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Im letzten Kapitel gibt Coker Antworten auf seine Frage „Wer, wenn nicht Clausewitz?“: Clausewitz habe keine gleichrangigen

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Im letzten Kapitel gibt Coker Antworten auf seine Frage „Wer, wenn nicht Clausewitz?“: Clausewitz habe keine gleichrangigenpeersim eigentlichen Sinne, ledig- lich die antiken Autoren Thukydides und Sun Tzu (Sunzi) könnten in einem Atemzug mit ihm genannt werden.

Niemand habe die Clausewitzʼschen Fragen vor ihm ge- stellt und nach ihm habe sie niemand mehr auf demselben Niveau und in derselben Tiefenschärfe behandelt. Coker sieht Clausewitz in mindestens neunfacher Hinsicht als Begründer oder Entdecker, darunter in folgenden Aspek- ten: Er sei der erste Theoretiker des Krieges gewesen; er habe als erster Strategie in einer systematischen Weise formuliert, ja Strategie als akademisches Fach überhaupt erst erfunden; er habe als erster Militärhistoriker im mo- dernen Sinne gewirkt; er habe als erster die „Evolution“

des Krieges erkannt, natürlichavant la lettreund bevor er hätte Darwin lesen können. Aus diesen Gründen werde Vom Kriege der „Goldstandard“ der Strategie- und Kriegstheorie bleiben und jede Generation könne es auf eine neue Weise lesen.

Michael Paul, „Kriegsgefahr im Pazifik? Die maritime Be- deutung der sino-amerikanischen Rivalität“, Baden-Ba- den: Nomos 2017, 320 Seiten.

Besprochen von Dr. Sebastian Bruns, Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel.

E-Mail: sbruns@ispk.uni-kiel.de https://doi.org/10.1515/sirius-2018-0022

In einer Zeit, in der selbst in honorigen Nachrichten- sendungen wie der Tagesschau mit staatstragender Miene zu prä-pubertären Twitter-Absonderungen eines US- Präsidenten1Stellung genommen wird, wird deutlich, wie

sehr Asien mittlerweile in den Mittelpunkt der US-Außen- und Sicherheitspolitik steht. Hinter dem zunehmend gehetzten Umgang mit Neuigkeiten aus der Trump-Ad- ministration ist es schwierig geworden, sich ein um- fassendes Bild zu machen, wie tief der nationalistische Präsident im Weißen Haus den nationalen Sicherheits- vertrag mit der amerikanischen Gesellschaft tatsächlich umkrempelt – „America first“, aber um welchen Preis?

Auch die Konsequenzen für Amerikas Allianzbeziehun- gen nach Asien sind nach der „strategischen Geduld“ der Obama-Jahre in allen Bereichen unabsehbar: Nordkoreas Atomwaffen- und Raketenprogramme, Chinas ebenso kluge wie kühle Ausnutzung des sich bietenden ameri- kanischen Vakuums, die Annährung der Philippinen an Peking, das Ende des Transpazifischen Freihandelsab- kommens (TPP) oder die ambitionierten nationalen Auf- rüstungsprogramme von US-Alliierten wie Japan, Austra- lien und Südkorea u. a. gehören in diese Aufzählung.

Es ist nicht ohne Ironie, dass unter Präsident Barack Obama, dem aufgrund seiner biografischen Beziehungen zu Hawaii eine pazifische Sozialisierung nicht abzustrei- ten ist, und seiner einstmaligen Außenministerin Hillary Clinton zwar die Neuorientierung Amerikas gen Asien proklamiert wurde. Es bedurfte aber offenbar den Ost- küstenmilliardär und – nach allen Indizien – an welt- und geopolitischen Zusammenhängen gänzlich uninteressier- ten Donald J. Trump und seine unkonventionelle, launi- sche Politik, um diesen Umstand polternd auch dem letz- ten Smartphone-Nutzer zu verdeutlichen. Auch wenn die US-amerikanisch-chinesische Rivalität um Einfluss von zentraler Bedeutung ist, bedarf es einer breiteren, US- amerikanisch-asiatischen Perspektive, da die USA mit vielen Staaten in der Region bilaterale Sicherheits- beziehungen unterhalten. China wiederrum ist der „Ele- fant im Raum“ zwischen Canberra, Manila, Seoul und Südkorea. In diese Lücke stößt Michael Pauls kundige Analyse, die 2017 als Monographie vorgelegt wurde.

Dass die amerikanisch-chinesischen Beziehungen dabei ebenso komplex wie maritim geprägt sind, ist längst eine Binsenweisheit. Nicht zuletzt durch mehrere tragi- sche Unglücksfälle auf See ist diese Komponente 2017 deutlich in den Vordergrund getreten.

– Am 22. November stürzte ein leichtes Transport- flugzeug der US-Marine vom Typ C2-A „Greyhound“

südlich der japanischen Insel Okinawa ins Meer. Die Maschine war auf dem Weg zum in Japan station- ierten Flugzeugträger USS Ronald Reagan(CVN-76).

