.16 Tetraeder mit Kantenmittendiagonalen. . . 99

3.17 Ikosaeder mit Nummerierung der Ecken . . . 100

4.1 Polynomfunktion . . . 110

4.2 Interpolation . . . 140

4.3 Interpolation . . . 141

4.4 Polynom mit vorgegebenen Funktionswerten und Ableitungen . . . 146

5.1 Kubische Polynome mit Nullstellen bei −1 und 2 und Wendepunkt bei0 . . . 154

5.2 Geraden im R2, die Untervektorräume sind . . . . 160

5.3 Halbebene . . . 161

5.4 Parabel . . . 162

5.5 Zwei Erzeugendensysteme der Ebene {z =0} ⊂R3 164 5.6 Affine Gerade . . . 183

5.7 Dreiecksungleichung . . . 217

5.8 Parallelogramm . . . 221

5.9 Subtraktion eines Vielfachen des ersten Erzeugers des Parallelogramms vom zweiten. . . 222

5.10 Parallelogramm nach Scherung . . . 223

5.11 Scherung zum Rechteck . . . 223

5.12 Zum Parallelogramm flächengleiches Rechteck . . 224

5.13 Gerichteter Graph von Links zwischen Internetsei- ten. . . 231

6.1 Gröbnerbasen-Algorithmus für den Schnitt von zwei Ellipsen . . . 259

(7)

m∉M m ist kein Element vonM . . . 4

m∈M m ist Element vonM . . . 4

N Die natürlichen Zahlen . . . 5

N0 Die natürlichen Zahlen mit 0 . . . 5

Z Die ganzen Zahlen . . . 5

Q Die rationalen Zahlen . . . 5

∣ mit . . . 5

⇒ daraus folgt . . . 5

⇔ genau dann wenn . . . 5

M/N Komplement von N inM . . . 5

M ∪N Vereinigung von N und M . . . 5

M ∩N Durchschnitt von N und M . . . 5

∀ für alle . . . 7

∃ es existiert . . . 7

∣M∣ Anzahl der Elemente von M . . . 7

M ×N Kartesisches Produkt von M und N . . 7

2M Potenzmenge von M . . . 8

nk=1ak Summe . . . 9

nk=1ak Produkt . . . 9

f(A) Bild von A unter der Abbildung f . . . 12

Bild(f) Bild der Abbildung f . . . 12

f−1(B) Urbild von B unter der Abbildung f . . 12

Graph(f) Graph von f . . . 12

f−1 Umkehrabbildung der bijektiven Abb. f 15 ∃1 es existiert genau ein . . . 15

(nk) Binomialkoeffizient . . . 23

b∣a b teilt a . . . 31

a≡bmodm a kongruent zu b modulo m . . . 32 π(x) Anzahl der Primzahlen kleiner gleich x 34

ii

(8)

ggT Größter gemeinsamer Teiler . . . 35

kgV Kleinstes gemeinsames Vielfaches . . . . 35

S(X) Gruppe der Selbstabbildungen von X . 51 Sn Symmetrische Gruppe. . . 51

G1×G2 Kartesisches Produkt von G1 und G2 . 53 Z/n Restklassengruppe . . . 54

Zn Restklassengruppe . . . 54

kerϕ Kern von ϕ . . . 56

Bildϕ Bild von ϕ . . . 56

⟨E⟩ Untergruppe erzeugt von E . . . 60

ord(g) Ordnung von g . . . 61

E(n) Gruppe der Euklidischen Bewegungen . 63 Sym(M) Symmetriegruppe . . . 63

Gm Bahn von m unter der Operation von G 66 Stab(N) Stabilisator der MengeNunter der Ope- ration von G . . . 66

Stab(m) Stabilisator von munter der Operation von G . . . 67

[G∶H] Index der Untergruppe H ⊂G . . . 77

R× Einheitengruppe von R . . . 103

R[x] Polynomring in xüber R . . . 107

deg(f) Grad des Polynoms f . . . 107

ϕ(n) Eulersche Phi-Funktion, n∈N . . . 113

char(K) Charakteristik von K . . . 128

ϕ Koordinatenabbildung bezüglich Ω . . . 170

dimV Dimension von V . . . 172

L(A, b) Lösungsmenge von A⋅x=b . . . 182

M(F) Darstellende Matrix von F bezüglich der Basen Ω und ∆ . . . 189

Kn×m Vektorraum der n×m-Matrizen. . . 192

HomK(V, W) Vektorraum der Homom. V →W . . . . 192

L(A) Zur Matrix A bezüglich der Basen Ω und ∆zugeordneter Homomorphismus 192 At Transponierte von A . . . 212

d(a, b) Hammingabstand von a und b . . . 215

dmin(U) Minimalabstand des Codes U . . . 215

det(A) Determinante von A. . . 224

Eig(A, λ) Eigenraum von A zum Eigenwert λ. . . 233

⊕ Direkte Summe. . . 236

(9)
(10)

Einleitung

Wir wollen uns mit den Grundlagen der Zahlentheorie, Algebra und insbesondere der linearen Algebra beschäftigen. Dies sind eng verknüpfte Teilgebiete der reinen Mathematik, neben Ana- lysis, Kombinatorik1, Geometrie und Topologie2.

Was ist Zahlentheorie? Wie der Name schon verrät befas- sen sich die Zahlentheoretiker mit den Eigenschaften von Zahlen (...,−1,0,1,2,3, ...), insbesondere mit der Beziehung zwischen der Addition und der Multiplikation. Viele zahlentheoretische Pro- bleme können sehr einfach formuliert, aber nur sehr schwer gelöst werden. Das bekannteste Beispiel ist sicherlich Fermats letzter Satz von1637: Es gibt fürn≥3keine (nichttriviale) ganzzahlige Lösung der Gleichung

xn+yn=zn

1Mit Hilfe der Kombinatorik kann man zum Beispiel berechnen, dass es beim Ziehen der Lottozahlen(496) ≈14 000 000 mögliche Ergebnisse gibt.

2In der Topologie sieht man zum Beispiel, dass sich der Knoten in Ab- bildung1nicht ohne Aufschneiden entwirren läßt.

Abbildung 1: Knoten

1

(11)

Fermats letzter Satz wurde erst 1995 (von A. Wiles) bewiesen nach350-jährigen Vorarbeiten, bei denen viele neue Konzepte in der Mathematik entwickelt wurden. Heute bestehen enge Bezie- hungen der Zahlentheorie zum Beispiel zur algebraischen Geo- metrie, Kombinatorik, Kryptographie und Codierungstheorie.

Was ist Algebra? Die Algebra ist ein weites Gebiet der Ma- thematik, das sich mit für alle Bereiche der Mathematik grund- legenden algebraischen Strukturen, wie Gruppen, Ringen und Körpern beschäftigt, d.h. mit der Frage, wie man auf Mengen Verknüpfungen einführen kann, wie z.B. die Addition und Mul- tiplikation von ganzen Zahlen. Durch Kombination der Grund- lagen der Zahlentheorie und Algebra werden wir als zentrale An- wendung die Public-Key Kryptographie diskutieren. Ein weite- rer wichtiger Berührungsbereich der Algebra besteht neben der Zahlentheorie mit der algebraischen Geometrie. Diese beschäftigt sich mit den Lösungsmengen von polynomialen Gleichungssyste- men in mehreren Variablen3.

Der einfachste (aber in der Praxis sehr wichtige) Spezialfall sind lineare Gleichungssysteme über einem Körper K (zum Bei- spiel K =Q, R, C der Körper der rationalen, reellen oder kom- plexen Zahlen), das Kernthema der linearen Algebra. Hier lösen

3Zum Beispiel besteht die gemeinsame Lösungsmenge von x2+2y2=3 und2x2+y2=3, das heißt der Durchschnitt von zwei Ellipsen, aus4Punkten (1,1),(−1,1),(1,1),(−1,1), siehe Abbildung 2.

–2 –1 0 1 2

y

–1 0 1 2

x

Abbildung 2: Vier Punkte

(12)

wir

a1,1x1+...+a1,mxm=b1

⋮ an,1x1+...+an,mxm=bn

mit aij ∈K, bi ∈K nach xj ∈K (mit i=1, ..., n und j =1, ...m).

Als Anwendung der linearen Algebra werden wir fehlerkorrigie- rende Codes behandeln.

