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Jennifer Teege: Mein Großvater hätte mich erschossen (Rowohlt Taschenbuch)

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Jennifer Teege: Mein Großvater hätte mich erschossen (Rowohlt Taschenbuch)

Mit einigen meiner Schüler aus der HAK Amstetten arbeite ich gerade im Rahmen des Gedenkjahres an einem Projekt, das direkten Bezug zu unserer Stadt hat. Wir beschäftigen uns mit dem Roman „Der Tote im Bunker“ von Martin Pollack, in dem der Autor den Spuren seines

Vaters, eines hochrangigen SS- Funktionärs aus Amstetten, folgt und seine sehr komplizierte Familiengeschichte schildert. In diesem Zusammenhang haben wir dann mehr oder weniger zufällig ein Buch gefunden, das einen ähnlichen, für uns alle bekannteren und – falls man das beurteilen darf – noch tragischeren Fall beschreibt, nämlich: „Mein Großvater hätte mich erschossen“ von Jennifer Teege.

Jennifer Teege ist die Enkelin von Amon Göth, den wir alle aus dem Film

„Schindlers Liste“ kennen und der KZ-Kommandant in Plaszow war.

Jennifer stammt aus einer kurzen Beziehung von Amons Tochter Monika mit einem Mann aus Nigeria. Ihre Mutter bringt das vier Wochen alte Mädchen in ein Pflegeheim, sie sieht sich außerstande, das dunkelhäutige Kind aufzuziehen, in den Dokumenten wird die Berufstätigkeit der Mutter als lapidare Begründung angegeben. Mit drei Jahren kommt sie in eine Pflegefamilie, mit sieben Jahren wird sie von dieser adoptiert.

Soweit diese kurze Eingangsinformation, nun zu Jennifer Teeges biographischen Aufzeichnungen:

Am Beginn steht ein unglaublicher Zufall: Jennifer Teege, die bis zu ihrem 38.

Lebensjahr kaum etwas über ihre Herkunftsfamilie weiß, entdeckt in einer Bibliothek in Hamburg ein Buch von Monika Göth, ihrer leiblichen Mutter. „Die Lebensgeschichte von Monika Göth, Tochter des KZ-Kommandanten aus

Schindlers Liste.“ Dunkel erinnert sie sich an den Namen ihrer Mutter, auch das Bild der Frau auf dem Buchumschlag lässt Erinnerungen wach werden. Bis zur Adoption hatte sie nämlich sehr seltenen Kontakt zu ihrer Mutter und Großmutter Ruth Irene Göth, vor allem die Großmutter hat sie in guter Erinnerung.

Völlig schockiert muss sie lesen, dass ihr Großvater der Kommandant von Plaszow war, ein Massenmörder, ein Sadist, ein Psychopath. Jennifer Teege, zum Zeitpunkt dieser Entdeckung verheiratet und Mutter von zwei kleinen Söhnen, fällt in eine tiefe Depression. Sie wird von ihrem Mann und ihrer Adoptivfamilie, soweit es möglich ist, unterstützt, sie recherchiert beinahe Tag und Nacht über Fakten und Namen und über die Verbrechen Amon Göths, sie liest Bücher von anderen Nachkommen von Nazi – Größen, aber sie weiß, dass sie ohne professionelle Hilfe eines Therapeuten diesen Schock, der sie in ihren Grundfesten erschüttert hat, nicht bewältigen kann.

Jennifer Teege kämpft darum, ihr doppelt schlimme Lebensgeschichte verstehen und akzeptieren zu können, die Adoption, die sie wie jedes Adoptivkind als

Erwachsene sehr beschäftigt und hinterfragt, das andere Aussehen aufgrund der dunklen Hautfarbe und vor allem die Last des Nazi-Großvaters Amon Göth.

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Jennifer Teege macht sich auf nach Polen, lässt sich durch die noch existierende Villa führen, in der der Lagerkommandant gelebt hat und von deren Balkon aus er Häftlinge einfach nach Belieben erschossen hat. Sie versucht Kontakt mit ihrer Mutter aufzunehmen, was anfangs gelingt, dann aber am Unverständnis und Desinteresse der Mutter scheitert. Sie kann zu ihrer Tochter keine Beziehung aufbauen. Jennifer Teege, die fünf Jahre in Israel gelebt und dort studiert hat, wagt es nach langer Zeit der Bewältigungsarbeit nun auch, nach Israel zu fahren und mit ihren israelischen Freunden über ihre Probleme zu sprechen, anfangs mit großer Angst, diese könnten sie als Nazi- Enkelin nicht mehr verstehen oder gar ablehnen.

Nach und nach gelingt Jennifer Teege die Überwindung des Traumas, nicht zuletzt, weil sie sich der Vergangenheit stellt, viel darüber spricht und sogar jüdische Jugendliche nach Plaszow begleitet.

Dieses Buch ist aufgrund verschiedener Tatsachen so faszinierend. Man spürt die Stärke dieser Frau, wie sie trotz aller Verzweiflung darum kämpft, sich diesem Schicksal zu stellen oder besser entgegenzustellen. Und es ist ja irgendwie unglaublich, dass sie als Studentin in Paris ein Mädchen aus Israel kennen lernt, sich mit ihr so gut versteht und daher in Tel- Aviv studiert. In Israel sieht sie übrigens auch zum ersten Mal den Film

Schindlers Liste. Sie hat viele Freunde in Israel, ist auch von Deutschland aus mit ihnen in Kontakt.

Vor drei Wochen war Jennifer Teege Gast bei der ORF – Talk Runde von Barbara Stöckl. Ich war sehr beeindruckt von dieser sehr klugen, ruhig und überlegt argumentierenden Frau, die offensichtlich wieder ins Leben

zurückfinden konnte.

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