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2 Agentenklassifikation anhand der Eigenschaften 1 Definition und Charakteristika Softwareagenten

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Softwareagenten

Christof Weinhardt, Peter Gomber

BWL-Wirtschaftsinformatik, Justus-Liebig-Universität Gießen Licher Straße 70, 35394 Gießen

1 Definition und Charakteristika

In einem allgemeinen, umgangssprachlichen Begriffsverständnis wird ein Agent als eine Person ange- sehen, die in fremdem Auftrag selbständig handelt [1]. Ein solcher (menschlicher) Agent wird dabei anhand seiner eigenen Problemlösungskompetenz entscheiden, auf welche Art und Weise und unter Einsatz welcher der ihm verfügbaren Ressourcen er tätig wird. Der Auftraggeber ist i.d.R. an dem Ergebnis und nicht an dem Weg zu diesem Ergebnis interessiert. Dieses Verständnis der Delegation hat in der Informatik seine Umsetzung im Paradigma der Softwareagenten gefunden.

Obwohl in der Literatur bei einem allgemeingültigen Definitionsversuch des Agentenbegriffes noch keine Einigung erzielt wurde, herrscht weitgehende Übereinstimmung bezüglich des großen Potentials dieses Ansatzes für die Delegation wiederkehrender Aufgaben vom Menschen auf Software, für die Eindämmung der Informationsflut und für die Kontrolle komplexer Systeme, was nicht zuletzt durch die Aussage „Agent-Based Computing is likely to be the next significant breakthrough in soft- ware development“ [2] verdeutlicht wird.

Softwareagenten sind zunächst Programme und können als Dienstleister angesehen werden, die eine gewünschte Tätigkeit im Auftrag ausüben, das Resultat ihrer Aktion an ihren Auftraggeber zu- rückmelden und dazu selbständig agieren bzw. auf Änderungen ihrer Umgebung reagieren. I.d.R.

versuchen sie, die Ziele ihres Auftraggebers in einem komplexen, dynamischen Umfeld umzusetzen.

Im Gegensatz zu konventioneller Software, die durch direkte Manipulation gesteuert wird, arbeiten diese Softwareeinheiten asynchron zu ihren Auftraggebern, d. h. ohne direkte Intervention des Nut- zers. Darüber hinaus sind sie - je nach Ausstattung mit Intelligenz - in der Lage, aus der Beobachtung des Benutzerverhaltens, aus der Analyse des Problemlösungsprozesses und/oder aus den Ergebnis- sen ihrer Aktionen ihr künftiges „Verhalten“ an die Präferenzen des Benutzers zu adaptieren.

Dieser Sichtweise kommt die Definition von Maes [3] sehr nahe: Derzufolge sind Softwareagenten

„...computational systems that inhabit some complex dynamic environment, sense and act autonomously in this environment, and by doing so realize a set of goals or tasks for which they are designed“. Franklin und Graesser [4] untersuchen eine Vielzahl existierender Agentendefi- nitionen bezüglich ihrer Gemeinsamkeiten und leiten hieraus „the essence of being an agent“ ab:

„An autonomous agent is a system situated within and a part of an environment that senses that environment and acts on it, over time, in pursuit of its own agenda and so as to effect what it senses in the future“.

In der Literatur findet man üblicherweise zwei Wege der Typisierung von Softwareagenten, entweder anhand ihrer Eigenschaften (vgl. 2) oder anhand der Art der Aufgaben, die diese Agenten erfüllen (vgl. 3).

2 Agentenklassifikation anhand der Eigenschaften

Eine oftmals zitierte Charakterisierung von Agenten basiert auf den von Jennings und Wooldridge [5]

definierten Agenteneigenschaften. Agenten werden als Hard- oder Softwareeinheiten angesehen, die folgende konstituierende Eigenschaften („key hallmarks of agenthood“) aufweisen:

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Autonomie Die Autonomie stellt die zentrale Eigenschaft dar, mit der Agenten gegen andere Softwareeinheiten abgegrenzt werden können: Autonomie befähigt Agenten - auf Basis einer Vorgabe, wie bestimmte Arten von Aufgaben zu bearbeiten sind - zur freien Kontrolle über die eigenen Handlungen (Aktio- nen) und zur selbständigen Lösung von Aufgaben ohne direkte Einflußnahme des Benutzers.