Wir wollen noch einen anderen wichtigen Spezialfall erwäh- nen, der jedoch über den hier betrachteten Stoff hinausgeht, Po- lynomgleichungen höheren Grades in einer einzigen Variablenx. Zum Beispiel kann man nach der Lösungsmenge der quadrati- schen Gleichung

ax2+bx+c=0

fragen. Diese kann mit Wurzeln dargestellt werden durch x= −b±

b2−4ac

2a .

Ebenso lassen sich mit Wurzelausdrücken die Lösungen von Glei- chungen vom Grad d = 3 (Tartaglia 1535, Cardano 1545) und d=4(Ferrari1522) darstellen, fürd≥5können die Lösungen im Allgemeinen nicht mehr mit Wurzeln geschrieben werden. Ein wichtiges Gebiet der Algebra, die Galoistheorie, behandelt die Frage, wann dies möglich ist.

(13)

Grundkonstruktionen

In diesem Abschnitt behandeln wir Grundkonstruktionen mit de- nen wir aus gegebenen mathematischen Objekten neue konstru- ieren können. Ausgehend vom Mengenbegriff beschäftigen wir uns mit der Frage, wie man zwei gegebene Mengen in Beziehung setzen kann, insbesondere mit Abbildungen zwischen Mengen und Äquivalenzrelationen auf Mengen.

1.1 Mengen

Definition 1.1.1 (Cantor) Eine Menge ist eine Zusammen- fassungM von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten mun- serer Anschauung oder unseres Denkens (die Elemente von M genannt werden) zu einem Ganzen.

Ist m ein Element von M, schreiben wir m∈M,

falls nicht, dann m ∉ M. Die Menge M mit den Elementen m1, m2, ... schreiben wir als

M = {m1, m2, ...}.

Die Menge ohne Elemente heißt leere Menge∅ = { }.

Bemerkung 1.1.2 Die Definition interpretieren wir folgender- maßen: Objekte sind mathematische Objekte und die Zusammen- fassung zu einem Ganzen ein neues Objekt. Wohlunterschieden

4

(14)

bedeutet, dass man entscheiden kann, ob zwei Elemente gleich oder verschieden sind.

Beispiel 1.1.3 Mengen sind beispielsweise die Menge der Zif- fern

{0,1,2, ...,9}, die natürlichen Zahlen

N= {1,2,3, ...}

N0= {0,1,2,3, ...}, die ganzen Zahlen

Z= {0,1,−1,2,−2, ...}, die rationalen Zahlen

Q= {a

b ∣a, b∈Z, b≠0}. Dabei steht das Symbol ∣ für mit.

Definition 1.1.4 Ist jedes Element der MengeN auch Element der MengeM (alsom∈N ⇒m∈M), dann heißtN Teilmenge von M (geschrieben N ⊂M oder auch N ⊆M). Dabei steht ⇒ für daraus folgt.

Zwei Mengen M1 und M2 heißen gleich (geschrieben M1 = M2), wenn M1⊂M2 und M2 ⊂M1. Dies bedeutet m∈M1⇔m∈ M2. Hier steht das Symbol ⇔ für genau dann wenn, d.h. es gilt sowohl ⇒ also auch ⇐.

Beispiel 1.1.5 {0, ...,9} ⊂N0.

Definition 1.1.6 Sind M, N Mengen, dann ist M/N = {m∈M ∣m∉N}

Komplement von N in M, als sogenanntes Venn-Diagramm siehe Abbildung 1.1. Weiter heißt

M∪N = {m∣m∈M oder m∈N} Vereinigung von M und N, siehe Abbildung 1.2, und

M∩N = {m∣m∈M und m∈N} Durchschnitt von M und N, siehe Abbildung 1.3.

(15)

Abbildung 1.1: Komplement

Abbildung 1.2: Vereinigung

Beispiel 1.1.7 N0=N∪ {0}.

Notation 1.1.8 Für eine Indexmenge I ≠ ∅ und Mengen Mi, i∈I schreibe

i∈I

Mi= {m∣m∈Mi für alle i∈I}

für den Durchschnitt der Mi, i∈I, und

i∈I

Mi = {m∣es existiert i∈I mit m∈Mi}

Abbildung 1.3: Durchschnitt

(16)

für die Vereinigung der Mi, i∈I.

Wir kürzen für alle ab durch ∀ und es existiert durch ∃. Beispiel 1.1.9 FürI = {1,2}und gegebene MengenM1 und M2 ist

i∈I

Mi=M1∩M2.

Definition 1.1.10 Wir schreiben ∣M∣ oder#M für die Anzahl der Elementeeiner endlichen MengeM und, fallsM unendlich viele Elemente hat, ∣M∣ = ∞.

Beispiel 1.1.11 Es ist ∣∅∣ =0, ∣{0, ...,9}∣ =10 und ∣{0}∣ =1. Definition 1.1.12 SindM1, ..., MnMengen, dann heißt die Men- ge der geordneten Tupel

M1×...×Mn= {(m1, ... , mn) ∣mi∈Mi ∀i=1, ..., n}

aus Elementen von M1, ..., Mn das kartesische Produkt von M1, ..., Mn. Für n∈N schreiben wir

Mn=M×...×M

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

n-mal

.

Die Elemente von Mn sind Listen (m1, ..., mn) der Länge n mit Einträgen in M.

Beispiel 1.1.13 Es ist

{1,2,3} × {3,4} = {(1,3),(1,4),(2,3),(2,4),(3,3),(3,4)}. Das Schachbrett ist das Produkt

{a, ... , h} × {1, ... ,8} = {(a,1), ...}, der 3-dimensionale Raum

R3=R×R×R, und die Menge der 8-bit Zahlen

{0,1}8= {(0, ... ,0,0),(0, ... ,0,1), ... ,(1, ... ,1,1)}.

(17)

Definition 1.1.14 Sei M eine Menge. Die Potenzmenge von M ist

2M =P(M) = {A∣A⊂M}.

Satz 1.1.15 Sei M eine endliche Menge. Dann gilt

∣2M∣ =2∣M∣. Beispiel 1.1.16 Potenzmengen:

2= {∅}

2{1}= {∅,{1}}

2{1,2}= {∅,{1},{2},{1,2}}.

Zum Beweis von Satz 1.1.15 verwenden wir das folgende all- gemeine Beweisprinzip:

1.2 Vollständige Induktion

Angenommen wir haben für jedes n∈N0 eine beliebige Aussage A(n) gegeben, und man hat gezeigt:

1) Induktionsanfang: A(0) ist wahr.

2) Induktionsschritt: Es gilt für jedes n>0, dass A(n−1)ist wahr⇒A(n) ist wahr.

Dann ist A(n) wahr für alle n ∈ N0, denn wir haben eine Kette von Schlussfolgerungen

A(0) wahr ⇒A(1)wahr ⇒A(2) wahr ⇒...

Bemerkung 1.2.1 Analog kann man natürlich vorgehen, um Aussagen A(n) für n ≥ n0 mit n0 ∈ Z zu bewiesen. Man muss nur stets sicherstellen, dass man den Induktionsanfang A(n0) und alle verwendeten Folgepfeile in der Kette von Schlussfolge- rungen

A(n0) wahr ⇒A(n0+1) wahr ⇒A(n0+2) wahr ⇒...

bewiesen hat.

(18)

Mit vollständiger Induktion beweisen wir nun Satz 1.1.15:

Beweis. Durch Nummerieren der Elemente von M können wir ohne Einschränkung der Allgemeinheit (kurz geschrieben OE) annehmen, dass M = {1, ... , n}, wobei wir die Konvention ver- wenden, dass {1, ... ,0} = ∅. Wir müssen also zeigen, dass die Aussage

∣2{1,...,n}∣ =2n für alle n∈N0 gilt.

Induktionsanfang n=0: Es ist 2= {∅}, also ∣2∣ =1=20. Induktionsschritt n−1 nachn: Die Vereinigung

2{1,...,n}= {A⊂ {1, ..., n} ∣n∉A}∪ {A⊂ {1, ..., n} ∣n∈A}

= {A∣A⊂ {1, ..., n−1}}∪ {A ∪ {n} ∣A⊂ {1, ..., n−1}}

ist disjunkt, also folgt aus der Induktionsvoraussetzung

∣2{1,...,n−1}

∣ =2n−1, dass

∣2{1,...,n}∣ =2n−1+2n−1 =2n.

