• Keine Ergebnisse gefunden

Rezension: Luchsinger, Katrin; Salathé, André; Dammann, Gerhard; Jagfeld, Monika (Hrsg.) (2015): Auf der Seeseite der Kunst. Werke aus der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen, 1894 –1960

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Rezension: Luchsinger, Katrin; Salathé, André; Dammann, Gerhard; Jagfeld, Monika (Hrsg.) (2015): Auf der Seeseite der Kunst. Werke aus der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen, 1894 –1960"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

VHN 4 | 2015

358

REZENSIONEN

Luchsinger, Katrin; Salathé, André; Dammann, Gerhard;

Jagfeld, Monika (Hrsg.) (2015):

Auf der Seeseite der Kunst. 

Werke aus der  Psychiatrischen Klinik  Münsterlingen, 1894 –1960 Zürich: Chronos Verlag.

160 S., € 26,–

„Auf der Seeseite der Kunst“ war der Titel einer Ausstellung im Museum im Lagerhaus St. Gallen (bis März 2015). Der gleichnamige Begleitband bietet eine fundierte Auseinandersetzung zu dieser Ausstellung von Zeichnungen und Werken aus der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen.

„Auf der Seeseite“ bezeichnete im Thurgaui- schen das Herkommen von dieser „Irrenanstalt“, die eben direkt am Bodensee liegt, im Gegensatz zum Spital, das sich auf der anderen Seite des Zauns, der Straße und der Bahnlinie befand.

Die Psychiatrische Klinik Münsterlingen, gegrün- det 1840, feiert 2015 also das 175-Jahr-Jubiläum.

Rund 250 Zeichnungen von drei Frauen und

PDF bereitgestellt von Reinhardt e-Journals | © 2022 by Ernst Reinhardt Verlag Persönliche Kopie. Zugriff am 14.02.2022

Alle Rechte vorbehalten. www.reinhardt-verlag.de

(2)

VHN 4 | 2015

359

REZENSIONEN

12 Männern stammen aus den historischen Kran- kenakten im Staatsarchiv des Kantons Thurgau.

Vor allem Roland Kuhn, von 1939 –1980 Oberarzt und dann Direktor der Klinik, bewahrte die Werke auf. Während für die Ärzte die Zeichnungen eher diagnostischen Wert hatten, gaben sie den Pati- enten die Möglichkeit des Selbstausdrucks, der Darstellung von Wünschen und einer eigenen Weltsicht. In Münsterlingen bestand ein besonde- res Interesse an den künstlerischen Arbeiten, vor allem in den Jahren 1940 bis 1950, auch wenn im Widerspruch dazu gleichzeitig die Patienten erst- mals medikamentös mit Pillen und Elektroschocks behandelt wurden. Die Hauptherausgeberin Kat- rin Luchsinger bemerkt: „Das künstlerische Schaf- fen in der Psychiatrie der 1940er-Jahre und später war eingespannt in Behandlungskonzepte, die […] in manchen Fällen Schaden anrichteten.“

Die Kurzbiografien und Abbildungen im zweiten Teil des schön aufgemachten Buches präsentie- ren eindrücklich die Unvereinbarkeit von psy- chiatrischer Diagnose und künstlerischem Aus- druck. Zum Beispiel bei Konrad B., der in seinen kleinen Formaten durch ornamental und symme- trisch komponierte Strukturen und Motive eine eigene Ordnung und Orientierung schuf, auf die sich dann die psychiatrisch simplen Eintragun- gen beziehen: „Ruhiger Patient, froh, wenn er seine Zeichnungen zeigen darf.“ Oder es ließe sich auch Emil K. erwähnen oder Franz Sch., der mit grafisch überzeugenden Stadtplänen eine Utopie entwirft.

Da die Zeichnungen aber Bestandteil der Kran- kenakten sind, lässt sich fragen, ob sie in Ausstel- lungen oder bei der Kommentierung zu Kunst- werken werden? Die Namen der Urheberinnen und Urheber sind anonymisiert, da eine archiva- lische Schutzfrist besteht. Sind ihre Arbeiten als Auflehnung zu deuten und erhalten dadurch ih- ren künstlerischen Ausdruck? Roland Kuhn hatte bestimmte Zeichnungen als „ein Art Selbstthera- pie“ interpretiert, die für ihn als Psychiater au- ßerhalb der Grenzen seiner institutionellen Hilfe einen „Zugang zur Welt der Patienten“ ermögli- che, wie der heutige ärztliche Direktor der Psy- chiatrischen Klinik Münsterlingen und selbst Sammler solcher Werke, Gerhard Dammann, schreibt. Auch wenn die Arbeiten nicht in der Absicht der Kunst entstanden sein mögen, erhal-

ten sie heute in diesem Rahmen ihren adäquaten Rang. Dies dokumentiert das Buch in vorzüglich mehrperspektivischer Art und Weise.

Dr. Christian Mürner D-22529 Hamburg

DOI 10.2378/vhn2015.art42d

PDF bereitgestellt von Reinhardt e-Journals | © 2022 by Ernst Reinhardt Verlag Persönliche Kopie. Zugriff am 14.02.2022

Alle Rechte vorbehalten. www.reinhardt-verlag.de

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

!?etracht des unbeftrittenen Ruhmestitels , welchen die neufranzöfifche Stecher- fchule feit den Tagen Wille's und Bervic's geniefst, in gerechter Würdigung ihrer

herabfteigt, und das wieder in einer Ecke ein erhöhtes Extrazimmerchen in Ge- ftalt eines Viertelkreifes für fich hat, eine Art Schreibcabinet; die Wände diefes

es, oft die einzige Ausfiattung des Gemachs, welche vor allem bei fonft meifi nackten Wänden ihm Reiz, Behaglichkeit und auch den Charakter verleihen, mehr

Goldene Nadeln, durchlichtige Schleier, hohe Braut- honen aus ~lumen und Federn, goldbenähte Mieder und Jäckchen voll Flitter und Schmuck und dazu die einfache

Drüben in Galizien war die Brautkrone ein aufge- thürmtes, luftiges Flechtwerk aus grünen Blättern und Zweigen, hier ift fie ein prunkvolles Gebäude aus rother

und Silber auf irgend einem Gewand oder zitterten funkelnde Goldarabesken durch eine weiche Spitze oder glühte eine · farbenprächtige Bordüre, als Rand- verzierung

öfter- reichifche Mufeum für Kunft und Indufuie hat eine Sammlung folc1\er Arbeiten erworben, die uns die ganze Schönheit, den Reichthur;n der Erfindung zeigt, welche

haben der genannten Firma durch ihre Arbeiten ganz ausgezeichnete Dienfte geleiftet und wenn auch die Originale nicht immer von dem wünfchenswerthen Werthe fein