Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 9⏐⏐27. Februar 2009 A413
P H A R M A
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ie Aromatasehemmer sind in der Therapie des Mamma- karzinoms längst etabliert. Adju- vant hat Anastrozol bei Patientinnen mit hormonrezeptorpositivem Brust- krebs in der ATAC(Anastrozol Ta- moxifen Alone or in Combination)- Studie upfront eine signifikante Sen- kung des relativen Rezidivrisikos für kontralaterale Tumoren erreicht.Nun hat die ABCSG-8-Studie ge- zeigt, dass Patientinnen auch vom sequenziellen Einsatz von Anas- trozol profitieren. Und in der Pal- liation hat das reine Antiöstrogen Fulvestrant zu hohem klinischem Benefit mit lang anhaltender Remis- sionsdauer geführt.
Vorteil von Anstrozol auch in der adjuvanten Sequenz
Die Studie ABCSG 8 (1) (Austrian Breast and Colorectal Cancer Study Group) ist eine Switch-Studie, in der Patientinnen mit hormonrezep- torpositivem Mammakarzinom ad- juvant entweder für fünf Jahre mit Tamoxifen behandelt oder nach zwei Jahren Tamoxifen für weitere drei Jahre auf Anastrozol um- gestellt worden sind. Nach einer medianen Beobachtungszeit von 72 Monaten wurde beim 31. San Antonio Breast Cancer Sympo- sium (SABCS) im Dezember 2008 die neue Analyse der ABCSG 8 vor- gestellt. Diese zeigt auch erstmals bei einer sequenziellen (also von vornherein geplanten Umstellung) Therapie einen signifikanten Vorteil für Anastrozol von relativ 23 Pro- zent im Gesamtüberleben (Hazard- Ratio [HR] 0,77; p = 0,025).Beachtlich sei, dass die Kurven direkt nach der Umstellung auf
Anastrozol auseinanderlaufen, das heißt, die Patientinnen profitierten direkt nach der Umstellung von dem Aromatasehemmer, sagte Dr. Stefan Paepke (München) bei einer Post- SABCS-Pressekonferenz in Berlin.
Das rezidivfreie Überleben konnte um 21 Prozent gesenkt werden (HR 0,79; p = 0,038). Paepkes Fa- zit: Der Aromatasehemmer Anastro- zol hat in allen adjuvanten Studien eine konsistente und valide Datenla- ge zur Effektivität geliefert und ist auch in allen Studien immer besser als Tamoxifen, ob Upfront, Switch oder Sequenz.
Bereits in der ATAC-Studie, in der Anastrozol „upfront“ (also di- rekt nach der Operation) gegeben wurde, hat sich die Überlegenheit des Aromatasehemmers gegenüber Tamoxifen gezeigt. Die 100-Mo- nats-Daten dieser Studie (2) zeigen darüber hinaus, dass die absolute Reduktion der Rezidivrate unter Anastrozol auch vier Jahre nach Be- endigung der Therapie weiter an- steigt. Und in der älteren ARNO- Studie (ARimidex NOlvadex), in der nach zwei bis drei Jahren Thera- pie mit Tamoxifen ein Switch auf Anastrozol erfolgte, konnte das Überleben der Patientinnen verlän- gert werden (3).
Unter Experten wird nun dis- kutiert, ob Aromatasehemmer up- front oder in der Sequenz einge- setzt werden sollten. Paepke favo- risiert die Upfront-Therapie. Als Grund nannte er, dass in der ABCSG-8-Studie ein Teil der Pa- tientinnen die initiale Tamoxifen- Therapie nicht beenden konnte.
„Diese Patientinnen konnten nicht mehr von einer Therapieumstel-
lung auf den Aromatasehemmer profitieren.“
In der palliativen Therapie des hormonsensiblen Mammakarzinoms rückt der komplette Östrogenrezep- tor-Antagonist Fulvestrant nach vorn.
Erste Daten zur Firstline-Hochdo- sistherapie (500 mg am Tag null, 14, 28 statt 250 mg monatlich) zeigen, dass der klinische Benefit von Ful- vestrant mindestens genauso hoch ist wie der von Anastrozol (4). Die FIRST-Studie (Faslodex fIRst line Study comparing endocrine Treat- ments) zeigte unter Fulvestrant eine signifikant verlängerte Zeit bis zur Progression und damit einen Zeitge- winn um circa 60 Prozent.
Dr. Stefan Buchholz (Regens- burg) erklärte, dass Fulvestrant da- mit eine zusätzliche effektive und gut verträgliche Option in der The- rapie postmenopausaler Patientin- nen mit einem fortgeschrittenen hormonsensiblen Mammakarzinom darstelle. Auch in diesem Therapie- schritt gelte es, die Substanz so früh wie möglich einzusetzen.
Erfahrungen von 278 Zentren im klinischen Alltag
Im Practice-Evaluation-Programm wurde die Effektivität von Ful- vestrant 250 mg monatlich an 278 deutschen Zentren untersucht (5).
Eingeschlossen waren 848 postme- nopausale Patientinnen mit fortge- schrittenem hormonsensiblem Mam- makarzinom. Circa 74 Prozent der Patientinnen hatten unter Fulves- trant einen klinischen Benefit: In- nerhalb von sechs Monaten hatten 7,3 Prozent der Patientinnen mit ei- ner kompletten, weitere 21 Prozent mit einer partiellen Remission ange- sprochen, und 46 Prozent zeigten eine Krankheitsstabilisierung. I Sabine Böttger
LITERATUR
1. Jakesz R et al.: SABCS 2008, 14.
2. ATAC Trialists Group, Lancet Oncology 2008; 9: 45–53.
3. Kaufmann W et al.: ASCO 2006, 457.
4. Ellis M et al.: Poster SABCS 2008, 6126.
5. Warm M et al.: SABCS 2008, 6132.
Pressekonferenz „San Antonio Breast Cancer Symposium 2008: Neue Fortschritte in der endokrinen Therapie des Mammakarzinoms“
in Berlin. Veranstalter: Astra-Zeneca