Im Folgenden diskutieren wir noch ein weiteres typisches Bei- spiel für einen Beweis mittels vollständiger Induktion.

Notation 1.2.2 Für Zahlen a1, ..., an schreiben wir

n

k=1

ak=a1+...+an für deren Summe.

Genauso verwenden wir

n

k=1

ak=a1⋅...⋅an für das Produkt.

Wenn die Zahlen ak durch die Elemente k der Menge I indi- ziert sind, schreibt man für deren Summe

k∈I

ak

und analog ∏k∈Iak für das Produkt.

(19)

Bemerkung 1.2.3 Gegeben eine Liste a= (a1, ..., an) berechnet das folgende Computerprogramm diese Summe s= ∑nk=1ak:

s:=0;

for k from 1 to n do s:=s+a[k];

od;

Wir verwenden hier die Syntax von Maple, siehe [17]. Siehe auch Übungsaufgabe 1.3.

Mit vollständiger Induktion können wir die folgende allgemei- ne Formel für∑nk=1kbeweisen, die uns eine wesentlich effizientere Berechnung dieser speziellen Summe erlaubt:

Satz 1.2.4 Für alle n∈N0 gilt

n

k=0

k= n(n+1) 2 . Beweis. Induktionsanfang n=0: Es ist

0

k=0

k=0= 0⋅ (0+1)

2 .

Induktionsschritt n nachn+1: Es ist

n+1

k=1

k=

n

k=1

k+ (n+1), also folgt mit der Induktionsvoraussetzung, dass

n+1

k=0

k= n(n+1)

2 + (n+1)

= n(n+1) +2(n+1) 2

= (n+1)(n+2)

2 .

Für ein weiteres Beispiel siehe Übungsaufgabe 1.4.

(20)

Bemerkung 1.2.5 Das Analogon zum Induktionsbeweis ist in der Informatik der rekursive Algorithmus. Beispielsweise berech- net die folgende rekursive Funktion die Summe ∑nk=0k:

sumints:=proc(n)

if n=0 then return(0);fi;

return(sumints(n-1)+n);

end proc;

Wir können auch ausgehend vom Beweis von Satz1.1.15eine rekursive Funktion schreiben, die alle Teilmengen von {1, ..., n}

bestimmt. Für die Implementierung siehe Übungsaufgabe 1.8.

Einen anderen Induktionsbeweis, der einen rekursiven Algorith- mus liefert, besprechen wir in den Aufgaben 1.10 und 1.11.

Für weitere Beispiele zur Induktion siehe die Übungsaufga- ben 1.5, 1.6, 1.7 und 1.12.

1.3 Relationen

Auf die folgende Weise können wir Beziehungen zwischen zwei Mengen beschreiben:

Definition 1.3.1 Eine Relation zwischen Mengen M und N ist gegeben durch eine Teilmenge R⊂M×N.

Beispiel 1.3.2 Für M = {2,3,7}, N = {4,5,6} und R= {(m, n) ∈M×N ∣m teilt n}

gilt

R= {(2,4),(2,6),(3,6)}.

Die wichtigste Rolle spielen Relationen bei denen jedem Ele- ment von M genau ein Element von N zugeordnet wird:

(21)

1.4 Abbildungen

Definition 1.4.1 Eine Abbildungf ∶M →N ist eine Relation R⊂M×N, sodass es für jedes m∈M genau ein f(m) ∈N gibt mit (m, f(m)) ∈R. Schreibe

f ∶ M → N m ↦ f(m).

Wir bezeichnen M als Quelle und N als Ziel von f. Für eine Teilmenge A⊂M heißt

f(A) = {f(m) ∣m∈A} ⊂N Bild von A unter f, und

Bild(f) ∶=f(M) bezeichnen wir als das Bild von f.

Für B⊂N heißt

f−1(B) = {m∈M ∣f(m) ∈B} ⊂M das Urbild von B unter f.

Bemerkung 1.4.2 Hat man eine Abbildung durch eine Abbil- dungsvorschrift f ∶M →N, m↦f(m) gegeben, so ist die Dar- stellung von f als Relation nichts anderes als der Graph

R=Graph(f) = {(m, f(m)) ∣m∈M} ⊂M ×N von f.

Beispiel 1.4.3 Für

f ∶ R → R

x ↦ f(x) =x2 ist

R=Graph(f) = {(x, x2) ∣x∈R}, siehe Abbildung 1.4. Das Bild von f ist

f(R) =R≥0 und beispielsweise gilt

f−1({1,2}) = {−1,1,−

√ 2,

√ 2}.

(22)

–2 –1 0 1 2

–1 0 1 2

Abbildung 1.4: Graph der Parabel

Definition 1.4.4 Eine Abbildung f ∶ M →N heißt surjektiv, wenn für das Bild von f gilt

f(M) =N. Gilt für alle m1, m2∈M, dass

f(m1) =f(m2) Ô⇒m1 =m2, so heißt f injektiv.

Eine Abbildung, die injektiv und surjektiv ist, heißt bijektiv. Beispiel 1.4.5 Die Parabelfunktion

R→R, x↦x2

aus Beispiel1.4.3ist weder injektiv noch surjektiv. Als Abbildung auf ihr Bild

R→R≥0, x↦x2 wird sie surjektiv. Die Abbildung

R≥0→R≥0, x↦x2

bei der wir auch die Quelle einschränken ist bijektiv. Die Hyper- bel

R/{0} →R, x↦ 1 x

ist injektiv, aber nicht surjektiv (siehe Abbildung 1.5).

(23)

Abbildung 1.5: Hyperbel

Satz 1.4.6 (Schubfachprinzip) Sind M, N endliche Mengen und ist f ∶M →N eine injektive Abbildung, dann gilt ∣M∣ ≤ ∣N∣. Beispiel 1.4.7 Sei M = {1,2,3} und N = {1,2}. Wegen ∣M∣ >

∣N∣ gibt es keine injektive Abbildung f ∶M →N.

Abbildung 1.6 zeigt ein Beispiel einer Abbildung f ∶M →N. Es ist f(1) =f(3), also f nicht injektiv.

1 a

2 b

3

Abbildung 1.6: Eine nicht-injektive Abbildung

Wir zeigen nun Satz 1.4.6:

Beweis. Es gilt

∣N∣ = ∑

n∈N

1≥ ∑

n∈N

∣f−1({n})∣ = ∣M∣,

dennf−1({n})hat genau1Element, wenn nim Bild von f liegt (da f injektiv), und ist leer sonst. Die zweite Gleichheit gilt, da M die disjunkte Vereinigung

M =

n∈N

f−1({n})

(24)

der Levelsetsf−1({n})der Abbildungf ist (analog zu Höhenlini- en auf einer Landkarte): Eine Abbildung ordnet jedem Element m ∈ M genau einen Wert n zu. Auf diese Idee werden wir in Zusammenhang mit Äquivalenzrelationen zurückkommen.

Da eine Abbildung jedem Element der Quelle genau ein Bild- element zuordnet, folgt die entsprechende Aussage für surjektiv:

Satz 1.4.8 Sind M, N endliche Mengen und f ∶ M → N eine surjektive Abbildung, dann gilt ∣M∣ ≥ ∣N∣.

Kombinieren wir Satz 1.4.6 und Satz 1.4.8, so erhalten wir:

Corollar 1.4.9 Sind M, N endliche Mengen und f ∶ M → N eine bijektive Abbildung, dann gilt ∣M∣ = ∣N∣.

Definition und Satz 1.4.10 Ist f ∶M →N bijektiv, dann gibt es eine eindeutig bestimmte Umkehrabbildung

f−1 ∶N →M, y↦x falls f(x) =y.

Es gilt

f−1(f(x)) =x f(f−1(y)) =y für alle x∈M bzw. y∈N. Weiter ist f−1 bijektiv.

Beweis.Die Umkehrabbildung istwohldefiniert(d.h. die Defi- nition ordnet jedem Element der Quelle ein eindeutiges Element des Ziels zu): Zu jedem y ∈ N gibt es genau ein x ∈ M mit f(x) =y. Wegenf surjektiv existiert ein solches x, und wegenf injektiv, ist dieses x eindeutig bestimmt.