1 „North Korean Leader Kim Jong Un just stated that the ‘Nuclear Button is on his desk at all times.ʼ Will someone from his depleted and food starved regime please inform him that I too have a Nuclear

Button, but it is a much bigger & more powerful one than his, and my Button works!“, Twitter 02.01.2018, https://twitter.com/real DonaldTrump/status/948355557022420992 (05.01.2018)

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Von den elf Insassen konnten nur acht gerettet wer- den.

– Am 21. August kollidierte der Lenkwaffenzerstörer USS John S. McCain(DDG-56), ein Schiff derArleigh- Burke-Klasse, südöstlich von Singapur mit einem Öl- tanker. 10 Marineangehörige fanden den Tod.

– Schon rund zwei Monate zuvor, am 17. Juni, hatte es einen ähnlichen Unfall gegeben, bei dem das SchwesterschiffUSS Fitzgerald(DDG-62) südwestlich von Tokio mit einem Containerfrachter zusammen- prallte. Sieben Besatzungsangehörige des Zerstörers starben.

– Glimpflicher gingen zwei weitere Zwischenfälle im riesigen pazifischen Seegebiet ab: Im Mai stieß der LenkwaffenkreuzerUSS Champlain(CG-57) mit einem südkoreanischen Fischerboot zusammen, im Januar kam es auf einer Einsatzfahrt des Schwesterschiffes USS Antietam (CG-54) zu einer Grundberührung mit Umweltschäden; Menschen kamen in beiden Fällen nicht zu Schaden.

In der Folge ordnete die US-Marineführung eine intensive Überprüfung der laufenden Einsätze an. Schnell stellte sich heraus, dass vor allem menschliches Versagen und das seit Jahren hohe operative Tempo bei gleichzeitig sinkender Anzahl von verfügbaren Einheiten und Aus- bildungstagen wesentlich zu den Unglücken beigetragen hatte. Die vom Marineminister Richard Spencer zu Jah- resbeginn 2017 angeordnete „Strategic Security Review“

(SSR) wurde kurz vor Weihnachten veröffentlicht und unterstrich mit unvorhergesehener Aktualität und in deutlichen Worten systemische, sich potenzierende Problematiken, denen sich die US-Marine im asiatischen Raum gegenüber sieht.2 Damit wurden endlich einmal grundsätzliche Fragen angesprochen, die im täglichen Twitter-Wahnsinn und der Jagd nach publikumswirk- samen O-Tönen (übrigens schon seit einigen Jahren) bis- weilen untergehen zu drohen.

Einigen grundsätzlichen Fragen der US-Sicherheits- politik gegenüber China und Asien geht Michael Paul (Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin) in seinem jüngst vorgelegten Buch nach. Die deutschsprachige Mo- nographie, die in der Reihe Internationale Politik und Si- cherheit beim Baden-Badener Nomos-Verlag erschienen ist, untersucht die maritime Bedeutung der sino-ameri- kanischen Rivalität. Zum einen weckt der Autor damit gleich das Interesse der kleinen, sich wiewohl zusehends

konsolidierenden und expandierenden maritimen sicher- heitspolitischen Community im deutschsprachigen Raum.

Schriften zu maritimen sicherheitspolitischen Aspekten sind immer noch eine Seltenheit, da die meisten ent- sprechenden Universitäten und Denkfabriken in Deutschland (in Österreich und der Schweiz ohnehin) es vorziehen, sich auf andere Themen konzentrieren – trotz wiederholt nachgewiesener maritimer Abhängigkeit und Anfälligkeit ihrer Volkswirtschaften.3Zum anderen lenkt der Autor den Scheinwerfer auf chinesisch-amerikanische Konflikt- und Kooperationsdynamiken, die im kontinental orientierten Zentraleuropa angesichts sprichwörtlich nä- herliegender Krisenherde an Europas Nord- und Südflan- ken ausgeblendet werden. Viel zu häufig wird China in Deutschland engstirnig durch die Prismen „Menschen- rechte“ und „Handel“ gesehen. Mithin schwingt gar eine aus unterschwelligem Antiamerikanismus wohlgenährte Schadenfreude mit, wenn auch für deutsche Augen und Ohren deutlich wird, wie sehr die USA auf dem asiatischen Schauplatz um Einfluss ringen müssen.

Paul, der mit diesem Buch zum Kreis maritimer Ex- perten in der Bundesrepublik aufschließt, skizziert zu- nächst Aspekte des geopolitischen Wandels im 21. Jahr- hundert. Bereits hier unterstreicht er die Politikrelevanz vom Verhältnis von Landmacht und Seemacht auch für Deutschland. Eine breit angelegte Studie, wie ein be- waffneter Regionalkonflikt in Asien Deutschlands See- verkehr betreffen würde, wäre nach Ansicht des Re- zensenten längst überfällig. Im zweiten Abschnitt seines Buches widmet sich der Berliner Politikwissenschaftler dann ChinasGrand Strategy, beschreibt das „Narrativ ei- ner nationale Renaissance“ (S. 49) und die Instrumente und Akteure der Pekinger Verteidigungspolitik (S. 73).

