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A2656 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 39⏐⏐30. September 2005
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iele moderne Verfahren der Strahlentherapie, wie beispielsweise die Seed- Implantation beim Prostata- karzinom (PSI), werden von der Amtlichen Gebührenord- nung für Ärzte (GOÄ) nicht abgedeckt.Vom Zentralen Konsultati- onsausschuss für Gebühren- ordnungsfragen bei der Bun- desärztekammer, in dem ne- ben der Bundesärztekammer das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Si- cherung, das Bundesministe- rium des Innern (für die Bei- hilfe) und der Verband der privaten Krankenversiche- rung e.V. (PKV) vertreten sind, wurde in der 5. Sit- zung vom 8. März 2005 eine Abrechnungsempfehlung zur PSI konsentiert, die in der 6. Sitzung von der PKV auf- gekündigt wurde. Die Argu- mentation der Vertreter der PKV, dass man die beteilig- ten Ärzte mit einer fachgrup- penübergreifenden Pauscha- le vergüten könne, ist nicht GOÄ-konform. Nach § 4 Ab- satz 2 GOÄ kann der Arzt
nur eigene Leistungen be- rechnen. Das sind Leistun- gen, die er selbst erbringt oder für die er Aufsicht und Weisung ausüben kann. Nach dem derzeitigen Weiterbil- dungsrecht kann bei der PSI weder der Strahlentherapeut den Urologen beaufsichtigen, noch vice versa. Die Leistun- gen sind für den anderen je- weils fachfremd. Die Bundes- ärztekammer hält die ge- wählten Gebührenpositionen, getrennt für die Leistung der Strahlentherapeuten und der Urologen, für sachgerecht und hat daher am 26. August 2005 der Veröffentlichung der Beschlüsse des Ausschusses
„Gebührenordnung“ zuge- stimmt (siehe Veröffentli- chung der Beschlüsse des Ausschusses „Gebührenord- nung“ der Bundesärztekam- mer, die in diesem Heft des
Deutschen Ärzteblattes ver- öffentlicht werden).
Die PSI (Low-dose-rate- Brachytherapie) ist nicht un- mittelbar den in der GOÄ vorgehaltenen Leistungen nach den Nrn. 5840 bis 5846 GOÄ zuzuordnen. Die in der GOÄ genannte interstitielle Brachytherapie nach Nr. 5846 GOÄ steht für die High-dose- rate-Brachytherapie (HDR) mit passagerer Implantation von radioaktiven Seeds über vier bis sechs Nadeln. Bei der permanenten interstitiellen Brachytherapie der Prostata handelt es sich um eine, in der Regel ambulant durchführ- bare, organerhaltende, mini- malinvasive strahlentherapeu- tische Therapievariante des lokal begrenzten Prostatakar- zinoms, bei dem radioaktive Strahlenquellen (125Jod oder 103Palladium) in Form von
Seeds über 15 bis 28 Hohl- nadeln zum dauerhaften Ver- bleib in das Prostatagewe- be eingebracht werden. Der zeitliche Aufwand für die Im- plantation der Nadeln bei der PSI ist gegenüber der HDR ungefähr sechsmal höher, weil die im Körper verblei- benden Seeds über ein Viel- faches an Nadeln implantiert werden und die Anforderun- gen an die Zielgenauigkeit deutlich höher sind als bei der HDR.
Der permanenten intersti- tiellen Brachytherapie wer- den gegenüber der radikalen Prostatektomie Vorteile wie der Erhalt der Potenz und der Urinkontinenz zugeschrieben.
Mögliche Nachteile bestehen offenbar in urethralen Ne- benwirkungen wie einer Mik- tionserschwernis. Nach dem aktuellen Stand der Wissen- schaft kann die PSI eine sinn- volle Therapieoption darstel- len, wenn es sich um Patien- ten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom und günsti- gen Prognosefaktoren han- delt. Dr. med. Anja Pieritz GOÄ-Ratgeber