Die beiden Gleichungen sind klar nach Definition. Zur Bijek- tivität von f−1: Da für jedes x ∈M gilt f−1(f(x)) = x, ist f−1 surjektiv. Bei der Injektivität verwenden wir insbesondere, dass f eine Abbildung ist: Sind y1, y2∈N und xi∈M mit yi =f(xi), dann folgt aus

x1=f−1(y1) =f−1(y2) =x2, dass y1=f(x1) =f(x2) =y2.

Für die oben verwendete Formulierung “es existiert genau ein” schreibt man auch das Zeichen ∃1.

(25)

1 a 2

b c 3

Abbildung 1.7: Eine bijektive Abbildung und ihre Umkehrabbil- dung

Bemerkung 1.4.11 Die Umkehrabbildung f−1 ist die Relation {(f(x), x) ∣x∈M} ⊂N×M.

Beispiel 1.4.12 Abbildung1.7 zeigt eine bijektive Abbildungf ∶ {1,2,3} → {a, b, c} und ihre Umkehrabbildung f−1.Die Umkehr- abbildung der bijektiven Abbildung

R≥0→R≥0, x↦x2 ist

R≥0 →R≥0, y↦√ y wie in Abbildung 1.8 dargestellt.

0 1 2

1 2

Abbildung 1.8: Wurzel

(26)

Siehe auch die Übungsaufgaben 1.14, 1.17, 1.18 und 1.19.

Definition 1.4.13 Seien f ∶M →N und g ∶N →L Abbildun- gen, dann ist die Komposition von f und g definiert als

g○f∶ M → L

m ↦ g(f(m))

Lemma 1.4.14 Die Komposition von Abbildungen ist assozia- tiv, das heißt für Abbildungen

M →f N →g L→h K gilt

h○ (g○f) = (h○g) ○f. Zum Beweis siehe Übungsaufgabe 1.15.

Beispiel 1.4.15 Selbst wenn f ∶M →M und g∶M →M ist im Allgemeinen f○g ≠g○f. Zum Beispiel für

f ∶R2→R2, (x, y) ↦ (x+y, y) g ∶R2→R2, (x, y) ↦ (x, x+y) erhalten wir

f○g∶R2→R2, (x, y) ↦ (2x+y, x+y) g○f∶R2→R2, (x, y) ↦ (x+y, x+2y).

Definition 1.4.16 Sei M eine Menge. Die identische Abbil- dung auf M ist

idM ∶ M → M

m ↦ m

Beispiel 1.4.17 Abbildung 1.9 zeigt den Graphen von idR. Die beiden Gleichungen in Definition und Satz 1.4.10 schrei- ben sich dann wie folgt:

Satz 1.4.18 Ist f ∶M →N eine bijektive Abbildung, so gilt f−1○f =idM f○f−1 =idN

Tatsächlich liefern diese beiden Gleichungen eine Charakte- risierung von bijektiv und legen die Umkehrabbildung eindeutig fest. Siehe dazu Übungsaufgabe 1.16.

(27)

–2 0 2

0 2

Abbildung 1.9: Identische Abbildung R→R

1.5 Halbordnungen und Äquivalenzre- lationen

Definition 1.5.1 Eine Relation R⊂M×M auf einer MengeM heißt

• reflexiv, wenn (m, m) ∈R für alle m∈M,

• transitiv, wenn

(l, m) ∈R und (m, n) ∈RÔ⇒ (l, n) ∈R,

• antisymmetrisch, wenn

(n, m) ∈R und (m, n) ∈RÔ⇒m=n.

Ist R reflexiv, transitiv und antisymmetrisch, so spricht man von einer Halbordnung. Gilt außerdem für alle m, n∈M, dass (m, n) ∈R oder (n, m) ∈R, so heißt R Totalordnung.

Beispiel 1.5.2 1) Die Inklusion ⊂ zwischen Teilmengen ei- ner Menge M ist eine Halbordnung auf der Potenzmenge 2M: Für alle A, B, C ⊂M gilt

• A⊂A (reflexiv)

(28)

• A⊂B und B ⊂C Ô⇒A⊂C (transitiv)

• A⊂B und B ⊂AÔ⇒A=B (antisymmetrisch).

Im Allgemeinen ist ⊂keine Totalordnung, z.B. ist für M = {1,2} weder {1} ⊂ {2} noch {2} ⊂ {1}.

2) Dagegen ist ≤ auf R eine Totalordnung.

Der Begriff der Äquivalenzrelation schwächt den Begriff der Gleichheit ab.

Definition 1.5.3 Sei M eine Menge und R ⊂M ×M eine re- flexive und transitive Relation. Ist R außerdem symmetrisch, das heißt

(m, n) ∈R⇒ (n, m) ∈R, so heißt R eine Äquivalenzrelation.

Schreiben wir m∼n für (m, n) ∈R, dann bedeutet

• reflexiv, dass m∼m für alle m∈M,

• transitiv, dass m∼l und l∼n⇒m∼n für allem, l, n∈M und

• symmetrisch, dass m∼n⇒n∼m für alle m, n∈M. Beispiel 1.5.4 Gleichheit ist eine Äquivalenzrelation.

Die Eigenschaft von zwei Menschen gleich groß zu sein, ist eine Äquivalenzrelation (dagegen ist die Eigenschaft gleich groß zu sein bis auf einen Unterschied von maximal 1cm nicht tran- sitiv).

Allgemeiner: Seif ∶M →N eine Abbildung. Dann wird durch m1∼m2 ⇐⇒f(m1) =f(m2)

eine Äquivalenzrelation auf M definiert.

Definition 1.5.5 Ist M eine Menge, ∼ eine Äquivalenzrelation und m∈M, dann heißt

[m] = {n∈M ∣m∼n} ⊂M

(29)

die Äquivalenzklasse von m. Jedes n ∈ [m] heißt Repräsen- tant von [m].

Wir schreiben weiter

M/ ∼ = {[m] ∣m∈M} ⊂2M für die Menge der Äquivalenzklassen von ∼ und

π∶ M → M/ ∼

m ↦ [m]

für die kanonische Abbildung.

Satz 1.5.6 Je zwei Äquivalenzklassen sind gleich oder disjunkt.

Beweis. Sei [m] ∩ [n] ≠ ∅. Wir müssen [m] = [n] zeigen. Ist a ∈ [m] ∩ [n], also a ∼m und a ∼n, dann folgt mit Symmetrie und Transitivität, dass m ∼ n, also m ∈ [n]. Sei nun a ∈ [m]

beliebig. Dann gilt a ∼ m und m ∼ n, also a ∼ n, das heißt a∈ [n]. Wir haben also [m] ⊂ [n] gezeigt. Die andere Inklusion folgt genauso.

Eine Äquivalenzrelation partitioniert (unterteilt) also M in die Äquivalenzklassen.

Bemerkung 1.5.7 Es gilt

m1∼m2⇐⇒ [m1] = [m2]

d.h. Äquivalenz übersetzt sich in Gleichheit von Äquivalenzklas- sen.

Beispiel 1.5.8 Die Äquivalenzklassen unter der Äquivalenzrela- tion gleich groß sein auf einer Menge M von Menschen (siehe Beispiel 1.5.4) sind die Teilmengen der Menschen, die jeweils dieselbe Körpergröße haben. Somit steht die Menge der Äquiva- lenzklassenM/ ∼ in Bijektion zu der Menge aller vorkommenden Körpergrößen. Ein Kleiderverkäufer interessiert sich nicht für m sondern für [m].

Beispiel 1.5.9 Betrachte die Äquivalenzrelation ∼ auf R2 gege- ben durch

(x1, y1) ∼ (x2, y2) ⇐⇒f(x1, y1) =f(x2, y2)

(30)

mit

f(x, y) =x2+y2.

Die Äquivalenzklassen sind die konzentrischen Kreise (und der Punkt (0,0))

Ks= {(x, y) ∈R2∣x2+y2=s}

für s∈R≥0. Beispielsweise ist

[(1,2)] = {(x, y) ∈R2∣x2+y2 =5}. Es ist also

M/ ∼ = {Ks∣s∈R≥0},

und die Abbildung R≥0 →M/ ∼, s↦Ks ist bijektiv. Siehe Abbil- dung 1.10.

