A766 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 12⏐⏐23. März 2007
T H E M E N D E R Z E I T
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as düstere Szenario des Weltklimaberichtes der Ver- einten Nationen (UN) hat viele Menschen aufgerüttelt. Die UN- Analyse hat gezeigt, dass die Kli- makatastrophe eine reale Bedro- hung ist und nicht das Hirngespinst von Umwelt-Aktivisten. An Vor- schlägen, was jeder Einzelne für den Klimaschutz tun kann, fehlt es nicht: mehr Energiesparlam- pen, weniger Langstreckenflüge und Autofahrtensowie eine bessere Wärmedämmung.
Elektrogeräte im Stand-by-Modus sind tabu. Auch
die Politik kann den Treibhaus- effekt nicht mehr kleinreden. An- gela Merkel hat den Klimawan- del zu einem zentralen Thema ihrer EU-Ratspräsidentschaft erklärt. Und so einigten sich die EU-Regierungs- chefs darauf, die CO2-Emissionen um 20 Prozent unter den Wert von 1990 zu senken. Eine historische Wende, meinen die einen – eine Mogelpackung, sagen die anderen.
Energiekosten senken, Image steigern
Während der Klimaschutz in Brüs- sel bislang nur auf dem Papier steht, wird er in immer mehr Privathaus- halten und manchen öffentlichen Einrichtungen bereits praktiziert.
Auch einige Krankenhäuser sind mittlerweile Vorreiter in Sachen Klimaschutz, so auch die Luisen- klinik in Bad Dürrheim, Baden- Württemberg. In der psychiatrisch- psychotherapeutischen Einrichtung ist es gelungen, den jährlichen CO2- Ausstoß um etwa 350 Tonnen zu
senken. Das entspricht einer Reduk- tion von fast 50 Prozent.
„Ein Faible für Umweltschutz haben wir hier schon länger“, sagt Sven Wahl, kaufmännischer Leiter.
Als dann Sanierungsarbeiten an der Außenfassade anstanden, war klar:
Bei der Gelegenheit muss auch ei- ne effektive Wärmedämmung her.
„Wichtig ist, das Ganze sorgfältig zu planen“, meint Wahl. Zunächst müssten alle Möglichkeiten des Energiesparens aus- geschöpft werden.
In einem zweiten Schritt sei dann zu analysieren, wel- che Energieform für die Einrichtung passend sei. In Bad Dürrheim entschied man sich für eine Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung. Eine Holzpellet- heizung deckt etwa 70 Prozent des Wärmebedarfs. Zwar seien die In- vestitionskosten hoch gewesen, be- richtet Wahl, rechnet allerdings damit, dass sich beispielsweise die Solaranlage spätestens in zehn Jahren amortisiert hat. Energie- sparmaßnahmen sind somit auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht loh- nenswert. Darüber hinaus kann es für eine Einrichtung ein Image- gewinn sein, wenn sie im Umwelt- schutz aktiv ist. „Die Resonanz bei den Patienten war durchweg posi- tiv“, sagt Wahl.
In der Elisabeth-Klinik in Berlin- Mitte engagiert man sich schon seit einigen Jahren in Sachen Klima- schutz. Bereits 2000 schloss die Einrichtung mit dem Energiekon- zern Bewag (heute Vattenfall) ein Abkommen. Mit diesem „Energie- spar-Contracting“ verpflichtete sich
die Bewag, die Investitionskosten für die Sanierung des Heizungs- systems und die Neuanschafffung einer Solaranlage zur Wasserer- wärmung für die Küche zu über- nehmen. Über eine Laufzeit von mehreren Jahren zahlt die Einrich- tung das Geld mit den eingesparten Energiekosten zurück. Die tatsäch- lich erzielte Reduktion hat die Er- wartung übertroffen: Das 170-Bet- ten-Haus mit Abteilungen für In- nere Medizin, Allgemeine Chirur- gie, Unfallchirurgie und Anästhe- sie konnte den Energieverbrauch um rund 30 Prozent senken. Da- mit gelangen jährlich 612 Tonnen Kohlendioxid weniger in die At- mosphäre.
Nur wenige Krankenhäuser im Klimaschutz aktiv
Die Luisenklinik und die Elisabeth- Klinik sind zwei von 21 Kranken- häusern und Reha-Kliniken, denen der Bund für Umwelt und Natur- schutz (BUND) das Gütesiegel
„Energie sparendes Krankenhaus“
verliehen hat. Gemessen an der Zahl von 2 139 Krankenhäusern, ist das allerdings eine verschwindend klei- ne Gruppe.
Carmen Schultze vom BUND Berlin hat jedoch dafür Verständnis, dass die meisten Einrichtungen noch keinen Klimaschutz praktizie- ren: „Die Häuser sind mit vielen Umstrukturierungen im Gesund- heitswesen beschäftigt.“ Das The- ma Energiesparen und die damit verbundenen Kostensenkungen hät- ten viele noch nicht für sich ent- deckt. Zudem sei es für große Klini- ken mit mehreren Gebäuden auf- wendig, eine exakte Bestandsauf- nahme anzufertigen. Eine solche Analyse sei aber unabdingbar. Kri- terien für das BUND-Siegel sind beispielsweise eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um 25 Prozent und ein Energiemanagement. Obwohl die meisten Krankenhäuser ganz an- dere Sorgen plagen als der Klima- wandel, ist Schultze zuversichtlich:
„Das Bewusstsein wächst.“ I Dr. med. Birgit Hibbeler
KLIMASCHUTZ
Wie Krankenhäuser ihren CO 2 -Ausstoß reduzieren
Weitere Informationen zum BUND- Gütesiegel: www.energiesparendes- krankenhaus.de