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Archiv "Chancen der Anfechtung von Prüfungsentscheidungen" (30.04.1987)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Chancen der Anfechtung

von Prüfungsentscheidungen

Früher focht kaum ein Medizin- student sein Prüfungsergebnis an.

Doch seit sich die Durchfallquoten in der ärztlichen Vorprüfung (Physi- kum) sowie beim ersten und zweiten Staatsexamen zunehmend erhöhen, ist das anders: Die gescheiterten Kandidaten wollen das Ergebnis nicht hinnehmen.

Die höheren Durchfallquoten führen Medizinstudenten auf objek- tive Verschlechterungen der Prüfun- gen zurück. Das Insitut für medizini- sche und pharmazeutische Prüfungs- fragen (IMPP) versucht, die Wieder- holung bisher bereits gestellter Fra- gen zu vermeiden. Das führt zu un- erwarteten Aufgaben beispielsweise im Fach Biochemie, wo Fragen ge- stellt wurden, die nur anhand von Fußnoten des Standard-Lehrbuches Biochemie für Mediziner beantwor- tet werden können. Fazit: neue und sinnvolle Fragen können durch das IMPP fast nicht mehr gefunden wer- den. Auch aus diesem Grunde ha- ben die Physiologen die Mitarbeit beim IMPP schon 1982 aufgekün- digt.

Trotzdem ist es in den allermei- sten Fällen trügerisch, mit Hilfe der Gerichte einen Prüfungserfolg erzie- len zu wollen.

Nur eingeschränkt überprüfbar...

Viele Kandidaten vertreten die Auffassung, daß ihre Antwort ge- nauso vertretbar oder sogar richtiger wäre als die offiziell anerkannte.

Nach der Rechtsprechung des Bun- desverwaltungsgerichtes (Urteil vom 9. 12. 1983, DVB1 1984, S. 479 ff.) sind auch Prüfungsentscheidungen im Multiple-Choice-Verfahren nach

§ 14 AOA wie sonstige Prüfungsent- scheidungen gerichtlich nur einge- schränkt überprüfbar. Danach ist ei- ne Prüfungsaufgabe ungeeignet, wenn nur eine der wählbaren Ant- worten als richtig anerkannt wird,

obwohl eine andere ebenso vertret- bar ist. Grundätzlich ungeeignet sind unverständliche, mißverständ- liche oder auch mehrdeutige Aufga- ben.

Etliche Kandidaten versuchen, ein fachwissenschaftliches Gutach- ten von einem Hochschullehrer er- stellen zu lassen. Kommt dieser zu der Auffassung, daß eine der Fragen an einem der oben genannten Män- gel leidet, so ist den Prüflingen je- doch noch lange nicht geholfen.

Denn die Entscheidung darüber, ob eine Prüfungsfrage ungeeignet ist, hat der Prüfer bzw. das Prüfungsgre- mium zu treffen. Die Bewertung ei- ner Prüfungsleistung im Multiple- Choice-Verfahren kann daher nur dann fehlerhaft sein, wenn sie auf ei- ner Aufgabe beruht, die nach der Beurteilung des Prüfers unlösbar, unverständlich, mißverständlich oder mehrdeutig ist.

Wenn deshalb ein Hochschul- lehrer in seinem Gutachten eine an- dere Auffassung vertritt als das In- stitut für medizinische und pharma- zeutische Prüfungsfragen, so ist die- se rechtlich nicht relevant. Es sei denn, das IMPP räumt ein, daß eine Prüfungsfrage im angegebenen Sin- ne ungeeignet ist. Soweit bekannt, hat das IMPP bisher ein solches Zu- geständnis nicht gemacht. Aus die- sem Grunde ist es fast immer müßig, sich auf einen fachwissenschaft- lichen Streit einzulassen.

Manche Prüflinge versuchen, ei- ne Prüfungsbeeinträchtigung darzu- legen, in dem sie ruhestörenden Lärm geltend machen. Hier gilt:

durch Lärm müssen sich zahlreiche Kandidaten, nicht nur ein einzelner, sehr empfindlicher, gestört fühlen.

Hinzu kommt, daß diese Beein- trächtigung sofort geltend gemacht werden muß und nicht erst nach Er- halt des negativen Prüfungsbeschei- des.

Das gleiche gilt für Krankheits- gründe. Nach einhelliger Auffassung der Rechtsprechung ist der Einwand

„Krankheit" nur dann begründet,

wenn dem Prüfling selbst die Prü- fungsbeeinträchtigung nicht bekannt war und er diese auch nicht hätte er- kennen können. Wer krank ist und trotzdem das Risiko einer Prüfung auf sich nimmt, kann sich nicht mehr nachträglich auf diese mögliche Prü- fungsbeeinträchtigung berufen.

Lärm und Krankheit sind also für ei- ne Prüfungsanfechtung nur aus- nahmsweise erfolgversprechend.

Anders verhält es sich bei fol- genden Sachverhalten: Bei dem

„Katastrophen-Physikum" im März 1985 wurden jedem Kandidaten 29 Punkte gutgeschrieben, bei dem Physikum im August 1985 waren es sieben Fragen. Zudem wurden bei der letztgenannten und weiteren Prüfungen zumindest bei einer Fra- ge zwei Antworten als zutreffend an- erkannt.

Im Fall pauschaler Gutschriften vertritt die Rechtsprechung die Auf- fassung, daß selbst das Prüfungsamt die Rechtmäßigkeit der Prüfung im ganzen verneint. Die daraus resul- tierende Rechtswidrigkeit der Prü- fung kann nicht im nachhinein durch eine pauschale Gutschrift aufgeho- ben werden.

Eine Wiederholung bleibt möglich

Zur Erinnerung: Nach § 14 AOÄ darf bei einer Frage nur je- weils eine Antwort zutreffend sein.

Wenn das IMPP eine zweite Ant- wort akzeptiert, hat es selbst zuge- standen, daß die Frage nicht so lös- bar ist, wie die Prüfungsordnung dies vorsieht. In diesen Fällen ist es deshalb immer ratsam, gegen die Prüfungsentscheidung alle Rechts- mittel auszuschöpfen.

Es kann allerdings hierbei nicht erreicht werden, daß die Prüfung für bestanden erklärt wird. Die Prüfung gilt vielmehr als nicht unternom- men, das heißt diese nicht bestande- ne Prüfung schränkt die Wiederho- lungsmöglichkeit nicht ein.

Anschrift des Verfassers:

Rechtsanwalt Albert Stegmaier Bahnhofstr. 1

6902 Sandhausen/Heidelberg A-1198 (38) Dt. Ärztebl. 84, Heft 18, 30. April 1987

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