–3 –2 –1 0 1 2 3

–2 –1 0 1 2 3

Abbildung 1.10: Äquivalenzklassen

1.6 Übungsaufgaben

Übung 1.1 SeiM eine Menge. Zeigen Sie für TeilmengenA, B, C ⊂ M, zum Beispiel mit Hilfe von Venn-Diagrammen:

1) Für ∩ gilt:

(a) Kommutativität A∩B =B∩A, (b) Identität A∩M =A,

(31)

(c) Assoziativität A∩ (B∩C) = (A∩B) ∩C. 2) Für ∪ gilt:

(a) Kommutativität A∪B =B∪A, (b) Identität A∪ ∅ =A,

(c) Assoziativität A∪ (B∪C) = (A∪B) ∪C. 3) Für ∩ und ∪gelten die Distributivgesetze

A∩ (B∪C) = (A∩B) ∪ (A∩C) A∪ (B∩C) = (A∪B) ∩ (A∪C)

4) Vergleichen Sie mit den Rechenregeln für ganze Zahlen.

Übung 1.2 Zeigen Sie für endliche Mengen M und N, dass

∣M∪N∣ = ∣M∣ + ∣N∣ − ∣M∩N∣ und

∣M×N∣ = ∣M∣ ⋅ ∣N∣.

Übung 1.3 Schreiben Sie ein Programm, das für eine Liste a= (a1, ..., an) ∈Zn die Summe

n

k=1

ak berechnet.

Übung 1.4 Zeigen Sie mit vollständiger Induktion, dass

n

k=1

k2= n(n+1) (2n+1) 6

für alle n∈N.

Übung 1.5 Stellen Sie eine Formel für

n

k=1

(2k−1) auf und beweisen Sie diese.

(32)

Übung 1.6 Stellen Sie eine Formel für

n

k=1

k3 auf und beweisen Sie diese.

Übung 1.7 Zeigen Sie für q∈R, q≠1 mit vollständiger Induk-

tion n

k=0

qk= 1−qn+1 1−q

Übung 1.8 Schreiben Sie eine Funktion, die rekursiv alle Teil- mengen von {1, ..., n} bestimmt.

Übung 1.9 Sei 0 ≤k ≤n. Zeigen Sie: Für die Anzahl (nk) der k-elementigen Teilmengen einer n-elementigen Menge gilt

(n

k) = n!

k!(n−k)!

wobei n!=1⋅2⋅...⋅n.

Übung 1.10 Das Spiel ”Die Türme von Hanoi” besteht aus 3 Spielfeldern, auf denenn Scheiben paarweise verschiedener Grö- ße gestapelt werden können (siehe Abbildung 1.11). Zu Beginn des Spiels sind alle Scheiben auf einem der Spielfelder der Grö- ße nach zu einem Turm gestapelt. Ziel des Spiels ist, den An- fangsstapel auf ein anderes Feld zu versetzen. Dazu darf in jedem Spielzug die oberste Scheibe eines beliebigen Turms auf einen an- deren Turm, der keine kleinere Scheibe enthält, gelegt werden.

Geben Sie einen Algorithmus an, der dieses Spiel löst, stellen Sie eine Formel für die Anzahl der notwendigen Züge auf, und beweisen Sie diese mit vollständiger Induktion.

Übung 1.11 Schreiben Sie ein rekursives Programm, das das Spiel ”Die Türme von Hanoi” löst.

Übung 1.12 In einem amerikanischen Stadtplan mit n Ave- nues und m Streets (siehe Abbildung 1.12) wollen wir von Punkt A nach Punkt B gehen. Wieviele kürzeste Wege gibt es?

Beweisen Sie die Formel mit vollständiger Induktion nach n+m.

(33)

Abbildung 1.11: Die Türme von Hanoi

Abbildung 1.12: Wieviele kürzeste Wege gibt es von A nach B.

Übung 1.13 Geben Sie je ein Beispiel für eine Abbildung N→ N, die

1) injektiv aber nicht surjektiv ist, 2) surjektiv aber nicht injektiv ist.

Übung 1.14 Auf einem Fest treffen sich n Personen. Zeigen Sie, dass zwei von diesen mit derselben Anzahl von Anwesenden bekannt sind.

Übung 1.15 Die Komposition von Abbildungen ist assoziativ, das heißt für Abbildungen

M →f N →g L→h K gilt

h○ (g○f) = (h○g) ○f.

Übung 1.16 Sei f ∶M →N eine Abbildung. Zeigen Sie:

1) f ist injektiv genau dann, wenn es eine Abbildungg∶f(M) → M gibt mit g○f =idM.

(34)

2) f ist surjektiv genau dann, wenn es eine Abbildungg ∶N → M gibt mit f○g =idN.

3) f ist bijektiv genau dann, wenn es eine Abbildung g ∶N → M gibt mit g○f =idM und f○g =idN.

Weiter ist dann g=f−1 die Umkehrabbildung.

Übung 1.17 Seien M, N endliche Mengen mit ∣M∣ = ∣N∣ und f ∶M →N eine Abbildung. Zeigen Sie, dass folgende Aussagen äquivalent sind:

1) f ist bijektiv, 2) f ist injektiv, 3) f ist surjektiv.

Übung 1.18 Seien die Zahlen 1, ...,101 in irgendeiner Reihen- folge gegeben. Zeigen Sie, dass11 davon aufsteigend oder abstei- gend sortiert sind.

Hinweis: Betrachten Sie eine geeignete Menge von Paaren und verwenden Sie das Schubfachprinzip.

Übung 1.19 Sei n ∈ N und seien n2 +1 viele Punkte in dem Quadrat

{(x, y) ∣0≤x<n, 0≤y<n}

gegeben. Zeigen Sie, dass es unter diesen zwei Punkte gibt, die Abstand ≤

2 haben.

Übung 1.20 Sei M eine unendliche Menge. Zeigen Sie:

1) Es gibt keine surjektive Abbildung ϕ∶M →2M. 2) Es gibt keine injektive Abbildung ψ∶2M →M.

Übung 1.21 Sei M ∶= R2/ {(0,0)} die Menge der Punkte der reellen Ebene ohne den 0-Punkt. Auf M definiere(x, y) ∼ (x, y)

(35)

genau dann, wenn es eine Gerade durch (0,0) ∈R2 gibt, auf der sowohl der Punkt (x, y) als auch der Punkt (x, y) liegen.

1) Zeigen Sie, dass durch ∼ eine Äquivalenzrelation gegeben ist.

2) Finden Sie eine geometrische Darstellung der Menge der ÄquivalenzklassenM/ ∼ indem Sie in jeder Äquivalenzklas- se einen geeigneten Repräsentanten wählen.

(36)

Zahlen

In diesem Abschnitt beschäftigen wir uns mit wesentlichen Ei- genschaften der ganzen Zahlen. Alle diese Eigenschaften werden wir in allgemeinerem Kontext später auch für andere Ringe ken- nenlernen.

2.1 Die ganzen Zahlen und Division mit Rest

Auf den natürlichen Zahlen N0 = {0,1,2,3, ...} gibt es Verknüp- fungen +und ⋅, die dem Assoziativgesetz

a+ (b+c) = (a+b) +c a⋅ (b⋅c) = (a⋅b) ⋅c Kommutativgesetz

a+b=b+a a⋅b=b⋅a und Distributivgesetz

a⋅ (b+c) =a⋅b+a⋅c

gehorchen für alle a, b, c ∈ N0. Auf die axiomatische Definition der natürlichen Zahlen wollen wir hier nicht weiter eingehen. Als Übungsaufgabe informiere man sich in Buch oder Suchmaschine der Wahl über die Peano-Axiome.

27

(37)

In N0 gibt es keine Zahl a mit 1+a=0.

Anschaulich heißt das: Wir können zwar Guthaben auf einem Konto darstellen aber keine Schulden.

Aus den natürlichen Zahlen konstruiert man deshalb die gan- zen Zahlen Z= {0,1,−1,2,−2, ...}wie folgt:

Bemerkung 2.1.1 Die Grundidee zur Konstruktion ist: Den Wert eines Kontos kann man als Differenz von Guthaben und Schulden schreiben. Verschiedene Tupel(Guthaben, Schulden)füh- ren zu demselben Wert des Kontos, z.B.

