• Keine Ergebnisse gefunden

Deutsche Militärhilfe für afrikanische Staaten im Kalten Krieg.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Deutsche Militärhilfe für afrikanische Staaten im Kalten Krieg. "

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Nachrichten aus der Forschung 483 Bernd Lemke

Deutsche Militärhilfe für afrikanische Staaten im Kalten Krieg.

Workshop am Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Potsdam, 12. Juni 2008

Afrika wird seit einigen Jahren auch in Wirtschaftskreisen häufig als der >kom- mende< Kontinent bezeichnet. Was genau damit gemeint ist, erschließt sich dem Betrachter nicht immer auf den ersten Blick. Positiv gewendet könnte man darun- ter das dort vorhandene Potenzial an Menschen und Ressourcen subsumieren.

Nüchterner und realistischer betrachtet kommen eher Interventionen von anderen Kontinenten, Armut, Hunger und Gewalt, Unterentwicklung und Hilfebedürfnis in den Sinn.

Gerade die letzten beiden Aspekte wurden nicht immer nur unter humanitären Gesichtspunkten - etwa als rein zivile Entwicklungshilfe - betrachtet, sondern auch aus militärischem Blickwinkel. Die beiden deutschen Staaten spielten dabei eine keineswegs zu unterschätzende Rolle. Ihre Militärhilfe begann recht früh im Kal- ten Krieg - im Grunde, nachdem sie im Zuge der Wiederbewaffnung ein Minimum an industriellem Output und technisch-militärischem Know-how erreicht hatten.

Da der ganze Themenkomplex noch einer umfassenden wissenschaftlichen Un- tersuchung harrt, entschloss sich das Militärgeschichtliche Forschungsamt, am 12. Juni 2008 einen Workshop zum Thema abzuhalten. Dies geschah nicht zuletzt auch deshalb, weil verschiedene afrikanische Staaten aktuell im Brennpunkt des Geschehens stehen. So sieht sich auch Deutschland, das sich bereits mit Truppen und Material engagiert hat, heute wieder vor die Frage gestellt, inwieweit man be- reits eingeschlagene Wege weitergehen oder gar ganz neue Ziele anstreben soll.

Der Workshop führte renommierte Fachleute mit Nachwuchskräften zusam- men. Präsentiert und diskutiert wurden zwei Dissertationsvorhaben, eines zur DDR und eines zur Bundesrepublik. Dabei kam insbesondere auch der Forschimgs- stand ausführlich zur Sprache. Abschließend erfolgte eine Diskussion zu den Mög- lichkeiten und Grenzen der Komparatistik, einem Thema, das gerade für die Ge- schichte der beiden deutschen Staaten von erheblichem Interesse ist.

Klaus Storkmann (Potsdam) stellte unter dem Titel »Militärische Auslandskon- takte der DDR außerhalb Europas und Militärhilfe für die sogenannte Dritte Welt«

seinen methodischen Ansatz und erste Forschungsergebnisse vor. Ausgehend von westlichen Pressemeldungen der 1970er und frühen 1980er-Jahre arbeitete er den aktuellen Forschungs- beziehungsweise Kenntnisstand heraus. Die damaligen Pu- blikationen sind noch heute von Bedeutung, da sich Gerüchte und Spekulationen über die Dritte-Welt-Aktivitäten der NVA hartnäckig halten. Von den von ihm aus- gewählten Fallstudien und der Analyse der Entscheidungsprozesse sah Storkmann insbesondere für Ägypten, Äthiopien ünd Libyen breite Möglichkeiten für weiter- gehende komparatistische Untersuchungen. Die von ihm präsentierten ersten For- schungsergebnisse beantworteten häufig gestellte Fragen nach Waffenlieferungen nach Afrika und zur Ausbildung ausländischer Militärs in der DDR.

In der anschließenden Diskussion empfahlen Bruno Thoß (Potsdam), Berthold Sander-Nagashima (Hamburg) sowie Ulrich van der Heyden und Roman Deckert (beide Berlin) auch die Aktenbestände westlicher Archive, insbesondere von deren Ge- heimdiensten, sowie diejenigen afrikanischer Staaten zu berücksichtigen. Winfried

(2)

484 MGZ 67 (2008) Nachrichten aus der Forschung Heinemann (Potsdam) hinterfragte die Rolle Moskaus im Entscheidungsprozess.

Storkmann unterstrich, dass die SED-Führung und die NVA-Spitze sich vor nahezu jeder anstehenden Entscheidung in Moskau rückversichert, beziehungsweise di- rekt um Weisungen gebeten hätten. Rüdiger Wenzke (Potsdam) richtete sein Inte- resse - ausgehend von den westlichen Pressemeldungen - auf mögliche Kampfein- sätze der NVA in Afrika. Van der Heyden und Storkmann erklärten übereinstimmend, ihre bisherigen diesbezüglichen Archivforschungen hätten keine Ergebnisse er- bracht, die solche Meldungen und Gerüchte bestätigen würden. In Anbetracht der thematischen Breite der Untersuchung empfahl Nikolaus Katzer (Hamburg), die Perspektive noch etwas einzuengen. Er begrüßte den methodischen Ansatz, mit Hilfe des archivierten Schriftverkehrs den Einfluss der sowjetischen Führung auf die Dritte-Welt-Aktivitäten der DDR zu beleuchten.