Soziales Verhalten Soziales Verhalten kennzeichnet die Fähigkeit eines Agenten zur Interaktion mit dem Benutzer oder anderen Agenten. Die Fähigkeit zur Kommunikation ist untrennbar mit dieser Eigenschaft verbunden. Die Interaktion mehrerer Softwareagenten zur Lösung einer Aufgabe - kooperativ oder konkurrierend - erfolgt in sogenannten Multi-Agenten-Systemen.

Reaktionsfähigkeit Agenten „leben“ in einer Systemumgebung und sind befähigt, ihre Umgebung wahrzunehmen und auf deren Veränderungen, z. B. Veränderungen des Res- sourcenbestandes, sowie auf Veränderungen in der Bedürfnis- bzw. Anfor- derungsstruktur des Benutzers zu reagieren.

Zielorientierung Agenten ergreifen bei Bedarf eigenständig Initiative und können sich dabei selbständig und zielgerichtet verhalten. Dabei nehmen sie nicht nur Anweisun- gen entgegen, sondern unterbreiten auch Vorschläge für ein weiteres Vorge- hen.

Franklin und Graesser arbeiten in ihrem Vergleich alternativer Agentenansätze weitere Eigenschaften heraus. Diese enthalten die von Jennings und Wooldridge genannten Eigenschaften als Teilmenge und sind nicht als konstituierend für Softwareagenten zu verstehen, vielmehr stellen sie eine Sammlung von Eigenschaften aus verschiedenen Agentenansätzen dar. Je nach Aufgabe und Einsatzdomäne bilden konkrete Agentensysteme einzelne oder mehrere der aufgeführten Eigenschaften in den jewei- ligen Agenten ab:

Persistenz Ein Agent terminiert nicht nach Ausführung einer Aufgabe, sondern nimmt die Umge- bung auch wahr, wenn er aktuell nicht mit der Problemlösung beschäftigt ist.

Adaptivität Das Agentenverhalten wird aufgrund der Beobachtung und Evaluation vergangener Konstellationen der Umwelt und/oder des Verhaltens des Benutzers angepaßt.

Flexibilität Aktionen des Agenten sind nicht vordefiniert und daher ist - abhängig von der jewei- ligen Anforderung – eine situationsspezifische Reaktion möglich.

Mobilität Die Fähigkeit eines Agenten, den Aufenthaltsort im Netz zu wechseln, wird als Mo- bilität bezeichnet. Vorteile mobiler Agenten sind die Möglichkeit, Kommu- nikationskosten in Netzen zu verringern, die Ausfallsicherheit zu erhöhen und - durch den Einsatz mehrerer mobiler Agenten - eine Parallelisierung von Such- und Ver- handlungsaufgaben zu ermöglichen.

Charakter Agenten mit dieser Eigenschaft wird eine „Persönlichkeit“ und ein „emotionaler Zu- stand“ zugeschrieben.

3 Agentenklassifikation anhand der Aufgaben

Eine weitere Klassifikationsbasis bilden die zu lösenden Aufgaben. Danach können im wesentlichen drei verschiedene Agententypen identifiziert werden [6]: Informations-, Interface-, und Task- Agenten.

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Informationsagenten dienen der Beantwortung von Anfragen des Benutzers oder anderer Agenten und legen hierfür zumeist mehrere Informationsquellen in Form von Datenbanken zugrunde. Diese Agenten können beispielsweise Alert-Funktionalitäten übernehmen, indem sie im Rahmen des Port- foliomanagements aktuelle Nachrichten, technische Analysen, Fundamentalanalysen und Experten- meinungen aggregieren und auf dieser Basis Kauf- und/oder Verkaufsempfehlungen geben. Das System Warren [7], das an der Carnegie Mellon University, Pittsburgh entwickelt wurde, arbeitet nach diesem Prinzip.

Interface-Agenten sollen den Benutzer bei der Nutzung und Handhabung eines bestimmten Com- puterprogrammes unterstützen und entlasten. Dies kann z. B. in Form einer Priorisierung oder Selek- tion bestimmter Nachrichten in einem E-Mail-Programm erfolgen, z. B. das System MAXIMS [8], oder in Form intelligenter Hilfestellungen bei einem Textverarbeitungs- bzw. Grafikprogramm. Die Dienstleistung des Agenten ist dabei häufig an ein spezifisches Programm und einen spezifischen Be- nutzer gekoppelt.