5−1=1000006−1000002

d.h. der Wert eines Kontos mit 5e Guthaben und 1e Schulden entspricht einem Konto mit 1000006e Guthaben und1000002e Schulden. Um den Wert zu repräsentieren, müssen wir also Äqui- valenzklassen bezüglich einer geeigneten Äquivalenzrelation be- trachten. Die beiden Konten in dem Beispiel haben denselben Wert, da

5+1000002=1000006+1. Man definiert also

Z∶= (N0×N0) / ∼ mit der Äquivalenzrelation

(a, b) ∼ (c, d) ⇔a+d=b+c, und die Äquivalenzklasse

[(a, b)] = {(c, d) ∣ (c, d) ∼ (a, b)}.

Wir stellen uns unter [(a, b)]die ganze Zahl a−b vor. Dies mo- tiviert die folgenden wohldefinierten Verknüpfungen + und ⋅ auf Z

[(a, b)] + [(c, d)] ∶= [(a+c, b+d)]

[(a, b)] ⋅ [(c, d)] ∶= [(a⋅c+b⋅d, a⋅d+b⋅c)],

(38)

die dem Assoziativ-, Kommutativ- und Distributivgesetz gehor- chen (siehe auch Übung 2.2). Es gilt dann

[(a, b)] + [(b, a)] = [(0,0)]

für alle [(a, b)] ∈Z, insbesondere

[(1,0)] + [(0,1)] = [(0,0)]. Weiter ist

[(0,0)] + [(a, b)] = [(a, b)]

[(1,0)] ⋅ [(a, b)] = [(a, b)].

Eine Menge mit solchen Verknüpfungen nennt man kommutati- ven Ring mit1. Des Weiteren sind die ganzen Zahlen angeordnet durch die Totalordnung ≤.

Jedes Konto [(a, b)] ist äquivalent zu einem eindeutig be- stimmten Konto mit keinem Guthaben oder keinen Schulden: Für a≥b sei c∈N0 mit a=b+c. Dann gilt (a, b) ∼ (c,0). Für a<b sei c ∈ N mit b = a+c. Dann gilt (a, b) ∼ (0, c). Wir schreiben kurz

c∶= [(c,0)]

und

−c∶= [(0, c)]. Es gilt dann

c+ (−c) =0

für alle c∈Z/{0}, denn c+ (−c) = [(c, c)] = [(0,0)] =0. Auf ähnliche Weise lässt sich Q aus Z konstruieren als

Q= (Z×Z/{0}) / ∼ mit der Äquivalenzrelation

(a, b) ∼ (c, d) ⇔ad=bc, wobei wir die Äquivalenzklassen schreiben als

a

b ∶= [(a, b)].

Die reellen Zahlen R kann man wiederum aus Q mit Hilfe einer geeigneten Äquivalenzrelation konstruieren.

(39)

InQlässt sich jede Zahladurch jede Zahlb≠0teilen. In vie- len Problemen des täglichen Lebens und der Mathematik macht dies allerdings keinen Sinn, da die kleinste sinnvolle Einheit 1 ist. Wollen wir etwa1000 Passagiere gleichmäßig auf 3 Flugzeu- ge verteilen, so ist 10003 keine sinnvolle Lösung, sondern vielmehr

1000=3⋅333+1.

Dies bezeichnet man als Division mit Rest (1 Passagier bleibt übrig):

Lemma 2.1.2 (Division mit Rest) Sind a, b∈Z, b≠0, dann gibt es eindeutig bestimmte q, r∈Z mit

a=b⋅q+r und 0≤r< ∣b∣.

Beispiel 2.1.3 In obigem Beispiel ist a = 1000 und b =3, und es gilt

1000=3⋅333+1 d.h. q=333 und r=1.

Zum Beweis von Lemma 2.1.2:

Beweis. Existenz: Ohne Einschränkung istb>0. Die Menge {w∈Z∣b⋅w>a} ≠ ∅

hat ein kleinstes Elementw. Setze dann q∶=w−1 r∶=a−qb.

Offenbar gilt dann a=qb+r, außerdem qb+b>a also r<b

und daw minimal gewählt war auch bq≤a also r≥0.

Eindeutigkeit: Haben wir zwei solcher Darstellungen b⋅q1+r1 =a=b⋅q2+r2

(40)

und ist OE r2≤r1, dann gilt

0≤r1−r2 =b⋅ (q2−q1) < ∣b∣, also q1=q2 und r1 =r2.

Der Beweis liefert einen expliziten (aber sehr ineffizienten) Algorithmus für die Division mit Rest. Praktisch geht man wie folgt vor:

Bemerkung 2.1.4 Schulbuchdivision ohne Nachkommastellen bestimmt schrittweise die Dezimalstellen von q (beginnend mit der höchsten Dezimalstelle), gibt also einen Algorithmus zur Di- vision mit Rest.

Beispiel 2.1.5 Für a=2225 und b=7 schreiben wir 2225 =7⋅317+6

−21 12

−7 55

−49 6 also q=317 und r=6.

Mit Hilfe der Division mit Rest können wir Teilbarkeit algo- rithmisch entscheiden.

Definition 2.1.6 Seien a, b∈Z. Man sagt b teilt a b∣a

wenn es einq∈Zgibt mita=b⋅q. Dies bedeutet, dass die Division von a durch b Rest r=0 liefert.

Zwei Zahlen a, b∈Z heißen teilerfremd, wenn für t∈N mit t∣a und t∣b folgt t=1.

Sei m∈N und a, b∈Z. Dann heißt a kongruent zub modu- lo m

a≡bmodm wenn m∣ (a−b).

(41)

Beispiel 2.1.7 1≡7 mod 3.

Kongruent modulo mzu sein ist eine Äquivalenzrelation, sie- he dazu Übungsaufgabe 2.3. Dort implementieren wir auch eine Funktion, die Kongruenz modulo m mittels Division mit Rest entscheidet.

Für festgelegtes m schreiben wir die Äquivalenzklasse (ge- nannt Restklasse) von a als

a= {b∈Z∣a≡bmodm}

= {a+k⋅m∣k∈Z}. Somit ist a≡bmodm genau dann, wenn a=b.

Beispiel 2.1.8 Kongruenz modulo 3 partitioniert Z in die 3 Restklassen

0= {...,−3,0,3,6, ...}

1= {...,−2,1,4,7, ...}

2= {...,−1,2,5,8, ...},

denn bei der Division mit Rest von ganzen Zahlen nach 3 treten genau die Reste 0,1,2 auf.

Restklassen spielen eine wichtige Rolle in vielen Publik-Key- Kryptosystemen. Darauf werden wir noch im Detail zurückkom- men.

2.2 Fundamentalsatz der Arithmetik

Definition 2.2.1 Ein Element p ∈ N, p ≥ 2 heißt Primzahl, wenn aus p=a⋅b, a, b∈N folgt a=1 oder b=1.

Beispiel 2.2.2 2,3,5,7,11,13,17,19,23... Die Bestimmung al- ler Primzahlen bis zu einer gegebenen Schranke werden wir im nächsten Abschnitt behandeln.

Satz 2.2.3 (Fundamentalsatz der Arithmetik) Jede Zahln∈ Z/{0,−1,1} hat eine eindeutige Darstellung

n= ± pr11 ⋅...⋅prss

mit Primzahlen p1 <...<ps und ri ∈N. Die pi heißen Primfak- toren von n.

(42)

Beweis.Existenz der Primfaktorzerlegung mit Induktion nachn: n =2 ist eine Primzahl. Ist n >2 und keine Primzahl, dann ist n=a⋅b mit a, b≠1. Da a, b<n, haben a und b nach Induk- tionsvoraussetzung Zerlegungen, und durch sortieren der Prim- faktoren erhalten wir eine Primfaktorzerlegung von n=a⋅b.

Eindeutigkeit mit Induktion nach n: n=2 ist klar. Sei n>2und

n=p1⋅...⋅ps=q1⋅...⋅qt

mit p1 ≤...≤ps und q1 ≤...≤qt. Ist s=1 oder t=1, dann ist n prim, und die Behauptung ist klar. Seien alsos, t≥2.

Ist p1=q1 dann hat

p2⋅...⋅ps=q2⋅...⋅qt<n

nach Induktionsvoraussetzung eine eindeutige Primfaktorzerlegung und die Behauptung folgt.

