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NUTZUNG VON APFEL- GENRESSOURCEN FÜR DEN BIOLOGISCHEN ANBAU (NAGBA)

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Academic year: 2022

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DIE ROTE § SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR OBST- UND WEINBAU 03/2021

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DOSSIER: SORTENINNOVATION BEIM APFEL

Rund 1400 alte Apfelsorten umfasst das Schweizer Inventar. Diese Sorten werden seit einigen Jahren umfassend beschrieben und des- halb ist es für die Apfelzüchter von Agroscope und Poma Culta von Interesse, besonders Wertvolle in der Züchtung als Elternsorten zu verwenden. Aber auch die direkte Nutzung interessanter, wenig krankheitsanfälliger Sorten mit guter Essqualität steht im Fokus. Die Projekte NAGBA (2016 bis 2019) und NAGBA II (2020 bis 2023) wer- den im Rahmen des Nationalen Aktionsplans für pflanzengenetische Ressourcen in Ernährung und Landwirtschaft (NAP-PGREL) durch- geführt und vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) finanziell un- terstützt. Mit der Zusammenarbeit von Agroscope, FiBL und Poma Culta können wertvolle Synergien genutzt werden. Grundlage für das Projekt bilden interessante Top-Sorten aus den Projekten zu Beschreibung von Obst-Genressourcen (BEVOG) von Fructus.

Top-Sorten in Bio-Parzellen in Wädenswil und Hessigkofen

Die 30 Top-Sorten wurden in den BEVOG-Projekten aus 600 alten Apfelsorten des Schweizer Inventars ermittelt. Massgebende Kri- terien waren die Schorf-, Feuerbrand- und Mehltaurobustheit so- wie eine Einschätzung der Fruchtqualität und Lagerfähigkeit. Von

den dreissig ausgewählten Sorten wurde 2017 in Wädenswil eine Anlage mit je zehn Bäumen pro Sorte und in Hessigkofen (SO) mit je fünf Bäumen auf der Unterlage M9 T337 gepflanzt. Effektiv sind es 28 Sorten aus dem Schweizer Inventar sowie die Sorten Bos- koop Schmitz-Hübsch und Empire als Standards. Die Anlage in Wädenswil wird nach biologischen und jene von Poma Culta nach biologisch-dynamischen Richtlinien bewirtschaftet. An beiden Standorten werden bei allen Sorten seit 2017 die Baumeigenschaf- ten (Wuchs, Wuchstyp, Blattwerk, Behang sowie der Schädlings- und Krankheitsbefall) bewertet. Die Gesamturteile zu den Baum- eigenschaften des Standorts Wädenswil sind in Abbildung 1 dar- gestellt. Während sich die meisten Gesamturteile in einem genügenden Wertebereich befinden, sind jene der Sorten Büppi- apfel und Züsigärtner ungenügend. Bei den alten Sorten in einer Niederstammanlage zeigen sich stärkere Unterschiede bei Wuchs- typ und Wuchsstärke als bei modernen Sorten.

Fruchtqualität bei den Top 30

In den Jahren 2019 und 2020 gab es bei den meisten Sorten bereits eine gewisse Menge Früchte, sodass es möglich war, die Fruchtqua-

NUTZUNG VON APFEL-

GENRESSOURCEN FÜR DEN BIOLOGISCHEN ANBAU (NAGBA)

Welche alten Apfelsorten eignen sich für den biologischen Anbau und wie können sie züchterisch genutzt werden?

Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL), Agroscope und die biologische Apfelzüchtung Poma Culta arbeiten zusammen, um das Potenzial zu ermitteln und zu nutzen.

Abb. 1: Gesamturteil Baum pro Sorte von 2017-2019 als Mittelwert (n=3) und von 2020 (1–3 = ungenügend, 4–6 = genügend, 7–9 = gut bis sehr gut) am Standort Wädenswil.

