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SON DERFORSCH U NGSBEREICH 313

VERÄNDERUNGEN DER UMWELT - DER NÖRDLICHE NORDATLANTIK

Nr. 55

Strömungssortierung quartärer Sedimente des Europäischen Nordmeeres:

Analyse von Sinkgeschwindigkeits-Verteilungen

KLAUS MICHELS

CHRISTIAN-ALBRECHTS-UNIVERSITÄT ZU KIEL 1995

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Nr.55

Strömungssortierung quartärer Sedimente des Europäischen Nordmeeres:

Analyse von Sinkgeschwindigkeits-Verteilungen

Klaus Michels

Sonderforschungsbereich 313, Olshausenstraße 40, 24118 Kiel, Gerrnany

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INHALTSVERZEICHNIS

Zusammenfassung ... 1

Abstract ... 3

1. Einleitung und Zielsetzung ... 5

2. Grundlagen ... 9

2.1. Das Europäische Nordmeer ... 9

2.1.1. Physiographie ... 9

2.1.2. Hydrographie ... 9

2.2. Sedimente des Europäischen Nordmeeres ... 13

2.3. Strömungsmechanismen ... 14

2.3.1. Turbidite und andere gravitative Ströme ... 14

2.3.2. Contourite ... 16

2.4. Tiefsee-Strömungen ... 17

2.5. Sedimenttransport im Europäischen Nordmeer ... 18

2.6. Rekonstruktion von Strömungsintensitäten ... 19

2.7. Sinkgeschwindigkeits-Analysen ... 19

2.8. Theorie des Sedimenttransports ... 20

2.8.1. Transport und Ablagerung ... 22

2.8.2. Hydrodynamische Parameter ... 23

2.8.3. Strömungsmechanische Grundlagen ... 24

3. Methodik ... 27

3.1. Probenmaterial ... 27

3.2. Probennahme und -aufbereitung ... 27

3.3. Analysemethoden ... 28

3.3.1. Sand-Sedimentationswaage ... 29

3.3.2. Separator ... 34

3.3.3. SediGraph ... 36

3.3.4. Silt-Sedimentationswaage ... 37

3.3.5. Lasergranulometer ... 37

3.3.6. Fazit der Feinfraktionsmessungen mit unterschiedlichen Methoden ... 38

3.3.7. Bildanalysesystem ... 38

3.4. Auswertung polymodaler Sinkgeschwindigkeits-Verteilungen - Beispiele ... 38

3.4.1. Experimentell-analytische Methode zur Zerlegung von polymodalen Sinkgeschwindigkeits-Verteilungen ... 39

3.4.2. Sinkgeschwindigkeits-Verteilungen strömungsbeein- flußter Sedimente ... .43

3.4.3. Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen strömungsbeeinflußter Sedimente ... .56

3.4.4. Bestimmung hydrodynamischer Parameter ... .57

(5)

3.4.5. Turbidite ... 65

3.4.6. Korngrößen- bzw. Sinkgeschwindigkeitsberechnung ... 68

3.4.7. Wellenbeeinflußte Sedimente ... 68

4. Ergebnisse ... 71

4.1. Strömungsintensitäten ... 71

4.1.1. Oberflächenproben ... 71

4.1.2. Wellenbeeinflußte Sedimente ... 77

4.1.3. Turbidite ... 78

4.1.4. Letztes Glaziales Maximum ... 82

4.1.5. Strömungsintensitätsprofile ... 83

4.2. Zeitreihenanalysen ... 88

4.3. Strömungsintensität vs. Lithofazies ... 89

4.4. Statistischer Vergleich der Strömungsintensität mit anderen Parametern ... 92

5. Interpretation und Diskussion ... 97

5.1. Interpretation der anhand von Oberflächenproben rekonstruierten Strömungsin tensi täten ... 97

5.1.1. Vergleich Rezent - LGM: Interpretation ... 98

5.2. Interpretation der Strömungsintensitäts-Zeitreihen ... 98

5.2.1. Nördliche Kerntraverse ... 98

5.2.2. Interpretation der nördlichen Kerntraverse im Überblick ... 100

5.2.3. Südliche Kern traverse ... 100

5.2.4. Interpretation der südlichen Kerntraverse im Überblick ... 102

5.2.5. Interpretation der Ergebnisse der Spektralanalyse ... 103

5.3. Paläo-Ozeanographie des Europäischen Nordmeeres ... 103

5.4. Paläo-ozeanographische Interpretation und Diskussion der rekonstruierten Strömungsintensitäten ... 105

5.4.1. V0ring-Plateau, Jan-Mayen-Bruchzone und Island- Plateau ... 105

5.4.2. Framstraße, Knipovitch-Rücken und Boreasbecken ... 107

5.4.3. Grönlandbecken ... 108

6. Schlußfolgerungen und Ausblick ... 109

7. Liste verwendeter Symbole ... 111

8. Literaturverzeichnis ... 113 Dank

Liste der Abbildungen und Tabellen Liste der Gleichungen

Anhang

II

(6)

ZUSAMMENFASSUNG

Sinkgeschwindigkeits-Analysen von hemipelagischen quartären Sedimenten aus dem Europäischen Nordmeer ergeben uni- und polymodale Verteilungen. Die Art der Verteilung resultiert aus der Partikelvergesellschaftung in der Probe, die wiederum sämtliche Eintragsmechanismen und Veränderungsprozesse widerspie- gelt, die zur Entstehung des Sedimentes an der Probenlokalität geführt haben. Zu diesen Mechanismen und Prozessen gehören der Eintrag von Partikeln aus benthischer und planktischer Produktivität, der Eintrag von meereis- und eisberg- transportiertem Material, die Veränderung der Zusammensetzung durch benthische Organismen, chemische Prozesse, die zur stofflichen Veränderung des Sedimentes beitragen und Akkumulations- und Erosionsprozesse von gravitativen und geostrophischen Strömungsereignissen.

Ein neu entwickeltes Analyseverfahren ermöglicht es, die Auswirkungen von Strömungen in den Sinkgeschwindigkeits-Verteilungen der Grobfraktion von den Merkmalen nicht-strömungsbeeinflußter Sedimentkomponenten weitgehend zu trennen. Auf der Basis von Formeln zum Sedimenttransport wird aus den Sinkgeschwindigkeiten und Korngrößenmessungen strömungssortierter Partikelvergesellschaftungen eine kritische Strömungsgeschwindigkeit errechnet, die Ursache der Sortierung gewesen ist. Diese liegt für zahlreiche Proben über den bisher angenommenen Strömungsgeschwindigkeiten in der Tiefsee von wenigen cm/s; die in Verankerungen bodennah gemessenen Maximalwerte von Strömungsgeschwindigkeiten bestätigen jedoch die Größenordnung der rekonstruierten Strömungsintensitäten.

In 9 Kernen aus verschiedenen Gebieten des Europäischen Nordmeeres zeigen die Strömungsintensitäten in den Glazial- und Deglazialzeiten zum Teil um ein mehrfaches höhere Werte als in den Interglazialzeiten. Die Differenz zwischen kalt- und warmzeitlichen Strömungsintensitäten ist dabei in Kernen vom norwegischen und dem Spitsbergen-Kontinentalhang größer als bei Kernen von der Jan-Mayen- oder Grönland-Bruchzone und aus dem Boreasbecken. Dies wird einerseits auf Bodenwasserbildungsprozesse durch Meereisbildung im Sehelfbereich zurückge- führt, die während der Glazialzeiten verstärkt stattfanden; andererseits haben vor allem in Glazial- und Deglazialzeiten gravitative Strömungen, Turbidite und Dichteströme, die durch erhöhte Akkumulation eistransportierten Materials im Sehelfbereich gehäuft auftraten, höhere Strömungsintensitäts-Signale im Sediment verursacht. Die Spektralanalyse der Strömungsintensitätskurven zeigt, daß die Schwankungen einerseits klimatisch gesteuert sind, andererseits ist aber auch ein breites Spektrum hochfrequenter Schwingungen zu beobachten, die vorwiegend durch über- oder unterdurchschnittlich intensive Einzelereignisse bedingt sind. Die Faktorenanalyse und Korrelation der Strömungsintensität mit Grob- und Feinfraktionsanteil sowie dem Karbonatgehalt zeigt häufig einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Strömungsintensität und einer Komponenten- und Korngrößenfraktion, der z. B. durch Restsedimentbildung oder Feinfraktionsakkumulation einen deutlichen Einfluß der Strömungsintensität auf die Zusammensetzung des Sedimentes belegt. Dieser Einfluß ist in Glazial- und Interglazialzeit jeweils unterschiedlicher Art und Natur.

