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Verbesserung von Tierwohl im Bestand – Mängel erkennen und kleine Maßnahmen direkt anwenden

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17. Jahrestagung, 18.– 20. Oktober 2016, LLA Triesdorf

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Verbesserung von Tierwohl im Bestand – Mängel erkennen und kleine Maßnahmen direkt anwenden

Claudia Leicher, Dr. Bernhard Haidn

Landesanstalt für Landwirtschaft, Prof.-Dürrwaechter-Platz 2, 85586 Poing

In der Gesellschaft, in der Politik wie auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet ist Landwirtschaft und dort der Schwerpunkt Tierwohl ein wichtiges Thema. Eine Studie über das Image der deutschen Landwirtschaft (I.M.A, 2012) belegte, dass Verbraucher/-innen sehr starkes Interesse an der Produktqualität, der Lebensmittelsicherheit und dem Umgang mit den Tieren zeigen. Vor allem in Bayern erachten 92 % der befragten Personen nutztierethische Fragestellung als besonders wichtig. Der Beruf des Landwirts zählt nach dieser Studie zu den drei wichtigsten Berufen, nach Ärzten und Lehrern. Aber die Bevölkerung stellt vor allem auch sehr hohe Anforderungen an die Landwirtschaft, vor allem fordern 85 % der Befragten von den Landwirten einen verantwortungsvollen Umgang mit den Nutztieren. Dies wirkt sich als Druck auf die in der Landwirtschaft tätigen Berufsgruppen, vor allem auf die tierischen Bereiche aus.

In einer Studie (LKV, 2013) zeigte sich dass ein Großteil bayerischer Stallgebäude bereits seit mehreren Generationen besteht. Während dieser Zeit ist die Leistung der Tiere und auch ihre Größe und ihr Umfang deutlich gestiegen (LFL, 2014). Neue Stallgebäude können ver- gleichsweise einfach nach aktuellen Empfehlungen, den Anforderungen an das Tierwohl ent- sprechend geplant und gebaut werden. Auch in bestehenden Stallungen können in allen Teil- bereichen durch verschiedene Einzelmaßnahmen Verbesserungen und Anpassungen ermög- licht werden.

Die Bestimmung von Tierwohl

An den Verhaltensweisen der Tiere und ihrem Erscheinungsbild ist zu erkennen, ob sie sich wohl fühlen. Als Grundlage des Verhaltens kann, natürlich in abgeschwächter Form, das Ver- halten artgleicher Tiere in freier Umwelt herangezogen werden. Um sich selber zu schützen, passen sich Tiere ihren Haltungsbedingungen an. Bei Störungen oder besonderen Beanspru- chungen kann diese Anpassungsstrategie aus dem Gleichgewicht geraten. Die Folgen sind Stress, Schmerzen oder Verletzungen (SUNDRUM, 1998).

Um Tierwohl möglichst einheitlich und neutral zu bewerten, gibt es verschiedene Ansätze für Bewertungssysteme, die aber im Wesentlichen ähnlich aufgebaut sind. Meist werden unter- schiedliche Schwerpunkte betrachtet, zum Beispiel mehr tierbezogene oder mehr haltungsbe- zogene Indikatoren. Anhand dieser Indikatoren können mögliche Schwachstellen im Stall ermittelt werden. Nach Änderung des Tierschutzgesetzes sind seit Anfang 2014 betriebliche Eigenkontrollen gesetzlich vorgeschrieben (TierSchG, §11(8), 2006). Eine Expertengruppe des KTBL hat erste Ansatzpunkte veröffentlicht, jedoch fehlen noch geeignete Bewertungs- maßstäbe (KTBL, 2015).

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Häufige Schwachstellen, mögliche Ursachen und Maßnahmen zu deren Behebung Nachfolgend sollen für verschiedene Funktionsbereiche häufige Schwachstellen in bayeri- schen Milchviehlaufställen, deren Ursachen sowie die vorgeschlagene Maßnahmen zu deren Behebung dargestellt werden.

Liegebereich

Kühe liegen etwa 50% des Tages. Insgesamt wird eine tägliche Liegedauer von 12 bis zu 14 Stunden angestrebt. Durch ausreichende Ruhephasen ergeben sich positive Einflüsse auf das Wiederkauverhalten, die Klauen– und die Gliedmaßengesundheit wie auch die Euterdurchblu- tung. Jedes Tier soll mindestens eine Liegebox zur Verfügung haben. Die Tiere sollen voll- ständig auf einer weichen, verformbaren, rutschfesten und hygienisch unbedenklichen Liege- fläche liegen, ohne Druckstellen durch die Stalleinrichtung oder die Unterlage zu bekommen.

