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Beweisverwertungsverbote im digitalen Zeitalter

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Academic year: 2022

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(1)

Dzenefa Celikovic

Beweisverwertungsverbote im digitalen Zeitalter

Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht, Gewerblichen Rechtsschutz, Urheberrecht und Zivilprozessrecht

Masterarbeit

schaftliche

Fakultät

(2)

FernUniversität in Hagen

Beweisverwertungsverbote im digitalen Zeitalter

Masterarbeit

in dem Studiengang Master of Laws

vorgelegt der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der FernUniversität in Hagen

Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht, Gewerblichen Rechtsschutz, Urheberrecht und Zivilprozessrecht

Prof. Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock

Dzenefa Celikovic 18. November 2019

(3)

Inhaltsverzeichnis

Literaturverzeichnis ... IV

A. Einleitung ... 1

B. Beweisverwertungsverbote im Zivilprozess ... 2

I. Beweiserhebung versus Beweisverwertung ... 3

II. Normative Anknüpfungspunkte ... 4

1. Prozessrecht ... 4

2. Verfassungsrecht ... 5

III. Absolute Ansichten ... 7

1. Generelles Beweisverwertungsverbot ... 7

2. Keine Auswirkungen rechtswidriger Beweiserlangung ... 9

IV. Vermittelnde Ansichten ... 10

1. Verfahrensrechtliche Argumentation ... 11

2. Abwägungslehren ... 11

V. Umfang des Beweisverwertungsverbots ... 15

1. Fernwirkung ... 15

2. Mittelbares Beweisverwertungsverbot ... 17

3. Zufallsfunde ... 17

VI. Sachvortragverwertungsverbot ... 18

VII. Rügeobliegenheit oder Berücksichtigung von Amts wegen ... 19

C. Dashcam-Aufzeichnungen ... 20

I. Verwendungsmöglichkeiten ... 20

II. Mögliche Rechtsverstöße ... 21

1. Grundrechte ... 21

2. Menschenrechte ... 23

3. Datenschutz ... 23

III. Aufnahmemodalitäten ... 27

1. Daueraufnahmen ... 27

2. Anlassbezogene Aufnahmen ... 28

a) Technische Möglichkeiten ... 28

b) Eingriffsintensität ... 28

3. Aufnahmebereite Dashcam ... 29

IV. Bewertung der Dashcam-Aufzeichnungen ... 30

1. Bewertung der Dashcam-Aufzeichnungen durch die Rechtsprechung . 30 2. Bewertung der Dashcam-Aufzeichnungen im Schrifttum ... 36

(4)

3. Eigene Bewertung der Dashcam-Aufzeichnungen ... 39

D. Videoüberwachung... 42

I. Anwendungsbereich ... 42

II. Zulässigkeitsvoraussetzungen ... 43

III. Arten der Videoüberwachung ... 45

IV. Bewertung der Videoüberwachung ... 46

1. Bewertung der Videoüberwachung durch die Rechtsprechung ... 46

a) Leitlinien der Arbeitsgerichte ... 47

b) Aktuelle Rechtsprechung ... 48

2. Bewertung der Videoüberwachung im Schrifttum ... 51

3. Eigene Bewertung der Videoüberwachung ... 54

E. Einsatz von Keyloggern ... 58

I. Technische Ausgestaltung ... 58

II. Rechtliche Beschränkungen ... 59

III. Parallelität zur Videoüberwachung ... 60

IV. Bewertung des Einsatzes von Keyloggern ... 61

1. Bewertung des Keylogger-Einsatzes durch die Rechtsprechung ... 61

2. Bewertung des Keylogger-Einsatzes im Schrifttum ... 64

3. Eigene Bewertung des Keylogger-Einsatzes ... 66

F. Differenzierung zeitlicher Sequenzen als Lösung? ... 67

I. Einzelfallentscheidungen... 67

II. Konsens der höchstrichterlichen Rechtsprechung ... 68

III. Unterscheidungskriterien... 70

1. Betroffener Personenkreis ... 71

2. Temporäre Differenzierung ... 71

3. Intention der jeweiligen Maßnahme ... 72

IV. Stellungnahme ... 73

G. Resümee und Ausblick ... 75

Erklärung ... 77

(5)

Literaturverzeichnis

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Lohse, Kai Alles auf Aufnahme?–Dashcam im Fokus,

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Röckl, Johannes/Fahl, Christian Kündigung nach heimlicher Videoüberwa- chung, in: NZA 1998, S. 1035–1041 Rosenberg, Leo/Schwab, Karl Heinz/Gott-

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Strauß, Samuel Dashcam und Datenschutz–Eine kritische

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Stück, Volker Überwachung und Kontrolle von Arbeitneh-

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Thole, Christoph Beweisverwertungsverbot für Dashcam-

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Venetis, Frank/Oberwetter, Christian Videoüberwachung von Arbeitnehmern, in:

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Wieczorek, Bernhard/ Schütze, Rolf Zivilprozessordnung, hrsg. v. Schütze, Rolf, Bd. 4 (§§ 253-299a), 4. Aufl., Berlin u.a.

2013 (zit.: Wieczorek/Schütze/Bearbeiter)

(12)

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Zöller, Richard Zivilprozessordnung, 32. Aufl., Köln 2018 (zit.: Zöller/Bearbeiter)

Gebraucht werden die üblichen Abkürzungen, vgl.

Kirchner, Hildebert: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 9. Aufl., Berlin 2018

(13)

A. Einleitung

Das digitale Zeitalter prägen enorme technische Entwicklungen. Der Einsatz von Kameras breitet sich allgegenwärtig aus, computergesteuerte Systeme finden immer weiteren Einzug in den Alltag und ein Leben ohne Internet er- scheint kaum noch vorstellbar. Die rasant extendierende Digitalisierung birgt jedoch auch Probleme.

Die vorliegende Masterarbeit behandelt aktuelle Fragestellungen zu Beweis- verwertungsverboten im Zivilprozess. Auch diese unterliegen einem stetigen Wandel. Hat sich die Rechtsprechung der Zivilgerichte in der Vergangenheit mit heimlich mitgeschnittenen Telefongesprächen1, der Einvernahme von Lauschzeugen2 oder verdeckten DNA-Analysen in Vaterschaftsanfechtungs- verfahren3 befasst, sind heute Videoaufnahmen4 und technische Überwa- chungsmöglichkeiten5 Gegenstände des juristischen Diskurses.

Nach einer terminologischen und normativen Einordnung der Problematik werden im Folgenden grundlegende Erwägungen zu zivilprozessualen Be- weisverwertungsverboten aufgezeigt. Im Zentrum der Ausarbeitung stehen sodann drei Bereiche der derzeitigen Diskussion. Den Schwerpunkt bilden Aufnahmen mittels sog. Dashcams, welche für Verkehrsunfallprozesse von besonderer Relevanz sind. Als weitere Ausprägung des Kameraeinsatzes wird die Problematik der Videoüberwachung aufgezeigt. Anschließend soll als spezielle Form der Arbeitnehmerüberwachung der Einsatz sog. Keylogger Erläuterung finden. Es werden die jeweiligen materiell-rechtlichen Zulässig- keitsvoraussetzungen der Maßnahmen herausgearbeitet, um unter Einbezie- hung der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur die zivilprozessuale Verwertbarkeit erlangter Erkenntnisse zu bewerten. Von diesen Anwen- dungsfällen ausgehend, wird schließlich ein Lösungsansatz für den Umgang mit rechtswidrig erlangten Beweismitteln im Zivilprozess entwickelt.