(7)

Die Sortierungscharakteristika der Strömungen, die einzelnen Prozessen zugeord- net werden, belegen für das Voring-Plateau und die östliche Framstraße ein Vorherrschen gravitativer Strömungsprozesse durch gehäuftes Auftreten von Turbiditen in Kaltzeiten, während in Warmzeiten häufiger thermohaline Strömungen zu contouritischer Sortierung und Restsedimentbildung im Sediment führten. Im westlichen Teil des Europäischen Nordmeeres ist dieser Trend weniger stark ausgeprägt; dies hat vermutlich seine Ursache in geringerer Akkumulation eistransportierten Materials in glazialen Phasen auf den Schelfen, da die Gletscher nicht bis auf die Schelfe reichten, und so gravitativer Transport von Sediment in Rutschungen, Dichteströmen und Turbiditen seltener war.

Bei der Ermittlung der maximalen Strömungsintensitäten an den rund 110 bearbei- teten Oberflächenproben stellte sich an verschiedenen Lokalitäten der dominie- rende Einfluß unterschiedlicher Faktoren auf das Sediment heraus:

Im Bereich der Spitsbergenbank ist das Sediment entscheidend von tidalen Strömungen und Sturmereignissen beeinflußt, die bis in Wassertiefen von mehreren hundert Metern wirken können.

Für große Gebiete des Europäischen Nordmeeres, vor allem weite Bereiche des Lofoten- und Norwegenbeckens, ist der Charakter der Strömungsbeeinflußung akkumulativ, d. h. Sediment wird durch Strömungen überwiegend in diese Bereiche eingetragen. Hier sinken biogene und eistransportierte Partikel aus den obersten Schichten des Wasserkörpers zu Boden, werden aber vielerorts durch Strömungen überprägt. Diese Strömungen, die auch hier bis zu 15 cm/ s erreichen können, sind geostrophisch oder auch gravitativ bedingt; Turbidite und abströmende dichte Wassermassen können mit ihren distalen Ausläufern durch- aus auch zentrale Beckenpositionen erreichen.

An den Kontinentalhängen prägen vielerorts bis in die Becken hinein Turbidite die Zusammensetzung des Sedimentes. Das Kriterium der 'Autosuspension' (kann ein Turbidit das vorhandene Sediment bei der vorhandenen Hangneigung in Suspension halten?) für Turbidite wurde verwendet, um zu testen, ob gute Sortierung auf Turbidite zurückzuführen ist oder ob möglicherweise Contourite Ursache der Sortierung sind. Für die bei weitem überwiegende Anzahl der Probenpositionen im Bereich des grönländischen Kontinentalhanges und den angrenzenden Beckenbereichen können turbiditische Prozesse als Ursache für die Sortierung angenommen werden. Diese Ergebnisse werden durch in der Literatur beschriebene Beobachtungen von zahlreichen kleineren und auch großen Rinnen am grönländischen Kontinentalhang, die häufig auf Parasound-, 3.5 kHz- oder Seitensicht-Sonar-Aufnahmen erscheinen, bestätigt.

Contourströme treten vor allem im östlichen Teil der Framstraße und auf dem Voring-Plateau auf und sind durch gut sortierte Sedimente und Restsedimente ve~treten'. die den erosiven Charakter beständig hoher Strömungsgeschwindig- keiten zeigen.

-2-

(8)

ABSTRACT

Settling velocity analyses of numerous sediment surface samples and of core samples from the oxygen isotope stages 6, 5, 2 and 1 reveal uni- and polymodal distributions that result from the composition by different particle assemblages.

These assemblages are the product of different processes and reflects planktic and benthic communities, ice-rafted detritus and, last but not least, current influence on the sediment.

A new analysis method makes it possible to separate the effect of current influence from other effects and to calculate a maximum paleocurrent intensity from the separated current induced distribution. This current intensities can be significantly higher than mean current velocities measured in moorings.

The reconstructed current intensities of 110 surface and several hundred core samples show three main sources of current influence: tides, thermohaline-induced contourites and gravitationally induced turbidites.

Surface sediments on the Spitsbergen Bank are influenced mainly by tidal currents and storm events that affect the sediment to a water depth of several hundred meters.

Large areas of the northern North Atlantic, mainly in the basins, show Holocene sediment accumulation with only occasional current influence caused by gravitational and geostrophic events. Sorted sediment is found in many places on the continental slope. If this is caused by turbidity or contourite currents, has been tested with consideration of the 'autosuspension criterion' in response to the slope:

if the slope is steep enough to keep the sediment in autosuspension, the probability that the sediment is turbidity sorted is very high; if not, a contourite is thought to have sorted the sediment. lt is shown that most of the sediments from the Greenland continental slope are turbidity sorted whereas contourite sorting prevails in samples from the eastern Fram Strait and the V0ring Plateau.

In profiles of 9 cores from the northern North Atlantic the reconstructed current intensities show higher values in glacial than in interglacial periods. The difference between mean glacial and mean interglacial current intensities is !arger in cores from the continental slopes and adjacent basin areas in the eastern part than that in cores from the western part. This may be caused by intensified bottom water generation and higher sedimentation rates of ice-rafted detritus on the Norwegian continental shelf during glacial times; this induced more frequent gravitational downslope transport by slumps, slides, density current and turbidity currents.

Spectral analysis of these profiles shows on the one hand Milankovitch cycles as a driving force of the currents; on the other hand a broad spectrum of higher frequency oscillations is seen in the profiles; this possibly reflects fluctuations of the ice edge.

Factor ana!ysis and correlation of current intensities with the contents and carbonate content of the coarse and fine fractions shows a significant correlation between the current intensities and the lithologic assemblage of the samples.

(9)
(10)

1. EINLEITUNG UND ZIELSETZUNG

Hemipelagische und pelagische Sedimente werden entscheidend durch die klimatischen Umweltbedingungen am Ablagerungsort geprägt. Aus den Sedimenten läßt sich daher durch Analyse unterschiedlicher sedimentologischer und geochemischer Parameter die Entstehungsgeschichte und das Paläoklima rekonstruieren (KELLOGG 1980, THIEDE et al. 1986, HENRICH et al. 1989, HENRICH 1992 und Zitate darin). Voraussetzung für eine gut rekonstruierbare Klimageschichte sind weitgehend ungestörte Sedimentkerne und/oder eine genaue Kenntnis der Auswirkungen und Ausmaße von Störungseinflüssen auf die pelagische Sedimentation. Pelagische Sedimentation bezeichnet hierbei ein vertikales 'Abregnen' biogener und in marinen Sedimentationsräumen hoher Breiten auch eistransportierter Partikel, Aggregate und Pellets aus der Wassersäule in distaler Lage zu Gebieten starker topographischer Gradienten, weitgehend ohne Resuspensions- und Umlagerungsprozesse von einmal sedimentierten Komponenten. Hemipelagische Sedimentation findet in Tiefseebereichen in der Nähe zu Kontinentalhängen und ozeanischen Rückenstrukturen statt. Hier mischt sich die pelagische Sedimentation mit terrigenen und marin-biogenen Sedimenten, die durch gravitative Strömungsprozesse direkt oder durch gravitativ induzierte Resuspension, z. B. durch dichte Bodenwässer eingetragen werden (CHAMLEY 1990).

Ein weiterer Eintragsmechanismus ist der Transport von Partikeln durch geostrophische Strömungen (CHAMLEY 1990). Sowohl gravitative als auch geostrophische Transportereignisse können Sediment resuspendieren, erodieren und transportieren, um sie andernorts wieder abzulagern. Bei diesem Umlagerungsprozeß findet eine Sortierung der Partikel in Abhängigkeit von ihrer Transportierbarkeit statt. Stark ausgeprägte Ereignisse der genannten Sedimentationsvorgänge hinterlassen als Folge dieser Sortierung im Sediment charakteristische Spuren in Form von z. B. nach oben feiner werdenden Sequenzen bei turbiditischer Ablagerung oder besonders grobem Sediment mit niedrigen Feinfraktionsanteilen bei Restsedimentbildung in Folge intensiver contouritischer Strömungen; diese stark ausgeprägten Ereignisse sind in Sedimentprofilen optisch ohne Hilfmittel erkennbar, wenn das abgelagerte Sediment eine entsprechend große Mächtigkeit hat.

Weniger stark ausgeprägte gravitative und geostrophische Sedimentationsereignisse, die nur geringmächtige Ablagerungen hinterlassen, haben ebenfalls einen beträchtlichen Einfluß auf den Transport von Sedimentpartikeln bis hin zur Sandfraktion und damit auf die Sedimentzusammensetzung, der jedoch in einer optischen Beschreibung der Sedimente häufig nicht mehr identifizierbar ist (z. B. auf Grund der geringen Mächtigkeit und der bioturbaten Zerstörung der Sedimentstrukturen). Ziel dieser Arbeit ist es, mit Hilfe der Analyse von hochauflösenden Sinkgeschwindigkeits- Verteilungen mariner Sedimente Sortierungscharakteristika zu extrahieren, die infolge der Beeinflussung des Sedimentes durch Strömungen entstanden sind; aus diesen Sortierungscharakteristika sollen Strömungsintensitäten rekonstruiert werden, die diese Sortierung bewirkt haben.