Brienzer Lanterne/Süssklapferling Unbekannt 82257 Boskoop S.H Empire Gulielmo/Glanzreinette Schorenapfel Seegässler Unbekannt 2226 Unbekannt 31058 Eierapfel 11 Kaister Feldapfel Sonnenwirts Unbekannt 105480 Unbekannt 82297 Batschueli Chleisler Gruniker Siebenss Spitzorech sser Zila Brunnerapfel Erdbeerapfel Gurwolfer Midonette gelimalzer Ohnegleichen Unbekannt 103951 ppiapfel sirtner

Mittelwert Gesamturteil Baum 2017–2019 Gesamturteil Baum 2020 1

2 3 4 5 6 7 8 9

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lität zumindest aus dem Blickwinkel der Tafelqualität einzuschätzen.

Auffällig war, dass verschiedene Sorten zu verstärktem Auftreten von physiologischen Schäden wie Stippe, Glasigkeit oder Haut- und Fleischbräune neigen. Insgesamt kann man feststellen, dass die Fruchtqualität in den meisten Fällen nicht das Niveau von modernen Handelssorten erreicht. Dies zeigt sich auch bei der Optik. Viele Sor- ten weisen deutlich weniger Deckfarbe auf als heutige Handessor- ten, bei denen meist stärker gefärbte Mutanten angebaut werden.

Dennoch konnten bereits einige beachtenswerte Sorten her- auskristallisiert werden, was sich beispielsweise bei der internen Degustation zeigte. Das Degustationspanel bestand aus total sechs bis sieben am Projekt beteiligten Personen von Agroscope, FiBL und Poma Culta. Abbildung 2 zeigt eine Auswahl der Degus- tationsergebnisse der Saison 2020 von den besten zehn der ins- gesamt 24 degustierten Sorten. Es wurden drei Degustationen von zirka zehn Sorten zeitlich gestaffelt rund sieben Wochen nach der Ernte und nach Kühllagerung durchgeführt mit rund zehn verschie- denen Fruchtmerkmalen. Es zeigte sich, dass acht Sorten beim Ge- samturteil der Frucht gleich oder besser bewertet wurden als die beiden Standardsorten Boskoop und Empire. Auch ist zu sehen, dass die beiden Fruchtqualitätskriterien Saftigkeit und Festigkeit je nach Sorte stark variieren.

Die Top 3 × 3

Bei diesem Versuch geht es darum, Top 3 alte Sorten, Top 3 Selek- tionen aus der Agroscope Züchtung mit einer alten Sorte als Elter und die Top 3 Selektionen von Poma Culta mit einem alte Sorte- Elter zu testen.

Im November 2019 wurden die Top 3 alte Sorten (Adamspar- mäne, Kaister Feldapfel, Thurgauer Borsdorfer), die Top 3 Selekti- onen von Agroscope (ACW 21573 (Opal x Ohio Reinette), ACW

25831 (ACW 13340 x Alant), ACW 19978 (ACW 12556 x Sternapi)) und die Top 3 Selektionen von Poma Culta (PoC_3103 (Ananas Reinette x Unbekannt), PoC_3144 (Ananas Reinette x Primerouge), PoC_3995 (Glockenapfel x Ariwa) in einem wiederholten Sorten- versuch auf zwei Unterlagen (M9T337, G11) am FiBL in Frick ge- pflanzt. Das Versuchsdesign besteht aus drei Blöcken zu je fünf Bäumen pro Unterlage, und dies für alle neun Sorten. Die Bäume sind in der Saison 2020 gut angewachsen. Damit die Bäume mög- lichst rasch ein gut verzweigtes Baumgerüst bilden können, wur- den im Frühling 2020 alle Blüten entfernt, womit es aus dieser An- lage bisher noch keine Früchte gab. 2021 werden je nach Baum- grösse ein paar wenige oder keine Früchte an den Bäumen gelassen.

Feuerbrandanfälligkeit

Mittels Triebtestungen wurden im Frühjahr 2020 die Top 3×3 Sor- ten bei Agroscope im Sicherheitsgewächshaus in Wädenswil auf ihre Feuerbrandanfälligkeit untersucht (Abb. 3). Wenig Befall zeig- te ACW 19978 und vier weitere Sorten bzw. Neuzüchtungen schnit- ten gut ab. Alle Prüfsorten zeigten weniger Befall als Gala Galaxy.