1 BGH NJW 1988, 1016ff.

2 BVerfGE 106, 28ff.

3 BGHZ 162, 1ff.

4 BGHZ 218, 348ff.; BAGE 163, 239ff.; BAG NZA 2019, 1212ff.

5 BAGE 159, 49ff.; 159, 380ff.

(14)

Enorme Aktualität verleihen der zu behandelnden Thematik ihre Berührungs- punkte mit dem Datenschutzrecht. Die jüngst ergangene Datenschutzgrund- verordnung6 und das zu ihrer Umsetzung neu gefasste Bundesdatenschutzge- setz7 werfen klärungsbedürftige Rechtsfragen auf. Ihre Bedeutung nimmt auch in Bezug auf die Problematik der Verwertbarkeit von Beweismitteln im Zivilprozess zu. Bereits heute, ein Jahr nach Inkrafttreten der Datenschutz- grundverordnung, ist erkennbar, dass die Auswirkungen des Datenschutz- rechts auf den Zivilprozess die Judikatur sowie das rechtswissenschaftliche Schrifttum in Zukunft zunehmend beschäftigen werden.

B. Beweisverwertungsverbote im Zivilprozess

Obwohl die gegenwärtig wiederauflebende Kontroverse um zivilprozessuale Beweisverwertungsverbote bereits seit vielen Jahren besteht, sind strafpro- zessuale Beweisverwertungsverbote in der Praxis präsenter als solche aus dem Bereich des Zivilprozessrechts. Ein bekanntes Beispiel ist die in § 136 a Abs. 3 S. 2 StPO untersagte Verwertung von Aussagen des Beschuldigten, die mittels verbotener Vernehmungsmethoden erlangt wurden.

Entgegen einzelner Begründungsansätze8 sind die Lehren aus dem Strafpro- zessrecht jedoch nicht ohne Weiteres auf den Zivilprozess übertragbar.9 Denn der Strafprozess weist eklatante Unterschiede zum Zivilprozess auf. Beweise werden für das Zivilverfahren durch die Parteien selbst, außerhalb des ge- richtlichen Prozesses gewonnen und nicht, wie in der Strafprozessordnung vorgesehen, durch hoheitlich tätige Organe im Rahmen eines staatlichen Ver- fahrens.10 Im Strafprozess geht es um die Schaffung eines Ausgleichs zwi- schen dem Staat, der seiner Aufgabe der Strafverfolgung nachkommt, und dem Bürger, der durch die Strafverfolgung in seiner Freiheit beschränkt

6 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG mit Geltung vom 25. Mai 2018, Abl. 2016 L 119, 1.

7 Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 vom 30. Juni 2017, BGBl. 2017 I 2097.

8 Habscheid, SJZ 89 (1993), 185, 191; Röckl/Fahl, NZA 1998, 1035, 1038ff.; die Regelung des § 244 Abs. 3 S. 1 StPO heranziehend: Grundsky/Jacoby, Rn. 538.

9 BGH NJW 1982, 277, 278; Stein/Jonas/Thole, § 286 Rn. 39; Wieczorek/Schütze/Ahrens, Vor § 286 Teil B Rn. 19; Bäumerich, JuS 2016, 803.

10 Thole in FS Prütting, 573, 574.

(15)

wird.11 Ziel des Strafverfahrens ist die Schaffung von Rechtsfrieden bei gleichzeitiger Durchsetzung der strafrechtlichen Normen im Wege einer Ver- urteilung. Zur Verfolgung schwerer Straftaten kann es daher gerechtfertigt sein, den Interessen der Beweisführung besondere Bedeutung beizumessen.12 Vorrangige Aufgabe des Zivilprozesses ist dagegen die Feststellung und Durchsetzung subjektiver Rechte.13

I. Beweiserhebung versus Beweisverwertung

Darüber hinaus bestehen terminologische Ungenauigkeiten. Zum Teil werden die Begrifflichkeiten der Beweiserhebungsverbote und der Beweisverwer- tungsverbote synonym behandelt.14

Es bedarf jedoch der Differenzierung dieser beiden Akte.15 Bei eingehender Betrachtung lassen sich mit der Beweismittelbeschaffung, der Beweismit- telerhebung und der Beweismittelverwertung drei chronologisch aufeinander folgende Stufen unterscheiden.16

Im Folgenden soll der Fokus auf die Prüfung von Beweisverwertungsverbo- ten gelegt werden, die sich aus der Rechtswidrigkeit der Gewinnung des Be- weises ergeben könnten.

Die Ursachen für die Rechtswidrigkeit der außerprozessualen Beweiserlan- gungshandlung können mannigfaltig sein. Denkbar sind etwa Verstöße gegen prozessuale Belehrungspflichten oder Mitbestimmungsrechte, die Nichtbe- achtung von daten- oder strafrechtlichen Vorschriften oder auch die heimli- che Beschaffung von Beweisen.17

11 Wieczorek/Schütze/Ahrens, Vor § 286 Teil B Rn. 11.

12 Kühne, Rn. 1; Fuhlrott/Schröder, NZA 2017, 278, 282.

13 Saenger/Saenger, Einführung Rn. 3; Fuhlrott/Schröder, NZA 2017, 278, 282.

14 Dauster/Braun, NJW 2000, 313, 314f.; Störmer, JuS 1994, 334f.

15 BAG NJW 2008, 2732, 2734; Stein/Jonas/Thole, § 286 Rn. 39; Wieczorek/Schütze/

Ahrens, Vor § 286 Teil B Rn. 13; Köhler/Schürgers, BB 2018, 1013; Brinkmann, AcP 206 (2006), 746, 751; Betz, RdA 2018, 100, 109.

16 Bäumerich, JuS 2016, 803; Greger, NZV 2015, 114f.

17 MünchKomm/Prütting, § 284 Rn. 64; Beck/Scheel, Rn. 487.

(16)

Beweiserhebungsverbote untersagen in diesem Rahmen die Verwendung be- stimmter Beweismittel oder Beweisgegenstände vor Gericht18. Sie rechtferti- gen die Ablehnung eines Beweisantrags.19 Beweisverwertungsverbote ver- wehren es hingegen, von den Parteien bewiesene Erkenntnisse bei der Ent- scheidungsfindung zu berücksichtigen.20

II. Normative Anknüpfungspunkte

Beweisverwertungsverbote bedürften einer Legitimation.21 Dies ergibt sich zuvörderst aus verfassungsrechtlichen Grundüberlegungen, aber auch aus dem Gesichtspunkt, dass die von dem Gericht auszuwertende Beweislage für den Ausgang eines Zivilverfahrens elementar ist. Werden erhobene Beweise von dem erkennenden Gericht nicht berücksichtigt, kann dies zum Verlust des Prozesses führen.

1. Prozessrecht

Die Befassung mit zivilprozessualen Beweisverwertungsverboten beginnt zu- meist mit der Erkenntnis, dass weder in der Zivilprozessordnung,22 noch im Arbeitsgerichtsgesetz23 ausdrückliche Beweisverwertungsverbote geregelt sind. Zwar enthält die ZPO Normen, die bestimmte Beweismittel ausschlie- ßen. Exemplarisch zu nennen sind die Regelungen des § 80 S. 1 ZPO zur Schriftform der Prozessvollmacht sowie der §§ 164, 314 S. 2 ZPO, die Be- weismittel, welche keine Urkunden sind, von der Verwendung im Zivilpro- zess ausschließen. Jedoch handelt es sich insoweit nicht um Beweisverwer- tungsverbote, sondern um Verbote der Beweiserhebung.24 Letztgenannte Re-

18 Prütting/Gehrlein/Laumen, § 284 Rn. 23.

19 Saenger/Saenger, § 286 Rn. 8; Grundsky/Jacoby, Rn. 538.

20 Musielak/Voit/Foerste, § 286 Rn. 6.

21 BAGE 146, 303, 316; MünchKomm/Prütting, § 284 Rn. 66; Dauster/Braun, NJW 2000, 313, 317.

22 BGHZ 218, 348, 361; OLG Nürnberg NJW 2017, 3597, 3598; Wieczorek/Schütze/

Ahrens, Vor § 286 Teil B Rn. 7; MünchKomm/Prütting, § 284 Rn. 64; Venetis/Ober- wetter, NJW 2016, 1051, 1054; Balthasar, JuS 2008, 35; Kiethe, MDR 2005, 965.