Diese Untersuchungen werden exemplarisch an quartären Sedimenten des

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Europäischen Nordmeeres durchgeführt, die überwiegend hemipelagischen Charakter haben (HENRICH 1992). Je nach Ablagerungsraum zeigen diese Sedimente z. T. erhebliche Beeinflussung durch gravitative und geostrophische Ablagerungs- und Erosionsmechanismen, die häufig nur schwache Spuren im Sediment hinter- lassen. Zu den Zielen dieser Untersuchung gehören:

• die Analyse, ob in den Sedimenten Strömungsbeeinflussung vorliegt und wenn ja, welcher Mechanismus ihr zugrunde liegt,

• die Quantifizierung dieser Strömungsbeeinflussung und der Vergleich mit rezenten Strömungsmessungen,

• die räumliche Abgrenzung von Einflußbereichen gravitativer oder geostrophischer Prozesse im Rezenten anhand eines dichten Oberflächenprobennetzes,

• die zeitliche Veränderlichkeit der gravitativen und geostrophischen Prozesse in den Sauerstoffisotopen-Stadien 6 und 5 im Vergleich mit 2 und 1 (hochauflösender Vergleich des Ablaufs der letzten zwei Glazial-, Deglazial und Interglazialphasen) und

• die paläoozeanographischen Implikationen der Untersuchungsergebnisse.

Die Untersuchungen stützen sich auf ein relativ dichtes Netz von rund 120 Oberflächenproben und zahlreiche Proben der zwei letzten Glazial-/lnter- glazialzyklen, um einerseits den rezenten Zustand hochauflösend zu erfassen und andererseits in hochauflösenden Zeitreihen die Abläufe zweier Glazial-, Deglazial- und Interglazialzyklen zu messen und Mechanismen, Ursachen und Unterschiede besser verstehen zu können.

In den folgenden Kapiteln wird zunächst die physische und ozeanographische Struktur des Arbeitsgebietes vorgestellt. Anschließend (in Kap. 2) folgen die Grundlagen über Sedimentzusammensetzung, Strömungs- und Transport- mechanismen und die strömungsmechanischen Grundlagen, die zum Verständnis des methodischen Ansatzes dieser Arbeit wichtig sind. Das Methodik-Kapitel (Kap.

3) erläutert und beschreibt im Detail Probennahme und -aufbereitung, die verwendeten Geräte, die themenrelevante Theorie der Strömungsmechanik und die Analyse und Auswertung der Meßdaten auf der Basis der theoretischen Grundlagen anhand anschaulicher Beispiele. Der Ergebnisteil (Kap. 4) beinhaltet die Darstellung von Resultaten der Anwendung der entwickelten Methodik für zahl- reiche Oberflächenproben und die zwei letzten Glazial-Interglazialwechsel in 9 Kernen aus einem nördlichen und südlichen Transsekt durch das Europäische Nordmeer. In Kapitel 5 folgt dann die Interpretation und Diskussion der Ergebnisse im paläoozeanographischen Kontext der entsprechenden wissenschaftlichen Literatur. Schließlich fassen die Schlußfolgerungen (Kap. 6) die wichtigsten Erkenntnisse aus der Entwicklung und Anwendung der neuen Methodik auf die Untersuchung von Sedimente des Europäischen Nordmeeres zusammen.

-6-

(12)
(13)

Abb.1:

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Spitsbergen

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-4000 -3500 -3000 -2500 -2000 -1500 -1000 -500 Depth [m]

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Übersicht über das Europäische Nordmeer mit der Bathymetrie und den wichtigsten geo- graphischen Einheiten. Die Höhen-bzw. Tiefenstruktur wurde auf der Basis des ETOPOS- Datensatzes (ETOPOS 1986) berechnet.

-8-

(14)

2. GRUNDLAGEN

2.1. DAS EUROPÄISCHE NORDMEER 2.1.1. Physiographie

Das Europäische Nordmeer (Abb. 1) verbindet den arktischen Ozean mit dem Nordatlantik. Es wird im Westen von Grönland und im Osten von Skandinavien begrenzt. Im Süden reicht es bis zum Grönland-Schottland-Rücken, dem Island und die Färöer-Inseln aufsitzen, während im Norden die Framstraße und Spitsbergen und im Nordosten der Barentsschelf die Begrenzung darstellen. Sowohl morphologisch als auch ozeanographisch wird es durch große plattentektonische Elemente gegliedert. Der mittelatlantische Rücken, bestehend aus Kolbeinsey-, Mohns- und Knipovitch-Rücken, trennt westliche Beckenbereiche, das Grönland- und das Boreasbecken, vom Norwegen- und Lofotenbecken, die östlich des Rückens liegen (VOGT 1986). Weitere großräumige Strukturen des Europäischen Nordmeeres sind das Island-Plateau nördlich von Island, die Jan-Mayen- Bruchzone, die als aktive Transformverwerfung des mittelatlantischen Rückens das Island-Plateau und das Grönlandbecken und als inaktive Struktur das Norwegen- und das Lofotenbecken voneinander trennt, die Grönland-Bruchzone, die das Grönland- und das Boreasbecken voneinander trennt und das V 0ring- Pla tea u, das dem mittelnorwegischen Kontinentalhang vorgelagert ist.

Verbindungen des Europäischen Nordmeeres zu anderen Weltmeerbereichen bestehen im Norden über die Framstraße zum Arktischen Ozean, im Nordosten über den Barentsschelf zu epikontinentalen Regionen der östlichen Arktis und im Süden über den Island-Grönland- und den Island-Schottland-Rücken zum Nordost-Atlantik.

2.1.2. Hydrographie

2.1.2.1. Oberflächenströmungen

Die großräumige Hydrographie des Europäischen Nordmeeres (Abb. 2) wird im wesentlichen durch zwei meridionale Strömungen, den Norwegen-Strom auf der Ostseite und den Ostgrönland-Strom auf der Westseite, charakterisiert, die durch zyklonale Wirbel, den Jan-Mayen-Polar-Strom und den Ost-Island-Strom, vonein- ander getrennt sind (CARMACK & AAGAARD 1973). Als Fortsetzung des Golf-Stromes bringt der Norwegen-Strom warme und salzreiche Oberflächenwassermassen über den Island-Schottland-Rücken in das Europäische Nordmeer, die auf ihrem weiteren Weg nach Norden dem skandinavischen Kontinentalhang folgen.

Auf der Höhe des Nordkaps teilt sich dieser Strom, ein Arm biegt als Nordkap- Strom östlich in den Bäreninsel-Trog, der andere folgt weiterhin dem Kontinentalhang und setzt als West-Spitsbergen-Strom seinen Weg fort.

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Abb.2:

·2000 0 1500 2500

Depth [m]

Karte des Europäischen Nordmeeres mit den wichtigsten Oberflächenströmungen (oben links) und den wichtigsten Bodenströmungen (unten rechts). In der Karte unten rechts sind die Regionen mit weniger als 2000 m Wassertiefe schwarz ausgeblendet. Die Pfeile geben die Strömungsrichtung an, die Pfeilgröße steht jedoch nicht in Relation zur Strömungsintensität. Diese ist bei Oberflächenströmungen generell wesentlich höher als bei den Bodenströmungen (nach TRANGELED 1974, HENRICH 1992, WORTHINGTON 1970, HAUPT 1994, HAUPT et al. 1995, HAUPT et al. im Druck).

-10-

(16)

In der Framstraße teilt sich dieser nun West-Spitsbergen-Strom genannte Ast des Norwegenstromes ein weiteres Mal. Ein Teil des durch Vermischung mit kaltem, arktischen Wasser noch dichter gewordenen Atlantikwasser wird rezirkuliert und in 150 bis 800 Meter Tiefe unter des Ostgrönlandstrom eingeschichtet (QUADFASEL et al. 1987, KOLTERMANN 1987); der andere Teil fließt als subpolares Zwischenwasser in den arktischen Ozean. Der weitere Weg dieser Wassermassen führt zwischen Nordaustlandet und Franz-Josef-Land hindurch in die nördliche Barentssee (AAGAARD et al. 1987). Auf der Westseite der Framstraße strömt kaltes, salzärmeres Oberflächenwasser aus dem Nordpolarmeer in das Europäische Nordmeer und bildet den Ostgrönland-Strom, der dem grönländischen Sehelfrand nach Süden folgt und sich über die Dänemark-Straße in den Nordatlantik fortsetzt (SWIFf 1984, SMETHIE et al. 1986).

Östlich des Norwegen-Stromes vereinigt der Norwegische Küstenstrom das brackische Wasser des Ostseeausstromes und die relativ kalten, salzarmen Fjordwässer und führt sie eng der Küste folgend nach Norden, wo sie sich im Bereich des Nordkaps mit dem Nordkapstrom vereinige1;1.