Taskagenten agieren im Gegensatz dazu nicht unmittelbar auf der Grundlage eines Programmes, sondern nehmen generelle Systemaufgaben wahr, die sich beispielsweise als Lastverteilungen in ver- netzten Systemen im Rahmen der Architektur ADAMCO [9] darstellen. Ihre Arbeitsweise ist weitge- hend unabhängig von einem bestimmten Nutzer und primär aufgabenorientiert.

4 Anwendungen und Entwicklungsperspektiven

Trotz der zentralen Bedeutung, die das Thema Softwareagenten in den Forschungslaboren in den letzten Jahren gewonnen hat, sind in der Praxis meistens prototypische Realisierungen dieses Kon- zeptes zu finden. Besondere Potentiale liegen – aus ökonomischer Sicht – insbesondere in den Be- reichen der Informationssuche und den agentenbasierten, elektronischen Märkten:

Vor dem Hintergrund eines ständig wachsenden Informationsangebotes liegt eine zentrale Herausfor- derung des Agentenansatzes in der Informationsselektion, -filterung und –aufbereitung. Im Gegensatz zu konventionellen Suchmaschinen, wie z. B. Yahoo oder Lycos, die unabhängig vom Benutzer im- mer die gleichen Informationen bei bestimmten Suchbegriffen liefern, können Softwareagenten dem Kunden individuelle (z. B. Produkt-) Informationen - abhängig von seinen Zielen - präsentieren. Ba- sis hierfür ist die lernende Beobachtung des Such- und Selektionsverhaltens des Nutzers.

Auf elektronischen Märkten können die persönlichen Präferenzen des (menschlichen) Markt- teilnehmers im Agenten abgebildet werden, um die Informations- und/oder die Vereinbarungsphase des Marktprozesses zu unterstützen. Im Rahmen der Informationssuche zu Produkten existieren un- ter der Bezeichnung Shopbots bereits verschiedene Agentenansätze wie die Systeme BARGAIN

FINDER [10] oder JANGO [11]. Diese Agenten werden vom Benutzer beauftragt, Produktinformatio- nen und -preise simultan aus einer großen Menge von Anbieter-Web-Seiten bzw. Produkt- Datenbanken zu ermitteln, um eine zeitintensive und teure Suche des Benutzers zu vermeiden. Ein zentrales Problem bei der Umsetzung stellt jedoch die hiermit verbundene Markttransparenz dar.

Diese führt - insbesondere bei den Anbietern hochstandardisierter Produkte wie CD’s oder Bücher – zu einem intensiven Preiswettbewerb und oftmals auch der Ablehnung agentenbasierter Suchsys- teme auf den eigenen Seiten.

Über die reine Produktsuche hinaus existieren auch Prototypen, die im Auftrag ihres Benutzers („pro-“) aktiv Käufe und Verkäufe durchführen, indem sie Verhandlungen bezüglich der Gütereigen- schaften ohne Interaktion des Benutzers führen und auch als Bietassistenten bei →Internetauktionen fungieren. Hier sind die Projekte KASBAH (Weiterentwicklung TET@TET) aus der Forschergruppe um P. Maes am MIT Media Lab, Cambridge, sowie für den Handel mit Wertpapieren das For-

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schungsprojekt AMTRAS (Agent Mediated Trading System) [12, 13] der Projektpartner Deutsche Börse AG, Compaq, living systems AG und der Professur BWL-Wirtschaftsinformatik der Uni Gie- ßen zu nennen. Mit diesem agentenbasierten elektronischen Handelssystem wurde eine Alternative zum existierenden Broker- bzw. Telefonhandel geschaffen [14]. Auch zur Koordination inner- und überbetrieblicher Planungsaufgaben, z. B. im Bereich des Supply-Chain-Managements, werden Softwareagenten in zahlreichen Forschungsprojekten eingesetzt (vgl. dazu u.a. [15, 16]).

Ein besonderer Schwerpunkt der zukünftigen Forschungsarbeit im Themengebiet Softwareagenten liegt im Bereich der Agent Communication Languages (ACL). Diese stellen ein standardisiertes Beg- riffssystem und eine formale Semantik für den Austausch von Nachrichten unter Bezugnahme auf eine ihnen gemeinsam bekannte Ontologie bereit, die auch unter heterogenen Agenten verwendbar ist.