23 BAGE 163, 239, 241; Küttner/Schmidt, Verdachtskündigung Rn. 6.

24 Rosenberg/Schwab/Gottwald/Gottwald, § 111 Rn. 22; Prütting/Gehrlein/Laumen, § 284 Rn. 23.

(17)

gelungen dienen speziellen Zwecken, wie der Verfahrensbeschleunigung o- der dem Zeugenschutz.25 Die Vorschrift des § 51 Abs. 1 BZRG hingegen ver- bietet die Verwertung getilgter oder tilgungsreifer Verurteilungen ausdrück- lich. Eine vergleichbare Vorschrift ist im Zivilprozessrecht jedoch nicht zu finden.26

Dessen ungeachtet enthält das Verfahrensrecht in § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO ei- nen zentralen Gedanken. Es gilt der Grundsatz der freien richterlichen Be- weiswürdigung. Danach kann der Richter die gewonnenen Beweise verwer- ten und ist nur dem Gesetz und seinem Gewissen unterworfen.27 Ob dieser Grundsatz, abgesehen von den in § 286 Abs. 2 ZPO genannten Beweisregeln, Einschränkungen erfahren kann, hat der Gesetzgeber offen gelassen.

2. Verfassungsrecht

Auch das neugefasste Datenschutzrecht, welches das allgemeine Persönlich- keitsrecht zum Teil konkretisiert,enthält keine Aussagen über die Unzuläs- sigkeit der Verwertung bestimmter Beweismittel.28

Genauso verhält es sich mit der Europäischen Menschenrechtskonvention,29 an der sich die Auslegung der Verfassung zu orientieren hat.30

Wegweisende Prinzipien lassen sich aber dem Grundgesetz entnehmen.

Einen Ausgangspunkt findet die Frage nach der Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweismittel in Art. 103 Abs. 1 GG. Aus dem dort geregelten An- spruch auf rechtliches Gehör in Verbindung mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung gem. § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO oder auch dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip wird hergeleitet, dass der von den Parteien vorgetragene Sachverhalt sowie die von ihnen angebotenen Beweise

25 Mit anderen Beispielen: Dauster/Braun, NJW 2000, 313, 314.

26 Zöller/Greger, § 286 Rn. 15a.

27 Saenger/Saenger, § 286 Rn. 3; Fuhlrott/Schröder, NZA 2017, 278, 279.

28 BeckOK-DatenschutzR/Riesenhuber, § 26 BDSG Rn. 190; Küttner/Schmidt, Verdachts- kündigung Rn. 6.

29 EGMR NJW 1989, 654, 655; EGMR NJW 2010, 213, 215; Wieczorek/Schütze/Ahrens, Vor § 286 Teil B Rn. 7; Küttner/Schmidt, Verdachtskündigung Rn. 6; MünchKomm/

Prütting, § 284 Rn. 64.

30 BVerfGE 128, 326, 367f.; Chandna-Hoppe, NZA 2018, 614, 615.

(18)

grundsätzlich in die gerichtliche Entscheidungsfindung einzubeziehen sind.31 Explizite Ausnahmen stellen die normierten Beweiserhebungsverbote dar.

Zudem ist das Recht auf ein faires Verfahren anerkannt, das vorwiegend aus dem Rechtsstaatsprinzip und den Freiheitsrechten abgeleitet wird.32

Nicht klar davon abzugrenzen ist der sog. Justizgewährungsanspruch. Wel- chen Vorschriften dieses Rechtsinstitut zu entnehmen ist, wird unterschied- lich beurteilt. Als normative Grundlagen werden vorwiegend Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG33 herangezogen. Eine Ableitung des Anspruchs aus Art. 103 Abs. 1 GG wird aber auch vertreten.34

Das Verfassungsrecht gewährt den Prozessparteien eine Rechtsposition, die schlagwortartig als sog. „Recht auf Beweis“ bezeichnet wird.35 Auch diesbe- züglich erfolgt die normative Herleitung auf unterschiedliche Weise. Die Ei- nen leiten das Recht aus dem Justizgewährungsanspruch ab.36 Andere, unter ihnen das Bundesverfassungsgericht, sehen es in dem Recht auf ein faires Verfahren begründet. 37

Beweisverwertungsverbote greifen wiederum in das grundrechtsgleiche Recht des Beweisführers auf rechtliches Gehör ein.38 Zu beachten und ent- scheidend für das Verständnis der im Anschluss39 zu vertiefenden Meinungs- vielfalt ist, dass nach Art. 1 Abs. 3 GG eine verfassungsrechtliche Bindung der Judikative an die Grundrechte besteht. Das bedeutet, dass das Gericht im Rahmen der Ausübung seiner Befugnisse im Zivilprozess die verfassungs- rechtlich geschützten Rechtspositionen der Parteien zu wahren hat.

31 BVerfGE 106, 28, 49; BAGE 145, 278, 283; BAGE 146, 303, 315f.; BAGE 156, 370, 373; OLG Nürnberg NJW 2017, 3597, 3599; Zöller/Greger, § 286 Rn. 15a.

32 BVerfGE 109, 13, 34; 110, 339, 342; Jarass/Pieroth/Jarass Art. 20 Rn. 42.

33 BVerfGE 85, 337, 345; 88, 118, 123; 107, 395, 401.

34 Habscheid, ZZP 96 (1983), 306, 307.

35 BAGE 146, 303, 315; BGH ZZP 116 (2003), 371ff. mit krit. Anm. Katzenmeier ZZP 116 (2003), 375, 377; Habscheid, ZZP 96 (1983), 306ff; Kiethe, MDR 2005, 965, 966; Betz, RdA 2018, 100, 102.

36 OLG Jena, MDR 2012, 542, 543; Habscheid, ZZP 96 (1983), 306, 307f.

37 BVerfG NJW 2001, 2245, 2246; Segger-Piening, ZZP 132 (2019), 359, 379.

38 Balthasar, JuS 2008, 35, 39.

39 Siehe u. B. III.–IV.

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III. Absolute Ansichten

Der Umstand, dass der Gesetzgeber Beweisverwertungsverbote für den Zi- vilprozess nicht ausdrücklich geregelt hat, führt zu kontroversen Diskussio- nen im Schrifttum und zu unterschiedlichen Argumentationsmustern inner- halb der Rechtsprechung. Dabei beschränkt sich die Debatte nicht auf die Frage, in welchen Fällen Beweisverwertungsverbote einschlägig sind. Viel- mehr werden auch Extrempositionen vertreten.

1. Generelles Beweisverwertungsverbot

Eine absolute Ansicht postuliert, dass eine rechtswidrige Beweiserlangung stets ein zivilprozessuales Beweisverwertungsverbot zur Folge haben müsse.

Diese Auffassung ist einem früheren, etwa 70 Jahre zurückreichenden Dis- kussionsstand und nur wenigen Vertretern40 zuzuordnen. Für das Verständnis der Problematik lohnt sich dennoch eine nähere Betrachtung der Begrün- dungsansätze.

Als Hauptargument wird die Einheit der Rechtsordnung herangezogen. Wenn die Beweismittelerlangung dem Gesetz zuwiderläuft, dürfe das Prozessrecht dieses Ergebnis nicht durch die Verwertung des Beweismittels unterlaufen.41 Auch der Grundsatz von Treu und Glauben aus § 242 BGB wird bemüht und die Verwertung rechtswidrig erlangter Beweise für unvereinbar mit dem Ge- bot des redlichen Verhaltens im Zivilprozess erklärt.42 Konzen griff diesen Gedanken im Jahr 1976 auf. Er bewertete den Prozessverlust als materiell- rechtlichen Schaden und gelangte im Falle einer deliktischen Beweiserlan- gung gem. § 823 Abs. 1 BGB zu einem Beweisverwertungsverbot. Die Be- gründung dazu lautete, dass das Verbot die einzig denkbare Ahndung des De- liktsverhaltens sei.43

40 LAG Berlin, ZZP 96 (1983), 113f., Kellner, JR 1950, 270, 271; nicht in der Absolutheit:

Konzen, S. 248f.