Der Triebtest wird 2021 wiederholt, um die Ergebnisse abzusichern.

In der Feuerbrandversuchsparzelle des Agroscope Steinobst- zentrums Breitenhof in Wintersingen (BL) wird im Jahr 2023 die Feuerbrandanfälligkeit der Top 3×3 Sorten im Freiland geprüft. Die Bäume, die dazu verwendet werden, sind bereits in der Baumschu- le in Anzucht.

Kreuzungen: aus Alt wird Neu

Bei den aktuellen Handelssorten beim Apfel ist die genetische Ba- sis relativ schmal. Mit der Nutzung von geeigneten alten Apfelsor- Abb. 2: Ergebnisse zu den degustativ bewerteten Fruchteigenschaften Saftigkeit, Festigkeit, Geschmack und Gesamturteil Frucht geordnet nach absteigendem Gesamturteil Frucht. Die Radiusgrösse der Kuchensegmente entspricht dem Wert des jeweiligen Kriteriums, d.h. ein grösserer Radius entspricht einem höheren Wert. Dargestellt sind die Sorten, die ein gleiches oder besseres Gesamturteil verglichen mit den beiden Standardsorten Boskoop und Empire erhielten.

Gulielmo Glanzreinette

Batschueli

Unbekannt2226 Züsigärtner

Festigkeit

Gesamturteil Frucht Beurteilung

Geschmack Saftigkeit Boskoop

S.H.

Empire Sonnenwirts

Gurwolfer Kaister Feld- apfel

Schorenapfel

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ten kann Gegensteuer gegeben werden (Kellerhals et al. 2018). In den Jahren 2016 bis 2019 wurden sowohl bei Poma Culta in Hessig- kofen als auch bei Agroscope in Wädenswil Kreuzungen durchge-

führt. Eine Elternsorte stammte dabei aus dem jeweiligen Züch- tungsprogramm, der andere Elter war eine ausgewählte alte Sorte.

Bei Poma Culta wurden über die gesamte Projektdauer (2016–

Enterprise (n=

11)

AC W19978 (n=11)

AC W25832 (n=12)

PO C_3144 (n=9)

Thurgauer Bor

sdorfer (n=11)

PoC_3995 (n=11)

Kaister Feldapfel (n=11) AC

W21573 (n=11) Adam

sparmaene (n=10)

PoC_3103 (n=10) Gala Ga

laxy (n=12) Batschueli.

Schorenapfel.

Sonnenwirts. Unbekannt 2226. Züsigärtner.

Gulielmo Glanzreinette. Gurwolfer. Kaister Feldapfel.

Abb. 3: Feuerbrand-Triebtest der Top 3×3 im Gewächshaus 2020. Durchschnittliche Läsionslänge in Prozent der Gesamttrieblänge im Vergleich zu Enterprise (robust) und Gala Galaxy (anfällig) 21 Tage nach künstlicher Inokulation in die Triebspitze. n = Anzahl Pflanzen, Ausreisser sind als Punkte gekennzeichnet.

120

10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110

0

sionslänge nach21 Tagen in % relativ zu «Gala Galaxy»

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2019) insgesamt 21 Kreuzungen durchgeführt und bei Agroscope 14 Kreuzungen (Tab.). Zum Zuge kamen Sorten wie Kaister Feldap- fel, Brunnerapfel-Seemer, Gurwolf Reinette, Niederhelfenschwiler Beeriapfel, Schorenapfel, Sonnenwirts, süsser Zila und Eierapfel.

Die aus den Kreuzungen hervorgegangenen Sämlinge wurden bei Agroscope im Gewächshaus und bei Poma Culta in einem Frei- landtunnel angezogen und im 4-Blattstadium mit Schorf künstlich infiziert. Mit einer auf polygene Resistenzen ausgerichteten Boni- turskala wurde der Befall bewertet. Deutlich anfällige Pflanzen wurden ausgeschieden, die robusten kamen in die weitere Prüfung.