Angenommen es wäre p1<q1. Dann gilt n>p1⋅ (p2⋅...⋅ps−q2⋅...⋅qt)

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

=∶N1

= (q1−p1) ⋅q2⋅...⋅qt

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

=∶N2

≥2, also hat N1 =N2 nach Induktionsvoraussetzung eine eindeutige Primfaktorzerlegung. Wegen p1 <q1 ≤...≤qt ist p1 ≠qi, und p1 ist kein Teiler von q1−p1, denn sonst würde p1 auch q1 teilen.

Somit ist p1 ein Primfaktor von N1, jedoch keiner von N2, ein Widerspruch.

Beispiel 2.2.4 24=23⋅3.

In Maple können wir eine Primfaktorzerlegung berechnen mit:

ifactor(24);

(2)3(3)

Der Beweis des Fundamentalsatzes zeigt nur die Existenz ei- ner eindeutigen Primfaktorzerlegung. Auf die algorithmische Be- rechnung einer solchen Zerlegung werden wir noch zurückkom- men.Aus dem Fundamentalsatz folgen sofort:

(43)

Corollar 2.2.5 (Euklids erster Satz) Istp∈Zprim unda, b∈ Z mit p∣ab, dann p∣a oder p∣b.

Beweis. Multiplikation der Primfaktorzerlegungen von a und b liefert die Primfaktorzerlegung von ab.

Corollar 2.2.6 (Euklids zweiter Satz) Es gibt unendlich vie- le Primzahlen.

Beweis. Sei M = {p1, ..., pr} eine endliche Menge von Primzah- len. Wir zeigen, dass es eine Primzahl gibt, die nicht inM enthal- ten ist. Die ZahlN =p1⋅...⋅pr+1ist durch keine der Primzahlen pi teilbar, denn sonst wäre auch 1durchpi teilbar. Ein Primfak- tor pin einer Primfaktorzerlegung von N ist also eine Primzahl, die nicht in M liegt.

Ohne Beweis erwähnen wir folgenden Satz über die Dichte der Primzahlen:

Satz 2.2.7 (Primzahlsatz) Sei für x∈R>0

π(x) = ∣{p≤x∣p∈N prim}∣

dann gilt

x→∞lim π(x)

x ln(x)

=1.

Beispiel 2.2.8 Das folgende Programm (in der Syntax vonMaple) berechnet π(x):

pi:=proc(x) local p,N;

p:=2;

N:=0:

while p<=x do

p:=nextprime(p);

N:=N+1;

od;

return(N);

end proc:

Damit erhalten wir z.B.

pi(100000);

9592

Siehe dazu auch Aufgabe 2.5.

(44)

2.3 Größter gemeinsamer Teiler und Eu- klidischer Algorithmus

Definition 2.3.1 Sind a1, ..., at∈Z, dann heißt d ∈N größter gemeinsamer Teilervona1, ..., at, geschriebend=ggT(a1, ..., at), wenn gilt

1) d∣aj für alle j =1, ..., t, d.h. d ist ein Teiler von allen aj, und

2) ist d˜∈Z ein Teiler aller aj, d.h. d˜∣aj für alle j =1, ..., t, dann gilt d˜∣d.

Weiter heißt m ∈ N kleinstes gemeinsames Vielfaches von a1, ..., at, geschrieben m=kgV(a1, ..., at), wenn gilt

1) aj ∣m für alle j=1, ..., t, d.h.m ist ein Vielfaches aller aj, und

2) ist m˜ ∈ Z ein Vielfaches aller aj, d.h. aj ∣ m˜ für alle j = 1, ..., t, dann gilt m∣m˜.

Beispiel 2.3.2 Die gemeinsamen Teiler von 18=2⋅32 und66= 2⋅3⋅11 sind 1,2,3 und 6, also gilt

ggT(18,66) =6. Bemerkung 2.3.3 Schreiben wir

aj = ±1⋅ ∏si=1priji mit pi prim und rji≥0, dann ist

ggT(a1, ..., at) = ∏si=1pmin{ri ji∣j} (2.1) (und für kgV analog mit dem Maximum). Mit diesen Formeln sehen wir:

1) Zwei Zahlen a, b∈Z sind teilerfremd genau dann, wenn ggT(a, b) =1.

(45)

2) Für a, b∈N ist

ggT(a, b) ⋅kgV(a, b) =a⋅b. Beispiel 2.3.4 Für 18=2⋅32 und 66=2⋅3⋅11 ist

ggT(18,66) =6.

Eine wesentlich effizientere Methode zur Bestimmung des größten gemeinsamen Teilers (und damit auch des kleinsten ge- meinsamen Vielfachen) liefert der Euklidische Algorithmus:

Satz 2.3.5 (Euklidischer Algorithmus) Seiena1, a2∈Z/{0}. Dann terminiert die sukzessive Division mit Rest

a1=q1a2+a3

aj =qjaj+1+aj+2

an−2=qn−2an−1+an an−1=qn−1an+0 und

ggT(a1, a2) =an. Rückwärtseinsetzen dieser Gleichungen

an=an−2−qn−2an−1

a3=a1−q1a2 liefert eine Darstellung

ggT(a1, a2) =u⋅a1+v⋅a2

mit u, v ∈Z. Die Berechnung dieser Darstellung bezeichnen wir auch als den erweiterten Euklidischen Algorithmus.

Beweis.Es ist ∣ai+1∣ < ∣ai∣ füri≥2und somit muss nach endlich vielen Schritten ai = 0 sein. Es ist an ein Teiler von an−1, also auch von an−2=qn−2an−1+an und induktiv von an−1, ..., a1. Ist t ein beliebiger Teiler vona1 und a2, dann auch vona3=a1−q1a2 und induktiv vona1, ..., an.

(46)

Beispiel 2.3.6 Wir bestimmen den ggT von66und18mit Hilfe des Euklidischen Algorithmus, d.h. durch sukzessive Division mit Rest:

66=3⋅18+12 18=1⋅12+6 12=2⋅6+0

Somit ist ggT(66,18) =6, denn von unten gelesen gilt 6∣12 also 6∣18 also 6∣66

und von oben gelesen, ist t ein Teiler von 66 und 18, dann t∣12 und t∣6 also t∣6 alsot∣3.

Weiter erhalten wir eine Darstellung von ggT(36,15) als Z- Linearkombination von 66 und 18

6=18−1⋅12=18−1⋅ (66−3⋅18) =4⋅18+ (−1) ⋅66. In Maplekönnen wir den erweiterten Euklidischen Algorithmus durchführen mit:

igcdex(66,18,’x’,’y’);

6

Dabei werden in den Argumenten x und y die Koeffizienten der Darstellung des ggT als Linearkombination gespeichert:

x;

-1 y;

4

x*66+y*18;

6

Eine wesentliche Anwendung einer Darstellung der 1 als Z- Linearkombination von zwei teilerfremden Zahlen ist das Lösen von simultanen Kongruenzen. Dies werden wir im nächsten Ab- schnitt über den Chinesischen Restsatz diskutieren.

(47)

2.4 Der chinesische Restsatz

Satz 2.4.1 (Chinesischer Restsatz in Z) Sind n1, ..., nr ∈N paarweise teilerfremd und a1, ..., ar∈Z, dann ist die simultane Kongruenz

x≡a1modn1

x≡armodnr

lösbar. Die Lösung ist eindeutig modulo n=n1⋅...⋅nr. Beweis. Sei

ˆ ni = n

ni

und finde mit dem erweiterten Euklidischen Algorithmus xi, yi∈ Z mit

1=ggT(ni,nˆi) =xini+yii. Dann ist

yii≡0 modnj ∀j ≠i yii≡1 modni. Somit erfüllt

z =

r

i=1

aiyii

die Kongruenzen und ebensoz+k⋅nfür allek. SindxundxLö- sungen, dannni∣ (x−x)für allei. Somit gilt auchkgV(n1, ... , nr) ∣ (x−x). Da dienipaarweise teilerfremd sind, istkgV(n1, ... , nr) = n1⋅...⋅nr, d.h. es gilt

n∣ (x−x).

