A 66 Deutsches Ärzteblatt
|
Jg. 108|
Heft 3|
21. Januar 2011 Mit einem umfassenden Aktionsplanwill die Bundesregierung die Erfor- schung der Nanotechnologie stärker fördern und die Bürger über die Chancen der teils umstrittenen Tech- nik aufklären. Das schwarz-gelbe Kabinett verabschiedete dazu den „Aktionsplan Nanotechnologie 2015“. Dieser trage der Tatsache Rechnung, dass die Nanotechnolo- gie Einzug in das tägliche Leben der Menschen gehalten habe, erklärte Bundesforschungsministerin Annet- te Schavan (CDU) in Berlin. „Mit diesem ressortübergreifenden Kon- zept werden wir die Chancen der Nanotechnologie für Deutschland verantwortungsvoll nutzen.“ Die Nanotechnologie habe das Potenzial, in Bereichen wie der Gesundheits- forschung und dem Umwelt- und Klimaschutz „wichtige technologi- sche Lösungsbeiträge“ zu liefern.
Nanotechnologien kommen be- reits in vielen Produkten zum Ein- satz: In der Medizin tragen sie zur Entwicklung neuer Krebstherapien bei, sie erzeugen den Lotuseffekt auf schmutz- und wasserabweisen- den Oberflächen. Verbraucherschüt- zer haben mehrfach eine Kennzeich- nungspflicht für Nanoprodukte ge-
fordert, da diese Partikel meist ohne Hinweis in Zahnpasten, Kosmetik, Lebensmittelverpackungen und Tex- tilien verwendet werden.
Schavan hob hervor, dass Um- welt und Gesundheit durch die Technologie nicht gefährdet wer- den dürften. 2010 förderte die Bun-
desregierung Projekte zur Nano- technologie mit etwa 400 Millionen Euro, das ist ein Anstieg um mehr als die Hälfte gegenüber 2006. Im selben Zeitraum stiegen die Bun- desmittel für Risiko- und Begleit- forschung um mehr als 70 Prozent auf 14 Millionen Euro. afp/EB
Das Berliner Landgericht hat am 11. Januar im Streit um die Folgen des Hormonpräparats Duogynon eine Musterklage gegen das Phar- maunternehmen Bayer abgewiesen.
Der heute 34-jährige Kläger André Sommer hätte die Klage nach Ansicht des Gerichts spätes- tens 2005 anstren- gen müssen, 30 Jah- re „nach dem letz - ten vorwerfbaren Er - eignis“.
Duogynon war vom Westberliner Pharmakonzern Schering hergestellt und in den 1960er und 70er Jahren massenhaft Frauen verabreicht wor- den. Nach Darstellung des Klägers hatte das Präparat eine schwer fruchtschädigende Wirkung. Etwa tausend Kinder in Westdeutschland seien mit Missbildungen zur Welt gekommen, andere überlebten nur wenige Tage oder Wochen. Statisti- ken in dem Fall gibt es nicht. Auch deshalb klagte Sommer auf Einsicht in die Akten des Bayer-Konzerns, der Schering im Jahr 2006 übernom- men hatte. Sommer wird nach An- gaben seines Anwalts nun in die zweite Instanz beim Berliner Kam-
mergericht gehen. „Im Zweifelsfall rufen wir auch den Bundesgerichts- hof (BGH) an“, sagte Jörg F. Heyne- mann dem Deutschen Ärzteblatt.
Das Argument der Verjährung treffe nicht zu. Erst im März 2010 hatte der BGH in einem ähnlichen Fall den Beginn der Verjährungsfrist ge- mäß Arzneimittelgesetz ab dem letz- ten Schaden angesetzt – und nicht ab Verursachung. „Das Unterneh- men hat zudem treuwidrig gehan- delt, weil die Gefahr Mitte der 1970er Jahre schon bekannt war“, betonte Heynemann. So könne man sogar von versuchtem Totschlag oder gar Mord ausgehen. Eine Ver- jährung gebe es dann nicht mehr. HN FORSCHUNGSFÖRDERUNG
Aktionsplan Nanotechnologie beschlossen
ARZNEIMITTELPROZESS
Keine Akteneinsicht im Duogynon-Fall
Zahl der Woche
392 824
neue Blutstammzellspender wurden in das Zentrale Knochenmark- spender-Register Deutschland im Jahr 2010 aufgenommen.
A K T U E L L
Der Lotuseffekt ist ein Beispiel für den Einsatz von Nanotechnologie auf Oberflächen.
Foto: vario images
Gefährliches Hormonpräparat:
Duogynon wurde unter anderem als Schwangerschafts- test eingesetzt.
Foto:
dapd