41 Kellner, JR 1950, 270, 271; im Ergebnis mit Einschränkungen: Siegert, NJW 1957, 689, 690.

42 LG Frankfurt, NJW 1982, 1056; im Ergebnis differenzierend: Baumgärtel, ZZP 69 (1956), 89, 103f.

43 Konzen, S. 247ff.

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Diese Begründungsansätze vermögen jedoch nicht zu überzeugen. Sie ver- mengen die Ebenen der Beweismittelerlangung und der Beweismittelverwer- tung.

Für die Frage, ob ein Beweis bei der richterlichen Beweiswürdigung Berück- sichtigung finden sollte, kann es nur darauf ankommen, ob die Verwertung des Beweises als rechtswidrig zu beurteilen ist.44 Denn ein allgemeiner Grundsatz des Inhalts, dass das Verfahrensrecht einen rechtswidrig herbeige- führten Zustand zu beseitigen habe, ist der ZPO nicht zu entnehmen.45 Ein weiteres Argument, welches auch in der heutigen Diskussion vielfach an- gebracht wird, ist von generalpräventiver Natur. Es lässt sich auf die Hypo- these reduzieren, dass die gerichtliche Verwertung rechtswidrig erlangter Be- weise einen Anstoß für rechtswidriges Verhalten schaffen würde.46

Diese Begründung weist mehrere Schwächen auf. Sie setzt voraus, dass be- reits bei der Beweisbeschaffungshandlung deren Rechtswidrigkeit erkannt wird und der Wille besteht, den Gesetzesverstoß bewusst auszunutzen.47 Ob jede potenzielle Prozesspartei zu dieser rechtlichen Würdigung in der Lage ist und bei der Beweisgewinnung überhaupt Überlegungen zu der Verwert- barkeit der Beweise im Prozess anstellt, darf bezweifelt werden.

Zudem sind generalpräventive Erwägungen zwar im Strafverfahren, nicht aber im Zivilverfahren angebracht. Das Strafverfahren dient der Verfolgung begangener Straftaten und soll auch zur Verhütung künftiger Strafrechtsver- stöße beitragen. Der Zivilprozess, in dem subjektive Ansprüche zwischen Pri- vatpersonen geltend gemacht werden, ist dagegen nicht der richtige Ort für den Versuch einer verhaltenslenkenden Beeinflussung der Allgemeinheit.48

44 Stein/Jonas/Thole, § 286 Rn. 39; Kiethe, MDR 2005, 965, 966f.

45 Stein/Jonas/Thole, § 286 Rn. 53.

46 BGH, NJW 1970, 1848, 1849; nur im Bezug Verwertungsverbote aus Art. 4 GG:

Habscheid in GS Peters, 840, 862; Baumgärtel, ZZP 69 (1956), 89, 103f.; Kaissis, S. 121ff.

47 Wieczorek/Schütze/Ahrens, Vor § 286 Teil B Rn. 22; Betz, RdA 2018, 100, 105.

48 BGHZ 218, 348, 373f.; Ahrens, NJW 2018, 2837, 2838.

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Kaissis hat diese Problematik erkannt und den Gedanken der Generalpräven- tion nicht zu der Begründung eines absoluten Beweisverwertungsverbots ver- wendet. Im Jahr 1978 sprach er sich gegen eine gerichtliche Verwertung des rechtswidrig erlangten Beweismittels lediglich für den Fall aus, dass es dem Beweisführer bei der Erlangungshandlung darauf ankam, den Beweis im Pro- zess zu verwenden.49 Auch insoweit ist bereits eine Abkehr von den absoluten Positionen festzustellen.

2. Keine Auswirkungen rechtswidriger Beweiserlangung

Verhältnismäßig wenige Anhänger50 findet die Auffassung, die besagt, dass rechtswidrig erlangte Beweise keinerlei Beweisverwertungsverboten unter- liegen sollten.

Zur Begründung dient, anstelle der von der Gegenposition bemühten Einheit der Rechtsordnung, die Trennung der Ebene der Beweismittelerlangung von der Beweismittelverwertung. Es wird zwischen materieller und prozessualer Rechtswidrigkeit unterschieden und das Fehlen von prozessualen Verwer- tungsverboten in der ZPO in den Vordergrund gestellt.51 Ein Begründungs- ansatz geht sogar so weit, die Hoheitlichkeit des richterlichen Handelns und die damit verbundene Grundrechtsbindung in Frage zu stellen.52

Die betroffene Partei wird aber auch nach diesen Ansätzen nicht rechtlos ge- stellt. Zur Kompensation der rechtswidrigen Beweiserlangung werden ihr Schadensersatz- oder Unterlassungsansprüche außerhalb des Prozesses zuge- sprochen, die sie geltend machen könne.53 Da das materielle Recht Folgen für den Beweisführer bereithalte, bewerten die Vertreter ein zusätzliches Beweis- verwertungsverbot als doppelte Sanktionierung, für die keine rechtliche Grundlage bestünde.54 Es wird auch die Möglichkeit dargestellt, im Falle ei-

49 Kaissis, S. 120ff.

50 LG Kassel, NJW-RR, 1990, 62; Werner, NJW 1988, 993, 1002; Dauster/Braun, NJW 2000, 313, 317ff; Brinkmann, AcP 206 (2006), 746, 759ff.

51 Dauster/Braun, NJW 2000, 313, 318.

52 Brinkmann, AcP 206 (2006) 746, 759ff.

53 Dauster/Braun; NJW 2000, 313, 319; Brinkmann, AcP 206 (2006), 746, 763ff.

54 Dauster/Braun, NJW 2000, 313, 318.

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nes sittenwidrigen Vorgehens des Beweisführers die Beweismittelverwen- dung im Wege der Widerklage mit einem Schadensersatzanspruch nach

§ 33 ZPO zu verhindern.55

Andere betonen das gerichtliche Interesse an der Wahrheitsfindung.56 Im Hin- blick auf die Dispositionsmaxime und den Beibringungsgrundsatz ist diese Argumentation jedoch angreifbar. Aus den genannten Prozessmaximen ergibt sich, dass die Wahrheitserforschungspflicht des Gerichts gegenüber den be- einträchtigten individuellen Interessen der Gegenpartei nicht stets vorrangig zu berücksichtigen ist.57

Richtig ist zwar, dass der Gesetzgeber bis heute keine ausdrücklichen Be- weisverwertungsverbote für den Zivilprozess normiert hat. Daraus jedoch die Schlussfolgerung zu ziehen, dass jegliche rechtswidrig erlangte Beweismittel verwertbar sein müssten, wird den widerstreitenden Interessen der Prozess- parteien nicht gerecht. Es ist nicht nachvollziehbar, warum das sog. „Recht auf Beweis“ keinerlei Einschränkungen unterliegen sollte.58 Aufgrund der ra- santen Fortentwicklung von Technologien, die bestehende Mittel der Beweis- gewinnung ablösen, wären ausdrücklich formulierte Beweisverwertungsver- bote der Gefahr ausgesetzt, schon nach kürzester Zeit ihren Anwendungsbe- reich zu verlieren.

IV. Vermittelnde Ansichten

Zwischen diesen beiden Extrempositionen haben sich vermittelnde Ansichten herausgebildet. Der Gedanke, dass eine rechtswidrige Beweiserlangung nicht unweigerlich zu einem Beweisverwertungsverbot führt, ist heute sowohl in der Rechtsprechung59 als auch im Schrifttum60 vorherrschend. Unter welchen

55 Brinkmann, AcP 206 (2006), 746, 763ff.

56 Werner, NJW 1988, 993, 1002.

57 Dauster/Braun, NJW 2000, 313, 317; Kiethe, MDR 2005, 965, 966.

58 Stein/Jonas/Thole, § 286 Rn. 41.

59 Zum Beispiel: BAGE 156, 370, 373; BAGE 146, 303, 315ff.; BAGE 145, 278, 283ff.;

BGHZ 166, 283, 288; BGHZ 218, 348, 361.