Im Bereich der Framstraße wird ein Teil des West-Spitsbergen-Stromes rezirkuliert (QUADFASEL & MEINCKE 1987) und ist durch Vermischung mit dem polaren Wasser dann bereits soweit abgekühlt, daß es sich auf Grund seiner höheren Dichte unter den Ostgrönland-Strom einschichtet (AAGAARD et al. 1987, SWIFT & KOLTERMANN 1988, RUDELS 1989). Die Bildung von sauerstoffreichen Zwischen- und Tiefenwässern im Bereich der grönländischen See auf Grund der Vermischung von atlantischen und arktischen Wassermassen verursacht einen Ausstrom von Zwischenwässern in den Nordatlantik, wo sie das Nordatlantische Tiefenwasser bilden (SWIFT et al. 1983), das eine wichtige Rolle in der globalen Versorgung der Tiefsee mit sauerstoffreichem Wasser spielt (BROECKER & PENG 1982, MANTYLA &

REID 1983, BROECKER & DENTON 1989).

2.1.2.2. Bodenströmungen

Abb. 2 zeigt ebenfalls eine Karte der rezenten bodennahen Strömungen im Europäischen Nordmeer. In dieser Karte sind die Bereiche mit weniger als 2000 m Wassertiefe schwarz ausgeblendet. Die vorherrschenden Strömungsrichtungen sind durch Pfeile markiert. Die eingetragenen Bodenströmungsrichtungen sind ozeanographischen Arbeiten von WORTHINGTON (1970) und Modellierungen von HAUPT (1994), HAUPT et al. (1995) und HAUPT et al. (im Druck) entnommen. Es herrschen im gesamten Europäischen Nordmeer südliche Strömungsrichtungen vor. In der Framstraße resultieren diese aus dem Einströmen polarer Wassermassen in das Europäische Nordmeer. Über die Grönland-Bruchzone gelangen diese Wassermassen in das Grönlandbecken, wo sie beim Abströmen in die tiefen Beckenregionen z. T. hohe Strömungsgeschwindigkeiten verursachen.

Die Strömungsgeschwindigkeiten und -richtungen im Lofoten- und Norwegenbecken werden vorwiegend durch dem Ausstrom von Tiefenwasser in den Nordatlantik bestimmt.

(17)

2.1.2.3. Tiefenkonvektion

Die Wassermassen des Arktischen Ozeans und der Grönlandsee werden im wesent- lichen von 3 Komponenten bestimmt: (a.) dem Frischwasserzufluß, (b.) dem Einstrom atlantischer Wassermassen und (c.) dem schweren Bodenwasser. Die drei Wassermassen weisen jeweils eine eigene Temperatur-Salinitäts-Charakteristik auf.

Ursprungsort des schweren Bodenwassers ist für den arktischen Ozean und das Europäische Nordmeer vor allem die nordöstliche Barentssee (MIDTIUN 1985), der Bereich um Spitsbergen (BLINDHEIM 1987, QUADFASEL et al. 1988) und der grönländische Schelf. Hier werden Oberflächenwassermassen im Winter abgekühlt, durch Meereisbildung treten Salzlaken aus, die die Dichte weiter erhöhen, und es kommt zum Absinken dichter Wassermassen (KILLWORTH 1983, RUDELS 1993), sog.

haliner Konvektion. Diese Zusammenhänge erkannte Nansen bereits zu Beginn dieses Jahrhunderts (NANSEN 1906). Beim weiteren Abströmen des schweren Bodenwassers durch Rinnen und Gräben auf dem Schelf und nachfolgend am Kontinentalhang vermischt es sich mit umgebenden Wassermassen und verliert an Dichte (AAGAARD et al. 1985, RUDELS & QUADFASEL 1991), bis es sich schließlich entsprechend den Umgebungsverhältnissen einschichtet. Die abströmenden dichten Bodenwassermassen wurden im antarktischen Bereich bereits mit Geschwindigkeiten am Boden von 50 cm/s, in Spitzenwerten sogar von über 100 cm/s gemessen (FOLDVIK & GAMMELSR0D 1988). Den Einfluß von Bodenwasserströmungen dieser Geschwindigkeit auf die Sedimentzusammen- setzung beschreiben für antarktische Sedimente HOLLISTER & ELDER (1969), FÜTTERER et al. (1988) und FÜTTERER & MELLES (1990).

In den tieferen Lagen des Arktischen Ozeans trägt das Bodenwasser zur Stabilisierung der Halokline bei (AAGAARD et al. 1981), einer starken vertikalen Sprungschicht, die die durch Eisschmelze und Frischwasserzufluß gebildete salzarme, kalte Deckschicht von wesentlich salzreicheren und auch wärmeren Wassermassen darunter trennt und so zur Abschirmung der polaren Eisdecke gegenüber wärmeren Eismassen beiträgt (RUDELS et al. 1991).

In der Norwegensee führt der Einstrom warmer Oberflächenwassermassen zu einer Stabilisierung der Schichtung, da das Tiefenwasser, das im wesentlichen ein Mischprodukt von schwerem Bodenwasser, Grönlandsee-Tiefenwasser und Wasser aus dem arktischen Ozean darstellt (AAGAARD et al. 1987, HOPKINS 1988, SWIFT &

KOLTERMANN 1988), eine spezifisch höhere Dichte aufweist. Hier findet keine Tiefenkonvektion statt. In der Grönlandsee, die durch Einstrom kalter, salzarmer arktischer Oberflächenwassermassen gekennzeichnet ist, die sich mit warmen, salz- reichen Wassermassen des Norwegenstromes mischen, wird in einer Region starker Abkühlung die Eisbildung durch den Einfluß der warmen, salzreichen Wassermassen aus der Norwegensee verhindert, und es kann sich keine stabile Schichtung entwickeln. Der instabile Aufbau der Wassermassen wird noch durch den zyklonalen Wirbel des Jan-Mayen-Polar-Stromes verstärkt, der ein Aufwölben der Isopyknen im Zentrum des Wirbels bewirkt (KILLWORTH 1983). Diese vertikale schwach ausgeprägte Gliederung des Wasserkörpers unterstützt in der Grönlandsee eine intensive Tiefenkonvektion.

- 12-

(18)

2.2. SEDIMENTE DES EUROPÄISCHEN NORDMEERES

Das Partikelspektrum der Sedimente des Europäischen Nordmeeres variiert beträchtlich in Art und Größe. Diese Variationen werden im wesentlichen von den klimatischen Bedingungen und den Transportprozessen gesteuert. In Warmzeiten herrschen im allgemeinen biogene Partikel vor. Dies sind in der Feinfraktion vorwiegend Coccolithophoriden und deren Bruchstücke und in der Sandfraktion benthische und planktische Foraminiferen, Diatomeen, Pteropoden und Radiolarien. Generell spiegeln die pelagischen Sedimentationsmuster recht gut die Temperatur- und Salinitätsverteilung der Oberflächenwassermassen wider (PEINERT et al. 1989, BATHMANN et al. 1990, SAMTLEBEN & B!CKERT 1990, HEBBELN &

WEFER 1992). Dies bedeutet, daß man unter dem Norwegen- und West-Spitsbergen- Strom rezent die höchsten Karbonatgehalte im Sediment findet; in den Bereichen der Wirbel in der zentralen Grönland- und Islandsee treten geringere Karbonat- gehalte auf (KELLOGG 1975, HENRICH et al. 1989). Gleichzeitig finden sich im Sediment Anteile eistransportierten Materials. Die geringsten Karbonatgehalte und höchsten Anteile eistransportierten Materials kommen im Bereich des Ostgrönlandstroms vor. In Kaltzeiten findet im Europäischen Nordmeer flächen- deckend ein beträchtlicher Teil des Sedimenteintrags über Eisberg- und Meereis- transport statt. Die Karbonatgehalte können in diesen Perioden im gesamten Bereich des Europäischen Nordmeeres auf sehr geringe Werte heruntergehen (HENRICH et al. 1989). Neuere Untersuchungen belegen jedoch auch in Glazialphasen einen zeitweiligen Einstrom von kühl-temperiertem Atlantikwasser in den Ostteil und das Zentrum des Europäischen Nordmeeres bis in die Framstraße (HENRICH 1992, HEBBELN et al. 1994).

Die Partikelgrößen reichen bei Eisbergtransport bis zu Kies und Geröll. Bei meer- eistransportierten Körnern liegen sie meist im Silt- und Tonbereich. Durch gravita- tive und geostrophische Umlagerungsereignisse wird die Sedimentzusam- mensetzung erheblich in Art und Korngröße verändert. Diese Ereignisse beeinflus- sen vor allem den Sandanteil des Sedimentes entscheidend; höhere Sandanteile werden ausschließlich gefunden, wenn das Sediment durch Strömung sortiert wurde. Der Feinanteil der hemipelagischen Sedimente des Europäischen Nordmeeres besteht im allgemeinen zu mehr als 50 %, gelegentlich bis zu über 90 %, aus Silt und Ton.

Nach der Ablagerung unterliegen die Sedimente einer Veränderung durch Organismen, die es durchwühlen, fixieren, zerkleinern und resuspendieren können. Postsedimentäre chemische Prozesse wie Lösung und Diagenese wirken auf das Sediment ein. Im Europäischen Nordmeer kann Karbonatlösung vor allem durch die Oxidation von marinem organischen Material bei geringem Tiefen- wasseraustausch stattfinden (HENRICH 1986).