Dies wird ergänzt durch einen Blick auf Abschre- ckungsstrategien und die Rolle der chinesischen Rake- tenstreitkräfte (S. 113) und eine Betrachtung Chinas im Fokus der US-Außen- und Sicherheitspolitik (S. 137). Be- reits hier ist der Lesefluss hin und wieder etwas holprig, da Paul – wie einleitend in einer Fußnote freimütig zuge- geben – das Buch auf Grundlage vorheriger Studien und Papiere zusammengeschrieben hat. Der dritte Teil des Buches gehört dann allerdings zu den stärkeren: Hier widmet sich der Verfasser der Schwerpunktverlagerung der USA nach Asien und beschreibt umfassend die mari- time Komponente amerikanischer Außenpolitik (S. 151), zumindest im deutschsprachigen Bereich ein großes De-

2 „Secretary of the Navy Strategic Readiness Review“, US Naval In- stitute News, https://news.usni.org/2017/12/14/secnav_readiness_

review (05.01.2018).

3 Marinekommando (Hrsg.), Jahresbericht des Flottenkommandos 2017, www.marine.de; siehe auch o.V., „Maritime Zahlen & Fakten – der Jahresbericht 2017“, https://meerverstehen.net/2017/11/24/

%maritime-zahlen-fakten-der-jahresbericht-2017.

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siderat. Auch die Analyse maritimer Einzelkonflikte im asiatisch-pazifischen Raum (S. 195) ist wertvoll, da sie differenziert die verschiedenen Problematiken beleuchtet und gleichzeitig mögliche Konfliktlösungsansätze in die Diskussion einbringt.

Das Buch schließt mit Perspektiven sino-amerika- nischer Rivalität (S. 261) und einer übersichtlichen Bilanz (S. 275), die basierend auf den zuvor beschriebenen nüchternen Differenzierungen eigentümlich deutlich ausfällt. Die umfassende Bibliographie beschließt das Buch. Paul verzichtet aus durchaus nachvollziehbaren Beweggründen auf chinesische Originalquellen und Ana- lysen und stützt sich vielmehr auf zahlreiche Analysen

und Papiere aus US-amerikanischer Feder (denen bis- weilen zu Recht eine fehlende Distanz vorgeworfen wer- den muss). Wenn sich der Autor entschieden hätte, den maritimen sicherheitspolitischen Aspekten noch mehr Raum zu schenken und dabei z. B. die gelegentlichen zu detaillierten militärtechnischen Abschweifungen nicht- maritimer Natur wegzulassen, wäre er wohl kaum um die von ihm leider außer Acht gelassenen einschlägigen Werke zu den Themen US-Marine und Strategie herum- gekommen,4die allerdings auch so hätten Eingang finden müssen. Dennoch liegt hier ein Buch vor, dem große Ver- breitung in Marine-, Regierungs- und Parlamentskreisen zu wünschen ist.

4 Zum Themenkomplex US-asiatische maritime Beziehungen z. B. Michael McDevitt, „The United States and the Asia-Pacific Region: Security Strategy for the Obama Administration“ (u. a.), Center for Naval Analyses (Alexandria, VA) 2009; Ders., „Sino-Japanese Rivalry: Implications for U.S. Policy“ (u. a.), Center for Naval Analyses (Alexandria, VA) 2009; Ders., „Report on the Second KIMS-CNA Conference: The PLA Navyʼs Build-up and ROK-USN Cooperation“, Center for Naval Analyses (Alexandria, VA) 2008. Zum Themenbereich US-Marinestrategie z. B. Peter Swartz, „American Naval Policy, Strategy, Plans and Operations in the Second Decade of the Twenty-first Century“, Center for Naval Analyses (Arlington, VA) 2017; Sebastian Bruns, „The ‘Cooperative Strategyʼ (CS-21/CS-21R): A View from Germany“, Center for International Maritime Security, 27. Mai 2015 (http://cimsec.org/cooperative-strategy-cs-21cs-21r-view-germany/16240); Ders., „U.S. Navy Strategy & American Sea Power from ‘The Maritime Strategyʼ (1982–1986) to ‘A Cooperative Strategy for 21st Century Seapowerʼ (2007) : Politics, Capstone Documents, and Major Naval Operations 1981–2011“, Dissertation, Christian-Albrechts-Universität Kiel 2014, sowie ferner Sebastian Bruns/Joachim Krause (Hrsg.), Routledge Handbook of Naval Strategy and Security, London: Routledge 2015 (u. a. mit Beiträgen zur chinesischen maritimen Politik und Doktrin).

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