60 Zöller/Greger, § 286 Rn. 15a; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann/Hartmann, Übers

§ 371 Rn. 13; Musielak/Voit/Foerste, § 286 Rn. 6; MünchKomm/Prütting, § 284 Rn. 66; Wieczorek/Schütze/Ahrens, Vor § 286 Teil B Rn. 9; Prütting/Gehrlein/Laumen,

§ 284 Rn. 27.

(23)

Voraussetzungen ein Beweisverwertungsverbot einschlägig ist, wird jedoch auch innerhalb dieses Meinungsspektrums sehr unterschiedlich beurteilt.

1. Verfahrensrechtliche Argumentation

Eine Ansicht findet ihren Anknüpfungspunkt im Prozessrecht selbst. Es han- delt sich um den Begründungsansatz Dilchers, der ebenfalls den Anfängen der Kontroverse zuzuordnen ist. Dieser wendet den Rechtsgedanken des

§ 422 ZPO an und stellt darauf ab, ob die Herausgabe des Beweismittels ge- fordert werden kann. Ist dies nicht der Fall, sei ein Beweisverwertungsverbot begründet.61 Als Prüfungsmaßstab dient insoweit insbesondere § 810 BGB.

Diese Lehre von der prozessualen Verwendungsbefugnis wird vereinzelt auch heute noch ergänzend herangezogen.62 Es ist jedoch zu beachten, dass die prozessuale Verwendungsbefugnis i.S.v. § 422 ZPO einen Herausgabean- spruch voraussetzt, dessen Bestehen zunächst materiell-rechtlich zu beurtei- len wäre. Da § 810 BGB mehrere unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, ist eine klare Abgrenzung von Beweisen, die verwertet werden dürfen von sol- chen, die einem Beweisverwertungsverbot unterliegen, entgegen des ersten Anscheins auch nach dieser Herangehensweise nicht möglich.63

2. Abwägungslehren

Die widerstreitenden Interessen der Parteien deutlich stärker in den Fokus nehmen die sog. Abwägungslehren.

Die Terminologie ergibt sich daraus, dass die höchstrichterliche Rechtspre- chung zu der Begründung eines Beweisverwertungsverbots eine Güter- und Interessenabwägung nach den Umständen des Einzelfalls anstellt. Ein Be- weisverwertungsverbot wird bei einem Eingriff in die Grundrechte des Be- weisgegners bejaht, sofern dieser nicht ausnahmsweise gerechtfertigt ist.64 Die gesamte Diskussion bestimmt, dass der Eingriff, dessen Rechtmäßigkeit

61 Dilcher, AcP 158 (1959/1960), 469, 480ff.

62 Für Urkunden und Augenscheinsobjekte: MünchKomm/Prütting, § 284 Rn. 66.

63 Stein/Jonas/Thole, § 286 Rn. 44; Segger-Piening, ZZP 132 (2019), 359, 369f.

64 BVerfGE 34, 238, 248; BVerfGE 80, 367, 375ff.; BVerfGE 106, 28, 48ff.; BGHZ 162, 1, 8; BGH, NJW 2013, 2668, 2670; BAGE 105, 356, 359ff.; BAGE 145, 278; BAGE 156, 370, 374ff.

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geprüft wird, das grundrechtsbeeinträchtigende hoheitliche Handeln des Ge- richts im Rahmen der Beweisverwertung meint. Die Abgrenzung von der Ebene der Beweismittelerlangung wird dadurch erreicht, dass auf die Grund- rechtsbindung des Gerichts nach Art. 1 Abs. 3 GG abgestellt wird.

Zur Rechtfertigung des Eingriffs erfolgt eine Abwägung zwischen dem be- troffenen Grundrecht und dem Beweisinteresse des Beweisführers. Das Be- weisinteresse erfährt durch das Interesse an der Aufrechterhaltung einer funk- tionstüchtigen Rechtspflege sowie an einer materiell richtigen Entscheidung als Belang des Gemeinwohls eine Steigerung. Es genügt demnach aber nicht allein das schlichte Interesse der Sicherung eines Beweismittels für zivilrecht- liche Ansprüche. Das zur Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs notwen- dige besondere Interesse wird vielmehr erst bei Notwehr oder einer notwehr- ähnlichen Lage des Beweisführers bejaht.65 Daraus ergibt sich, dass die Ab- wägung nicht gänzlich offen erfolgt, sondern das Interesse des Beweisführers an der Beweiserhebung nur dann gegenüber den geschützten Rechten des Be- weisgegners zu überwiegen vermag, wenn weitere Aspekte wie eine Not- wehrsituation oder eine notwehrähnliche Lage hinzukommen.

Dieses Verständnis der Abwägungslehre geht auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurück. Die Judikatur bezog sich auf die Verlet- zung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Sie wurde von den Fachgerich- ten aber verallgemeinert.66 Die in den nächsten Teilen67 erfolgende Auseinan- dersetzung mit der aktuellen Rechtsprechung zu Beweisverwertungsverboten wird zeigen, dass die von den Gerichten gewählten Abwägungskriterien ei- nem Wandel unterliegen.

Die Abwägungslehre ist auch in der Lehre vorherrschend,68 jedoch mit unter- schiedlichen Akzentuierungen.

65 BVerfGE 106, 28, 50ff.; BGH; NJW 2003, 1727, 1728; Wieczorek/Schütze/Ahrens, Vor

§ 286 Teil B Rn. 12.

66 BGHZ 153, 165, 170; Stein/Jonas/Thole, § 286 Rn. 48.

67 Siehe u. C.IV.1., D.V.1., E.IV.1., F.I–II.

68 Thomas/Putzo/Sailer, § 286 Rn. 7; Saenger/Saenger, § 286 Rn. 20; Zöller/Greger, § 286 Rn. 15a; Prütting/Gehrlein/Laumen, § 284 Rn. 26; Wieczorek/Schütze/Ahrens, Vor

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Die Argumentationen gehen zumeist dahin, ein Beweisverwertungsverbot zu bejahen, wenn die jeweils verletzte Norm nach ihrem Schutzzweck die ver- fahrensrechtliche Folge eines solchen Verbots gebietet. Dies wird vorwie- gend bei rechtswidrigen Eingriffen in verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen des Einzelnen angenommen69, aber auch bei einem Verstoß gegen Strafnormen.70 Da es sich bei dem Beweisverwertungsverbot um eine verfahrensrechtliche Folge handelt, seien zur Bestimmung des Schutzzwecks die Rechte, die durch die Verwertung im Prozess betroffen und nicht etwa diejenigen, die bei der außergerichtlichen Beweiserlangung beeinträchtigt werden, heranzuziehen.71

Angemahnt wird in diesem Zusammenhang, dass der Abwägungsvorgang of- fen gestaltet werden müsse.72 Wird angenommen, dass der Schutzzweckge- danke bei Eingriffen in verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen un- weigerlich zur Annahme eines Beweisverwertungsverbots führt, ist die Ab- wägung bereits vorbestimmt.

Entgegengehalten wird dem Schutzzweckgedanken dessen theoretische Her- angehensweise. Es sei schwer vorstellbar, dass eine gerichtliche Beweisver- wertungshandlung, wie die Inaugenscheinnahme von Videoaufzeichnungen, einen bedeutsame Schutzzwecke berührenden Grundrechtseingriff fortsetzen könne.73

Diese Bewertung wird jedoch einer abstrakten Betrachtungsweise nicht ge- recht. Die Orientierung an Schutzzwecken beinhaltet zwar keine konkreten Kriterien für die Frage, wann ein Beweisverwertungsverbot einschlägig ist.