Die wichtigsten physikalischen Prozesse, die Sedimente prägen, sind Erosion, Transport und Akkumulation, die häufig gravitative und geostrophische Ursachen haben. Zu den gravitativen Ereignissen gehören Rutschungen, Dichteströme, Schlammströme und Turbidite. An den grönländischen und norwegischen

(19)

Kontinentalhängen sind zahlreiche Rutschmassen bekannt, z. B. die Storegga- Rutschmasse, die zu den weltweit größten bekannten Rutschmassen zählt.

Turbiditablagerungen sind im Europäischen Nordmeer weit verbreitet und werden in allen Becken gefunden. Contourite, die durch starke geostrophische Strömungen entstehen, werden vorwiegend in Gebieten angetroffen, in denen thermohaline Strömungen durch die Topographie auf einen geringeren Querschnitt eingeengt und dadurch beschleunigt werden.

Der bodennahe Sedimenttransport durch Strömungen findet in der Bodennephe- loidschicht statt, die bis zu 2000 m mächtig sein kann. Diese Schicht weist eine deutlich höhere Partikeldichte auf als der Rest der Wassersäule. Die Bodennepheloidschicht wird durch Resuspension sedimentärer Partikel durch Turbidite und geostrophische Strömungen sowie durch biologische Resuspension benthischer Organismen gespeist. Das in der Bodennepheloidschicht befindliche Material kann durch Strömungen über sehr weite Distanzen verdriftet werden. An Pyknoklinen können am Hang abströmende, suspensionsführende Wassermassen horizontal in den Wasserkörper eingeschichtet werden und die Suspension als intermediäre Nepheloidschicht in abyssale Bereiche verdriften (DICKSON &

MCCAVE 1986, THORPE & WHITE 1988).

2.3.

STRÖMUNGSMECHANISMEN

Die wichtigsten Mechanismen der Wassermassenbewegung sind gravitative und thermohaline Strömungen, die sich grundlegend voneinander unterscheiden. Die folgenden zwei Unterkapitel beschreiben gravitative und thermohaline Strömungen besonders im Hinblick auf ihre Ablagerungsmechanismen und die Wiedererkennungsmöglichkeiten der zugrundeliegenden Prozesse aus einer Sedimentprobe. Generell können sowohl Contourite als auch Turbidite leicht mit anderen Prozessen verwechselbare Strukturen und Sortierungsmerkmale im Sediment hinterlassen (FAUGERES & STOW 1993).

2.3.1.

Turbidite und andere gravitative Ströme

Bei gravitativ getriebenen Strömungen im submarinen Bereich wird zwischen Turbiditen, Dichteströmen und Schlammströmen unterschieden (LOWE 1979).

Turbidite sind Ströme, die vorwiegend suspendiertes Sediment transportieren und daher eine geringe Dichte aufweisen und zum Teil sehr hohe Geschwindigkeiten erreichen können. Dichteströme erreichen ebenfalls sehr hohe Geschwindigkeiten.

Ihre Dichte ist wesentlich höher, da ihr Fluid nicht mehr Wasser, sondern Schlamm ist. Im angelsächsischen Sprachgebrauch werden sie daher im Gegensatz zu Turbiditen, die 'fluid-gravity flows of low density' sind, als 'fluid-gravity flow of high density' bezeichnet (Hsü 1989). Schlammströme haben auch eine hohe Dichte, da ihr Fluid ebenfalls Schlamm ist; sie weisen jedoch nicht so hohe Geschwindigkeiten auf. Die hohe Viskosität des Schlammes und geringere Geschwindigkeiten verursachen im Gegensatz zu Turbiditen und Dichteströmen, die turbulentes Strömungsverhalten zeigen, ein laminares Strömen. Im angel- sächsischen Sprachgebrauch werden sie als 'debris flow' und ebenfalls als 'fluid- gravity flow of high density' bezeichnet (Hsü 1989).

-14-

(20)

0

Abb.3:

0.25 0.5 1 2 3 5 7 9 12 15 18

Hangneigung [°]

Hangneigungen im Europäischen Nordmeer. Die Isolinien markieren die 0,25 °, 1 °, 5 ° und 12 ° Hangneigungskonturen. Die Hangneigungen wurden auf der Basis der Tiefenwerte des ETOPOS-Datensatzes (ETOPOS 1986) errechnet.

(21)

Die Grenze zwischen Turbiditen und Dichteströmen ist hydrodynamisch definiert.

BAGNOLD (1962) zeigt experimentell, daß ein Sedimentgehalt von mehr als 9 %, das entspricht einer Wasser-Sediment-Dichte von ca. 1,1 bis 1,3 g/cm3, nicht mehr in Suspension transportiert werden kann, sondern daß der vorherrschende Prozeß dann des bodennahen Sedimenttransportes in der Strömung auf Kornkollisionen beruht.

Feinkornturbidite, die Ton und Silt gravitativ transportieren, können z. T.

mächtige Sedimente ablagern. Sie erreichen auf Grund ihrer geringen Dichte nur Geschwindigkeiten bis zu etwa 20 cm/s (STOW & SHANMUGAM 1980).

Turbidite bewirken einen erheblichen Sedimenttransport sowohl vom Schelf als auch von ozeanischen Rücken in die Becken. Auf Grund ihres hydrodynamischen Verhaltens und ihres Trägheitsmomentes haben sie eine erstaunlich hohe Reichweite. Im Europäischen Nordmeer findet man sandige und siltige Sedimente von Turbiditen z. B. nicht nur entlang der Kontinentalhänge und Rücken, sondern ebenfalls in distalen Beckenbereichen.

Im Idealfall hinterlassen Turbidite gradierte, nach oben feiner werdende Sedimentschichten, deren Korngrößenspektrum von Kies, in Ausnahmefällen auch Geröllen bis zu Feinsilt und Ton reichen kann. Turbiditablagerungen, die das komplette Spektrum der Bouma-Sequenz, der Abfolge von einer Erosions- diskordanz an der Basis über massive Sandlagen bis zu Laminationen im Siltkorngrößenbereich und Tonen zuoberst in der Turbiditablagerung (BOUMA 1962), aufweisen und sukzessive abnehmende Energie widerspiegeln, findet man in den Sedimenten des Europäischen Nordmeeres sehr selten. Sedimente turbiditischen Ursprungs sind in Abhängigkeit von ihrer Transportweite und der Turbulenz in der Turbiditströmung in den einzelnen Schichten der Ablagerung im allgemeinen gut bis sehr gut sortiert. Im Europäischen Nordmeer liegen die Korngrößen meist im Sand- bis Feinsilt-Bereich.

Zur wichtigsten Voraussetzung für gravitative Umlagerungsprozesse und das Abströmen dichten Bodenwassers zählt in erster Linie die Hangneigung. Abb. 3 zeigt die Hangneigungen [0] für die verschiedenen Gebiete des Europäischen Nordmeeres. Auf dieser Karte erweisen sich der norwegische Kontinentalhang, vor allem im Bereich des Lofotenbeckens, der grönländische Kontinentalhang, der Spitsbergen-Kontinentalhang, die Jan-Mayen Bruchzone und Bereiche der Grönland-Bruchzone als besonders steile Gebiete, in denen verstärkt mit Turbidit- Bildung zu rechnen ist.

2.3.2.

Contourite

Contourite sind von thermohalinen, zu bathymetrischen Konturlinien parallel fließenden Bodenströmungen abgelagerte Sedimente (HEEZEN et al. 1966). Das Korngrößenspektrum variiert von feinen Schlämmen (stark Ton- und Feinsilt- haltig) bis zu Sanden und in Ausnahmefällen auch gröberen Sedimenten.

Normalerweise wird in diesen Sedimenten starke Bioturbation beobachtet, so daß primäre Sedimentstrukturen, Laminationen, Rippeln und Erosionsflächen, schlecht erhalten sind (STOW & LOVELL 1979). Contourite treten in Driftgebieten, Bereichen langzeitig besonders starker thermohaliner Strömungen, sehr häufig auf.

Eine 'Standardsequenz' in diesen Driftgebieten umfaßt feine bioturbierte Schichten

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(22)

von tonigem Silt, siltigem Ton über Silt bis zu Sand in wechselnder Abfolge (FAUGERES et al. 1984). Die Schichtung ist im allgemeinen nicht mit dem bloßen Auge zu erkennen, sondern muß in Radiographien und durch feine Beprobung für Korngrößen- und Zusammensetzungsanalysen untersucht werden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen ergeben langfristige Strömungswechsel als Ursache für die Schichtung der Sedimente (STOW et al. 1986). Besonders starke Contourströme können Restsediment-Bildung verursachen oder Sedimente aufarbeiten und sortieren. In Kastenlotsedimenten aus dem Europäischen Nordmeer treten vereinzelt sehr gut sortierte Foraminiferensande auf, die zum Teil als Contourite interpretiert werden (z.B. HAMICH 1991).