Bei ausgewählten Nachkommenschaften wurden auch molekula- re Marker eingesetzt, um spezifische Resistenz- und Qualitätsei- genschaften nachzuweisen. Positiv bewertete Sämlinge kommen im ersten Jahr in eine eingenetzte Topfanlage im Freiland und von dort werden interessante Neuzüchtungen für die Prüfstufe 1 als Einzelbäume in der Obstanlage veredelt. In Prüfstufe 1 können erstmals Früchte beurteilt werden. Die Tabelle zeigt, dass die Aus- beute an Sämlingen für die Stufe 1 je nach Kreuzungskombination stark variieren kann.

Schlussfolgerungen

Die Nutzung von Apfelgenressourcen für den Obstanbau und die Züchtung, sowohl biologisch als auch konventionell, setzt eine gute

Evaluation der Sorteneigenschaften voraus. Dadurch, dass der Fo- kus heute auf der Verwendung als Tafelapfel liegt, schränkt sich das Potenzial weiter ein. Dennoch können ausgewählte Sorten in- teressante Optionen bieten und auch züchterisch zur Verbreite- rung der genetischen Basis und zur Erschliessung neuer Eigen- schaften beitragen. Gesamthaft hat bisher der Kaister Feldapfel punkten können und diese Sorte wurde auch als Kreuzungspart-

ner mehrfach verwendet. §

MARKUS KELLERHALS Agroscope, Wädenswil

markus.kellerhals@agroscope.admin.ch In Zusammenarbeit mit

Luzia Lussi und Damian Käch, Agroscope, Wädenswil

Bea Steinemann, Clémence Boutry und Michael Friedli, FiBL, Frick Niklaus Bolliger, Poma Culta, Hessigkofen

LITERATUR

Kellerhals M., Schütz S., Baumgartner I.O., Andreoli R., Gassmann J., Bolliger N., Schärer H.J., Ludwig M., Steinemann B.: Broaden the genetic basis in apple breeding by using genetic resources. Proceedings of the 18th International Con- ference on Organic Fruit-Growing, FOEKO, Weinsberg, S. 12-18, 2018.

Von Agroscope durchgeführte Kreuzungen der Jahre 2016–2019 im Rahmen des Projekts NAGBA. Die Bäume wurden nach der Selektion in die Prüf- stufe 1 gepflanzt und erhielten eine Zuchtnummer.

Kreuzungsnummer Mutter (Resistenz) Vater (Resistenz) Anzahl

bestäubte Blüten

Anzahl

Neuzüchtungen in Prüfstufe 1

1. Standjahr Prüfstufe 1

1635 ACW 16981 (polygen) Schorenapfel 449 22 2019

1636 ACW 14617(PI2) süsser Zila 756 40 2019

1637 ACW 20280 (Rvi6) Kaister Feldapfel 662 140 2019

1736 ACW 14617 (Pl2) Eierapfel 695 4 2020

1737 ACW 21931 (Rvi6) Schorenapfel 252 6 2020

1738 ACW 16981 (polygen) Kaister Feldapfel 1362 33 2020

1739 ACW 17314 (Rvi6, Dp-fl) Seemer = Brunnerapfel 535 43 2020

1809 ACW 17314 (Rvi6, Dp-fl) Seemer = Brunnerapfel 770 65 2021

1813 ACW 17004 (polygen) Schorenapfel 1116 16 2021

1814 ACW 16981 (polygen) Kaister Feldapfel 668 99 2021

1910 ACW 21664 (Rvi6) Niederhelfenschwiler

Beeriapfel

448 163 2022

1911 ACW 19245 Kaister Feldapfel 374 19 2022

(Resistenzen: Rvi6 = Schorfresistenz Vf, polygen = Teilresistenz gegen Schorf, Pl2: Mehltauresistenz aus Malus zumi, Dp-fl: Resistenz gegen mehlige Apfelblattlaus)

DANK

Dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) danken wir für die fi- nanzielle Unterstützung im Rahmen des NAP-PGREL. Ein Dank geht auch an die Teams der Versuchsbetriebe Obstbau von Agroscope und FiBL für die Baumherstellung und Pflege der Versuche.

Referenzen

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