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«Die Daten sind Parteidaten. Dort liegt die Problematik.»

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WALTER GRETE

Bei der Lektüre der letzten Ausgabe von ARS MEDICI habe ich mich geär- gert. Meinen Ärger betrifft vor allem den Titel des Artikels zur Rechnungs- stellerstatistik der Kran- kenversicherer: «Santé- suisse-Sta tis tik = Tod der Einzelpra xis».

Dieser Boulevard-Titel ist in mehrfacher Hinsicht unzulässig. Er widerspie- gelt keineswegs beleg- bare Fakten. Eine Rech- nungsstellerstatistik wird durch die Krankenver - sicherer seit Jahrzehnten geführt. Sie hat weder einst noch heute ein Sterben der Einzelpraxen ausgelöst.

Die Stimmungsmache im Artikel wirkt auf die Berufswahl junger Kolleginnen und Kollegen wenig motivierend, ja gar abschreckend, für einen allfälligen Ein- stieg in den erfüllenden Hausarztberuf.

Der Titel entwertet auch in unsäglicher Art und Weise die Praxen von älteren Kolleginnen und Kollegen bei der Nachfolgeregelung.

Im Text wird unterstellt, dass diejeni- gen Kolleginnen und Kollegen, deren Rechnungssumme sich am obersten Rand der Gauss’schen Kurve bewegt, grundsätzlich eine gute und effiziente Medizin betreiben würden. Ist dem wirklich so? Sind Patientinnen und Patienten in den Händen derjenigen Ärzte, welche die statistische Mehrheit bilden, gar unterversorgt ? Tatsache ist, dass zwei Drittel aller Ärztinnen und Ärzte innerhalb einer Bandbreite arbei- ten, die keine statistische Auffälligkeit zeigt. Auch diese Ärzte lesen die Statis- tiken. Auch diese Ärzte überlegen sich, ob sie ihre Patientinnen und Patienten adäquat versorgen.

Wäre es nicht möglich, dass sich unter den Auffälligen doch hie und da ein so- genanntes «schwarzes Schaf» verbirgt?

Wäre es nicht möglich, dass es den Be- griff der «Überarztung» gibt und eine Korrektur in Richtung «weniger sinn- losen Aufwand» noch lange nicht mit

«Rationierung» gleichgesetzt werden darf?

Die Überprüfung der Wirtschaftlich- keit ist ein gesetzlicher Auftrag, den die Grundversicherer im Interesse der Pa- tienten wahrnehmen müssen.

Die Statistik der santésuisse ist in den letzten Jahren differenzierter und damit auch aussagekräftiger geworden. Den- noch, die Daten sind Parteidaten. Dort liegt die Problematik.

Die Ärzteschaft hat mit grossen Inves - titionen eigene Daten gesammelt und gewisse statistische Schwachstellen der Kassenstatistik auch aufgedeckt (1, 2, 3).

Aber auch die von Ärzten gesammelten Daten sind Parteidaten; die ärztliche, wackelige Datenbasis beruht leider erst noch auf unkontrollierbarer Freiwillig- keit.

Am rechthaberischen Streit zwischen den Parteien nähren sich inzwischen Juristen, Statistiker, Trust-Center und Rechtschutzversicherung recht ordent- lich. Der uferlose Konflikt liesse sich lösen, wenn endlich alle Versicherten- rechnungen einem neutralen Statistik- zentrum zugeführt werden müssten.

Nicht freiwillig, auch nicht durch eine Partei. Zum Beispiel an ein universi - täres Institut. Im Aufsichtsrat wären die Vertreter der Leistungserbringer- gruppen, unter Einbezug von H+, den Apothekern, den Grosslaboratorien und so weiter, sowie der Kostenträger aus KVG, UVG, IV und so weiter. Die eid- genössischen und kantonalen Politiker hätten dort nichts zu suchen. Dieser Rat würde die statistischen Projekte über- wachen, die Resultate plausibilisieren,

den Politikern die Fakten liefern und allfällige Massnahmen vorschlagen oder gar selbst einleiten.

Leider ist das Projekt bisher an der Fi- nanzierung gescheitert. Die Kantone monieren, die im KVG geforderte Wirt- schaftlichkeitskontrolle sei Bundes - sache, der Bund will sich jedoch die Finger im statistischen Bereich der breit divergierenden kantonalen Gesund- heitssysteme nicht verbrennen.

Dennoch, Lösungen sind gefragt, nicht Rechtsschutzversicherungen. ❖

Walter Grete 8184 Bachenbülach E-Mail: walter@grete.ch

1. PD Dr. M. Schwenkglenks, Institut of Pharmaceutical Medicine/ECPM, Universität Basel, «Physican Pro - filing».

2. Prof. Dr. Jürgen Wasem, Lehrstuhl für Medizinmana- gement, Universität Dusisburg-Essen, «Beurteilung des Screening-Verfahrens der Krankenversicherer in der Schweiz zur Identifikation von Überarztung».

3. www.santésuisse.ch

Echo

«Die Daten sind Parteidaten. Dort liegt die Problematik.»

Leserzuschrift zum Beitrag «Santésuisse-Statistik = Tod der Einzelpraxis» in ARS MEDICI 1/2011, S. 10–11.

ARS MEDICI 2 2011

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