Der Chinesische Restsatz erlaubt uns also, eine beliebige An- zahl von Kongruenzen durch eine einzige äquivalente Kongruenz zu ersetzen. Praktisch fasst man iterativ jeweils zwei Kongruen- zen zu einer zusammen. Deshalb formulieren wir das Lösungsver- fahren in der folgenden Bemerkung nochmals für den Spezialfall r=2:

(48)

Bemerkung 2.4.2 Gegeben n1, n2 ∈ N teilerfremd und a1, a2 ∈ Z, bestimmen wir eine Lösung der simultanen Kongruenzen

x≡a1modn1 x≡a2modn2

Der erweiterte Euklidische Algorithmus liefert u, v∈Z mit 1=ggT(n1, n2) =u⋅n1+v⋅n2

Wegen

un1 ≡0 modn1 un1 ≡1 modn2 vn2 ≡1 modn1 vn2 ≡0 modn2 gilt dann für

z∶=a2⋅u⋅n1+a1⋅v⋅n2 dass

z ≡a1modn1 z ≡a2modn2

Ist x eine weitere Lösung, dann ni ∣ (x−z) für i =1,2, und somit n1n2∣ (x−z).

Insgesamt gilt

x≡a1modn1

x≡a2modn2 } ⇐⇒x≡zmodn1n2

Iteratives Anwenden liefert einen weiteren Beweis von Satz 2.4.1.

Den Chinesischen Restsatz werden wir später wesentlich all- gemeiner formulieren.

Beispiel 2.4.3 Wir lösen die simultane Kongruenz x≡ −28 mod 30

x≡5 mod 7

(49)

Es ist ggT(30,7) = 1, also ist die Kongruenz lösbar. Mit dem erweiterten Euklidischen Algorithmus finden wir u und v mit

u⋅30+v⋅7=1 z.B. u= −3, v=13. Es gilt dann

(−3) ⋅30≡0 mod 30 (−3) ⋅30≡1 mod 7

13⋅7≡1 mod 30 13⋅7≡0 mod 7 und somit ist

z= (−28) ⋅ (13⋅7) +5⋅ (−3⋅30) = −2998

eine Lösung (un diese ist eindeutig modulo210). Der Chinesische Restsatz erlaubt uns also zwei Kongruenzen durch eine einzelne Kongruenz zu ersetzen:

x≡ −28 mod 30

x≡5 mod 7 } ⇔x≡ −2998≡152 mod 210.

Für letztere Kongruenz können wir die Lösungsmenge direkt an- geben, sie ist

152+210⋅Z= {152+k⋅210∣k∈Z}, also die Restklasse 152.

Sind die Moduli ni nicht teilerfremd, so kann man eine sehr ähnliche Lösungsformel aufstellen, allerdings kann dann die Kon- gruenz auch unlösbar sein. Ein Kriterium gibt der folgende Satz:

Satz 2.4.4 Seien a1, a2 ∈ Z und n1, n2 ∈ N. Dann sind die si- multanen Kongruenzen

x≡a1modn1

x≡a2modn2 genau dann lösbar, wenn

a1−a2≡0 mod ggT(n1, n2). Die Lösung ist eindeutig modulo dem kgV(n1, n2).

Dies zeigen wir in Übungsaufgabe 2.12, indem wir die ent- sprechende Lösungsformel herleiten.

(50)

2.5 Primfaktorisierung

Zunächst behandeln wir folgendes offensichtliche Primfaktorisie- rungsverfahren:

Algorithmus 2.5.1 (Probedivision) Sei n∈N zusammenge- setzt (nicht prim). Für den kleinsten Primteiler p von n gilt

p≤m∶= ⌊

√n⌋.

Kennen wir alle Primzahlen p ≤ m, dann testen wir p ∣ n mit Division mit Rest. Damit können wir eine gegebene Zahl n fak- torisieren.

Beweis. Schreibe n=p⋅q. Dann gilt p2 ≤p⋅q=n, also p≤

√n. Wegen p∈Nist also p≤ ⌊

√n⌋.

Beispiel 2.5.2 Zum Faktorisieren von234mittels Probedivision testen wir zunächst, ob n durch eine Primzahl p≤ ⌊

√234⌋ =15 teilbar ist. Wir finden

234=2⋅117.

Ist 117 nicht prim, so muss ein Primteiler p ≤ ⌊

√117⌋ = 10 vorkommen, wir finden

117=3⋅39.

Ist 39nicht prim, so muss ein Primteiler p≤ ⌊

√39⌋ =6 vorkom- men, und wir finden

39=3⋅13.

Schließlich ist 13 prim, denn 13 ist durch keine Primzahl p ≤

13⌋ =3 teilbar.

Die Probedivision erlaubt uns auch, alle Primzahlen ≤n in- duktiv aufzuzählen, denn kennen wir schon alle Primzahlen p≤

⌊√

n⌋ < n, so können wir durch Faktorisieren entscheiden, ob n prim ist.

(51)

Beispiel 2.5.3 Wir bestimmen alle Primzahlen ≤ 11. Für den kleinsten Primteiler von n gilt p≤m, wir erhalten also:

n m

2 1 ⇒2 prim

3 1 ⇒3 prim

4 2 4=2⋅2 ⇒4 nicht prim

5 2 2∤5 ⇒5 prim

6 2 6=2⋅3 ⇒6 nicht prim

7 2 2∤7 ⇒7 prim

8 2 8=2⋅4 ⇒8 nicht prim 9 3 9=3⋅3 ⇒9 nicht prim 10 3 10=2⋅5 ⇒10 nicht prim 11 3 2∤11 und 3∤11 ⇒11 prim

Praktisch geht man aber umgekehrt vor, und streicht Vielfa- che von schon bekannten Primzahlen:

Algorithmus 2.5.4 (Sieb des Eratosthenes) Wir erhalten ei- ne Liste aller Primzahlen kleiner gleich N ∈N, N ≥4 wie folgt:

1) Erstelle eine boolsche Liste L mit einem Eintrag zu jeder Zahl 2, ..., N. Markiere alle Zahlen als prim (true). Setze p=2.

2) Markiere alle j⋅p mitj ≥p als nicht prim (f alse).

3) Finde das kleinste q >p, das als prim (true) markiert ist.

Falls q >

N gebe L zurück. Setze p∶= q, gehe zu Schritt (2).

Beweis. In Schritt (2) sind alle j⋅p mit 2 ≤ j < p schon aus vorherigen Schritten als f alse markiert, da sie einen Primteiler

<p besitzen. Somit sind alle echten Vielfachen von p als f alse markiert. Die Zahlq in Schritt(3)ist stets prim, dapdie größte Primzahl <q ist, und somit schon aus vorherigen Schritten alle Vielfachen j⋅x von allen Primzahlen x < q als f alse markiert sind. Wenn der Algorithmus terminiert, sind also alle Zahlen als f alse markiert, die eine Primzahl p ≤

√N als echten Teiler haben, d.h. nicht prim sind.

(52)

Beispiel 2.5.5 Wir bestimmen alle Primzahlen ≤15 und geben in jedem Durchlauf die Liste aller j mit Lj =true an:

2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

p=2 2 3 5 7 9 11 13 15

p=3 2 3 5 7 11 13

Im ersten Schritt streichen wir alle Vielfachen von2, im zweiten Schritt alle Vielfachen von3. Alle verbliebenen Zahlen sind prim, denn p=5>

√15.

Für große Zahlen gibt es wesentlich effizientere Methoden als Probedivision, um einen Primteiler zu finden. Darauf werden wir noch zurückkommen.

2.6 Übungsaufgaben

Übung 2.1 Sei n∈N und M ⊂ {1, ... ,2n} eine Menge von gan- zen Zahlen mit ∣M∣ =n+1Elementen. Zeigen Sie, dass es in M zwei verschiedene Zahlen gibt, sodass die eine Zahl die andere teilt.

Übung 2.2 Zeigen Sie:

1) Auf M =N0×N0 ist durch

(a, b) ∼ (c, d) ⇔a+d=b+c eine Äquivalenzrelation gegeben.

2) Die Verknüpfungen Addition und Multiplikation [(a, b)] + [(c, d)] = [(a+c, b+d)]

[(a, b)] ⋅ [(c, d)] = [(a⋅c+b⋅d, a⋅d+b⋅c)]

auf

Z= (N0×N0) / ∼

sind wohldefiniert, assoziativ, kommutativ und distributiv.

Auf diese Eigenschaften werden wir allgemeiner im Zusam- menhang mit Gruppen und Ringen zurückkommen.

Abbildung

Abbildung 2: Vier Punkte
Abbildung 1.4: Graph der Parabel
Abbildung 1.5: Hyperbel
Abbildung 1.7: Eine bijektive Abbildung und ihre Umkehrabbil- Umkehrabbil-dung
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Referenzen

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