Dennoch weist sie eine gewisse Struktur auf. Sie verfügt über eine normative

§ 286 Teil B Rn. 24; Musielak/Voit/Foerste, § 286 Rn. 6; Küttner/Schmidt, Verdachts- kündigung Rn. 6; Chandna-Hoppe, NZA 2018, 614, 615; nur in Bezug auf das Persön- lichkeitsrecht: Habscheid in GS Peters, 840, 864f.; Bergwitz, NZA 2012, 353, 354.

69 BAG, NJW 2008, 2732, 2734, 2735; Kiethe, MDR 2005, 965, 966; MünchKomm/Prütting

§ 284 Rn. 66; Saenger/Saenger, § 286 Rn. 20; Laumen, MDR 2018, 966, 967;

Beck/Scheel, Rn. 488; Thomas/Putzo/Sailer, § 286 Rn. 7.

70 Beck/Scheel, Rn. 488.

71 MünchKomm/Prütting, § 284 Rn. 66.

72 Wieczorek/Schütze/Ahrens, Vor § 286 Teil B Rn. 30.

73 Ahrens, NJW 2018, 2837, 2838.

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Grundlage und ermöglicht die Bildung von Fallgruppen.74 Mit Einzelfallent- scheidungen sind stets Unwägbarkeiten verbunden, die Judikatur wird jedoch nur auf diese Weise den widerstreitenden Interessen der Prozessparteien und den zahlreichen Fallgestaltungen gerecht, die mit den Innovationen der heu- tigen Zeit einhergehen.

Ein aktueller Beitrag von Segger-Piening bietet einen sehr ausdifferenzierten, neuen Begründungsansatz, der verfahrensrechtliche Argumentationen mit den Abwägungslehren kombiniert.

Darin werden zunächst Fälle, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht betref- fen von sonstigen Fällen unterschieden. Der Autor wendet nur für die Erstge- nannten Art. 1 Abs. 3 GG an und fragt in diesem Rahmen danach, ob die Be- weisverwertung einen Grundrechtseingriff durch das erkennende Gericht dar- stellt. Für die sonstigen Fälle hält er dagegen die Gesetzesbindung des Ge- richts nach Art. 20 Abs. 3 GG für maßgeblich. Nur für diese, nicht das Per- sönlichkeitsrecht betreffenden Konstellationen, wendet er Schutzzweckge- danken an, indem er prüft, ob der Schutzzweck der durch die Beweiserlan- gung verletzten Norm ein Beweisverwertungsverbot gebietet.75

Werden diese Fragen bejaht, ist in beiden Fällen eine Abwägung eröffnet.

Auch diese stellt sich bei den das Persönlichkeitsrecht betreffenden Fällen anders dar als bei den sonstigen. In den erstgenannten Fallgestaltungen erfolgt sie ergebnisoffen, in den letztgenannten sonstigen Fällen restriktiv im Sinne einer „prozessualen Schutzzwecklehre“76. Das bedeutet, dass eine rechtswid- rige Beweiserlangung in den sonstigen Fallgestaltungen nur bei einer deutlich erkennbaren gesetzgeberischen Intention auch die Verwertung auszuschlie- ßen vermag. Exemplarisch werden dafür verfahrensrechtliche Vorschriften genannt.

Gerade die Überlegungen zu der ergebnisoffenen Abwägung im Rahmen der Persönlichkeitsrechtsfälle zeugen von einer Tiefe, die eine dogmatisch sau- bere und praktisch umsetzbare Handhabung der Problematik ermöglicht. Der

74 MünchKomm/Prütting, § 284 Rn. 66; Stein/Jonas/Thole, § 286 Rn. 51.

75 Segger-Piening, ZZP 132 (2019), 359, 377f.

76 Segger-Piening, ZZP 132 (2019), 359, 388.

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Autor stellt feste Abwägungskriterien dar, die regelmäßig in die Abwägung einzubeziehen seien und die auf diese Weise anstelle von Einzelfallentschei- dungen mit unterschiedlichen Abwägungstendenzen Rechtssicherheit schaf- fen könnten. Zu nennen ist die beeinträchtigte Sphäre des allgemeinen Per- sönlichkeitsrechts, die Intensität der Einwirkung auf das Recht, die Art der Informationsgewinnung sowie die Betroffenheit des „Rechts auf Beweis“ des Beweisführers.77

Nicht ganz schlüssig ist hingegen die Differenzierung nach dem Gegenstand der Rechtswidrigkeit. Die Argumentation, dass in Fällen, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht betreffen, kein gerichtlicher Grundrechtseingriff vorlie- gen könnte, berücksichtigt nicht, dass der Grundrechtseingriff in einer Perpe- tuierung des vorausgegangenen Eingriffs aus der außergerichtlichen Beweis- beschaffung bestehen kann. Zudem können Schutzzweckerwägungen gerade für Verstöße in Bezug auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht sinnvoll sein.

Unter der Maßgabe, die ergebnisoffene Abwägung mit den entwickelten fes- ten Abwägungselementen auch außerhalb der Persönlichkeitsrechtsfälle an- zuwenden, zeugt der Ansatz dennoch von einer beträchtlichen Überzeugungs- kraft.

V. Umfang des Beweisverwertungsverbots

Wird ein Beweisverwertungsverbot im Ergebnis bejaht, ist das erhobene Be- weismittel der gerichtlichen Entscheidungsfindung entzogen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob sich das Verbot auch auf andere Gegenstände oder Erkenntnisse erstreckt.

1. Fernwirkung

Welches Ausmaß Beweisverwertungsverbote annehmen, wird zumeist unter dem Stichwort der Fernwirkung behandelt.78

77 Segger-Piening, ZZP 132 (2019), 359, 384ff.

78 Chandna-Hoppe, NZA 2018, 614, 619; Pötters/Wybitul, NJW 2014, 2074, 2079; Berg- witz, NZA 2012, 353, 358f; Dzida/Grau, NZA 2010, 1201, 1205f.; Schreiber, ZZP 122 (2009) 227, 235; Wieczorek/Schütze/ Ahrens, Vor § 286 Teil B Rn. 26.

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Zur Illustration dient ein Fall des Landesarbeitsgerichts Baden-Württem- berg.79 Darin ging es um die Verwertbarkeit eines Geständnisses einer Ar- beitnehmerin über einen Diebstahl, den sie zulasten ihres Arbeitgebers be- gangen hatte. Heikel daran war, dass die Beschäftigte das Geständnis erst nach einer Konfrontation mit Erkenntnissen aus einer rechtswidrig erlangten Videoaufnahme vor ihren Vorgesetzten abgelegt hatte. Das erkennende Ge- richt hat eine Fernwirkung des Verbots der Verwertung der Videoaufnahme angenommen und das Geständnis nicht verwertet.80

Höchstrichterliche Entscheidungen hatten die Fernwirkung zivilprozessualer Beweisverwertungsverbote bislang noch nicht zum Gegenstand. In der Lite- ratur wird sie vornehmlich abgelehnt und ein zivilprozessuales Fernwir- kungsverbot angenommen.81

Für die Ablehnung der Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten im Zi- vilverfahren sprechen die bestehenden Unterschiede zwischen dem Strafpro- zess und dem von gleichrangigen Parteien bestimmten Zivilprozess.82 Würde man eine Fernwirkung annehmen, bestünden zudem erhebliche Rechtsunsi- cherheiten darüber, ob die Kenntnis von der beweisbedürftigen Tatsache al- lein auf der rechtswidrigen Informationsbeschaffung beruht oder auch auf an- dere Weise hätte erlangt werden können.83

Entgegen der Argumentation des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg und anders als dies in dem US-amerikanischen Strafprozess der Fall ist, gilt im deutschen Prozessrecht die sog. „fruit of the poisonous tree doctrine“

nicht. Das bedeutet im Ergebnis, dass es keine negativen Folgen haben kann, wenn eine Information rechtswidrig erlangt wird und diese dann wiederum Anlass für die Beweiserhebung eines zulässigen Beweismittels ist.84

79 LAG Baden-Württemberg BB 1999, 1439f.

80 LAG Baden-Württemberg BB 1999, 1439f.

81 Dzida/Grau, NZA 2010, 1201, 1206; Bergwitz, NZA 2012, 353, 359; Pötters/Wybitul, NJW 2014, 2074, 2079; wohl auch: Chandna-Hoppe, NZA 2018, 614, 619; mit der Ein- schränkung, dass keine andere Möglichkeit der Informationsbeschaffung bestand auch:

Schreiber, ZZP 122 (2009) 227, 235.