Häufig werden Sedimentwellengebiete genetisch in Zusammenhang mit Contourströmen gebracht. Diese können jedoch ebenfalls durch Turbidite gebildet werden (NORMARK et al. 1993). Die Zuordnung der Sedimentwellen zu einem der Prozesse ist teilweise problematisch (z. B. MARIANI et al. 1993).

2.4. TIEFSEE-STRÖMUNGEN

Thermohaline Strömungen in der Tiefsee sind nicht, wie lange Zeit angenommen wurde, konstant und wenig variabel in Intensität und Richtung, sondern weisen ein breites Spektrum an Strömungsgeschwindigkeiten und -richtungen auf. Ein wesentlicher Anteil des Wissens über thermohalin getriebene Tiefsee-Strömungen wurde im Rahmen der Erprobung und Durchführung des High-Energy-Benthic- Boundary-Layer-Experiments (HEBBLE) im Nord-West-Atlantik (HOLLISTER &

NOWELL 1991) gesammelt, dessen Datenerfassung auf einer langjährigen Veranke- rung mit der Messung zahlreicher Parameter basiert. Im Rahmen dieser Meßreihen wurden abyssale Stürme aufgezeichnet, die in der Größenordnung von mehreren Tagen um ein Vielfaches an- und wieder abschwellen, die Richtung wechseln und einen beträchtlichen Suspensionstransport in der Bodennepheloidschicht verur- sachen können (KERR 1980, GARDNER & SULLIVAN 1981, HOLLISTER & MCCAVE 1984).

Als Ursache wird neben sich verlagernden Mäandern des Golfstromes ein 'Durchpausen' hochenergetischer Zustände von der Meeresoberfläche in die Tiefsee angenommen. Die genauen Zusammenhänge sind jedoch noch nicht ausreichend geklärt. Auffallend ist aber ein Auftreten von Contouritströmen unterhalb von Meeresoberflächen, in denen auf Grund atmosphärischer und ozeanographischer Hochenergiezustände große Höhendifferenzen beobachtet werden (RICHARDSON 1983, .RICHARDSON et al. 1981).

Die Physiographie des Europäischen Nordmeeres führt zusammen mit der hydro- graphischen Situation zu einer Intensivierung der thermohalin getriebenen Strömungen, da die meridional strömenden Wassermassen an den Kontinental- hängen durch die Coriolis-Kraft fokussiert werden und im Wechselspiel mit der Topographie dann zu Contouritströmen führen können. Besonders wenn der Querschnitt der Strömungen durch topographische Barrieren verengt wird, können Contourit- und Sedimentwellenfelder auftreten. Dies ist im östlichen Europäischen Nordmeer vor allem am V0ring-Plateau und in der Framstraße der Fall, im westlichen Europäischen Nordmeer beobachtet man dieses Phänomen besonders

(23)

im Bereich von Vesteris Banken bis zur Jan-Mayen-Bruchzone.

Im Europäischen Nordmeer wurden bisher nur wenige Strömungsmessungen durchgeführt bzw. Verankerungen mit Strömungsmessem ausgebracht, in denen bodennahe Strömungen erfaßt wurden, die die Variationsbreite der Strömungs- intensitäten über einen längeren Zeitraum aufzeigen. AAGAARD et al. (1973) berichten von einer Position in der Framstraße im Bereich des West-Spitsbergen- Stromes (78°35'N, 2°20'E), auf der im Laufe eines Jahres in einer Wassertiefe von 1360 m bei einer Meerestiefe von 2460 m eine maximale Strömungsgeschwindigkeit von 31 cm/s erreicht wurde. Die mittlere Strömungsgeschwindigkeit lag bei 5,6 cm/s. In weiteren Verankerungen in der Framstraße auf ca. 78°4'N wurden in ca. 30 bis 50 m über Grund zwischen August 1986 und Juni 1987 am grönländischen Kontinentalhang (5° 2' W) in 1000 m Wassertiefe sehr geringe Strömungs- geschwindigkeiten von wenigen cm/s ohne ausgeprägte Maxima gemessen; auf der Position 0° 1' E traten in einer Wassertiefe von 2550 m Werte von 10 cm/s häufig auf, 20 cm/s wurden jedoch selten überschritten; auf dem Knipovitch-Rücken (7°

60' E) wurden bei 1000 m Wassertiefe wieder nur sehr geringe Strömungs- geschwindigkeiten von wenigen cm/s ohne ausgeprägte Maxima gemessen; eine Position am Spitsbergen-Kontinentalhang (8° 41' E) wies in 1650 m Wassertiefe häufig Werte von über 20 cm/s, in Spitzen bis zu über 30 cm/s, auf (AAGAARD et al.

1991). Mittlere gemessene Strömungsgeschwindigkeiten für den Ostgrönlandstrom in der Framstraße liegen bei 2,3 cm/s in 1378 m Wassertiefe bzw. 0,5 cm/s in 2334 m Wassertiefe (AAGAARD et al. 1985). Auf einer Verankerungsposition am Fuße des Barentsschelf-Kontinentalhanges (75°12'N, 12°29'E) wurden bei einer Wassertiefe von 2047 m zwischen März und Juli 1991 maximale Strömungsgeschwindigkeiten von 32 bis 38 cm/s in einer Höhe von 50 m über der Sedimentoberfläche gemessen (münd!. Mitteilung F. Blaume).

2.5. SEDIMENTTRANSPORT IM EUROPÄISCHEN NORDMEER

Die intensive topographische Gliederung, das meridionale Strömungssystem und die Prozesse zur Tiefenwasserbildung bedingen im Europäischen Nordmeer ein komplexes Strömungsmuster. Die daraus resultierenden Transportprozesse sind daher entsprechend vielseitig und z. T. auf enge Gebiete begrenzt, so daß sich aus den bisherigen Forschungsergebnissen ein noch unvollständiges Gesamtbild ergibt.

Turbiditlagen werden häufig in Sedimentkernen von den Kontinentalhängen und den mittelatlantischen Rückenabschnitten und Transformstörungen gefunden. Auf Grund des Trägheitsmomentes der Turbidite können diese jedoch auch bei geringerer Hangneigung noch große Distanzen zurücklegen. Daher werden Turbiditablagerungen auch in distalen Beckenbereichen angetroffen, wo sie auf Grund ihrer guten Sortierung zu identifizieren sind. Auf GLORIA-Seitensicht- Sonar-Aufnahmen des Grönlandbeckens und des grönländischen Kontinental- hanges (MIENERT et al. 1993) belegen Rinnen einen kanalisierten Sedimenttransport durch Turbidite. Sedimentwellenfelder und damit vermutlich assoziierte

- 18 -

(24)

Contourit-Gebiete wurden ebenfalls im Bereich des grönländischen Kontinental- hanges auf Seitensicht-Sonar-Aufnahmen beobachtet (MIENERT et al. 1993). Ihr Vorkommen ist jedoch vorwiegend auf ein kleines Gebiet zwischen Vesteris Banken und einem Sporn unmittelbar nördlich der Jan-Mayen Bruchzone, der vom Kontinentalhang ins Grönlandbecken reicht ('Dorothy's Nose'), beschränkt, wo sich der Strömungsquerschnitt des Ostgrönlandstromes drastisch verengt. Vom norwegischen Kontinentalhang und dem Barentsschelf werden topographie- geführte Strömungsmuster und Winterwasser-Kaskaden geschildert, die Hoch- akkumulationsgebieten Sediment zuführen (BLAUME 1992, RUMOHR 1992). Aus geophysikalischen Untersuchungen sind zahlreiche, z. T. sehr große Rutschungen am norwegischen Kontinentalhang bekannt, z. B. die Storregga-Rutschmasse (BUGGE 1983, BUGGE et al. 1987, 1988). Auf der östlichen Seite des Europäischen Nordmeeres, insbesondere im Bereich des norwegischen Kontinentalhanges und des Bäreninselfächers, treten Rutschungen und Dichteströme generell häufiger auf als auf grönländischer Seite, da hier vor allem in Glazialzeiten durch die auf die Schelfe reichenden Gletscher wesentlich mehr Sediment abgelagert wurde und dieses durch hohen Porenwasserdruck zur Instabilität neigt (münd!. Mitteilung F.-J.

Hollender in Vertretung der wissenschaftlichen Besatzung des RRV James Clark Ross als ein Ergebnis einer Side-Scan-Sonar-Kampagne an den östlichen Kontinen- talhängen des Europäischen Nordmeeres im Sommer 1994).

2.6.

REKONSTRUKTION VON STRÖMUNGSINTENSITÄTEN

In fossilen Lockersedimenten ist die Rekonstruktion der bei der Ablagerung wirk- sam gewesenen Strömungsgeschwindigkeiten aus tiefmarinen Bereichen immer wieder das Ziel von Untersuchungen. Als Strömungsindikatoren dienen dabei die mittlere Korngröße (z.B. ELLWOOD & LEDBETIER 1977, LEDBETIER & ELLWOOD 1980, HUIZHONG & MCCAVE 1990) oder Sedimentstrukturen (z.B. HISCOTI et al. 1989).