Die bedeutendsten Kommunikationssprachen sind KQML (Knowledge Query Manipulation Langu- age) [17] und die ACL der Foundation for Intelligent Physical Agents (FIPA).

[1] Burkhard, H.-D.: Einführung in die Agententechnologie. In: Informationstechnik und Technische Informatik 40 (1998) 4, S. 6-11.

[2] The Guardian, March 12th, 1992, zitiert nach [Woo95] a.a.O.

[3] Maes, P.: Artificial Life meets Entertainment: Interacting with Lifelike Autonomous Agents. In: Communica- tions of the ACM 38 (1995) 11, S. 108-114.

[4] Franklin, S.; Graesser, A.: Is it an Agent, or Just a Program?: A Taxonomy for Autonomous Agents. In: Mül- ler, J. P.; Wooldridge, M. J.; Jennings, N. R. (Hrsg.): Intelligent Agents III: Agent Theories, Architectures, and Languages. ECAI’96 Workshop Proceedings, Springer, Berlin et al. 1997, S. 21-35.

[5] Jennings, N. R.; Wooldridge, M. J.: Software Agents. In: IEEE Review (1996) 1, S. 17-20.

[6] Wooldridge, M. J.; Jennings, N. R.: Agent Theories, Architectures, and Languages: A Survey. In: Wooldridge, M. J.; Jennings, N. R. (Hrsg.): Intelligent Agents: Theories, Architectures, and Languages. Lecture Notes in Arti- ficial Intelligence. Springer, Berlin et al. 1995, S. 1-39.

[7] Sycara, K. P.; Zeng, D.; Decker, K.: Intelligent Agents in Portfolio Management. In: Jennings, N. R.;

Wooldridge, M. J. (Hrsg.): Agent Technology: Foundations, Applications, and Markets. Springer, Berlin et al.

1998, S. 267-281.

[8] Metral, M.: Maxims: A Learning Interface Agent for Eudora. ftp://ftp.media.mit.edu/pub/agents/interface- agents/MAXIMS/MAXIMSmanual.rtf.hqx, Abruf am 11.12.1999.

[9] Lohmann, M.: Dynamische Ressourcenallokation in verteilten Systemen. Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main et al. 1999.

[10] Andersen Consulting, Inc.: BargainFinder. http://bf.cstar.ac.com/bf, Abruf am 09.12.1999.

[11] http://www.jango.excite.com, Abruf am 06.11.1999.

[12] Weinhardt, Ch.; Gomber, P.: Elektronisierung des außerbörslichen Wertpapierhandels - Konzeption und Engineering eines finanzwirtschaftlich und mikroökonomisch basierten Multi-Agenten-Ansatzes. In: Wirtschaft- sinformatik 41 (1999) 6, S. 516-525.

[13] Gomber, P.; Budimir, M.; Kosciankowski, K.; Urtheil, R.; Lohmann, M.; Nopper, N.; Henning, P.: Agenten- basierter Rentenhandel. In: Wirtschaftsinformatik 41 (1999) 2, S. 124-131.

[14] Gomber, P.: Elektronische Handelssysteme – Innovative Konzepte und Technologien im Wertpapierhandel.

Physica Verlag, Heidelberg, 2000.

[15] Zelewski, S.: Elektronische Märkte zur Prozeßkoordinierung in Produktionsnetzwerken. In: Wirtschaftinfor- matik 39 (1997) 3, S. 231-243.

[16] Lohmann, M.; Schmalz, A.; Weinhardt, Ch.: ADAMCO - An Agent Architecture with Domain Independent, Adaptive, Multiple Coordination Behavior. In: Proceedings of the 10th International Conference IEA/AIE-97, At- lanta 1997, S. 151-161.

[17] Mayfield, J.; Labrou, Y.; Finin, T.: Evaluation of KQML as an Agent Communication Language. In:

Wooldridge, M. J.; Müller, J. P.; Tambe, M.: Intelligent Agents II: Agent Theories, Architectures, and Lan- guages. IJCAI’95 Workshop Proceedings, Springer, Berlin et al. 1996, S. 347-360.

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