Carola Engster (Stuttgart) berichtete anschließend über ihr Dissertationsprojekt zur westdeutschen Militärhilfe für afrikanische Staaten in den 1960er und 1970er- Jahren, das sie unter der Ägide von Gerhard Hirschfeld (Stuttgart) bearbeitet. Die offiziell »militärische Ausrüstungs- und Ausbildungshilfe« genannten Maßnah- men begannen 1961, als die Bundesrepublik an verschiedene afrikanische Staaten militärisches Material lieferte und diese auch mit Ausbildungsmaßnahmen unter- stützte, wobei auch Bundeswehrangehörige afrikanische Streitkräfte in deren Her- kunftsländern ausbildeten. Weil sich dabei sicherheits- und außenpolitisches Han- deln verzahnte, arbeiteten bei diesen Maßnahmen das Bundesministerium der Verteidigung und das Auswärtige Amt zusammen. Dieser Ausschnitt aus der west- deutschen Sicherheitspolitik während des Ost-West-Konflikts fand in der For- schung bis dato noch keine ausreichende Berücksichtigung. Das Quellenmaterial im Bundesarchiv, Abteilung Militärarchiv, sowie im Politischen Archiv ist fast un- erschlossen. Zwei Aspekte der westdeutschen Militärhilfe erschienen der Referen- tin besonders wichtig: zum einen fand sie es bemerkenswert, dass die Bundesre- publik bereits so früh außerhalb Europas sicherheits- und militärpolitisch aktiv sein konnte. Zum anderen fällt die Breite der Kooperation mit den verschiedenen afrikanischen Empfängerländem auf. Besondere Betonung legte Engster auf die Ausdehnung der westdeutschen Handlungsmöglichkeiten bezüglich der Koope- ration der Bundesrepublik mit ihren Verbündeten. Die NATO engagierte sich bis zum Ende des Kalten Krieges zwar nicht außerhalb ihres Bündnisgebietes, insbe- sondere nicht militärisch. Dies hieß aber nicht, dass die einzelnen Partner in Fra- gen der Militärhilfe nicht zusammenarbeiteten oder sich gegenseitig sogar Kon- kurrenz machten. Engster verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die Militärhilfe der 1960er-Jahre sich im Randbereich der klassischen Geschichte der westlichen Sicherheitspolitik bewegt: Einerseits kooperierten die Verbündeten außerhalb des Mandatsgebiets der NATO, andererseits baute die Bundeswehr auch afrikanische paramilitärische Polizeistreitkräfte auf.

Die anschließende Diskussion beschäftigte sich zvmächst mit der Frage der Fall- beispiele. Engster konzentrierte sich auf sechs Fälle (Sudan, Äthiopien, Somalia, Nigeria, Tansania, Guinea), was zu Kritik hinsichtlich der Überschaubarkeit der Studie Anlass gab. Engster verwies darauf, dass bei einer noch knapperen Fallaus- wahl die Bandbreite der Militärhilfe kaum angemessen darzustellen sei. Es stellte sich dabei generell die Frage nach der Repräsentanz und Aussagekraft von Einzel- beispielen vor dem Hintergrund der Arbeitsteilung in der Wissenschaft. Engster zeigte weiterhin, dass die Kooperation von staatlicher Militärhilfe mit der privaten Rüstungswirtschaft eine inoffizielle Dimension annahm und daher im Rahmen der

(3)

Nachrichten aus der Forschung 485 Dissertation nur schwer erfassbar sei. Hier konnte der Filmemacher Martin Bär

(Berlin) aus seinen laufenden Forschungen und Berichten wertvolle Hinweise ge- ben. Roman Deckert, der zur Zeit an einer Dissertation zur deutsch-deutschen Mili- tärhilfe für den Sudan arbeitet, steuerte ebenfalls Ergänzungen bei. Er verwies ins- besondere auf die teils katastrophalen Folgen der deutschen Waffen- und Ausrüstungslieferungen an die Bürgerkriegsparteien für die Zivilbevölkerung. Es bestünden erhebliche Zweifel am lange gehegten Image Nachkriegsdeutschland als >sauberer< und >zurückhaltender<, quasi >ziviler< Aufbaupartner für Afrika.

Deckert kritisierte außerdem die nach wie vor großen Hindernisse für die For- schung infolge der immer noch gültigen Geheimhaltungsbestimmungen.

In der recht lebhaft geführten Abschlussdiskussion zu den Möglichkeiten und Grenzen der Komparatistik vor dem Hintergrund der beiden Vorträge verwies Bruno Thoß auf die Notwendigkeit, adäquate Vergleichsmaßstäbe zu definieren.

Dies gelte gerade für moderne Staatsgebilde, die mit ihren komplizierten Binnen- strukturen differenziert zu betrachten seien. Möglichkeiten und Grenzen ergäben sich dann von dieser Warte aus.

Die weiteren Beiträge loteten darm die Möglichkeiten der Komparatistik aus.