Diese Strömungsindikatoren stellen jedoch nur schwer quantifizierbare Größen dar. Störeinflüsse, wie Contourite und Turbidite, werden nur erkannt, wenn die Korngröße signifikant von der mittleren Korngröße abweicht.

Sowohl für rezente als auch fossile Sedimente gibt es zahlreiche Untersuchungen mikropaläontologischer, sedimentologischer und geochemischer Art, die deduktiv auf Tiefsee-Strömungen schließen, indem sie geeignete Arten, Partikel oder Substanzen als Tracer benutzen und aus deren Vorkommen und Verbreitungsmuster in Sedimentkernen Transportwege rekonstruieren (Beispiele aus dem SFB 313: SCHRÖDER-RITZRAU 1994 mit Radiolarien, KOHLY 1994 mit Diatomeen und MAAßEN 1994 mit organischen Substanzen als Tracern).

2.7.

SINKGESCHWINDIGKEITS-ANALYSEN

Durch die Sedimentationsanalyse werden die Sinkgeschwindigkeiten von Partikeln in nicht-turbulentem Fluid bestimmt. Man erhält einen Parameter, der von den hydrodynamischen Eigenschaften der Partikel, Korngröße, Dichte, Form und Oberflächenbeschaffenheit, bestimmt wird. Der Parameter Sinkgeschwindigkeit ist

(25)

daher ideal zur Untersuchung von Prozessen geeignet, die zur Bildung eines Sedimentes unter aquatischen Bedingungen geführt haben. Sinkgeschwindigkeiten von Partikeln wurden experimentell erstmals von RUBEY (1933) systematisch gemessen und ausgewertet. Empirisch wurde der Zusammenhang zwischen Sinkgeschwindigkeit und Transportverhalten hergestellt, indem man Formeln entwickelte, mit deren Hilfe aus der Sinkgeschwindigkeit von Partikeln deren kritische Schubspannung, bei der diese Partikel soeben bewegt werden, errechnet wurde. Dieser Zusammenhang wurde seitdem von zahlreichen anderen Sedimentologen untersucht und angewendet (YANG 1973, COLLINS & RIGLER 1982, KOMAR & CLEMENS 1986). Vor allem die Sinkgeschwindigkeiten von Foraminiferenarten, die in Sinkgeschwindigkeits-Verteilungen eine gute Artendifferenzierung zeigen, wurden experimentell analysiert, um ihr Transportverhalten zu ergründen (BERGER & PIPER 1972, FOK-PUN & KOMAR 1983).

Ihre Indikatorfunktion für Sedimenttransport wurde im Schelf- und Küstenbereich genutzt (GRABERT 1971).

Die experimentell im Labor gemessenen Sinkgeschwindigkeiten sind nicht unmittelbar mit den Sinkgeschwindigkeiten im marinen Milieu vergleichbar, da im Labor die Sinkgeschwindigkeit eines einzelnen Partikels in einer nicht turbulenten Wassersäule gemessen wird, während in den Ozeanen die Wassersäule Turbulenzen aufweist und sehr häufig Aggregatbildung zwischen den Partikeln stattfindet (z.B. HONJO et al. 1982).

Die kinetisch unterschiedlichen Zustände des laminaren und turbulenten Sinkens von Partikeln (s. a. Kap. 2.7.3) führen jedoch dazu, daß nicht das komplette Korngrößenspektrum in einem Meßdurchgang analysiert werden kann (SENGUPTA

& VEENSTRA 1968). Vielmehr müssen die laminar und die turbulent sinkende

Fraktion getrennt gemessen werden. Bezogen auf natürliche Quarzkörner bedeutet dies vereinfacht ausgedrückt, daß die Grenze zwischen turbulentem und laminarem Sinken im Größenbereich zwischen ca. 35 und 65 µm liegt. Der Schnitt zwischen dem Meßverfahren für laminar und turbulent sinkende Partikel sollte also in diesem Korngrößenbereich liegen.

2.8.

THEORIE DES SEDIMENTTRANSPORTS

Die grundlegenden Prozesse bei der Ablagerung und Überprägung eines Sedimentes werden in starkem Maße von den hydrodynamischen Verhältnissen bestimmt. Unter der Voraussetzung, daß dem Sedimentationsgeschehen ein breit- gestreutes Korngrößenspektrum zur Verfügung steht, wie dies im allgemeinen bei Tiefsee-Sedimenten der Fall ist, hinterlassen die Erosions-, Akkumulations-, Sortierungs- und Umlagerungsprozesse typische Muster in den Sedimenten, sofern sich annähernd ein Gleichgewichtszustand zwischen Sediment und Strömung einstellen konnte. Eindeutige Erosionssedimente bzw. Restsedimente und eindeutige Akkumulationssedimente sind in Abb. 4 dargestellt. Als Ausgangssediment wird ein Sediment mit breitgestreuter Sinkgeschwindigkeits- Verteilung um ein mittleres Häufigkeitsmaximum angenommen. Die Verände- rung durch die Strömungen hinterläßt folgende Charakteristika:

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(26)

Abb. 4: Schematische Darstellung der Sinkgeschwindigkeits-Verteilung eines Akkumulations- Sedirnentes (oben), eines strömungssortierten Sedimentes (Mitte) und eines Restsedimentes (unten).

AKKUMULATIONSSEDIMENTE Akkumulationssedimente beste- hen aus einem größeren Anteil feinen Sedimentes, da durch die Strömung Sediment bis zu einer bestimmten Korngröße heran- transportiert und abgelagert wird (Abb. 4). In der Sinkgeschwin- digkeits-Verteilung haben sie typischerweise zur höheren Sink- geschwindigkeit einen steileren Anstieg zum Maximum als auf der Seite der niedrigeren Sinkgeschwindigkeit. Eine Ver- mischung von Akkumulations- sedimenten mit 'autochthonen' Sedimenten, die aus Partikeln bestehen, die mehr oder weniger strömungsunbeeinflußt senk- recht in der Wassersäule zum Meeresboden gesunken sind, kann so weit führen, daß ein 'Verdünnungseffekt' eintritt und daß man in der Menge des heran-

tr ansportierten Materials die gröberen autochthonen Kompo- nenten nicht mehr erkennt oder bei wenig strömungsakkumu- liertem Sediment dieses in der Menge 'autochthonen' Materials nicht mehr differenzieren kann. Partikel werden überwiegend akkumulativ abgelagert, wenn Strömungen sukzessive nachlassen.

RESTSEDIMENTE

Bei Restsedimenten (Abb. 4) ist eine hydrodynamisch leichtere (:=::feinere) Fraktion durch die Strömung 'ausgewaschen' und abtransportiert oder von vornherein nicht abgelagert worden; die Strömung hat also einen erosiven Charakter.

Restsedimente bestehen daher aus hydrodynamisch schwerem (::::grobem) Sediment; in der Sinkgeschwindigkeits-Verteilung zeigen sie auf der Seite der niedrigeren Sinkgeschwindigkeit einen steileren Anstieg zum Maximum als auf der Seite der höheren Sinkgeschwindigkeit. Restsedimente entstehen überwiegend in Gebieten, die fortwährend einer Strömung ausgesetzt sind und in denen vorhandenes Feinmaterial abtransportiert wird, bzw. sich kein Feinmaterial ablagert, das von der vorhandenen Strömung in Suspension transportiert werden kann. Im marinen Milieu sind sie in Contouritgebieten ein typisches Sediment.

(27)

Ein Spezialfall zwischen Rest- und Akkumulationssedimenten sind stark strömungssortierte Sedimente, die nur ein geringes Korngrößenspektrum aufweisen (Abb. 4). Das Vorkommen von gut sortierten Sedimenten deutet auf länger andauernde gleichmäßige Strömungen oder einen langen Transportweg hin.

Marine Prozesse, die gut sortierte Sedimente schaffen können, sind sowohl Turbidit- als auch Contouritströmungen. Daher ist es bei marinen Sedimenten schwierig, anhand einer guten Sortierung zu entscheiden, welcher der beiden Prozesse der Sortierung zugrunde liegt. Das Vorkommen gut sortierter Sedimente zusammen mit Restsedimenten deutet mehr auf konstant hohe Strömungen und damit auf Contourströme hin; gemeinsames Auftreten gut sortierter Sedimente mit Akkumulationssedimenten bei stärker schwankenden mittleren Korngrößen in einer Ablagerung ist dagegen eher Merkmal turbiditischer Prozesse.

In natürlichen Umgebungen treten selten Gleichgewichtszustände mit lang- andauernden, permanenten Strömungen auf. Daher sind die Sinkgeschwindig- keits-Verteilungen natürlicher Sedimente nicht immer eindeutig als Erosions- oder Akkumulationssedimente zu erkennen. Dies erschwert in Einzelfällen die Bestimmung von bei der Ablagerung wirksamen Strömungen.