82 Schreiber, ZZP 122 (2009) 227, 235.

83 Bergwitz, NZA 2012, 353, 359; Chandna-Hoppe, NZA 2018, 614, 619.

84 BGHZ 166, 283, 288ff.; Dzida/Grau, NZA 2010, 1201, 1205f.; Wieczorek/Schütze/

Ahrens, Vor § 286 Teil B Rn. 26.

(29)

2. Mittelbares Beweisverwertungsverbot

Dennoch darf ein Beweisverbot nicht durch die Heranziehung anderer Be- weismittel unterlaufen werden.85 Die mittelbare Verwendung eines rechts- widrig erlangten Beweismittels, das einem Beweisverwertungsverbot unter- liegt, muss ebenfalls von dem Beweisverwertungsverbot umfasst sein. Ein plastisches Beispiel dafür ist die Vernehmung eines Zeugen über den Inhalt unverwertbarer Videoaufnahmen. Würde dessen Aussage verwertet, käme dies der Verwertung der von der gerichtlichen Entscheidungsfindung ausge- schlossenen Videoaufnahme gleich. Daher darf die Zeugenaussage in diesem Fall nicht verwertet werden.86

3. Zufallsfunde

In diesem Kontext stellt sich auch die Frage, ob Zufallsfunde von Beweisver- wertungsverboten erfasst werden.

Die Rechtsprechung geht dahin, Zufallsfunde nicht per se für unverwertbar zu erklären. Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 2016 die Verwertbarkeit eines Zufallsfundes, der im Rahmen einer anlassbe- zogenen, rechtmäßigen Videoüberwachung von Mitarbeitern gewonnen wurde, bejaht.87 Begründet wurde dies damit, dass die Maßnahme auch ge- genüber der gefilmten Person datenschutzrechtlich zulässig war, da sie der Manipulation eines Kassenvorgangs zulasten des Arbeitgebers überführt wurde. Ein Beweisverwertungsverbot scheide bereits mangels rechtswidriger Beweiserlangung aus.88 Dies war konsequent, da das Gericht drei Jahre zuvor die Verwertbarkeit eines Zufallsfunds aus einer verdeckten Videoüberwa- chung mit dem Argument abgelehnt hatte, dass sich die Maßnahme gegen- über der von dem Zufallsfund betroffenen Person als unverhältnismäßig und damit rechtswidrig erwiesen habe.89

85 Prütting/Gehrlein/Laumen, § 284 Rn. 27.

86 BAG NZA 2019, 1212, 1215; Saenger/Saenger, § 286 Rn. 21.

87 BAGE 156, 370ff.

88 BAGE 156, 370, 378ff.

89 BAGE 146, 303, 320f.

(30)

In der Literatur wurde vor diesen Entscheidungen vermehrt auf den Beobach- tungszweck abgestellt und die Verwertbarkeit von Zufallsfunden aus diesem Grund zum Teil verneint.90 Nunmehr wird grundsätzlich von einer Verwert- barkeit zufällig erlangter Beweismittel ausgegangen.91

VI. Sachvortragverwertungsverbot

Deutlich weitreichender als das Beweisverwertungsverbot ist ein sog. Sach- vortragsverwertungsverbot. Es besagt, dass auch das von der Gegenseite nicht bestrittene Vorbringen keine Berücksichtigung durch das Gericht finden darf, wenn ein Beweisverwertungsverbot in Betracht kommt.92

Dieser Gedanke ergibt sich aus dem Umstand, dass nur streitige Tatsachen eine Beweisaufnahme erfordern und damit auch nur streitige Tatsachen Be- weisverboten unterliegen. Denn nach § 138 Abs. 3 ZPO gelten Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, grundsätzlich als zugestanden. Wegen der im Zivilprozess bestehenden Wahrheitspflicht aus § 138 Abs. 1 ZPO muss die von der unrechtmäßigen Beweiserlangung betroffene Partei die der Beweisgewinnung zugrundeliegenden Tatsachen zugestehen, sofern sie der Wahrheit entsprechen. Diese verfahrensrechtlichen Grundsätze können den Betroffenen dazu veranlassen, die vorgebrachten Tatsachen wahrheitswidrig zu bestreiten, damit ein Beweisverwertungsverbot Berücksichtigung finden kann.93

Dogmatisch lässt sich das Sachvortragsverbot aus einer teleologischen Re- duktion des § 138 Abs. 3 ZPO herleiten.94 Die Rechtsprechung, die dem Kon- strukt des Sachvortragsverwertungsverbots zunächst ablehnend gegenüber- stand,95 erkennt dieses in den letzten Jahren vermehrt an.96

90 Grimm/Schiefer, RdA 2009, 329, 340; Bergwitz, NZA 2012, 353, 356.

91 Saenger/Saenger, § 286 Rn. 27; Prütting/Gehrlein/Laumen, § 284 Rn. 32; Kütt- ner/Schmidt, Verdachtskündigung Rn. 7; Gallner/Mestwerdt/Nägele/Gieseler,

§ 626 BGB Rn. 179.

92 Stein/Jonas/Thole, § 286 Rn. 56.

93 Fuhlrott/Oltmanns, NZA 2019, 1105, 1107.

94 BAGE 157, 69, 74; Goetz, SAE 2019, 54, 59.

95 BAG, NJW 2008, 2732, 2734.

96 BVerfGE 159, 380, 384; BAGE 163, 239, 243f.; LAG Rheinland-Pfalz ZD 2018, 325, 327.

(31)

Ob Sachvortragsverwertungsverbote deshalb zu befürworten sind, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt.97

Gegen ein derartig weitreichendes Verbot spricht das Fehlen einer ausdrück- lichen normativen Grundlage.98 Ein gewichtigeres Argument ist jedoch, dass ein Sachvortragsverbot den Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG einschränkt und die durch die Beweisverwertungsverbote ohnehin erfolgte Einschränkung der Beweisführung verstärkt. Auch Prozessmaximen wie der Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz sind betroffen.99

Eine Alternative könnte darin bestehen, einem umfassenden Verwertungsver- bot durch Bestreiten richtiger Tatsachen zur Wirksamkeit zu verhelfen. Dies wäre zwar zielführend, aber letztlich gesetzeswidrig. Denn die wahrheitswid- rig bestreitende oder bewusst falsche Tatsachen vorbringende Partei würde sich auf diese Weise dem Vorwurf des Prozessbetrugs aussetzen.100

VII. Rügeobliegenheit oder Berücksichtigung von Amts wegen Es stellt sich die Frage, wie Beweisverwertungsverbote Eingang in den Zivil- prozess finden.

Dazu wird teilweise vertreten, dass der betroffenen Partei die Obliegenheit aufzuerlegen sei, die Unverwertbarkeit eines rechtswidrig erlangten Beweis- mittels nach § 295 Abs. 1 ZPO zu rügen.101

Gegen ein entsprechendes Rügeerfordernis spricht, dass eine derartige Vor- gehensweise dem Gebot der Gewährleistung eines fairen Verfahrens nicht ge- recht würde. Zudem besteht der verfassungsrechtliche Auftrag aus Art. 1 Abs. 3 GG, die geschützten Grundrechtspositionen der Parteien zu achten.

97 Bejahend: Gallner/Mestwerdt/Nägele/Gieseler, § 626 BGB Rn. 176, Fuhlrott, NZA 2017, 1308, 1310f.; Küttner/Schmidt, Verdachtskündigung Rn. 6; Prütting/Gehr- lein/Laumen, § 284 Rn. 28; verneined: Wieczorek/Schütze/Ahrens, Vor § 286 Teil B Rn. 25; Stein/Jonas/Thole, § 286 Rn. 56; Zöller/Greger, § 286 Rn. 15j.