Dabei wurde die Palette der Möglichkeiten für den Vergleich, die vom metho- dischen Großinstrument mit Anspruch auf weitreichende Erklärungskompetenz, z.B. in der Sozialgeschichte und im Demokratie/Diktatur-Vergleich, bis zum unter- geordneten methodischen Mittel zur besseren Klärung von Einzelsachverhalten reicht, recht deutlich.

Ulrich van der Heyden wies schließlich darauf hin, dass insbesondere eine ver- gleichende Kolonialgeschichte noch aussteht. Femer sei etwa noch näher zu klä- ren, ob und wie die beiden deutschen Staaten vor Ort in Afrika konkurrierten oder sich gar bekämpften. Außerdem sei die Gestaltung der Militärhilfe in beiden Sys- temen, also quasi in den Strukturen der Geberländer selbst, vergleichend zu un- tersuchen, dies insbesondere in strategischer, organisatorischer und vor allem auch ökonomischer Hinsicht. Hierzu ergaben sich in den Vorträgen und in der Diskus- sion wertvolle Hinweise zum Zusammenhang von Militärhilfen und ökonomischer Leistungsfähigkeit.

Abschließend bleibt zu konstatiereri, dass der Vergleich ein überaus irmova- tiver Weg zu weiterer Erkenntnis ist. Die moderne Forschung ist methodisch und inhaltlich aber bereits viel zu fragmentiert, als dass es die Methode zur Erlangung umfassender historiografischer Erkenntnis geben könnte. Es bleibt indes die Frage, ob manche Forschungsperspektive nicht schon an >nätionaler< Quelleninsuffizienz zu leiden beginnt und man daher besser transnationale Wege beschreiten sollte.

Für die beiden vorgestellten Projekte gilt das >Sättigungsargument< einstweilen je- doch nicht. Sie besitzen Pioniercharakter.

(4)

Erstes Handbuch über die Organisation der SMAD

SMAD

Handbuch

Uit' .SovictisdK' M^MnuJmi in Ui'iHsdiland [kraiUKtgebeii von llomi Möllei' imd .ye\aii([rO.Tscjiiilwi1ai

150 Jahre

Wissen ßr die Zukunft Oldenbourg Verlag

oldenbourg.de

SMAD-Handbuch

Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland 1945-1949

Herausgegeben von Horst Möller und Alexandr O. Tschubarjan

Bearbeitet von Jan Foitzik und Tatjana W.

Zarewskaja-Djaki unter Mitarbeit von Christian Künzel und Dina N. Nochotowitsch

2008 IIX, 822 S. I Ln. I ca. € 99,80 ISBN 978-3-486-58696-1

Eine Publikation des Instituts für Zeitgeschichte

Das SMAD-Handbuch wurde im Auftrag der Gemeinsamen Kommission zur Erforschung der neuesten Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen vom Institut für Zeitgeschichte München-Berlin und vom Institut für allgemei- ne Geschichte der Russischen Akademie der Wissenschaften in Zusammenarbeit mit der Föderalen Archivagentur Russlands, dem Staats- archiv der Russischen Föderation und dem _ Bundesarchiv erstellt.

Bei diesem Hilfsmittel für die historische For- schung zur SBZ/DDR-Geschichte, das in deutscher und in russischer Sprache erscheint, handelt es sich in der Hauptsache um das Ergebnis kriti- scher Kompilation des russischen Behördennach- lasses, der zum ersten Mal intensiv ausgewertet werden konnte.

Bestellungen über den Buchhandel oder direkt:

verkauf (S)oldenbourg.de

E?

- g

o

<D

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Seit 1990 hat Deutschland einen langen Weg zurückgelegt: eine Strecke, die viele damals nicht für möglich gehalten hätten, auch wenn heute einige mit dem Tempo

Die dritte Realität ist, dass die euro- päischen Verteidigungshaushalte im Verlauf des letzten Jahrzehnts gesun- ken sind und auf absehbare Zeit auch nicht signifikant steigen

Wissenschaften (János Pótó), die Polnische Akademie der Wissen- schaften (Tadeusz Paweł Rutkowski), die Tschechoslowakische Akademie der Wissenschaften (Alena

der Geoidundulationen (Abb. 2), In KÜsten- stationen kann die Geoid-Undulation näherungs weise durch Vergleich der Meereshöhe mit der entsprechenden GPS-Höhe bestimmt werden, Zu

Nach dem ersten Band zu den Künst- lerbüchern, der in Kürze im Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König erscheint, wird der zweite Band bereits im Herbst 2022 folgen.. Er ist

Bevor 1970 das Staatssekretariat für Körperkultur als Organ des Ministerrates geschaffen wurde, stellte das seit 1952 bestehende Staatliche Komitee für Körperkultur und Sport eine

Anhand eines nachgestellten Pikettfalls auf dem Flughafen Kloten können sich Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr, aber auch Angehörige der Armee und des Zivilschutzes ein

Die Frage ist allerdings, ob diese Beobachtungen generell für die 1960er Jahre zutreffen und verall- gemeinerbar sind, oder ob dieses Jahrzehnt auch und gerade in Berlin nicht