Während des Abliege- und des Aufstehvorganges sollen keine Kollisionen mit der Stallein- richtung auftreten. Deshalb müssen der Freiraum im Bereich der Hinterhand und der Kopf- raum ausreichend bemessen sein (80 – 110 cm). Im Kopfraum kann frisches Einstreumaterial gelagert werden. So können die tägliche Reinigung und der Einstreuvorgang schneller und weniger aufwendig durchgeführt werden. Stehen etwa drei Stunden nach der Fütterung gene- rell zu viele Tiere im Stall (es sollten um die 70 % der Kühe liegen!) müssen die Steuerungs- elemente, die Liegeflächen wie die Belegdichte im Stall überprüft werden.

Durch Behebung von Mängeln im Liegebereich können Verschmutzungen der Tiere, wie auch Verletzungen im Bereich des Carpal- oder Tarsalgelenk entgegengewirkt werden. Durch Anpassen der Steuerungselemente kann das Liegeverhalten deutlich verbessert werden. Über- belegung soll auf jeden Fall vermieden werden.

Fressbereich und Wasseraufnahme

Die Hauptaktivitäten der Kühe, Liegen und Fressen, beeinflussen einander gegenseitig. Es müssen ausreichend Fressplätze zur Verfügung stehen (am besten ein Fressplatz je Tier oder bei häufigerer Futtervorlage oder Vorratsfütterung 1:1,2 oder in Ställen mit AMS oder/und AFS bis zu 1:1,5). Bei einer zu geringen Zahl von Fressplätzen kommt es zu Verdrängungen und langen Wartezeiten vor allem der rangniederen Tiere. Dies wirkt sich unter anderem ne- gativ auf die Liegezeiten aus. Sind die Abmessungen im Fressbereich nicht an die Tiere ange- passt (Halsweite zu eng <23 cm, Fressplatzbreite zu gering <75 cm, Barrenwand zu hoch

>55 cm, u.a.) kann es zu Stress und Verletzungen und vor allem zu geringerer Futteraufnahme kommen. 84 % der Betriebe weisen leichte bis deutliche Mängel in der Gestaltung der Bar- renoberfläche auf (LKV, 2013). Diese sollte 110 cm tief sein und eine glatte, hygienische Oberfläche aufweisen. Sie kann relativ gut nachträglich an diese Empfehlung angepasst wer- den.

Tränken sollten in ausreichender Anzahl (Einzeltränke = 7 Kühe, Trogtränke = 20 Kühe) im Stall vorhanden sein und die Tiere mit sauberem Trinkwasser bei ausreichendem Wassernach- fluss bei offener Wasseroberfläche versorgen. Die Positionierung der Tränken sollte den Tier- verkehr nicht behindern, auch falls einzelne Kühe sich länger an der Tränke aufhalten. So sind zum Beispiel Tränken in Quergängen mit geringerer Breite so anzuordnen, dass die Tiere bei der Wasseraufnahme parallel zum Durchgang stehen.

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3 | S e i t e Optimierung der Fressplatzgestaltung und der Wasserversorgung können zu einer höheren Grundfutteraufnahme führen und Wartezeiten der Tiere verkürzen.

Laufbereich

Ursprünglich lebte das Rind in großen Herdenverbänden bis zu 70 Tieren. Sie haben große Distanzen auf weichem, unebenem Boden zurückgelegt. Trotz ausgeprägter sozialer Kontakte zu „befreundeten“ oder verwandten Tieren beanspruchen Kühe variierende Individualdistan- zen und eine deutliche Rangordnung in einer Herde. Die Tiere gehen mit gleichmäßigen, um die 80 cm langen Schritten. Sie haben dabei den Kopf erhoben und zeigen eine gerade Rü- ckenlinie. Laufflächen verbinden die verschiedenen Bereiche eines Milchviehstalles mitei- nander, werden also ständig genutzt. Demnach sollen die Laufflächen so gestaltet sein, dass die Tiere zügig ausschreiten können ohne auszurutschen. Des Weiteren soll gewährleistet sein, dass die Kühe einen festen Stand haben, um Körperpflege zu betreiben (Dreibeinstand) und um während der Brunst ausreichend Halt zu haben. So können Verletzungen vermieden werden. Weiterhin ist bei der Beurteilung der Laufflächen zu berücksichtigen, dass genügend Platz zur Verfügung steht (Überbelegung vermeiden!). Gerade an engen Stellen, wie zum Beispiel in Quergängen mit weniger als drei Boxenbreiten oder dem Melkstandausgang muss die Position von Tränkebecken oder Kuhbürsten genau überprüft werden. Die Hygiene im Laufbereich ist wichtig, und kann durch technische Hilfsmittel (Entmistungsroboter oder Mistschieber) besser gewährleistet werden. Bei Schiebern ist auf einen regelmäßigen Betrieb (etwa alle 2 Stunden) bei geringer Geschwindigkeit (4m/min) zu achten.

Durch Behebung von Mängeln im Laufbereich kann die Klauen- und Gelenkgesundheit ver- bessert, sowie das Tierverhalten und die Ruhe in der Herde positiv beeinflusst werden.

Stallklima und Beleuchtung

Die Thematik Stallklima und Beleuchtung und deren Wirkung auf das Rind ist sehr komplex.