98 Wieczorek/Schütze/Ahrens, Vor § 286 Teil B Rn. 25; Zöller/Greger, § 286 Rn. 15j.

99 BAG NJW 2008, 2732, 2734.

100 BAGE 157, 69, 74; NZA 2011, 571, 574.

101 BGH NJW-RR 2007, 1624, 1627; Saenger/Saenger, § 286 Rn. 20; Stein/Jonas/Thole,

§ 286 Rn. 55; Balzer/Nugel, NJW 2014, 1622, 1625; Balthasar, JuS 2008, 35, 39.

(32)

Sofern Anhaltspunkte dafür Anlass geben und kein wirksamer Verzicht er- folgt ist, hat das Gericht Beweisverwertungsverbote mithin von Amts wegen zu berücksichtigen.102 Dies führt nicht zu einer dem Zivilverfahren fremden Amtsermittlung. Vielmehr hat das Gericht den Parteien Hinweise und Aufla- gen zu erteilen und, sofern erforderlich, den Beweisgegner aufzufordern, die tatsächlichen Voraussetzungen für ein Beweisverwertungsverbot nachzuwei- sen.103

C. Dashcam-Aufzeichnungen

Aufgrund ihrer hohen Anwendungsdichte beansprucht derzeit die Frage nach der Verwertbarkeit sog. Dashcam-Aufzeichnungen besondere Aktualität. Be- deutung verleiht der Thematik ihre Tragweite. Sie umfasst nicht nur spezielle Fallgestaltungen. Die Frage nach der Verwertbarkeit der Aufnahmen im Zi- vilprozess kann vielmehr eine Vielzahl von Verkehrsteilnehmern betreffen.

I. Verwendungsmöglichkeiten

Der Begriff der Dashcam setzt sich aus dem Worten „dashboard“ für Arma- turenbrett und „camera“ (Kamera) zusammen.104 Dashcams sind an den Rückspiegel oder das Armaturenbrett eines Kraftfahrzeugs, an einem Motor- radhelm oder auch an den Lenker eines Fahrrads anzubringende Kameras, die den Verkehr aufnehmen.105 Die Aufzeichnung kann auch durch ein Smart- phone erfolgen.106

Ursprünglich wurden Dashcams für Streifenwagen der US-amerikanischen Polizei entwickelt.107 Heute werden die Kameras von Privatpersonen in der Absicht erworben, für den Fall eines Unfalls oder eines strafbaren Übergriffs Beweise zu sichern. Ziel ist es, einen Unfallhergang zu dokumentieren, ggf.

102 BAGE 157, 69, 73; 156, 370, 374f.; 163, 239, 244; NZA 2019, 1212, 1214.

103 BAGE 163, 239, 244; BeckOK-DatenschutzR/Riesenhuber, § 26 BDSG Rn. 190.2;

Küttner/Schmidt, Verdachtskündigung Rn. 6.

104 Mäsch/Ziegenrücker, JuS 2018, 750; Kemperdiek, zfs 2018, 368.

105 Bäumerich, JuS 2016, 803; Greger, NZV 2015, 114.

106 Kaiser, NJW 2016, 2790.

107 Kemperdiek, zfs 2018, 368.

(33)

einen flüchtenden Unfallgegner zu filmen und das Kennzeichen seines Kraft- fahrzeugs zur Identifizierung des Fahrers festzuhalten.

Eingang in den Zivilprozess finden die mittels einer Dashcam gefertigten Vi- deoaufnahmen durch einen Beweisantrag auf Augenschein nach § 371 Abs. 1 ZPO oder auch im Wege einer Anordnung des Gerichts gem.

§ 144 ZPO.108

II. Mögliche Rechtsverstöße

Sowohl das Filmen selbst als auch die Verwendung der Aufnahme im Zivil- prozess kann mit der bestehenden Gesetzeslage kollidieren. Es kommen die Verletzung von Grundrechten, Menschenrechten sowie Verstöße gegen da- tenschutzrechtliche Bestimmungen in Betracht.

1. Grundrechte

Das Filmen einer Person kann zunächst eine Verletzung des allgemeinen Per- sönlichkeitsrechts darstellen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich dieses Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG.109 Es beinhaltet die Befugnis, selbst zu bestimmen, ob der Kommunikationsinhalt ausschließ- lich dem Gesprächspartner, einem bestimmten Personenkreis oder der Öffent- lichkeit zugänglich sein soll.110

Aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht wurde das Recht auf informatio- nelle Selbstbestimmung herausgebildet. Dieses ist spezieller und umfasst die Befugnis, eigenständig zu entscheiden, ob und inwieweit persönliche Sach- verhalte offenbart werden. Jedermann darf grundsätzlich selbst über die Preis- gabe und Verwendung persönlicher Daten bestimmen.111 Der Schutzbereich bezieht sich nicht nur auf bedeutsame Daten, sondern umfasst jegliche perso- nenbezogenen Daten.112

108 Greger, NZV 2015, 114, 116.

109 BVerfGE 35, 202, 224.

110 BVerfGE 106, 28, 39.

111 BVerfGE 65, 1, 43; 84, 192, 194; 78, 77, 84.

112 BVerfGE 65, 1, 45.

(34)

Eine weitere, besondere Ausprägung hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht in dem Recht am eigenen Bild erfahren.113 Geschützt wird das Recht, selbst zu entscheiden, ob und inwieweit ein Bild der eigenen Person verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden darf.114 Das Filmen anderer Personen ohne deren Einwilligung ist daher als Eingriff in das allgemeine Persönlich- keitsrecht zu bewerten. Dies gilt auch dann, wenn die Aufnahme in der Öf- fentlichkeit erfolgt.115

Jedoch ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht schrankenlos gewähr- leistet. Nach Art. 2 Abs. 1 GG ist es durch die verfassungsmäßige Ordnung einschränkbar, zu der auch die Vorschriften über die richterliche Beweiswür- digung gehören.116

Liegt ein Eingriff vor, ist im Rahmen einer Abwägung zu prüfen, ob die Grundrechtsbeeinträchtigung gerechtfertigt sein kann. Dieser Abwägung ent- zogen sind Eingriffe in die sog. Intimsphäre, die als Kernbereich der höchst- persönlichen privaten Lebensgestaltung der Einwirkung durch die öffentliche Gewalt entzogen ist.117 Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eingriff in die Intimsphäre in einem Fall verneint, in dem Videoaufzeichnungen von Verkehrsvorgängen im Rahmen eines Bußgeldverfahrens verwendet wurden.

Die Begründung des Gerichts lautete, dass es der eigenen Entscheidung ob- liege, am Straßenverkehr teilzunehmen und infolge dessen von der Polizei kontrolliert zu werden. 118

Diese Situation ist auf Aufzeichnungen, die mittels einer Dashcam gefertigt wurden, übertragbar. Da jeder, der am Straßenverkehr teilnimmt, zwangsläu- fig von anderen Verkehrsteilnehmern wahrgenommen wird, sind solche Auf- nahmen ebenfalls nicht dem Kernbereich der höchstpersönlichen privaten Le- bensgestaltung, sondern der Sozialsphäre zuzuordnen.119

113 BVerfGE 87, 334, 340; BVerfGE 120, 180, 203; BAGE 127, 276.

114 BVerfGE 97, 228, 268.

115 BVerfG, NJW 2009, 3293f.; BGHZ 218, 348, 370; Saenger/Saenger, § 286 Rn. 27.

116 BVerfGE 106, 28, 48; Bergwitz, NZA 2012, 353, 354.

117 BVerfGE 6, 32, 41; 54, 143, 146.

118 BVerfG NJW 2011, 2783, 2785.

119 OLG Nürnberg NJW 2017, 3597, 3599.

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