2.8.1.

Transport und Ablagerung

Transport und Ablagerungsprozesse des Sedimentes beruhen auf einem komplexen Zusammenwirken verschiedener Faktoren sowohl des Sedimentes als auch des Fluids und der Lokalität (MCCAVE 1984). Von Einfluß sind:

• die Verfügbarkeit von Sediment und Korngrößenangebot (z. B. HJULSTRÖM 1936, UNSÖLD 1982),

• die Strömungsintensität bzw. die Tendenz der Zu- oder Abnahme,

• die Dauer des Strömungseinflusses (handelt es sich bei dem Sedimentations- prozeß um einen Gleichgewichts- oder Ungleichgewichtsprozeß?),

• die topographische Situation, Wirbelbildung, interne Wellen, die Turbulenz im Wasserkörper und Schichtungen,

• physikalische Sedimenteigenschaften: Wassergehalt (MIGNIOT 1968), Kom- paktion (KRONE 1963),

• hydrodynamische Faktoren des Sedimentes und des Fluids: Rauhigkeit der Sedimentoberfläche, Dichte und Viskosität der Flüssigkeit, Sedimentfracht in der Flüssigkeit,

• Kohäsion, sowie Koagulation und Aggregation des Sedimentes auf Grund biologischer und physiko-chemischer Einflüsse und Kräfte,

• die physiko-chemisch bedingte Kohäsion durch die Kationen-Austausch- Kapazität (z. B. SARGUNAM et al. 1973), den Wassergehalt des Sedimentes, das Verhältnis von Porenwasser-Salzgehalt zur Meerwasser-Salinität, frühdiagene- tische Prozesse und den Natrium-Adsorptions-Radius (Verhältnis Na+ /Ca2++Mg2+, z.B. ARULANANDAN 1975),

-22-

(28)

• Koagulation und Aggregation durch die Brown'sche Molekularbewegung, van der Waals-Kräfte, Elektronenbindungskräfte,

• biologische Aktivitäten: aktive Akkumulation und Resuspension von Partikeln (z.B. THOMSEN 1992).

Die wichtigsten biologischen und physikalischen Einflüsse sind in Abb. 5 schematisch dargestellt.

Abb.5:

2.8.2.

Die wichtigsten biologischen und physikalischen Einflüsse auf die Sedimen takkumulation.

Hydrodynamische Parameter

Sedimente werden in entscheidendem Maße von den Ereignissen größter Strö- mungsgeschwindigkeiten geprägt. Um diese aus den Kernproben herleiten zu können, ist es wichtig, die kritische Strömungsgeschwindigkeit der wichtigsten Sedimentkomponenten im Sandkorngrößenbereich - im Europäischen Nordmeer sind dies im wesentlichen Foraminiferengehäuse und terrigene Partikel - zu kennen. Die kritische Strömungsgeschwindigkeit ist jene Geschwindigkeit, bei der sich Sedimentpartikel definierter Größe, Dichte, Form und Oberflächen- beschaffenheit gerade noch nicht in Bewegung setzen. Zu ihrer Bestimmung stehen drei Möglichkeiten zur Verfügung (OEHMIG 1993):

• experimentelle Messung in Strömungskanälen mit Orginalproben aus dem marinen Bereich (siehe SOUTHARD et al. 1971) oder die Messung von kritischen Strömungsgeschwindigkeiten auf einem den natürlichen Verhältnissen nach- empfundenen Substrat, wie dies KONTROVITZ et al. (1979) mit verschiedenen Foraminiferenarten durchgeführt haben. Beide Möglichkeiten sind technisch

(29)

anspruchsvoll, sehr aufwendig und kostenintensiv, da große Mengen Originalsediment benötigt werden und die natürlichen Sedimentoberflächen bis ins Detail rekonstruiert werden müssen.

• die in situ-Bestimmung der kritischen Strömungsgeschwindigkeiten mit Unterwasser-Strömungskanälen (z.B. YOUNG & MANN (1985) in Wassertiefen bis zu einigen Metern) oder in situ-Messungen und Beobachtungen am Meeresboden. Auch diese beiden Methoden sind sehr kostenintensiv und technisch äußerst aufwendig.

• die Berechnung der kritischen Strömungsgeschwindigkeit für Einzelpartikel aus im Labor gemessenen Kornparametern. Die Grundlagen und Formeln hierfür wurden im wesentlichen von SHIELDS (1936) und HJULSTRÖM (1936) empirisch auf Grund von Laborversuchen ermittelt.

Bei der Erarbeitung der hydrodynamischen Parameter muß großes Augenmerk auf die Lösung des Problems der Transport-Äquivalenz gelegt werden. Zwei Partikel sind transport-äquivalent, wenn sie die gleiche kritische Strömungsgeschwindigkeit besitzen. Sie können aber völlig unterschiedliche Größen, Dichten, Formen und Oberflächenrauhigkeiten haben. Proben aus dem Europäischen Nordmeer können je nach Probennahmepunkt und Kerntiefe zum Teil aus fast reinem Karbonat oder ausschließlich aus terrigenem Material bestehen. Will man kritische Strömungs- geschwindigkeiten zweier solcher Proben bestimmen und diese miteinander vergleichen, so muß die Transport-Äquivalenz für die unterschiedlichen Größen, Dichten, Kornformen und Oberflächenbeschaffenheiten geklärt werden. Da diese Parameter in unterschiedlicher Gewichtung in die Formeln für die kritische Strömungsgeschwindigkeit und die Sinkgeschwindigkeit eingehen, bedeutet Trans- portäquivalenz zweier Partikel mit unterschiedlichen Größen, Dichten, Formen und Oberflächenbeschaffenheiten nicht, daß diese auch die gleiche Sinkgeschwin- digkeit haben.

2.8.3.

Strömungsmechanische Grundlagen

Laminare und turbulente Bewegung stellen unterschiedliche kinetische Zustände in einem Fluid dar. Diese unterschiedlichen Zustände gelten sowohl für das Sinken von Partikeln in einem Fluid als auch für das Überströmen einer Sediment- oberfläche. Beim laminaren Strömen sind die Stromlinien gerade oder leicht gekrümmt und mehr oder weniger parallel. Turbulentes Strömen wird durch stark verflochtene, ständig wechselnde, 'chaotische' Stromlinien repräsentiert (s. Abb. 6).

Ob ein Strömungszustand laminar oder turbulent ist, kann durch die Reynolds- Zahl beschrieben werden: Re= wsD, mit Ws= Sinkgeschwindigkeit, D = Korndurch-

v

messer und V=kinematischer Viscosität.

Liegt die Reynolds-Zahl im Bereich von ca. 20 bis 2·105, so dominieren turbulente Kräfte, während viskose Kräfte bei einer Reynolds-Zahl unterhalb von ca. 20 vorherrschen und der Strömungszustand dann laminar ist. Physikalisch gesehen stellt die Reynolds-Zahl das Verhältnis der Trägheit zur Viscosität dar.

-24-

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Reynolds number • pDVc,1,i

Abb. 6: Errechnete Schubspannungskoeffizienten CD runder Partikel als Funktion der Reynolds-Zahl Re und der Partikel- Konzentration. Das Diagramm zeigt, wie sich die Stromlinien- Bewegungsmuster um einzelne Kugeln mit der Reynolds-Zahl ändern (aus ALLEN 1985).

Bei der Messung von Strömungsprofilen über Sedimentoberflächen stellt man eine logarithmische Zunahme der Strömungs- geschwindigkeit von O cm/ s nahe der Sedimentober- fläche bis zum Erreichen der maximalen Geschwindigkeit fest (Abb. 7). Dieser Bereich wird je nach Strömungs- zustand laminare oder tur- bulente Grenzschicht ge- nannt. Der Bereich unmit- telbar an der Sediment- oberfläche, in dem durch die Nähe zur Sedimentober- fläche turbulente Wirbel unterdrückt werden, ist die viskose Unterschicht. Lami- nare und turbulente Strö- mungsprofile unterscheiden sich stark durch den Geschwindigkeitsgradienten an der Sedimentoberfläche. Bei einer turbulenten Strömung ist der Geschwindigkeitsgradient wesentlich steiler als bei der laminaren Strömung. Demzufolge übt die turbulente Grenzschicht einen sehr viel stärkeren Scherstress auf die Sedimentoberfläche aus.

Bei den im Europäischen Nordmeer untersuchten Transportprozessen der Fraktion >37 µm handelt es sich auf Grund der relativ hohen Strömungs- geschwindigkeiten ausschließlich um turbulente Strömungsvorgänge. Die Dicke der viskosen Unterschicht liegt bei den energiereichsten dieser Pro- zesse in der Größenordnung der Korndurchmesser transportierter Par- tikel, bei den energieärmsten Prozes- sen in der Größenordnung bis ca. 1,5 mm.

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Abb. 7: Vergleich der Strömungsgeschwindigkeits- Profile einer turbulenten (a.) und laminaren (b.) Grenzschicht.

Referenzen

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