Sie beinhaltet mehrere Faktoren wie Temperatur, Luftfeuchte, Luftgeschwindigkeit, Schad- gasgehalte, Lichteinfallfläche und Beleuchtung und wird von der Umwelt beeinflusst. Gerade in älteren Ställen, die meist noch als Warmställe gebaut wurden, herrschen oft Mängel auf- grund mangelhaften Luftaustausches, fehlender bzw. fehlerhafter Lüftungstechnik oder feh- lender natürlicher Lüftung. Die Wohlfühltemperatur der Kühe liegt zwischen 4 ° C und 16 ° C und die Tiere zeigen bereits bei etwa 20 °C und 70 % Luftfeuchte erste Anzeichen von Hitze- stress. Dies wirkt sich negativ auf die Physiologie der Tiere, auf die Leistung wie auch auf das Wohlbefinden aus und kann zu ökonomischen Schäden führen (LfL, 2016). Die Auswirkun- gen zu hoher Temperaturen können auch direkt am Tier beobachtet werden. Die Herz- und Atemfrequenz der Tiere steigt deutlich an. Letzter von etwa 40 auf über 80 Atemzüge pro Minute und sie fangen an zu schwitzen. Dadurch verlieren sie Mineralstoffe, die sie durch eine vermehrte Wasseraufnahme wieder auszugleichen versuchen (ausreichendes Wasseran- gebot für die Tiere bereitstellen.). Die Tiere stehen mehr, da im Stehen mehr Körperoberflä- che zur Wärmeabgabe vorhanden ist. Weiterhin positionieren sich die Tiere an klimatisch besseren Orten im Stall, wie vor Öffnungen ins Freie oder den Tränkebecken. Durch die phy- siologischen Gegebenheiten der Kühe beim Stehen ist wichtig, darauf zu achten, dass im Stall eine gleichmäßige Beleuchtung mit ausreichender Helligkeit von 150 – 200 LUX am Tag und 10 LUX in der Nacht herrscht.

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Erste Maßnahmen für bessere klimatische Bedingungen ist eine Verbesserung der Querlüf- tung vorzunehmen. Der Einsatz von richtig eingestellten Ventilatoren (Luftgeschwindigkeiten von etwa 2 bis 2,5 m / s auf das Tier, Einbauwinkel von 15° bis 20°) über den Liegeboxen wird empfohlen da sich die Tiere in die Liegeboxe legen und nicht auf dem Laufgang stehen sollen.

Zusammenfassend

Änderungen von Schwachstellen und ein Anpassen an Empfehlungen in Teilbereichen kann helfen das Tierwohl zu verbessern. Allerdings sind ein gutes, gesamtbetriebliches Manage- ment und die auf dem Betrieb herrschende Mensch-Tier-Beziehungen von großem Einfluss.

Änderungen in bestehenden, vor allem in alten Stallgebäuden müssen immer als Kompro- misslösungen verstanden werden. Hier ist es wertvoll, Beratung von Betriebsfremder Stelle anzunehmen und auch die eigene Handlungsweise zu hinterfragen.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die unterschiedlichen Bereiche ineinander übergehen. Kein betrachteter Parameter darf einzeln bewertet werden, sondern alle müssen in einen Zusam- menhang gebracht werden. Das Kriterium „gute Leistung“ darf auf keinen Fall als ausrei- chender Hinweis auf eine tiergerechte Haltung angesehen werden.

Literatur

(I.M.A.) Information.Medien.Agrar E..V. (2012): Das Image der deutschen Landwirtschaft - Ergebnisse einer Repräsentativbefragung in Deutschland.

http://www.ima-agrar.de/fileadmin/redaktion/download/image-studie/2012/ima-imagestudie- landwirtschaft_bericht-2012.pdf (08.08.2016)

KTBL (2015): Tierschutzindikatoren – Vorschläge für die betriebliche Eigenkontrolle. KTBL-Schrift 507. Hrsg.

und Vertrieb: Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft, Bartningstraße 49, 64289 Darmstadt

LKV (2013): Landeskuratorium der Erzeugerringe für tierische Veredelung in Bayern e.V.: Abschlussbericht im Projekt: „Erhebung der Haltungssituation in der bayerischen Rinder- und Schweinehaltung und Erarbeitung eines Konzeptes zur Optimierung.“LfL (2014): Besamungsinformation 2014 Fleckvieh. LfL-Information LfL (2016): Möglichkeiten zur Reduzierung von Hitzestress im Milchviehstall, LfL-Information, 1.Auflage,

April 2016.

Sundrum (1998): Zur Beurteilung der Tiergerechtheit auf betrieblicher Ebene. Aktueller Stand und künftige Entwicklungen. In: Tagungsband Tierschutz und Nutztierhaltung“, März 1998 in Nürtingen

TierSchG § 11(8), (2006): Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz, Gesetze im Internet.

https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/BJNR012770972.html (08.08.2016)

Referenzen

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